Inhaltsverzeichnis 10. Bewertungsinstrumente 277 10.1 Evaluationen 277 10.1.1 Interne Evaluation 277 10.1.2 Externe Evaluation 279 10.2 Akkreditierungen und Zertifizierungen 287 Phasenübergreifendes Qualitätsverständnis? 293 11. Qualitätsreformen – Reformqualitäten – Qualitätsbegriffe 295 11.1 Lehrerbildungsreformen: risikoaffin und erforschungsbedürftig 295 11.2 Qualitätssicherung? – Qualitätsentwicklung 297 12. Struktur- und Prozessqualitäten 301 12.1 Drei Phasen als Professionalisierungsweg 301 12.2 Verzahnungen der drei Phasen 304 12.3 Theorie-Praxis-Verflechtung 311 13. Ergebnisqualitäten 315 13.1 Die zentralen Ziele: Lehrerbedarfsdeckung und gute Schulbildung 315 13.2 Bundesländerübergreifende Mobilität 316 14. Phasenübergreifende QE-Instrumente 321 Zusammenfassung und Auswertung 325 15. Qualität 327 16. Erste Phase 333 17. Zweite Phase 341 18. Dritte Phase 349 19. Phasenübergreifendes 359 20. Fazit 365 Literatur 371 Verzeichnis der Tafeln 395 Autorinnen & Autoren 399 8 Abkürzungsverzeichnis AfL Amt für Lehrerbildung Hessen AG Arbeitsgruppe ALP Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dillingen AQA Austrian Agency for Quality Assurance AQAS Agentur für Qualitätssicherung durch Akkreditierung von Studiengängen AQS Agentur für Qualitätssicherung, Evaluation und Selbständigkeit von Schulen ASIIN Akkreditierungsagentur für Studiengänge der Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Naturwissenschaften und der Mathematik AWbG Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW BA Bachelor BayEUG Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen BayLBG Bayerisches Lehrerbildungsgesetz BayRS Bayerische Rechtssammlung Ba-Wü Baden-Württemberg bBEPh begleitete Berufseinstiegsphase BbgLeBiG Brandenburgisches Lehrerbildungsgesetz BbgSchulG Brandenburgisches Schulgesetz BDA Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände BEP Berufseingangsphase BIBB Bundesinstitut für Berufsbildung BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Energie BOSO Berufs- und Studienorientierung Hamburg Brem-LAG Bremisches Ausbildungsgesetz für Lehrämter BremSchulG Bremisches Schulgesetz BSB Behörde für Schule und Berufsbildung BSMBK Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst BVerfG Bundesverfassungsgericht cct Carreer Counceling for Teachers CERTQUA Gesellschaft der Deutschen Wirtschaft zur Förderung und Zertifizierung von Qualitätssicherungssystemen in der beruflichen Bildung CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Gütersloh COACTIV Cognitive Activation in the Classroom: The Orchestration of Learning Opportunities for the Enhancement of Insightful Learning in Mathematics DaZ Deutsch als Zweitsprache DGfE Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft DGWF Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium GHPO Grundschullehramtsprüfungsordnung Ba-Wü DQR Deutscher Qualifikationsrahmen DTS Deutsche Telekom Stiftung DVLfB Deutscher Verein zur Förderung der Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung 9 Abkürzungsverzeichnis DZHW Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung DZLM Deutsches Zentrum für Lehrerbildung Mathematik ECTS European Credit Transfer and Accumulation System EFWI Erziehungswissenschaftliches Fort- und Weiterbildungsinstitut der Evangelischen Kirchen Rheinland-Pfalz EQR Europäischer Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen EU Europäische Union FIBS Fortbildungen in bayerischen Schulen [Datenbank]; Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie, Berlin GDCh Gesellschaft Deutscher Chemiker GEE Gesellschaft für Evangelische Erziehung und Bildung GEW Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GFD Gesellschaft für Fachdidaktik GHR Grund-, Haupt- und Realschulen GNW Gewerkschaftliches Gutachter/innen-Netzwerk GWK Gemeinsame Wissenschaftskonferenz HAW Hochschule für Angewandte Wissenschaften HDL Hochschulverbund Distance Learning HE Hessen HKM Hessisches Kultusministerium HLbG Hessisches Lehrerbildungsgesetz HmbSG Hamburgisches Schulgesetz HRK Hochschulrektorenkonferenz HS Hochschule HSchG Hessisches Schulgesetz HU Humboldt-Universität zu Berlin IBB Institut für Bildungsmanagement und Bildungsökonomie der PH Zug ibbw Institut für berufliche Bildung und Weiterbildung Göttingen IfBM Institut für Bildungsmonitoring Hamburg IfBQ Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung Hamburg IfL Institut für Lehrerfortbildung Mülheim IKFWBLehrG Landesgesetz zur Stärkung der inklusiven Kompetenz und der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften [Rheinland-Pfalz] ILF Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung IQB Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen IQMV Institut für Qualitätsentwicklung Mecklenburg-Vorpommern IQSH Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein ISB Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München ISQ Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg k.A. keine Angabe(n) KM Ba-Wü Kultusministerium Baden-Württemberg KMK Kultusministerkonferenz KP Kernpraktikum LABG Lehrerausbildungsgesetz LAK Lehramtskandidat_inn(en) 10 Abkürzungsverzeichnis LAMSA Landesnetzwerk der Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt LbiG Lehrkräftebildungsgesetz Berlin Lehbild Lehrerbildungsgesetz LehrBG Lehrkräftebildungsgesetz Schleswig-Holstein LFI Lehrerfortbildungsinstitut Bremerhaven LHG Landeshochschulgesetz LI Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg LIS Landesinstitut für Schule Bremen; Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik Baden-Württemberg LISA Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt LISUM Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg LPM Landesinstitut für Pädagogik und Medien Saarland LPO Lehramtsprüfungsordnung LQW Lernorientierte Qualitätstestierung in der Weiterbildung LS Landesinstitut für Schulentwicklung Baden-Württemberg LSV Brandenburger Lehramtsstudienverordnung LSZU Landesschulzentrum für Umwelterziehung Baden-Württemberg LVO-Lehramt Verordnung über den Vorbereitungsdienst und die Laufbahnprüfung für ein Lehramt im Land Sachsen-Anhalt MA Master MBA Master of Business Administration MBF SH Ministerium für Bildung und Frauen des Landes Schleswig-Holstein MBJS Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg MINT Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik MIWFT NRW Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen MKJS BW Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg MQH Musterqualitätshandbuch MSW NRW Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen MV Mecklenburg-Vorpommern MWFK Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur Brandenburg MWK Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur MWFK BW Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg NLQ Niedersächsisches Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung NQR Nationaler Qualitätsrahmen NRW Nordrhein-Westfalen NSchG Niedersächsisches Schulgesetz OECD Organisation for Economic Cooperation and Development OVP Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen PÄD-Forum Pädagogisches Forum PH Pädagogische Hochschule PHZ Pädagogische Hochschule Zug PI Pädagogisches Institut PISA Programme for International Student Assessment 11 Abkürzungsverzeichnis PL Pädagogisches Landesinstitut Rheinland-Pfalz POL Problemorientiertes Lernen PSE Professional School of Education QE Qualitätsentwicklung QM Qualitätsmanagement QS Qualitätssicherung QUA-LIS Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule, NRW RahmenVO-KM Rahmenvorgabenverordnung Lehramtsstudiengänge Baden-Württemberg RP Rheinland-Pfalz SBA Sächsische Bildungsagentur SBI Sächsisches Bildungsinstitut SchG Schulgesetz für Baden-Württemberg SchiLf Schulinterne Lehrerfortbildung SchoG Schulordnungsgesetz Saarland SchulG Schulgesetz SenBJW Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft Berlin SioS-L Studie zu individuellen und organisationalen Einflüssen auf den Studienerfolg in der Lehrerbildung SMK Sächsisches Staatsministerium für Kultus StatBA Statistisches Bundesamt SVR Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration Thillm Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien ThürLbG Thüringer Lehrerbildungsgesetz ThürSchulG Thüringer Schulgesetz TIMMS Trends in International Mathematics and Science Study TMBWK TH Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur ToR Transcript of Records TU Technische Universität TUD Technische Universität Dresden U Universität UDE Universität Duisburg-Essen VDL Verband der Realschullehrer Hessen VEBOLAS Verbleib und berufliche Orientierung von Lehramtsabsolventinnen in Sachsen VSLVO Verordnung über den Vorbereitungsdienst und die Staatsprüfung für Lehrämter VV-LKFB Verwaltungsverordnung Lehrkräftefortbildung Brandenburg VZÄ Vollzeitäquivalent WHU Otto Beisheim School of Management WMK Wirtschaftsministerkonferenz der Länder ZALG Zulassungs- und Ausbildungsordnung für das Lehramt an Gymnasien, Bayern ZeLBV Verordnung über das Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung (Land Brandenburg) ZeVA Zentrale Evaluations- und Akkreditierungsagentur, Hannover ZfL Zentrum für Lehrerbildung 12 Gute Lehrerinnen und Lehrer für alle! Vorwort von Dr. Andreas Keller Gute Bildung für alle! Ein Motto, das von unterschiedlichen politischen Par- teien regelmäßig in Wahlkämpfen bemüht wird, aber auch zu den Kern- forderungen der Gewerkschaften gehört. Wer zu Recht über gute Bildung redet, darf aber über die Qualität der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Pädagoginnen und Pädagogen nicht schweigen. Neben einer angemessen finanziellen und personellen Ausstattung, fairen Arbeits- und Beschäfti- gungsbedingungen, fortschrittlichen Bildungsplänen, Curricula und Schul- strukturen sind gut qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer eine zentrale Vo- raussetzung für eine gute Schulbildung für alle. Das war Ausgangspunkt der Arbeit des Zukunftsforums Lehrer_innenbildung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, das 2017 seinen Abschlussbericht vorgelegt hat. Auf dieser Grundlage hat der Gewerkschaftstag der GEW im Mai 2017 „Leitlinien für eine innovative Lehrer_innenbildung“ verabschiedet. Als Bildungsgewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund orga- nisiert die GEW nicht nur schulform- und schulstufenübergreifend Lehre- rinnen und Lehrer an allgemein- und berufsbildenden Schulen, sondern auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Hochschulen, die die angehenden Lehrkräfte ausbilden, sowie Aus- und Weiterbildnerinnen und -bildner in den Einrichtungen der zweiten und dritten Phase der Leh- rer_innenbildung: den Studienseminaren, Schulen und Fort- und Weiter- bildungsinstituten. Wer, wenn nicht die Bildungsgewerkschaft GEW, wäre berufen, tragfähige Konzepte für die Reform der Lehrer_innenbildung zu entwickeln und in die bildungspolitische Debatte einzubringen? Ausgangspunkt der GEW-Positionen für eine Reform der Lehrer_ innenbildung ist die Vision von Bildung in einer demokratischen, sozialen und inklusiven Gesellschaft. Bildung ist für die GEW die Basis für den sozia- len Zusammenhalt und die demokratische Entwicklung der Gesellschaft. Eine Reform der Lehrer_innenbildung hat sich daher an diesem Ausgangs- punkt zu orientieren. Die vom GEW-Zukunftsforum erarbeiteten Leitlinien zeichnen sich dadurch aus, dass sie die gewerkschaftlichen Anforderungen an eine Reform der Lehrer_innenbildung nicht der Reihe nach für das Stu- dium, für den Vorbereitungsdienst und die Fort- und Weiterbildung abar- beiten, sondern diese phasenübergreifend entwickeln. Die in den Leitlinien formulierten inhaltlichen Eckpfeiler für eine Reform der Lehrer_innenbil- 13 Gute Lehrerinnen und Lehrer für alle! dung – professionelles Selbstverständnis und Berufsethos, Fähigkeit zur Reflexion, konstruktiver Umgang mit Diversität oder Kooperation in multi- professionellen Teams – richten sich an die Aus-, Fort- und Weiterbildung, also an alle drei Phasen der Lehrer_innenbildung gleichermaßen. Die GEW macht sich daher dafür stark, dass alle Lehrerinnen und Lehrer eine umfas- sende pädagogische Qualifizierung für eine inklusive Schule erwerben und es zusätzlich die Möglichkeit gibt, eine vertiefende inklusionspädagogische Qualifizierung alternativ zu einem Unterrichtsfach bzw. Lernbereich zu erwerben. Auch die in den GEW-Leitlinien formulierten Anforderungen an eine innovative Struktur der Lehrer_innenbildung sind ganz bewusst pha- senübergreifend ausgerichtet. Die GEW setzt sich für einen freien Zugang zu allen Phasen der Lehrer_innenbildung ein, macht sich für eine aus- reichende Finanzierung von Hochschulen, Studienseminaren, Fort- und Weiterbildungseinrichtungen sowie von Studierenden, Lehrkräften im Vorbereitungsdienst und Teilnehmerinnen und Teilnehmern an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen stark. Weiter fordert die Bildungsgewerkschaft die Verankerung von Prinzipien wie Beratung und Empowerment, Mitbe- stimmung und Transparenz, Flexibilität, Familien- und Bedarfsgerechtig- keit in allen Phasen der Lehrer_innenbildung sowie eine gleiche Dauer und Gleichwertigkeit der Ausbildung in allen Lehrämtern. Die Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der Lehrer_ innenbildung spielt eine hervorgehobene Rolle in den vom Gewerkschafts- tag der GEW verabschiedeten Leitlinien. So setzt sich die GEW mit Blick auf das Lehramtsstudium für eine qualitativ hochwertige Hochschullehre und für einen Ausbau der Forschung zur Lehrer_innenbildung ein. Die inzwischen an fast allen lehrer_innenbildenden Universitäten eingerich- teten Zentren für Lehrer_innenbildung bzw. Schools of Education gilt es nach Überzeugung der GEW zu stärken. Gute Bildung – gute Arbeit: Die- ser Grundsatz muss aus Sicht der Bildungsgewerkschaft auch für die in der Lehrer_innenbildung tätigen Dozentinnen und Dozenten gelten. Stabile Beschäftigungsbedingungen und verlässliche Karrierewege an den Hoch- schulen, die Kernforderungen der von der GEW initiierten Kampagne für den „Traumjob Wissenschaft“, haben daher auch ihren Platz in den GEW- Leitlinien für eine innovative Lehrer_innenbildung. Kritisch setzt sich die Bildungsgewerkschaft in ihren Leitlinien mit der 2014 von Bund und Ländern gestarteten „Qualitätsoffensive Lehrerbil- dung“ auseinander. Die 2014 gestartete und 500 Millionen Euro schwere Qualitätsoffensive hat zwar wichtige und überfällige Impulse für die Wei- 14 Gute Lehrerinnen und Lehrer für alle! terentwicklung der Lehrer_innenbildung an den Hochschulen gesetzt: Inklusion, Heterogenität und Diversität spielen in den geförderten Projek- ten eine große Rolle, ebenso die Vernetzung von Bildungswissenschaften, Fachdidaktiken und Fachwissenschaften oder die Professionalisierung des Berufs der Lehrerin und des Lehrers – Bereiche, in denen auch die GEW einen großen Entwicklungsbedarf sieht. Auf der anderen Seite ist klar, dass sich die Probleme in der Lehrer_innenbildung nicht allein durch die Förde- rung einzelner Projekte an ausgewählten Universitäten lösen lassen. Maß- nahmen zur Verbesserung der Lehrer_innenbildung müssen in der Breite wirksam werden. Alle Lehramtsstudierenden haben das Recht auf eine qua- litativ hochwertige Ausbildung, alle Schülerinnen und Schüler den Anspruch auf bestmöglichen Unterricht – gute Lehrerinnen und Lehrer für alle! Detailliert nimmt die GEW in ihren Leitlinien zur Akkreditierung von lehrer_innenbildenden Studiengängen Stellung. Die Bildungsgewerk- schaft macht sich zum einen für eine Erneuerung des Akkreditierungssys- tems stark, zum anderen nimmt sie sich vor, sich künftig stärker ins Akkre- ditierungsgeschehen einzumischen. So tritt die GEW für ein reformiertes Akkreditierungswesen ein, das auf bundesgesetzlicher Grundlage und in transparenten Verfahren qualitative Mindeststandards für alle Studien- gänge sichert, eine bürokratische Überlastung der Hochschulen ausschließt und auf allen Ebenen die substanzielle Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern der Berufspraxis, wie bei Lehramtsstudiengängen die Schulpra- xis und Gewerkschaften, sowie der Studierendenvertreterinnen und -ver- treter garantiert. Dies ist auch bei der hochschulinternen Qualitätssiche- rung im Falle einer Systemakkreditierung sicherzustellen. Die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der Hochschulbe- schäftigten sowie die hochschuldidaktische Qualifizierung der Lehrenden sollten als wesentliche Qualitätsmerkmale in die Akkreditierungsverfahren einbezogen werden. Von großer Bedeutung für Lehramtsstudiengänge als „Studiengänge mit besonderem Profilanspruch“ im Sinne der Beschlüsse des Akkreditierungsrats sind die Ausgestaltung, Betreuung und Verzah- nung der Praxisanteile sowie die Vernetzung von bzw. die Kooperation zwi- schen Hochschule, Studienseminaren und Schule. Um diesen Dimensionen unmittelbar in der Akkreditierung von Studiengängen und Hochschulen größeres Gewicht zu geben, will die GEW künftig Lehrerinnen und Leh- rer, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu Gutachtertätigkeiten in Akkreditierungsverfahren ermuntern und für diese Aufgabe qualifizieren. Inzwischen hat der Geschäftsführende Vorstand der GEW den Beitritt der Bildungsgewerkschaft zum Gewerkschaftlichen Gutachter/innen-Netzwerk 15 Gute Lehrerinnen und Lehrer für alle! beschlossen, in dem bereits DGB, IG Metall, IG BCE und ver.di zusammen- arbeiten. Die Bedeutung einer qualitativ hochwertigen Lehrer_innenbildung für eine gute Bildung für alle liegt auf der Hand – gleichzeitig sind die Schu- len mit einem massiven Lehrkräftemangel konfrontiert. Zwar sind nicht alle Schulformen und Regionen gleichermaßen betroffen, gleichwohl ist die Lage insbesondere an den Grundschulen sowie in den ostdeutschen Bundesländern bereits heute dramatisch. Hinzu kommt, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Deutschland aufgrund eines Geburtenbooms und der Zuwanderung in den kommenden Jahren deutlich höher liegen wird als von der Kultusministerkonferenz prognostiziert – die Situation wird sich also verschärfen, wenn die Politik nicht jetzt aktiv gegensteuert. Unbesetzte Stellen führen zu einer Abwärtsspirale: Zusätzliche Belastungen infolge des Lehrkräftemangels schrecken Studienberechtigte davon ab, sich für ein Studium in den kritischen Lehrämtern, insbesondere in der Pri- marstufe, zu entscheiden. Dieser Effekt wird durch die deutlich schlechtere Bezahlung verstärkt, die Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer, in vielen Ländern aber auch Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe I nach wie vor hinzunehmen haben. Viele Bundesländer reagieren auf den Lehrkräftemangel mit der Einstellung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern (Direkteinstieg in den Vorbereitungsdienst ohne lehramtsbezogenen Abschluss) bzw. Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern (Direkteinstieg in den Schul- dienst ohne lehramtsbezogenen Abschluss). In Sachsen sind mittlerweile über die Hälfte der neu eingestellten Lehrkräfte Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger, an den sächsischen Grundschulen sind es sogar zwei Drittel (Süddeutsche Zeitung 15.09.2017). Diese Entwicklung zeigt, wie schnell der Anspruch an eine qualitativ hochwertige Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern in Zeiten eines Fachkräftemangels unter Druck geraten kann. In ihren Leitlinien hat sich die GEW daher auch mit dem Problem des Quer- und Seiteneinstiegs auseinandergesetzt. Die Bildungsgewerk- schaft betont, dass der Regelweg der Lehrer_innenbildung weiterhin über ein Lehramtsstudium und den anschließenden Vorbereitungsdienst (oder die von der GEW befürwortete Alternative einer einphasigen, Theorie und Praxis integrierenden Ausbildung) führen und grundsätzlich Voraus- setzung für die Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern bleiben muss. Der Quer- und Seiteneinstieg kann allenfalls eine Notlösung zur dringen- den Bedarfsdeckung sein. Aber auch dann darf der Quer- und Seitenein- stieg keine Dauerlösung werden und darf keinesfalls die Qualitätsstandards 16 Gute Lehrerinnen und Lehrer für alle! einer Lehrer_innenbildung unterlaufen. Sollte ein Land in der Not Quer- und Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger einsetzen, muss es daher für alle Kolleginnen und Kollegen eine nachholende, berufsbegleitende und staat- liche finanzierte Qualifikation in ein Lehramt sicherstellen, etwa in Form eines berufsbegleitenden Vorbereitungsdiensts bzw. des Nachholens der fehlenden Staatsexamina. Damit ist auch die gewerkschaftliche Forderung gerechtfertigt, dass Quer- und Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger den Anspruch auf die gleiche Bezahlung wie die Absolventinnen und Absolven- ten einer Regelaubildung bekommen und die Notlage nicht dafür ausge- nutzt wird, unzureichend ausgebildete Dumping-Lehrkräfte anzuheuern. Ein weiterer Vorschlag der GEW-Leitlinien für eine innovative Leh- rer_innenbildung kann ebenfalls dazu beitragen, dem Lehrkräftemangel entgegenzuwirken, ohne die Qualität der Ausbildung infrage zu stellen. Die Bildungsgewerkschaft schlägt vor, dass bei gestuften Studiengängen, die im Zuge der Bologna-Reformen inzwischen in den meisten Bundesländern eingeführt worden sind, das Bachelorstudium polyvalent ausgestaltet wird. Das würde bedeuten, dass sich die Studierenden zwar in ein Lehramtsstu- dium einschreiben, aber noch nicht auf ein bestimmtes Lehramt festlegen. Erst mit dem Übergang ins Masterstudium sollten sich die Studierenden entscheiden müssen, für welches Lehramt und damit für welche Schulstufe und Schulform (soweit an einer schulformspezifischen Ausbildung festge- halten wird) sie ausgebildet werden. Der Vorteil wäre, dass sich die Stu- dierenden erst dann, wenn sie bereits eine genauere Vorstellung von Stu- dium und Beruf bekommen haben und belastbare Erkenntnisse über die Arbeitsmarktsituation und Berufsperspektiven in den verschiedenen Lehr- ämtern für ihren Jahrgang vorliegen, definitiv für ein bestimmtes Lehramt entscheiden müssten. In diesem Zusammenhang ist weiter von Bedeutung, dass die GEW für alle Lehrämter eine einheitliche Studiendauer von zehn Semestern (300 ECTS-Punkten) – analog zu den Strukturvorgaben der Kultusminister- konferenz für konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge in allen ande- ren Fachrichtungen – fordert. Die zweite Ausbildungsphase, der Vorberei- tungsdienst, sollte in der Regel 24 Monate, mindestens aber 18 Monate umfassen. Die Begründung dafür ergibt sich aus dem Umstand, dass der Unterricht heute für alle Altersstufen und an allen Schulformen unter den Anforderungen der jeweiligen Curricula gleichermaßen wissenschaftsba- siert ist – alle Lehrerinnen und Lehrer, egal ob sie an Grundschulen oder an der Sekundarstufe II an Gymnasien unterrichten, benötigen eine hoch- wertige wissenschaftliche Ausbildung in den Bildungswissenschaften, den 17 Gute Lehrerinnen und Lehrer für alle! Fachwissenschaften und den Fachdidaktiken. Die Konsequenz daraus ist, dass alle Lehrkräfte als Beamtinnen und Beamte der Laufbahn des höheren Dienstes bzw. Laufbahngruppe 2 und den Anspruch auf eine gleiche Besol- dung bzw. tarifliche Vergütung bekommen müssen. Auf diese Weise würde die Attraktivität des Grundschullehramts gesteigert. Die GEW besteht also auf einer qualitativ hochwertigen Lehrer_ innenbildung. Auch der gegenwärtige Lehrkräftemangel, vor dem die Bil- dungsgewerkschaft seit Jahren warnte, darf nicht zum Anlass genommen werden, die Qualitätsansprüche zu unterminieren. Im Gegenteil – in Zeiten wachsender Herausforderungen für Lehrerinnen und Lehrer durch Inklu- sion und Integration, Ganztagsschule und digitale Bildung ist eine Sicherung und kontinuierliche Entwicklung der Qualität der Schulbildung und der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern dringender denn je. Für die weitere Auseinandersetzung um die Sicherung und Ent- wicklung der Qualität der Lehrer_innenbildung wird die vorliegende Exper- tise, die Peer Pasternack, Benjamin Baumgarth, Anke Burkhardt, Sabine Paschke und Nurdin Thielemann vom Institut für Hochschulforschung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg verfasst haben, eine große Unterstützung sein. Im Zuge der Arbeit des Zukunftsforums Lehrer_innen- bildung hat die GEW-nahe Max-Traeger-Stiftung die Erstellung der Studie gefördert. Es ist das Verdienst der Autorinnen und Autoren, nicht nur den Stand der Debatte um die Qualitätsentwicklung in der Lehrer_innenbildung samt ihren Problemen und Bearbeitungsvarianten profund dargestellt und analysiert zu haben, sondern die Expertise gibt auch einen umfassenden Überblick über die Struktur der Lehrer_innenbildung im föderalen Bil- dungssystem der Bundesrepublik Deutschland von der ersten Phase, dem Studium, über die zweite Phase, dem Vorbereitungsdienst, bis hin zur drit- ten Phase, der Fort- und Weiterbildung. Den Autorinnen und Autoren sowie der Stiftung gebührt dafür großen Dank. Eine breite Rezeption nicht nur in der Wissenschaftsgemeinde, sondern auch in der bildungspolitischen Pra- xis ist ihr zu wünschen. Die GEW-Leitlinien für eine innovative Lehrer_innenbildung sowie weitere Informationen zur Arbeit des Zukunftsforums Lehrer_innenbildung sind auf der Website des Forums abzurufen: www.zukunftsforum-lehrerInnenbildung.de Dr. Andreas Keller ist stellvertretender Vorsitzender und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung der Gewerkschaft Erziehung und Wissen- schaft 18 Zentrale Ergebnisse Zentrale Ergebnisse Die Lehrerbildung in Deutschland umfasst drei Phasen: (1) Hochschulstu- dium, (2) Vorbereitungsdienst bzw. Referendariat und als Sonderfall die Qualifizierung von Seiten- und Quereinsteiger_innen sowie (3) Fortbildung im Berufsverlauf, der wiederum gegliedert ist in Berufseingangs-, Berufs- haupt- und Berufsausstiegsphase. Diese drei Phasen werden institutionell durch verschiedene ausbildungsverantwortende Akteure geprägt: erste Phase: primär die lehrerbildenden Universitäten mit ihren Zentren für Lehrerbildung sowie sekundär die Praxispartner für die Praxisphasen; zweite Phase: die Studienseminare und Ausbildungsschulen; dritte Phase: die Landesinstitute für Schulqualität und Fortbildung, freie Fortbildungsträger und diverse andere Anbieter. Welche Qualitätsorientierungen werden dort jeweils wirksam, sind diese phasenübergreifend aufeinander bezogen, welche Qualitätswahrnehmun- gen bestehen jeweils im Blick auf die eigene Arbeit und die der anderen Beteiligten? Eine phasenübergreifende Definition der Qualität von Lehrer- bildung ist nicht zu entdecken. Die Beschreibungen der Aufgaben der Schulen in den Schulgesetzen der Länder formulieren auf indirekte Weise Qualitätsanforderungen an die Lehrerbildung: Deren Qualität kann letztlich daran gemessen werden, inwieweit sie einen Beitrag dazu leistet, die in diesen Gesetzen formulierten Ziele zu erreichen. In den KMK-Vorgaben zur Lehrerbildung finden sich diese in Minimalkonsensen zusammengeführt. Die wissenschaftliche Debatte formuliert durchaus lehrerbildungsbezogene Qualitätsbegriffe, jedoch nicht phasenübergreifend. Einschlägige Forschungsberichte und Expertisen formulieren zudem häufig als ein Fazit, dass zur aufgeworfenen Forschungsfrage dringend erst noch einmal mehr Forschung gebraucht werde. Dadurch werden dann im Alltag fortdauernd implizite Qualitätsverständnisse als Hintergrundsystem der Lehrerbildung wirksam, deren Funktionsregeln im Dunkeln bleiben. Hier mag sich die Frage stellen, ob die Lehrerbildungsforschung so auf Dauer ihre Legitimität im Sinne sozialer (und politischer) Akzeptanz verspielt. Ein auch politisch einigungsfähiger phasenübergreifender Qua- litätsbegriff für die Lehrerbildung dürfte – angesichts der Differenzen hin- sichtlich Menschenbild und Bildungsbegriff – nur als eine Bestimmung zu gewinnen sein, die pragmatisch die normativen und Interessendifferenzen funktionsbezogen überbrückt. Das wiederum liegt im Grundsatz mit den KMK-Vorgaben vor. 20 Zentrale Ergebnisse Die Mehrphasigkeit der Ausbildung für das Lehramt stellt im Grundsatz keine Besonderheit dar, da auch für andere Studiengänge, die ein konkre- tes Berufsziel haben, zweite Ausbildungsphasen üblich sind. Während die erste Phase eine wissenschaftliche Basis für die Professionalisierung mit Blick auf das Berufsfeld schafft, zielt die zweite Phase darauf, unmittelbare berufliche Handlungskompetenz und erste Routinisierung auf Basis der er- langten Kenntnisse im Studium zu erarbeiten und einzuüben. Die klare Zuweisung unterschiedlicher Funktionen an die bei- den ersten Phasen macht deutlich, dass zwischen ihnen eine gewollte Grenze besteht. Diese kann überbrückt, aber nicht eliminiert werden – es sei denn, man favorisiert den Übergang zu einer einphasigen Lehramts- ausbildung, wofür jedoch, trotz entsprechender Experimente, bislang keine Mehrheiten zu finden waren. Auch das Fortbildungserfordernis gilt nicht nur für die Lehrerbildung, sondern ist ebenso in anderen Berufen verankert. Es lassen sich aber in der Lehrerbildung Auffälligkeiten bei der Verknüpfung der Phasen notieren: Während die Verbindung von erster und zweiter Phase der Lehrer- bildung im Vergleich große Beachtung und zum Teil auch praktische Verknüpfungen erfährt, findet die Verbindung von zweiter und dritter Phase wenig Auf- merksamkeit; kaum einmal geht es um die Verbindung aller drei Phasen und praktisch nie um diejenige von erster und dritter. Die Fort- und Weiterbildung der Lehrer_innen ist insoweit nach wie vor stabil abgekoppelt von den vorherigen Ausbildungsphasen. Die ersten beiden Phasen sind dadurch herausgehoben, dass sie mit Staatsprüfungen abgeschlossen werden, während die dritte Phase als im Grundsatz unabschließbarer Vorgang in der Regel nicht mit Prüfungen versehen ist. Was für jede Bildung gilt, ist damit in die Lehrerbildung auch strukturell integriert: Bildung ist nicht finalisierbar. Letztlich aber geht es immer um zwei Dinge, zu denen die Lehrer- bildung beitragen soll – quantitativ um die Deckung des Lehrerbedarfs und qualitativ um die Realisierung guter Schulbildung: O Die Deckung des Lehrerbedarfs ist insofern ein Thema, das alle drei Pha- sen betrifft, als sowohl während des Studiums, des Vorbereitungsdienstes und der Berufsausübung Ausstiege vorkommen können und vorkommen. 21 Zentrale Ergebnisse O Die Realisierung guter Schulbildung ist einerseits abhängig von Um- ständen, auf welche die Lehrerbildung keinen Einfluss hat – insbesondere Ressourcenausstattungen und Schulstrukturen. Andererseits kann auch mit der besten Schulausstattung und -struktur nur dann gute Schulbildung ge- lingen, wenn die Lehrer_innen als deren zentrale Akteure fachlich kompe- tent, professionell, gesund und motiviert sind und agieren. Das Instrumentarium der Qualitätsentwicklung in der Lehrerbildung setzt sich vor allem aus folgenden Instrumenten zusammen: rechtliche Normensetzungen ländergemeinsame Standards und länderspezifische Qualitätsrahmen Akkreditierungen Evaluationen Förderprogramme zentrale Gremien auf Landesebene temporäre Expertenkommissionen auf Landesebene institutionalisierte Abstimmungen zwischen den Phasen die Zentren für Lehrerbildung als Versuch einer strukturellen Ant- wort auf die strukturell verfestigten Probleme empirische Forschung zur Lehrerbildung und zu ihrer Wirksamkeit – ein generelles Problem für alle o. g. Instrumente besteht darin, dass sie nur selten auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden Daneben wird mit weiteren Instrumenten experimentiert: Qualitätsberichtswesen Formulierung strategischer Ziele auf Basis von Stärken-Schwächen- Analysen Qualitätsmanagementkonferenzen und integrierte QM-Systeme Informationsplattformen Kompetenznetzwerke Lehrerbildung als Thema der Landeshochschulentwicklungspla- nung und als verpflichtender Bestandteil in Zielvereinbarungen zwischen Land und Hochschule ihre explizite Verankerung im Hochschulprofil und ihre direkte Zuordnung zur Hochschulleitungsebene Zulassungsverfahren und Eignungsabklärungen Kaum ein Bereich in der Lehrerbildung wird nicht als defizitär markiert. Diese Defizitanzeigen erfolgen zudem nahezu nie in dem unproblemati- schen Sinne, dass es überall noch Verbesserungspotenziale gebe. Vielmehr 22 Zentrale Ergebnisse sind sie fast immer grundsätzlich, beziehen sich auf tief verankerte Sys- temschwächen, werden durchgehend von jeweils unterschiedlichen Rol- lenträgern und Interessengruppen formuliert und nicht selten auch von sämtlichen Beteiligten an der Debatte. Die daher nötige Qualitätsentwick- lung wiederum lässt sich durchaus auch in dem einen Bereich betreiben, während die dabei erzielten Effekte im darauf aufbauenden Bereich sofort wieder neutralisiert werden können. Ein Anschauungsbeispiel für dieses Phänomen liefert das Zusammenspiel von Lehrerbildung und Schulsitua- tion in Deutschland: O Die Qualitätsdiskussion wird generell überlagert durch Ausstattungsde- fizite, Lehrermangel, den dadurch bestehenden Wettbewerb der Bundes- länder um Lehramtsabsolvent_innen und hinsichtlich finanzieller Anreize für Seiteneinsteiger. Qualitätsentwicklung kann hier kaum etwas substi- tuieren: „Qualität statt Kosten!“ ist keine gute Startparole, wenn damit die Unzulänglichkeit von Ausstattungen für irrelevant erklärt werden soll. Nötige, aber nicht geleistete Ausgaben lassen sich nicht durch Qualitäts- steigerung ersetzen. Die Ausgaben und damit die Ausstattungen der Schu- len müssen vielmehr den Umfang erreichen, der dauerhafte Qualität erst ermöglicht. O Die Lehrerbildung kann zwar die Voraussetzungen schaffen, damit die Situation angemessener Ausstattungen dann auch inhaltlich angemessen gefüllt werden kann. Aber bei aller Professionalisierung des Lehrperso- nals: Ohne qualitätsermöglichende Personalschlüssel und Klassenstärken, Lehrdeputate und Entlastung durch sozialpädagogische Fachkräfte wer- den die Hoffnungen auf und Bestrebungen hin zu besserer Schulqualität auch weiterhin in Überforderung, Demotivation und Frühpensionierung des Personals versinken. Marode Schulgebäude, fachfremdes Unterrich- ten, um den Krankenstand überforderter Kollegien zu kompensieren, oder veraltete digitale Ausstattungen lassen sich nicht durch Heterogeni- tätskompetenz oder Fertigkeiten zur professionellen Konfliktbearbeitung ausgleichen. 23 Zentrale Ergebnisse Die einzelnen Probleme bestehen nicht (mehr) überall bzw. nicht überall in ähnlicher Intensität. Als Vorzug der föderalen Strukturen kann hier durch- aus festgehalten werden, dass in den letzten Jahren in einzelnen, mitunter auch in der Mehrheit der Bundesländer die meist seit Langem thematisier- ten Problemlagen in produktive Problembearbeitungen überführt werden. Rekapituliert man die herausgearbeiteten Problemanzeigen, so lässt sich insbesondere ein Schluss ziehen: In allen drei Phasen der Lehrerbildung sind die meisten Probleme auf der Strukturebene angesiedelt. Damit sind vor allem die Akteure gefragt, welche die Zuständigkeiten besitzen, um die organisatorischen und institutionellen Rahmungen zu gestalten. Jede Qualitätsentwicklung erfordert Priorisierung. Reformbombarde- ments führen zu institutionellen und individuellen Überforderungen und erzeugen die Neigung, mit Fassadenmanagement und Unterlaufensstra- tegien zu antworten. Als Grundsatz der Qualitätsentwicklung lässt sich stattdessen formulieren: In sämtlichen Lehrerbildungsprozessen sollten jederzeit grobe Suboptimalitäten vermieden bzw. behoben und in jeweils einigen Prozessen sollte an der Herstellung optimaler Abläufe gearbeitet werden. Auf diese Weise lassen sich einerseits Mindeststandards durchset- zen und andererseits an der Entwicklung von Qualitätsbedingungen arbei- ten, ohne die Institutionen und ihre Angehörigen durch Anspruchsüber- frachtung zu überfordern. Ein pragmatisches Vorgehen kann hierbei sein, jeweils die Bearbeitung der größten Missstände in Angriff zu nehmen, also das, was die Qualität am stärksten behindert. Tafel 1 visualisiert zusammenfassend die Qualitätsaspekte der Leh- rerbildung, die – je nachdem – bereits erfolgreich bearbeitet werden oder aber bearbeitungsbedürftig sind. 24 Erste Phase QE-Themen QE-Instrumente Verhältnis Fach- Akkreditierung Bildungswissenschaften, Professionelle KMK Standards Bewertungs- Fachdidaktik Verzahnung Handlungskompetenz & Normen- Evaluationen instrumente Monitoring Spezialfall der 3 Säulen curriculare landesspezifische setzung Fachdidaktik des Lehramts- Verhältnis Integration Organisation Qualitätsoffensive Lehramtsspezifische studiums Theorie – Zentren für Lehrerbildung Fächer-Lehrveranstaltungen Praxis Betreuungspersonal Lehrerbildung Zulassungsverfahren Förder- Shift from teaching to learning Geschlechter- repräsentanz programme Qualitätsentwicklung Didaktik der Lehrerbildung Diversität Länderprogramme Qualität Migrations- der Lehre Studierbarkeit, Studienzufriedenheit der hintergründe Studienerfolgs- Bearbeitung sicherung spezieller wiss. Nachwuchs, Studiendauer Lehre Curricula Internationalisierung Themen Lehrerbildungsforschung über- Inklusion, Studienerfolg regionale Abschlüsse Heterogenität 25 Internationalisierung Mobilität Übergänge Digitalisierung Tafel 1: Qualitätsaspekte der Lehrerbildung Qualitätsentwicklung in der Lehrerbildung KMK Standards & Evaluationen Bewertungs- Landesinstitute landesspezifische Normensetzung instrumente Akkreditierung Struktur & Arbeitsweise Qualifizierun- freie Fort- Studien- Qualifikation der gen Quer- bildungsanbieter seminare Fortbildungsanbieter Ausbildungspersonal und Seiten- landeszentral einsteiger Fortbildungspflicht Reich- Qualifikation Ausbildungs- regional weite lehrkräfte in den Schulen überregionale Mobilität schulintern Referendariat Angebote für Strukturen Berufseinstiegsphase Zweite Phase Dritte Phase Zentrale Ergebnisse 1. Problemstellung: Qualität der Lehrerbildung Seit den 90er-Jahren hat sich das Qualitätsthema von der – statischen – Qua- litätssicherung (QS) über die – potenziell dynamische – Qualitätsentwicklung (QE) hin zu Vorstellungen eines systematischen Qualitätsmanagements (QM) entwickelt. Manches, was auf diesem Wege an Ideen entwickelt oder aus anderen Funktionssystemen transferiert worden war, ist auf der Strecke ge- blieben. Anderes wurde in die Prozesse und Strukturen integriert. Am Beginn des neuen Qualitätsdiskurses stand die Explikation eines Phänomens, dem man sich an den Bildungseinrichtungen und in der Wis- senschaft bis dahin gern dadurch entzogen hatte, dass Robert M. Pirsigs philosophischer Roman „Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten“ zitiert wurde: „Manche Dinge sind nun mal besser als andere, das heißt, sie ha- ben mehr Qualität. Will man aber definieren, was Qualität an sich ist, abgesehen von den Dingen, die sie besitzen, dann löst sich alles in Wohlgefallen auf. Es bleibt nichts übrig, worüber man sprechen könnte. … Wenn keiner weiß, was sie ist, dann sagt einem der ge- sunde Menschenverstand, daß es sie gar nicht gibt. Aber der ge- sunde Menschenverstand sagt einem auch, daß es sie gibt. Worauf gründet sich sonst die Benotung? Warum würden die Leute sonst für manche Dinge Unsummen bezahlen und andere in die Müllton- ne werfen? Offensichtlich sind manche Dinge besser als andere ... aber worin besteht dieses ‚Bessersein‘? ... So dreht man sich endlos im Kreise und findet nirgends einen Anhaltspunkt. Was zum Teufel ist Qualität? Was ist sie?“ (Pirsig 1998: 193). So wurde implizit gehalten, was nun explizit gemacht werden sollte: die Qualität von Lehre (und Forschung) und deren Bewertung. Das setzte aber Pirsigs Fragen nicht außer Kraft. Qualitätsbegriff Grundsätzlich lässt sich Qualität definieren als eine Kategorie zur Bezeich- nung kombinatorischer Effekte, die zusammen eine bestimmte Güte erge- ben (qualitas = Beschaffenheit). Die Güte finalisierbarer Prozesse lässt sich 27 Problemstellung: Qualität der Lehrerbildung anhand der Funktionalität darin erzeugter Produkte feststellen: Stahl muss zugleich einen bestimmten Härtegrad und eine bestimmte Elastizität auf- weisen; Lebensmittel müssen eine definierte Haltbarkeitsdauer besitzen, ohne bis zum Verfallsdatum einen gleichfalls definierten Geschmacksstan- dard zu unterschreiten usw. Anders verhält es sich bei Bildung: Sie ist prin- zipiell nicht finalisierbar und weist – jedenfalls in der neuhumanistischen Tradition, die in der Demokratie gesellschaftlich generalisiert wurde – ei- nen unhintergehbaren Eigenwert der individuellen Persönlichkeitsentfal- tung auf. Letztere ist neben Wissenserwerb und Kompetenzausprägung Voraussetzung gesellschaftlicher Teilhabe. Die Qualität von Bildung lässt sich nur über die mittel- und lang- fristigen Wirkungen erfassen, etwa hinsichtlich ihres Beitrags dazu, welche gesellschaftlichen Teilhabechancen die Einzelnen gewinnen und nutzen. Ist der Informationsbedarf dringlicher, werden die Bildungseffekte in erster Näherung über pragmatisch gewählte Kriterien – z. B. Erfolg beim Berufs- einstieg – indiziert. Diese dienen vorrangig der Herstellung von Vergleich- barkeit. Dagegen muss eine Betrachtung, die auf die Qualität der Bildungs- prozesse selbst fokussiert, avancierter ausfallen. Fragt man vor diesem Hintergrund danach, was die Qualität akade- mischer und nachakademischer Bildung ist, so können deren Funktion(alität) en zum Ausgangspunkt genommen werden: Sie werden (statt anderer Qua- lifizierungswege) absolviert, weil sich akademisiertes Personal in seinen beruflichen Handlungskontexten typischerweise nicht in Routinesituatio- nen, sondern in Situationen der Ungewissheit, konkurrierenden Deutungen und Normenkonflikte, zugleich aber auch des Zeitdrucks und Handlungs- zwanges zu bewegen hat. Um in solchen Situationen sicher und folgelastig handeln zu können, wird zweierlei benötigt: wissenschaftlich basierte Urteilsfähigkeit – d. h. die Befähigung, komplexe Sachverhalte methodisch geleitet und kritisch zu analysieren und zu bewerten – sowie eine explizit darauf gründende Handlungsfähigkeit. Diese sollen zum Lösen von Problemen befähigen, die während des Studiums entweder aus Stoffmengengründen nicht gelehrt werden oder aber noch gar nicht bekannt sein konnten. Die Distanz zur Welt der Arbeit ist ein zentrales Merkmal solcher Bildung – und zwar um Befähigungen zu erwerben, ebendiese Welt der Arbeit, aber auch andere Lebenssphären erfolgreich zu bewältigen (Teichler 2003: 15). Lebenskluge Beschäftiger verlangen auch heute schon genau das, denn: „Praktiker wis- sen, daß Praxis blind macht. Sie suchen nicht nach Leuten, die ihre Blind- heit teilen“ (Baecker 1999: 64). 28 Problemstellung: Qualität der Lehrerbildung 1. Jenseits von reduktionistischen Schlüsselqualifikationskonzepten geht es dabei um eine bestimmte Verbindung von Theorie- und Praxisperspekti- ve: Studierende als künftige Absolvent_innen sollten in die Lage versetzt werden, sowohl theoretisch angeleitet auf die Praxis schauen als auch die Praxisrelevanzen ihrer Theorieschulung erkennen und fruchtbar machen zu können. Man kann dies auch in die herkömmliche Kontrastierung von Bildung und Ausbildung übersetzen: „Ausbildung vermittelt, wie wir über- leben, und Bildung sagt uns, wozu“ (Hartmut v. Hentig). Die Qualität von akademischer und nachakademischer Bildung bemisst sich daran, ob und inwiefern sie beiden gerecht wird. Die Quali- tät von Lehrerbildung ergibt sich wesentlich daraus, „das Wechselspiel von Theorie und Praxis von Anfang an und durch alle Phasen, wenn auch mit unterschiedlichen Gewichten“, zu verwirklichen. „Denn Theorie bleibt ohne Praxis unbegriffen, Praxis bleibt ohne Theorie blind in Krisen und für Ver- änderungen; Reflexion verweist das eine aufs andere“ (Reinhardt 2009: 23). Ein abstraktes Maß dafür gibt es nicht. Qualität ist, wie erwähnt, eine Kategorie zur Bezeichnung von etwas – nicht etwas, das unabhängig vom Beobachter gegeben sei. Daher ist das, was unter je konkreten Umstän- den als Qualität verstanden wird, Gegenstand fortlaufender Aushandlungs- prozesse. In diesen entsteht eine Mehrheitsauffassung, flankiert von Min- derheitsauffassungen. Erstere beansprucht dann kollektive Verbindlichkeit und leitet Qualitätssicherungs- bzw. -entwicklungsprogramme an. Dabei wiederum ist es hilfreich, sich Klarheit über die verschiedenen Arten der (meist kollektiven) Qualitätskonstruktion zu verschaffen. Dazu nun. Qualitätskonstrukte In den letzten Jahrzehnten hat sich das Qualitätsverständnis auch für akademi- sche und nachakademische Ausbildungen deutlich gewandelt. Dieser Wandel lässt sich mit Ulrich Teichler (2005a: 132) als Übergang von einem gleichsam vorevaluativen zu einem evaluativen Qualitätsverständnis kennzeichnen. Vor- evaluativ habe als Qualität das Gute und Exzellente gegolten, das man nicht de- finieren könne, worüber aber alle übereinstimmten. Im evaluativen Sinne gilt als Qualität, was sich messen, vergleichen und klassifizieren lässt und dabei möglichst überdurchschnittlich abschneidet. Blieb also das traditionelle Quali- tätsverständnis implizit, so will das evaluative explizit sein. Nachteile weisen beide auf. Das vorevaluative Qualitätsverständnis verfehlt systematisch die Akzeptanz für hochschulische Angelegenheiten in Öffentlichkeit und Politik, denn dort vermag man die implizit bleiben- 29 Problemstellung: Qualität der Lehrerbildung den Qualitätswahrnehmungen der Wissenschaft nicht intuitiv nachzuvoll- ziehen. Das evaluative Qualitätsverständnis hingegen verfehlt zu einem beträchtlichen Teil die Leistungstypik von Hochschulen – nämlich dort, wo deren Ergebnisse sich nicht allein oder nicht angemessen durch Messung, Vergleich und Klassifikation erschließen lassen. Die Lösung des Problems ist die kluge Kombination der einzusetzenden Erfassungsinstrumente. Sie muss darauf zielen, dass sich die jeweiligen Nachteile so weit wie möglich gegenseitig neutralisieren. Dieses Wissen hat sich unterdessen, nach 20 Jahren Hochschulqua- litätsdebatte, auch weitgehend durchgesetzt (was quantifizierende Rück- fälle in frühere Diskussionsstadien nicht ausschließt). Daher handelt es beim vorevaluativen und beim evaluativen Qualitätsverständnis nicht mehr um zwei Deutungen, von denen die erste einer überwundenen Epoche und die zweite einer modernisierten Gegenwart zuzurechnen sei. Vielmehr exis- tieren beide parallel und werden häufig miteinander verbunden. Die Raf- finesse solcher Verbindungen fällt unterschiedlich aus, da sie von verfüg- baren Ressourcen, dem Maß der Aufgeklärtheit der beteiligten Akteure sowie dem Verwendungszweck bestimmt wird. Die Unterscheidung von vorevaluativem und evaluativem Qualitäts- verständnis enthält jedoch nicht nur eine Differenzierung zwischen zwei, sondern drei Qualitätskonstrukten. Diese beschreiben in jeweils unter- schiedlich avancierter Weise, welche Güte Betrachtungsgegenständen zuge- schrieben wird: O Das erste Qualitätskonstrukt ist quantitativ fokussiert: Die Gegenstände werden messend erfasst, und zwar in einem unmittelbaren Zugriff. Hierfür lassen sich metrisch Standards formulieren, etwa als Mindestwerte oder quantitative Korridore. O Das zweite Konstrukt ist auf Qualitäten – im Plural – gerichtet. Es erfasst einzelne Merkmale bzw. isolierbare Einzeleigenschaften des Betrachtungs- gegenstandes. Hier wird häufig versucht, diese über verbal beschriebene qualitative Standards zu erfassen. Es werden damit Aspekte benannt, die sich im Übrigen mit ganz unterschiedlichen weiteren Qualitätsmerkmalen verbinden können. Daher handelt es sich weniger um eine Erfassung von Qualität, sondern um deren Einkreisung. Es geht hier um die Bestimmung von Qualitäten erster Ordnung. O Das dritte Qualitätskonstrukt nimmt Qualität – im Singular – in den Blick: komplexe Merkmalsbündel, die einen Prozess, eine Leistung oder eine Or- ganisationseinheit ganzheitlich durchformen und den Betrachtungsgegen- stand in seiner Gesamtheit prägen. Diese ganzheitlich durchformende Güte 30 Problemstellung: Qualität der Lehrerbildung 1. lässt sich als Qualität zweiter Ordnung kennzeichnen. Sie entzieht sich so- wohl quantitativer als auch qualitativer Standardisierung und benötigt zu ihrer Erfassung deutende Beurteilungen. Das Verhältnis von messbaren Quantitäten, verbal standardisier- baren Qualitäten erster Ordnung und nicht standardisierbaren Qualitäten zweiter Ordnung kann zunächst an einem Beispiel illustriert werden: Das quantitative Lehrkräfte-Studierenden-Verhältnis an einem Fachbereich ist ein zu messender Sachverhalt, der freilich für sich genommen noch von sehr eingeschränkter Aussagekraft ist. Die Lehrkräfte-Studierenden-Interaktion ist ein verbal standardisier- barer Sachverhalt, der schon deutlichere Qualitätsaussagen erlaubt. Die Gesamtgüte eines Fachbereichs hingegen kommt erst in den Blick, wenn man sich bemüht, die Lehrkräfte-Studierenden-Inter- aktionswirkungen zu ermitteln. Hierbei sind Standardisierungen wenig hilfreich, weil sie Fachbereichsspezifika nicht zu erfassen vermögen. Daher müssen Interpretationen empirisch vorfindlicher Sachverhalte und deren Zusammenspiels vorgenommen werden. In einem zweiten Schritt lassen sich die drei Qualitätskonstrukte sinnfällig machen, wenn die jeweils zugehörigen Techniken der Qualitätsbewertung einbezogen werden. Anwendung finden direkte Messungen, indirekte Mes- sungen und deutende Beurteilungen: O Der Unterschied zwischen direkten Messungen einerseits, indirekten Messungen und deutenden Beurteilungen andererseits markiert die Ele- mentardifferenzierung zwischen Quantitäten und Qualitäten: Erstere sind unmittelbar messbar (z. B. Studiendauer oder Studienerfolgsquote, Input- Output-Vergleiche), Letztere entweder nur indirekt oder gar nicht messbar. O Indirekte Messungen erfassen Symptome von Qualität über Surrogatin- dikatoren. Dies geschieht etwa über Zufriedenheitserhebung („Wie hat Ih- nen die Lehrveranstaltung gefallen?“), Reputationsbewertung („An welcher Hochschule würden Sie ein Maschinenbaustudium empfehlen?“) oder die Ermittlung von normativ bestimmten Präferenzen („90 Prozent der Lehr- amtsstudierenden sehen den Berufs-/Praxisbezug der Lehrveranstaltungen als besonders wichtig an“). O Zahlreiche metrisch erfassbare Sachverhalte stellen häufig notwendige Aspekte von Qualitäten dar, aber sie sind nicht hinreichend, um Qualität zu erfassen. Wo weder direkte noch indirekte Messungen möglich sind, sind konzeptabhängige Deutungen nötig, um etwas als mehr oder weniger quali- tätsvoll zu bewerten. Als Deutungskonzepte kommen bspw. der Funktiona- 31 Problemstellung: Qualität der Lehrerbildung lismus oder die regulative Idee der Chancengerechtigkeit oder das Postulat der Kompetitivität infrage, also: Sind Strukturen und Prozesse funktional, d. h. auf bestimmte Funktionserfüllungen, bzw. auf die Realisierung glei- cher Bildungschancen bzw. auf die ungehinderte Entfaltung wettbewerbli- cher Mechanismen hin ausgerichtet? Tafel 2: Übergangssequenz Quantität – Qualität ganzheitlich diverse durchformende Güte Einzeleigenschaften kombinatorische Effekte aus Mengen/ kombinatorischen Effekten Größenordnungen kombinatorische Effekte Quantität Qualität 1. Ordnung Qualität 2. Ordnung nicht standardisierbar verbal indikatorisierbar messbar interpretationsbedürftig standardisierbar Der Qualität erster Ordnung und der Qualität zweiter Ordnung ist gemein- sam, dass sie kombinatorische Effekte beschreiben: Die isolierbaren Ein- zeleigenschaften ergeben sich aus der Kombination diverser Elemente, die sich auflisten lassen und deren strukturelle Verbindungen modelliert wer- den können. Ganzheitlich durchformende Güte hingegen stellt einen kom- binatorischen Effekt mehrerer solcher kombinatorischer Effekte dar. Die Einzelheiten der Kombination, die zu einer qualitativen Einzeleigenschaft führt, sind quantitativ bestimmbar; doch das Ganze ist jeweils mehr als die Summe seiner Teile. Die Kombinationen, die eine ganzheitlich durchfor- 32 Problemstellung: Qualität der Lehrerbildung 1. mende Güte bestimmen, verbinden mehrere Qualitäten erster Ordnung; sie sind aber wiederum mehr als nur deren Summe. Praktisch bemerkbar macht sich dies insbesondere bei gezielten Interventionen mit dem Ziel, eine Variable innerhalb des kombinatorischen Sets zu verändern: Bei quantitativ erfassbaren Eigenschaften bleibt eine solche Veränderung auf das jeweilige Interventionsziel beschränkt. Bei qua- litativ zu erfassenden Eigenschaften wirkt sich die Veränderung immer auf alle kombinatorisch miteinander verknüpften Variablen aus – in entweder wünschbarer oder unerwünschter Weise (Tafel 2). Die getroffenen Unterscheidungen haben Folgen für die Wahl des Interventionsinstrumentariums, mit dem Qualität an Hochschulen, in Studi- enseminaren oder bei Fortbildungseinrichtungen gesichert und entwickelt werden soll. Zu differenzieren ist hier vor allem zwischen Single-Issue- Ansätzen und Systemveränderungsansätzen. Erstere sind geeignet zur ziel- genauen Sicherung und Entwicklung von Einzeleigenschaften. Letztere sind vonnöten, sobald ganzheitlich durchformende Güte erzeugt bzw. gesteigert werden soll. Insofern lassen sich Qualitätsziele, die sich auf Qualitäten ers- ter Ordnung beziehen, auch als pragmatische Zwischenschritte auf dem Weg zur Qualität zweiter Ordnung einsetzen. Dabei wiederum kann auf zweierlei Weise begonnen werden: entweder bei den als am wichtigsten bewerteten Qualitätsanliegen, oder – ein Vorschlag von Helmut Winkler (1993: 30) – bei den größten Missständen, d. h. an „an den Brennpunkten von starker Behinderung der Qualität“. Qualitätsdimensionen Ganzheitliche Qualitäten werden nicht ganzheitlich erzeugt, sondern durch Handeln und Interventionen, die sich auf konkrete Elemente beziehen. Um hierfür eine Struktur zu gewinnen, die praktikabel ist, hat sich in der Quali- tätsdiskussion die Unterscheidung dreier Qualitätsdimensionen durchgesetzt: Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Zunächst für das Gesundheits- wesen entwickelt (vgl. Donabedian 1966), wurde die Unterscheidung dann auch auf Hochschulen angewandt (vgl. Vroeijenstijn 1993: 53). Da hiermit noch nicht alle Aspekte von Bildungsprozessen abgedeckt sind, empfiehlt es sich, für diese zusätzlich die Dimension der Orientierungsqualität einzubezie- hen (Brunner 1999). In der Gesamtbetrachtung geht es dann darum, förderliche institutionelle und organisatorische Kontexte zu schaf- fen, incl. personeller, räumlicher, materieller und sächlicher Voraus- setzungen (Strukturqualität), 33 Problemstellung: Qualität der Lehrerbildung Handlungen, Interaktionen, Erfahrungen, Arbeitsabläufe und Adres- satenbeteiligung zu verändern bzw. einzubeziehen (Prozessqualität), kulturelle und didaktische Vorstellungen, gesellschaftliche Werte und soziale Normen zu berücksichtigen und sie ggf. zu entwickeln (Orientierungsqualität) sowie die Zielbindung des Qualitätshandelns sicherzustellen sowie den Grad der Zielerreichung (Effektivität) und das Kosten-Nutzen-Ver- hältnis (Effizienz) zu erfassen; dabei „muss sowohl das Vorhanden- sein einer Leistung (Output) als auch die Wirkung einer Leistung (Outcome) analysiert werden“ (Speck 2006: 324) (Ergebnisqualität). Qualitätsbewertungen können demgemäß ihr Augenmerk darauf richten, ob allein auf strukturelle Entwicklungen oder auf die Qualität der Lehr- Lern-Prozesse abgehoben wird, ob die Beschreibung von Ergebnisqualitä- ten allein steht (und damit in der Luft hängt) oder mit Entwicklungsabsich- ten zur Prozessqualität oder/und Strukturqualität verknüpft ist. Wird konkret die Qualität der Lehrerbildung untergliedert in Struk- tur-, Prozess-, Orientierungs- und Ergebnisqualität, so geht es um die Qualität der institutionellen und organisatorischen Strukturen: Studiengänge, Zentren für Lehrerbildung, Studienseminare, Schul- qualitätsinstitute mit ihren Aufgaben in der Lehrerfortbildung, wei- tere Fortbildungsakteure usw.; die Qualität des Lehrerbildungsprozesses: unterteilt in die drei Pha- sen Studium, Vorbereitungsdienst und berufsbegleitende Fort-/Wei- terbildung, daneben geht es um deren Verflechtung oder Nichtver- flechtung; die Qualität der zugrunde liegenden Orientierungen: neben grund- sätzlichen kulturellen Vorstellungen und sozialen Normen aktuell vor allem die Orientierung auf Heterogenitätsbewältigung und In- klusion; die Qualität der Ergebnisse: z. B. Kompetenzentwicklung, Studien- erfolgsquote oder gelingender Berufseinstieg. Qualitätsentwicklungsinstrumente Qualität an Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen wird nicht derart hergestellt, dass lediglich ein übersichtliches Handlungsprogramm in Gang zu setzen ist, welches die Ursachen erzeugt, als deren Wirkungen dann zwangsläufig Qualität entsteht. Das unterscheidet Bildungsprozesse 34 Problemstellung: Qualität der Lehrerbildung 1. von z. B. industriellen Fertigungsprozessen (für die Qualitätsentwicklung in Gestalt von Qualitätsmanagement zuerst systematisch entwickelt worden war). Vielmehr kann Qualität von Bildung dadurch entstehen, dass die Be- dingungen so gestaltet werden, dass Qualitätserzeugung nicht verhindert wird. Eine Entstehensgarantie ist dies freilich nicht. Doch immerhin: Qualitätsförderlich gestaltete Kontexte werden zumindest tendenziell zu höheren Qualitäten führen als solche Kontexte, die gegenüber Qualitätsfragen unsensibel sind. Wenn also z. B. von „Qua- litätsmanagement an Hochschulen“ gesprochen wird, dann muss dies als Qualitätsbedingungsmanagement verstanden werden: als zielgebunde- nes kontextgestaltendes Organisieren, das dem Gegenstand seiner Bemü- hungen Möglichkeiten schafft, ohne ihn einer aussichtslosen Diktatur des Determinismus zu unterwerfen. Ebenso ist darauf hinzuweisen, dass jede Qualitätsentwicklung hin- sichtlich der zur Verfügung stehenden Ressourcen praktikabel sein muss. Die Frage: „Welche personellen, finanziellen, sächlichen und zeitlichen Ressourcen stehen für die Durchführung der Qualitätsentwicklung zur Verfügung?“ ist zwar selbst nicht inhaltlich, doch prägt sie den Vorgang erheblich in auch inhaltlicher Hinsicht. Sie sollte daher immer möglichst frühzeitig geklärt werden. Gänzlich neu ist an Hochschulen und sonstigen Einrichtungen der Lehrerbildung weder Qualitätsentwicklung noch das, was heute Qualitäts- management genannt wird. Methodenbindung, fachkulturelle Standards oder Prüfungsverfahren dienen seit alters her der Qualitätssicherung in der Wissenschaft und wissenschaftlichen Ausbildung oder suchen zumindest diesen Eindruck zu erwecken. Hier lassen sich systematisch drei Gruppen von Qualitätsentwicklungsinstrumenten unterscheiden: O Traditionelle QE-Instrumente: Darunter fällt all das, was an lehrerbil- denden Einrichtungen schon immer unternommen wurde, um Qualität zu sichern, ohne dass es jemand explizit Qualitätssicherung oder gar Qualitäts- management genannt hätte: Methodenbindung, fachkulturelle Standards, Forschungskommunikation, wissenschaftliche Kritik, Reputationsverteilung, Hodegetik bzw. Hochschuldidaktik bzw. Erwachsenenpädagogik, Curricu- lumgestaltung, Prüfungs- und Qualifikationsverfahren als frühe Formen der Zertifizierung sowie die damit zusammenhängende akademische Symbol- verwaltung. O Kulturell integrierte QE-Instrumente: Das sind diejenigen Maßnahmen zur Qualitätsbewertung, die zwar nicht traditionell akademisch sind, aber seit dem 20. Jahrhundert – zuerst im angloamerikanischen Raum, inzwi- 35 Problemstellung: Qualität der Lehrerbildung schen auch im deutschsprachigen – an den Hochschulen, Studiensemina- ren und Fortbildungseinrichtungen weitgehend akzeptiert werden, also in die akademische Kultur integriert sind, wenn auch häufig begeisterungslos. Deren wichtigste sind vier: (a) die Evaluation, welche die Frage stellt, wie gut etwas ist; (b) die Akkreditierung, die danach fragt, ob etwas „gut genug“ ist, also bestimmte Standards einhält; (c) das Ranking, das nicht fragt, ob etwas „gut“ oder „schlecht“, sondern ob es „besser“ oder „schlechter“ ist als die jeweiligen Vergleichsobjekte; (d) das Monitoring, das messend, pro- tokollierend und/oder Zielerreichungsgrade bzw. Zielverfehlungen doku- mentierend angelegt ist, dabei nicht zwingend mit Bewertungen verbunden sein muss. O Bislang kulturfremde QE-Instrumente: Dabei handelt es sich um Instru- mente, die aus anderen, meist ökonomischen Kontexten in den Bereich der Hochschulen und sonstigen lehrerbildungsbeteiligten Einrichtungen transferiert werden. Sie sind auf sehr unterschiedlichen Handlungsebenen angesiedelt: Leitbildformulierung, Qualitätszirkel, Benchmarking, Zielverein- barungen, Leistungsanreizmodelle, Qualitätscontrolling, Schwachstellenana- lyse, Stärken-Schwächen-Analyse, Wissensmanagement und Lernende Orga- nisation, Balanced Scorecard. Die in den letzten Jahren erfolgten Neuaufnahmen in den Werkzeugkas- ten der Qualitätsentwicklung spiegeln die oben erwähnte Wandlung vom vorevaluativen hin zum evaluativen Qualitätsverständnis wider. Insofern werden die QE-Prozesse auch immer mit Qualitätsbewertungen verbunden. Diese finden häufig auf der Grundlage von Kriterien statt, die gar keine Qualität bewerten, sondern entweder Quantitäten oder „Symptome der Qualität“, etwa die Reputation von Institutionen und ForscherInnen (Wein- gart 1995: 48). Zugleich wird heute vielfach mit Standards gearbeitet. Sie lassen sich als Normen auffassen, also als gebietende Regeln, die für die Handeln- den einen Handlungsgrund darstellen (Gil 2001: 55). Für die Lehrerbildung handele es sich bei Standards „um die Festlegung von Leistungserwartun- gen, die Lernende nach Durchlaufen eines längeren Ausbildungsabschnit- tes – zum Beispiel am Ende einer Schulstufe oder am Ende einer Phase der Lehrerausbildung – erfüllen sollen“ (Blömeke 2006: 25). Ob die als Stan- dards definierten Ziele erreicht, zum Teil erreicht oder verfehlt werden, benötigt wiederum Messungen oder zumindest semimessende Beschrei- bungen. Dazu dienen dann Kennziffern und Indikatoren. Unterschieden werden müssen deren jeweilige Reichweiten: 36 Problemstellung: Qualität der Lehrerbildung 1. O Kennziffern drücken schon vorhandene Quantitäten aus und führen zu absoluten Aussagen. Sie sind zunächst quantitative Zahlenwerte, die etwa Absolventen- bzw. Drop-out-Quoten, Lehrkräfte-Studierenden-Relationen, die Auslastungsquote von Hochschulräumlichkeiten, kurzfristige Verwer- tungseffekte, Drittmitteleinwerbungen, die Zahl der Promotionen und Habi- litationen oder die Anzahl der Veröffentlichungen in referierten Journalen abbilden. Kennziffern gelten unabhängig von bestimmten konzeptionellen Annahmen. Daher können Kennziffern lediglich Voraussetzung einer in- terpretativen Anstrengung sein und nicht diese ersetzen. Nur so lässt sich vermeiden, was Heise (2001) als Kritikpunkte an schlichten Kennzahlenbe- richten zusammenfasst: „Fehler bei der Datenzuordnung, unzureichende Methodik, brutale Komplexitätsreduktion wissenschaftlicher Leistungsfä- higkeit, drohende Ökonomisierung des Universitätsbetriebs sowie Be- schneidung grundgesetzlich garantierter Forschungs- und Lehrfreiheit.“ O Indikatoren dagegen werden über ein theoretisches Konzept definiert (wobei aus Kennzahlen durch ein solches Konzept Indikatoren werden können). Indikatoren sind alle quantifizierenden Verfahren, die Vorausset- zungen, Prozesse oder Ergebnisse in einem numerischen Relativ abbilden (Hornbostel 1997: 180). Die zugrunde liegenden Konzepte können dabei z. B. Effizienz, Effektivität oder Qualität sein. Die Indikatoren sollen als Hilfs- größe direkt wahrnehmbare Phänomene benennen und Schlüsse auf nicht unmittelbar wahrnehmbare Phänomene zulassen (Schmidberger 1994: 297). Sie sind keine neutralen Realitätsbeschreibungen, sondern selektie- ren, transformieren und kombinieren Daten, basierend auf normativen und definitorischen Vorgaben. Indikatoren sind „Maßgrößen, die die Realität le- diglich ausschnittsweise bzw. stellvertretend abbilden wollen. Sie kommen immer dann zum Einsatz, wenn sich die zu messende Realität wegen ihrer Komplexität einer umfassenden und objektiv nachprüfbaren Erfassung ent- zieht“ (Weber 1996: 81). Zur Indikatorenbildung gehört also bereits eine interpretatorische Anstrengung: Zahlen werden im Rahmen eines Konzepts „lesbar“ gemacht. Es handelt sich mithin um interpretierte Daten. In diesen Horizonten sollten Kennziffern und Indikatoren entwickelt wer- den. Dazu muss man sich zum einen Kennziffern unideologisch nähern und zum anderen Indikatoren gegen den Strich bürsten. Studiendauer, Absol- venten- und Dropout-Quoten, Drittmitteleinwerbungen, Publikationsdichte oder die Auslastungsquote von Hochschulräumlichkeiten z. B. sind zunächst quantitative Kennziffern. Einige von diesen können zwar über Vorannah- men zu Surrogatindikatoren aufgeladen werden – etwa Drittmitteleinwer- 37 Problemstellung: Qualität der Lehrerbildung bungen als Surrogat für Forschungsstärke. Aber sowohl reine Quantitäten als auch Qualitätssymptome bilden den Leistungscharakter von Hochschu- len, Studienseminaren und Fortbildungseinrichtungen nicht adäquat ab, sondern mindestens unvollständig, mitunter verfälschend, häufig verzerrt – einerseits. Andererseits geben sie Hinweise auf einzelne Aspekte des hoch- schulischen Leistungscharakters. Ein unzulängliches Flächenmanagement an Hochschulen z. B. ist kein unaufgebbares Element der akademischen Autonomie, sondern Verschleuderung von öffentlichen Mitteln. Insofern kann eine naserümpfende Pikiertheit, sobald man mit solchen Kennziffern konfrontiert wird, durchaus auch fehl am Platze sein. Da Daten nicht „spre- chen“, bedürfen Kennzahlen allerdings immer der Interpretation. Zusammengefasst: Bewertende Qualitätsabbildungen sollten der auf- steigenden Komplexität der Bewertungsgegenstände entsprechen. Das heißt: Für eher anspruchslose Beurteilungen, etwa Ausstattungsverglei- che oder formale Rankings, lässt sich mit quantitativen Kennziffern arbeiten. Qualitativ wird damit gleichwohl nichts abgebildet – was explizit zu benennen ist, um anderweitige Erwartungen nicht zu nähren. Nicht messbar im mathematischen Sinne, aber doch verbal standar- disierbar sind Qualitäten erster Ordnung, also einzeln benennbare Eigenschaften. Sie lassen sich über Standards fixieren, indem sie beschrieben werden können. Fremdsprachenkompetenz der Stu- dierenden z. B. ist standardisiert über diverse Beherrschungsgrade: „schriftliches Verständnis“, „verhandlungssicher“ oder „perfekt in Wort und Schrift“. Die ganzheitlich durchformende Güte – Qualität zweiter Ordnung – hingegen kann nur durch Indikatorenmix eingekreist werden, um sie auf der Grundlage bestimmter Bedeutungszuweisungen zu in- terpretieren. 38
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