Alice lAndskron schriften des Kunsthistorischen MuseuMs Band 13 a herausgegeBen von saBine haag Das Heroon von Trysa Das Heroon von Trysa g o r d i a n o a l e x a n d r o l i v i a e ein denkmal in lykien zwischen ost und west untersuchungen zu Bildschmuck, Bauform und graBinhaBer Alice lAndskron mit Beiträgen von franz fichtinger und gerhard forstenpointner schriften des kunsthistorischen museums herausgegeBen von saBine haag Band 13 a Das Heroon von Trysa III. DIE GRABANLAGE Sabine Haag 8 Alice Landskron 10 I. Einleitung 13 I.1. Bemerkungen zur Begrifflichkeit 19 II. Forschungsgeschichte zum Heroon von Trysa – ein Überblick 23 III. Die Grabanlage – Temenos, Grabbau, Einbauten 33 III.1. Die Grabanlage und der Grabbau im Inneren des Gevierts 33 III.1.1. Szenen aus der Lebenswelt des Grabherrn auf den Reliefs des Sarkophagkastens 34 III.1.2. Die Relieffragmente des Grabbaus – eine bekannte Bilderwelt in Lykien 39 III.1.3. Zur Rekonstruktion des Grabbaus im Temenos (Franz Fichtinger – Alice Landskron) 44 III.2. Skulpturen schmückten den Grabbezirk 49 III.3. Das Temenos und die Einbauten im Temenosbereich 51 III.4. Die Ornamente der Deckplatten der südlichen Außenseite der Temenosmauer 52 III.5. Monumentale Grabanlagen in Lykien – ein Vergleich 53 IV. Die Skulpturenausstattung des Heroons (Tor und Friese) 57 IV.1. Eintritt in den Grabbezirk: das Tor, Südseite außen und innen 57 IV.1.1. Wachen am Tor: Stierprotomen, Rosetten und Medusenhaupt 58 IV.1.2. Die Familie des Grabherrn: die sitzenden Paare am Türstürz – ein Motiv lykischer Identität? 59 IV.1.3. Tänzer zu Ehren des Verstorbenen: Die Leibungssteine an der Innenseite des Tores 64 IV.1.4. Ägyptische Bes-Figuren bewachen den Verstorbenen 66 IV.2. Die Friese – Mythenbilder und Lebensbilder 71 IV.2.1. Amazonomachie, Mythische Feindwelt I 1, Südwand, außen 71 IV.2.2. Kentauromachie, Mythische Feindwelt II 1, Südwand, außen 76 IV.2.3. Kampf der Sieben gegen Theben: Kampf um eine Stadt – ein Mythos, Südwand, außen 84 I. EINLEITUNG II. FORSCHUNGSGESCHICHTE IV. DIE SKULPTURENAUSSTATTUNG VORwORT Inhalt IV.2.4. Die Landungsschlacht: Angriff vom Meer, Südwand, außen 89 IV.2.5. Der Freiermord, Rache des Hausherrn, Südwand, innen 96 IV.2.5.1. Penelope in ihrem Gemach 96 IV.2.5.2. Die Rache des Odysseus: der Freiermord 105 IV.2.5.3. Die Auswahl der Szenen und die kontinuierliche, plattenübergreifende Darstellung von zeitlich und räumlich getrennt abfolgenden Handlungen 109 IV.2.6. Kalydonische Eberjagd, Südwand, innen 110 IV.2.7. Die Landungsschlacht: Angriff vom Meer, Westwand 122 IV.2.8. Die Stadtbelagerung, Westwand: das homerische Troja oder die Verteidigung einer lykischen Stadt? 137 IV.2.9. Amazonomachie, Mythische Feindwelt I 2, Westwand 148 IV.2.10. Der Raub der Leukippiden, Angriff auf den Oikos, Nordwand 162 IV.2.11. Die Jagd: ein Thema herrscherlicher Repräsentation, Nordwand 171 IV.2.12. Kentauromachie, Mythische Feindwelt II 2, Nord- und Ostwand 176 IV.2.13. Theseus, der klassische griechische Heros in Lykien, Ostwand 188 IV.2.14. Perseus, ein griechischer Heros zwischen Hellenen und Persern, Ostwand 192 IV.2.15. Bankett mit Tanz und Musik als Reflexion auf das gesellschaftliche Leben des Verstorbenen, Ost- und Südwand, innen 193 IV.2.16. Relief statt Grabinschrift: Die drei Einzelplatten, Südwand, innen 203 IV.2.16.1. Der Herrscher im Viergespann 203 IV.2.16.2. Die Entführungsszene – ein Mythos in der Lebenswelt? 206 IV.2.16.3. Bellerophon, der griechisch-lykische Heros als Ahnherr und Stammvater 208 IV.3. Realien – Identitätsfindung nach außen? 209 IV.3.1. Tracht, Bewaffnung und Rüstung der Figuren 209 IV.3.1.1. Tracht 209 IV.3.1.2. Schutzwaffen 209 IV.3.1.3. Angriffswaffen 219 IV.3.2. Zu den Möbeln auf den Friesen des Heroons und des Grabbaus 223 IV.4. Formanalyse und Stil – lykische und griechische Traditionen 227 IV.4.1. Formale Charakteristika der Heroonfriese 227 IV.4.2. Typologische Merkmale der Figurenfriese: Fugenverbindende Elemente und plattenübergreifend gearbeitete Figuren 228 IV.4.3. Beobachtungen zur Komposition der Friese 231 IV.4.4. Stilistische Merkmale an den Figurenfriesen 249 IV.4.4.1. Reliefhöhe 250 IV.4.4.2. Stilistische Gemeinsamkeiten an den Figurenfriesen 251 IV.4.4.3. Das Verhältnis von Figur zum Reliefgrund 252 IV.4.4.4. Räumlichkeit und Tiefenwirkung 253 IV.4.4.4.1. Räumliche Darstellung von Architektur 253 IV.4.4.4.2. Räumlichkeit durch Figurenstaffelung 257 IV.4.4.5. Stilistische Beobachtungen zur Wiedergabe des Gewandes 258 IV.4.4.6. Beobachtungen zu den Physiognomien: Ausdruck von Identität der Lykier? 259 IV.4.5. Stilistische Untersuchungen: Die einzelnen Friesreihen 262 IV.4.6. Die stilistischen Analysen und die daraus erkennbare Auswirkung auf die Organisation und Arbeitsweise der Bildhauer 283 IV. DIE SKULPTURENAUSSTATTUNG VIII. STELLUNG UND BEDEUTUNG IV.4.7. Ikonographische und stilistische Traditionen – Rezeption von Stil 287 IV.4.8. Griechische oder lykische Identität – eine Frage des Stils? Die ausführenden Bildhauer 289 IV.4.9. Stilistische Nachwirkungen der Bildhauerarbeiten am Heroon in der Reliefkunst Lykiens 291 IV.5. Zu den Tierdarstellungen aus zoologischer Sicht (Gerhard Forstenpointner) 292 V.1. Der Friesschmuck an den Temenoswänden: Konzepte lykischer Tradition? 299 V.1.1. Auswahl, Positionierung und Verbindung der Bildthemen, Motivverdoppelung 315 V.2. Der sepulkrale Kontext der Bildthemen 323 V.3. Mythenwelt und Lebenswelt auf den Friesen des Heroons 323 V.4. Zur Bemalung der Friese 327 V.5. Der Reliefschmuck am Grabbau: Spiegel von lykischer Identität 332 V.6. Traditionen in Lykien zwischen West und Ost: der Bildschmuck des Heroons 332 V.6.1. Griechische Bildtradition und lykische Identität 338 V.6.2. Die Bildhauer: Spiegel von lykischer oder griechischer Tradition? 344 V.6.3. Reflexionen auf die griechische und achämenidische Bilderwelt 344 VI. Zur Datierung des Heroons: Friese, Ornamente, Grabbau, Fragmente und freiplastische Skulpturen 347 VII. Historischer Kontext 351 VII.1. Zur Identitätsfindung des Grabinhabers 352 VII.1.1. Soziale Stellung, Selbstdarstellung und Selbstrepräsentation 355 VII.1.2. Die Identität des Grabherrn und die Dependenztheorie im Kontext der Friese des Heroons 358 VIII. Stellung und Bedeutung des Heroons von Trysa in der klassischen Kunst des 5. und 4. Jhs. v. Chr. 361 VIII. Status and significance of the Heroon of Trysa in classical art of the 5th/4th century b.c. 370 VIII. Trysa Heroon ́unun M.Ö. 5./4. Yüzyil Klas İ k Dönem Sanatindak İ Yer İ ve Önem İ : Özetsel Görü Ş ler 377 IX. Katalog der Friesplatten, der Relieffragmente des Grabbaus und der Skulpturenfragmente 383 Abkürzungsverzeichnis 521 VII. HISTORISCHER KONTEXT ANHANG VI. DATIERUNG IX. KATALOG V. INTERPRETATION 8 Vorwort Seit dem Jahr 2007 ermöglichte und finanzierte das Kunsthistorische Museum Wien ein Projekt zur Untersuchung und Erforschung des Heroons von Trysa. Diese einzig- artige Grabanlage aus Lykien, dem Südwesten der Türkei, wurde bereits 1841 vom Gymnasiallehrer Julius August Schönborn entdeckt, geriet dann wieder in Vergessen- heit und wurde schließlich von Otto Benndorf 1881 wieder aufgefunden. Benndorf empfahl Kaiser Franz Joseph I. den Erwerb dieses intakten Grabensembles mit Verweis auf den Stellenwert der kaiserlichen Sammlungen in Hinblick auf klassische Skulptur. Das Ministerium für Cultus und Unterricht und ein Verein zur Erforschung Kleinasiens mit vorwiegend privaten Geldgebern hatten die Expeditionen durch Lykien und zu den Ruinen von Trysa organisiert und finanziert. Nach Genehmigung durch die türkischen Behörden konnten die Relieffriese zusammen mit dem Tor, Fragmenten des Grabhau- ses sowie dem östlich des Heroons gelegenen Sarkophag des Dereimis und Aischylos 1882–1884 nach Wien gebracht und in die kaiserliche Sammlungen integriert werden. Die Erwerbungsgeschichte des Heroons von Trysa wurde vor zehn Jahren ausführlich von Hubert D. Szemethy untersucht, der dank minutiöser Auswertung österreichischer und osmanischer Quellen und Archivalien belegen konnte, dass diese Erwerbung recht- mäßig erfolgt ist. Von Anfang an scheiterten Versuche, das Heroon in einem eigenständigen Museum und insbesondere in seiner ursprünglichen Anordnung als Geviert aufzustellen. Das Monument war deshalb lange Zeit nur in einer adaptierten Aufstellung und gegen Vor- anmeldung zugänglich. Es befand sich vorerst im Bereich der heutigen Restaurierungs- werkstatt der Antikensammlung im zweiten Innenhof des Kunsthistorischen Museums und wird seit 1992 im Zentraldepot unseres Museums gelagert. Im Zuge der Forschun- gen wurden die Reliefplatten nochmals intensiv gereinigt sowie 2007 neu und vollstän- dig fotografisch erfasst. Die Bedeutung dieses lykischen Grabmonumentes für den historischen Raum und für die späte Klassik ist vor allem wegen der Vollständigkeit des Ensembles und seines umfassenden Bildprogrammes einzigartig. Letzteres bezieht im Wesentlichen alle wich- tigen antiken Mythen der Zeit mit ein und ist zudem durch die Erzählung zu Leben und Wirken des Grabinhabers bereichert. Über 120 Jahre nach der grundlegenden Publikation durch Otto Benndorf (1889) liegt nunmehr eine umfassende zweibändige Monographie mit zeitgemäßen fotografi- schen Neuaufnahmen vor. Mein Dank ergeht an erster Stelle an die Forscherin, Alice Landskron, die nach jahrelanger akribischer Arbeit diese beeindruckende Publikation vorgelegt hat. Ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen in der Antikensammlung für die Unterstützung und Betreuung dieses Forschungsprojektes. Direktor Georg 9 Plattner und seine Vorgänger Kurt Gschwantler und Alfred Bernhard-Walcher haben dieses Projekt von Beginn an tatkräftig unterstützt und mitgetragen. Dem FWF ist für die Finanzierung der Drucklegung der beiden Bände im Verlag Holz- hausen zu danken. Geschäftsführer Robert Lichtner danke ich für die Aufnahme dieser Publikation in sein Verlagsprogramm und für alle organisatorische Unterstützung im letzten Jahr. Der Leiter unseres Publikationswesens, Franz Pichorner, hat mit Lektorin Annette Schäfer jahrelang dieses Projekt begleitet. Auch ihnen gilt mein ganz beson- derer Dank. Möge die Vorlage der Publikation dieses so wichtigen Grabmonumentes nun auch den Anstoß für neue Anstrengungen zu einer adäquaten Aufstellung des Heroon von Trysa geben. Dr. Sabine Haag Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums 10 Vorwort und Danksagung Das Heroon von Trysa gehört zu den außergewöhnlichsten Denkmälern klassischer Zeit, und stellt mit einem 170 m langen Figurenfries einen besonderen Schatz von na- tionaler Bedeutung im Kunsthistorischen Museum in Wien dar. Meine erste Begegnung mit den Friesen des Heroons von Trysa geht in die 1980er Jahre zurück, als ich an einem Seminar zum Heroon von Trysa teilnahm, das die Studieren- den mit Jürgen Borchhardt in die Räume der heutigen Restaurierwerkstätte des Kunst- historischen Museums führte, in denen die Friese an den Wänden angebracht waren. Die Ruinen von Trysa konnte ich im Rahmen einer Exkursion während der Grabungs- kampagne in Limyra besuchen. Die Grabanlage des Heroons und der Friesschmuck hinterließen einen prägenden Eindruck. Die vorliegende Studie geht auf die Initiative des damaligen Generaldirektors des Kunst- historischen Museums (KHM), Wilfried Seipel, zurück, der mich im Jahre 2006 mit der Planung eines Projektes zum Heroon von Trysa beauftragt hat. Ihm möchte ich für die Betrauung mit der Bearbeitung dieses bedeutenden Denkmals und für die Finanzie- rung der Projektarbeit herzlich danken. Ebenso habe ich seiner Nachfolgerin, Sabine Haag, für die weitere Unterstützung und Finanzierung des Projektes über das Jahr 2009 hinaus zu danken. Gleichermaßen möchte ich an dieser Stelle dem kaufmännischen Geschäftsführer des KHM, Paul Frey, dem Personalchef André Alvarado-Dupuy und dem Generalsekretär Franz Pichorner für die Umsetzung meiner Anliegen und für die finanzielle Unterstützung meiner Auslandsaufenthalte im Rahmen der Forschungsar- beit in London, München und New York meinen Dank aussprechen. Ohne die Mit- wirkung und Unterstützung der Antikensammlung des KHM wäre die Durchführung des Projekts nicht möglich gewesen. Namentlich danke ich den Direktoren der Anti- kensammlung, Kurt Gschwantler (1995–2009), Alfred Bernhard-Walcher (2009–2013) und Georg Plattner (seit 2013) sowie den Mitarbeiterinnen Manuela Laubenberger und Karoline Zhuber-Okrog, die mir jegliche Hilfe und Unterstützung zuteilwerden ließen und damit zum Vorankommen des Projekts beigetragen haben. Besonders die unzähli- gen zeitintensiven Aufenthalte in den Depots des KHM, die der Begleitung eines Mitar- beiters der Antikensammlung bedurften, haben mir ein intensives Studium der einzel- nen Friesplatten ermöglicht und die Basis für die weitere Beschäftigung mit den Friesen geschaffen. Peter Planegger und seine Kollegen haben mich während meiner Arbeit an den Friesplatten im Depot des KHM betreut. Gespräche mit den Restauratoren der Antikensammlung, Viktor Freyberger, Angelika Kathrein, Bettina Vak und Michael Loacker sowie Brigitte Proll haben zum besseren Verständnis der Friesplatten hinsichtlich des Materials, der Bearbeitung und der Erhal- tung beigetragen. 11 Stefan Zeisler und der Abteilung Corporate Design sowie dem Fotoatelier des KHM verdanke ich die Neuaufnahmen der Friesplatten, die Bildbearbeitung und die inten- siven Vorbereitungen im Rahmen der Drucklegung, namentlich Alexander Rosoli, Andreas Uldrich, Thomas Ritter, Sanela Antic und Michael Eder. Ebenso habe ich Gordian Landskron für fotografische Aufnahmen der im KHM ausgestellten Friesplat- ten zu danken. All den Mitarbeitern des KHM, die mir bei vielen Anliegen geholfen und somit auch zu einem erfolgreichen Projektabschluss beigetragen haben, bin ich zu Dank verpflichtet. Das Institut für Klassische Archäologie der Universität Wien hat mir die Nutzung der Infrastruktur und einen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt und die Mitarbeiter des IKA haben die die Projektarbeit durch Beschaffung und Bearbeitung von Bildmate- rial unterstützt, namentlich Andrea Sulzgruber, Edith Hütter und besonders Kristina Klein, außerdem Ralph Pausz, Birgit Pfaffenbauer und Robert Hammer, die mir viele infrastrukturelle Hilfeleistungen zuteilwerden ließen. Dem Team der Bibliothek des Österreichisches Archäologisches Institut (ÖAI) – Maria Bodzenta, Katharina Hasitzka, Cornelia Panzenböck – sowie der universitären Fachbibliotheken für Klassische Ar- chäologie – Eva Ossinger, Johann Moser, Anton Distelberger, Sandra Zoglauer, Johanna Felsner – und Alte Geschichte – Andrea Ramharter – bin ich für Hilfe bei der Beschaf- fung von Literatur dankbar und für die Geduld, wenn ich den Aufstellungsort vieler Bestände für längere Zeit auf meinen Arbeitsplatz verlegt habe. Isabella Benda-Weber (ÖAI), Niki Gail (ÖAI) und Christoph Hinker (ÖAI) haben mich bei der Beschaffung von Archiv- und Fotomaterial unterstützt, Martin Seyer und Hubert D. Szemethy stan- den mir oftmals bei der Suche nach Unterlagen, Materialien und Fotovorlagen helfend zur Seite. Während meines vierwöchigen Aufenthaltes im Department of Greek and Roman An- tiquities im British Museum in London 2008 hatte ich die Möglichkeit, die Denkmä- ler aus Lykien und Griechenland intensiv zu studieren, die Bibliothek zu nützen und Arbeitsfotos anzufertigen. Mein Dank für die Betreuung in dieser Zeit und die Unter- stützung meiner Arbeit gilt vor allem Peter Higgs, außerdem Ian Jenkins und Thorsten Opper. Eine Forschungsreise führte mich im Jahr 2009 nach Limyra und Trysa, wobei der Grabungsleiter von Limyra, Martin Seyer (ÖAI) großzügige Gastfreundschaft im Grabungshaus gewährte. Mehrere Aufenthalte in Bibliotheken außerhalb von Wien haben zum Entstehen der Arbeit beigetragen. Genannt seien die Institute für Klassische Archäologie der Ludwig- Maximilians-Universität in München und an der Humboldt Universität zu Berlin. Außerdem haben die Bibliotheksleiterin Amy Lucker und ihr Team die Benützung der Bibliothek des Institute of Fine Arts in New York während der Sommermonate im Jahr 2011 ermöglicht und meine Anliegen stets und in entgegenkommender Weise betreut. Im Österreichischen Historischen Institut in Rom unterstützten der Direk- tor Andreas Gottsmann, sowie Ulrike Outschar und Gunhild Jenewein meine Arbeit. Norbert Zimmermann sowie Birgit Bodenseh und das Team der Bibliothek des Deut- schen Archäologischen Instituts in Rom ermöglichten die Arbeit in der Bibliothek während meines Aufenthalts in Rom, ebenso Astrid Capoferro und das Team der Bib- liothek des Svenska Institutet in Rom und das Team der Bibliothek der British School of Rome. Anregende Diskussionen zu den Forschungsergebnissen und dem Denkmal konnte ich während der Vorträge zum Heroon von Trysa in München, Tübingen und Berlin mit den Fachkollegen führen. Für zahlreiche informative Gespräche über Lykien, die lykische Kulturlandschaft und ihre Denkmäler danke ich Jürgen Borchhardt, der die Arbeit stets wohlwollend und unterstützend begleitet hat. Roland R. R. Smith verdanke ich viele konstruktive Diskus- sionen und Anregungen, oftmalige Unterstützung und die Gastfreundschaft in Aphrodi- 12 sias. Für Diskussionen, Anregungen und Informationen, die das Fortkommen der Arbeit entscheidend gefördert haben, danke ich außerdem Judith M. Barringer, William A. P. Childs, Thomas Corsten, Jörg Eggler, Luca Giuliani, Frank Kolb, Thomas Marksteiner (†), Marion Meyer und Martin Seyer. Luca Giuliani, Marion Meyer, Hans Taeuber und Fritz Mitthof haben das Manuskript bzw. Teile davon kritisch durchgelesen. Franz Fichtinger hat die Rekonstruktion des Grabbaus angefertigt und das Kapitel zur Rekonstruktion gemeinsam mit der Autorin verfasst. Für die effektive und freundschaft- liche Zusammenarbeit bedanke ich mich herzlich. Gerhard Forstenpointer gilt mein Dank für den Beitrag zu den Tierdarstellungen auf den Friesen des Heroons. Die Über- setzungen der Zusammenfassung ins Englische verdanke ich Sarah Cormack, ins Tür- kische Banu Yener-Marksteiner. Die Karte von Lykien hat Ch. Steimel zur Verfügung gestellt. Folgenden Institutionen bin ich für Fotovorlagen und Bildmaterial sowie für deren Publikationserlaubnis zu Dank verpflichtet: KHM, Antikensammlung, Wien (Georg Plattner), ÖAI Wien (Sabine Ladstätter), Trustees of the British Museum, London (Di- gital Image Service), J. P. Getty Museum, Malibu (Open Content Program), Deutsches Archäologisches Institut, Abteilung Berlin (Gabriele Giwan) und Abteilung Istanbul (Anja Slawisch), Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin. Annette Schäfer hat das Manuskript gründliche lektoriert und mir stets mit Rat bei- seite gestanden, wofür ich mich sehr herzlich bedanken möchte. Außerdem hat Karin Zeleny, einen Teil des Manuskripts lektoriert, ebenso Friederike Bubenheimer-Erhart. Clemens Wihlidal zeichnet für das Layout der beiden Bände verantwortlich und ich danke ihm für die professionelle und konstruktive Zusammenarbeit sowie für seine Geduld während des Korrekturvorgangs. Dem Kunsthistorischen Museum in Wien, Sabine Haag und Franz Pichorner danke ich für die Aufnahme des Manuskripts in die Schriftenreihe des KHM. Dem Verlagsleiter Robert Lichtner verdanke ich die Übernahme der Bände in das Programm des Verlags Holzhausen und die Betreuung während der Vorbereitungen für die Drucklegung. Dem Wissenschaftsfonds FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung) in Wien bin ich für die großzügige Förderung der Drucklegung der vorliegenden Bände zu Dank verpflichtet. Für konstruktive Anregungen danke ich den anonymen Gutach- tern im Rahmen der Begutachtung für den Verlag Holzhausen. Die vorliegende Publikation ist die überarbeitete Fassung der im Jahr 2015 an der Uni- versität Graz angenommenen Habilitationsschrift. Mein herzlicher Dank gilt Peter Scherrer. Anregungen aus den Gutachten habe ich dankbar aufgenommen. Meinen Eltern möchte ich für ihr Interesse und die Unterstützung meiner Arbeit dan- ken. Meine Familie hat mich auf vielen Reisen und Forschungsaufenthalten begleitet, Höhen und Tiefen während der Entstehung dieser Publikation mitgetragen. Ihr gilt mein herzlichster Dank für fortwährende Unterstützung meiner archäologischen Arbeit. Alice Landskron Wien im Dezember 2015 13 1 Schönborn 1851, 43. 2 R. v. Schneider in einem Brief an Franz Graf Folliot de Crenneville am 12. Mai 1882: Szemethy 2005, 421, Dok. Nr. 49. 3 Zur Geschichte des Kunsthistorischen Museums und der Antikensammlung s. Kugler 1982, 6–19, bes. 12 f. 4 Als Vorlage diente L. H. Fischer die Zeichnung von G. Niemann und das von P. Kohl 1898 aus Gips gefertigte Modell. Mit der Ausschmückung der Lünette des Saales XIII wurde der Landschaftsmaler Robert Russ beauf- tragt: Kriller 1992, 173–177 Abb. 147. 148; Kriller 2000, 215–228, bes. 222–225 Abb. 5; Kriller – Kugler 1991, 145 Abb. 134. “From consideration of the subject they represent, ... and from their beauty, ... I should assign to them the first place among the sculptured remains of Lycia...” 1 „So dürfte dieses Monument rücksichtlich seiner Erhaltung im Grossen und Ganzen in dem Vorrate antiker Kunstdenkmäler vergeblich seines Gleichen suchen. Es ist von unschätzbarem Werte, dass die langen Friesstreifen in so unversehrtem Zusammenhange sich uns darbieten.“ 2 Als das Kunsthistorische Museum in Wien nach der Fertigstellung des Baus eingerichtet wurde, erhob sich die Frage nach der Auswahl des Bildschmucks an den Wänden der Schauräume 3 . Für die Räume der Antikensammlung entschied Friedrich von Kenner, der damalige Sammlungsdirektor, die beiden noch nicht dekorierten Lünetten mit Bildern der Denkmäler zu schmücken, die nicht nur erst kürzlich erworben wurden, sondern auch einen bedeutenden Teil der Antikensammlung ausmachten: die Ruinen von Sa- mothrake und das Heroon von Gjölbaschi-Trysa. Der Landschaftsmaler Ludwig Hans Fischer wurde beauftragt, für die Lünette von Saal XIII eine Ansicht des Heroons von Trysa zu malen (Taf. 1, 1) 4 . F. von Kenners Themenwahl unterstreicht die Bedeutung der Neuerwerbungen des Hauses und weist ebenso auf das Anliegen des Museums hin, die Friese dieses lykischen Denkmals der Klassik der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das Heroon von Trysa liegt hoch über der Ebene von Myra/Demre in den Bergen des südlichen Lykiens, der breiten Landzunge, die sich gebirgig und bewaldet in das östli- che Mittelmeer vorstreckt. Die antike Siedlung erstreckte sich auf einem Bergrücken, der sich von Westen nach Osten zieht und dessen Wände schroff nach Norden bis tief in das Flusstal des Myros/Demre Çay abfallen (Taf. 2, 1. 2; 12, 1). Die Grabanlage des Heroons befindet sich an dem sich nach Osten hin zu einem Plateau senkenden Bergrü- cken, auf dem die östliche Nekropole der Siedlung angelegt war, und ist noch heute von der Südseite aus zugänglich (Taf. 2, 2. 3). An vier Seiten umgibt eine ursprünglich etwa drei Meter hohe Umfassungsmauer den Grabbezirk, in dessen Innerem das eigentliche Grabmal aufgestellt war. Die südlichen Außenwände, das Tor und alle vier Innenwände des Temenos waren in den beiden oberen Steinschichten über eine Länge von mehr als 211 Metern mit Friesen geschmückt. Die Ergebnisse der ersten intensiven Beschäftigung mit dem Heroon von Trysa wurden in der Publikation von Otto Benndorf (Taf. 3, 2) und George Niemann (Taf. 3, 3) im Jahre 1889 vorgelegt. Benndorfs Interesse an dem Denkmal geht auf die Berichte der For- schungsreisen des Gymnasiallehrers Julius August Schönborn (Taf. 3, 1) zurück, der als I. Einleitung 14 5 Zur Entdeckungs- und Erwerbungsgeschichte des Heroons von Trysa s. ausführlich Szemethy 2005, bes. 25–34. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird in die- sem Zusammenhang auf eine eingehende Darlegung zur Auffindung und Erwerbung verzichtet. Vgl. auch Ober- leitner 1994, 4–14. 6 Schönborn 1851, 43. 7 Michaelis 1875, 39 f. mit Anm. 109. 100 f. Dazu s. auch Szemethy 2005, 33 f. 8 Szemethy 2005, 34–42. Schönborn hat die genaue Lage der Ruinen von Trysa und des Heroons stets geheim ge- halten. 9 Ein Ferman des Sultans Abdul Hamid II. im Februar 1882 ermöglichte dem Team O. Benndorfs innerhalb der nächsten zwei Jahre, die Ausgrabungen in Gjölba- schi durchzuführen und ein Drittel der Funde nach Ös- terreich auszuführen. Vgl. dazu Szemethy 2005, 94–99. Zum Antikengesetz, dessen Fassung aus dem Jahr 1874 für die Funde in Trysa relevant war, s. ebenda, 99–104. 10 Insgesamt wurden etwa 176 Friesplatten und Skulptu- renfragmente nach Wien transportiert. Vgl. auch Ober- leitner 1994, 3. 19 f.; Szemethy 2005. 11 Szemethy 2005, 421 f., Dok. Nr. 49. 12 Vgl. Noll 1971, 42; Oberleitner 1993, 211–219; Ober- leitner 1994, 62–67. Abb. 127. In der Archäologischen Sammlung der Universität Wien befinden sich Gipsab- güsse mehrerer Friesplatten des Heroons von Trysa (Westseite: Schlacht, Stadtbelagerung, Amazonomachie; Südseite: Freiermord, Kalydonische Eberjagd; Nordseite: Leukippidenraub, Perseus; Einzelplatten: Herrscher im Viergespann, Bellerophon; Sarkophagkasten: zwei Plat- ten mit sitzenden weiblichen Figuren, I 585 a. c; beidsei- tig reliefiertes Fragment, I 583). 13 Oberleitner 1994, 64 Abb. 125. Zu den Plänen im aus- gehenden 19. Jh., einen Museumsbau in der unmittelba- ren Umgebung des Kunsthistorischen Museums für die Funde aus Lykien zu errichten, vgl. Oberleitner 1994, 62–67 mit Abb. 120 (Skizze von R. von Schneider); Abb. 121–123 (Pläne von G. Niemann 1884); Abb. 126 (Markierung der möglichen Standorte eines solchen Mu- seumsbaus). Die Entwürfe zeigen das Vorhaben, dieses einzigartige Grabensemble so zu präsentieren, wie die Entdecker es in situ vorgefunden haben. eigentlicher Entdecker des Heroons anzusprechen ist. Schönborn besuchte die Ruinen von Trysa insgesamt dreimal, in den Jahren 1841, 1842 und 1851. Während seiner letzten Reise unternahm er den Versuch, die archäologische Fachwelt von der Größe und Ein- maligkeit dieses Denkmals zu überzeugen und fertigte mit einer Daguerreotype-Kamera fotografische Aufnahmen an, die aufgrund widriger Umstände aber so stark beschädigt wurden, dass ihm eine Beweisführung nicht gelang 5 . Schönborn war sich des wachsen- den Interesses von Forschungsreisenden an solchen intakten Denkmälern bewusst und betonte auch in seinem Artikel im „Museum of Classical Antiquities 1, 1851, seine dies- bezüglichen Bedenken: „Between my first and second visits, two travellers, on their way from Egypt, passed this way, accompanied by an Egyptian Turk. The latter, whom I met on his return, told me that they had removed on camels the two corner stones of the exte- rior sculptures – which I had missed after my first visit – and had taken them to Smyrna. You may conclude from this, that the sculptures are of such excellence as to excite the desire of removing them, or, at least, some portions of the entire monument.” 6 Erst Adolf Michaelis bewirkte einige Jahre später durch die Tradierung der Entdeckung dieses Monuments in einem Aufsatz zum Nereidenmonument von Xanthos das Interes- se am Heroon von Trysa unter den Kollegen seines Faches 7 O. Benndorf hat es sich in seiner Zeit als Lehrstuhlinhaber am Archäologisch-Epigra- phischen Seminar der Universität Wien zur Aufgabe gemacht, Samothrake, Kleinasien und besonders Lagina und Lykien zu erkunden und sich erneut auf die Suche nach dem Heroon von Trysa zu begeben 8 . Nach der Wiederentdeckung des Heroons durch sein Expeditionsteam im Jahre 1881 wurden Vorbereitungen getroffen und weitere Ex- peditionen ausgestattet, um die Ausfuhr der Funde nach Österreich zu erwirken und die Relieffriese für einen Abtransport vorzubereiten 9 . Im Frühjahr 1884 konnten auch die Objekte aus dem letzten Transport dem Kunsthistorischen Museum in Wien überge- ben werden 10 . Unter den Teilnehmern an der Expedition befand sich George Niemann, Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien, der als Bauforscher einen Plan vom Gelände um das Heroon und von der Nekropole erstellte und gemeinsam mit Benndorf die erste Publikation der Funde herausbrachte. Zum Team gehörten au- ßerdem Robert von Schneider (Taf. 3, 7), damals Kurator und später Direktor der Anti- kensammlung, der Zeichnungen und Skizzen der Friese anfertigte 11 , Felix von Luschan, der die Expedition als Arzt begleitete, und Wilhelm Burger (Taf. 3, 5), der für die fo- tografische Dokumentation der Funde verantwortlich zeichnete. Dem diplomatischen Geschick der k.u.k. Monarchie sowie dem guten Willen von Kaiser Franz Joseph I. (Taf. 3, 6) und Sultan Abdul Hamid II. (Taf. 3, 4) war es zu verdanken, dass die Expeditionen durchgeführt und die Funde nach Wien verbracht werden konnten. Seit der Übernahme der lykischen Funde durch die Antikensammlung des Kunsthistori- schen Museums sind die Reliefplatten in Depots verwahrt. Vor dem Umbau und der Neu- eröffnung der Antikensammlung waren die Friesplatten in Depoträumen des Museums (heute Restaurationswerkstätte) fortlaufend – den räumlichen Gegebenheiten angepasst – an den Wänden angebracht und für ein interessiertes Publikum und für Studienzwecke zugänglich 12 . Im Rahmen der Neugestaltung und der Umbauarbeiten im Kunsthistori- schen Museum wurden die Platten 1992 in ein Depot am Rande von Wien verbracht und im Jahr 2011 in das neue Depot des Kunsthistorischen Museums nach Himberg bei Wien übersiedelt. Sie harren weiterhin einer Präsentation in einem adäquaten Kontext 13 DAS MONUMENT Das Heroon von Trysa wurde als nahezu intaktes Grabensemble entdeckt, die insge- samt mehr als 211 Meter langen Friese befanden sich bei der Auffindung durch Schön- born zum Großteil noch in situ im Mauerverband (Taf. 4, 1–11, 2). Die Blöcke der Ost- wand und jene des freistehenden Grabbaus im Temenosbereich wurden in Sturzlage 15 14 Schönborn 1851, 43. Angeblich wurden die beiden Blö- cke von englischen Reisenden aus Ägypten entfernt und nach Smyrna verbracht. O. Benndorf (Benndorf – Nie- mann 1889, 14) bezweifelt die Geschichte, bemüht sich aber nicht um eine andere Erklärung. Tatsache allerdings bleibt, dass die beiden Steine aus dem Mauerverband ent- fernt wurden, nachdem J. A. Schönborn die Anlage 1841 entdeckt hatte. Jedenfalls sind sie auf den Aufnahmen von W. Burger aus dem Jahr 1881 nicht mehr vorhan- den. Zu dem verschollenen Fragment des Bankettfrieses s. Marksteiner 2002, 167 Kat.31 Abb. 177 Taf. 180. 15 Im Rahmen der Expedition des Teams von O. Benndorf legte der Bauingenieur Gabriel Knaffl-Lenz von Fohns- dorf eine Rampe zum Tor an, um den Aufgang und Zutritt zum Grabbezirk zu erleichtern: Szemethy 2005, 233 f. 16 Die Sitzpaare begegnen häufig auf Denkmälern der ly- kischen Grabkunst; vgl. Zahle 1979, 291 f. Zu Kalathis- kostänzern und Bes-Figuren auf lykischen Denkmälern vgl. Benda 1996, 95–109, bes. 102–109. 17 Vgl. Jacobs 1987, 65–67. gefunden. Zahlreiche Blöcke sind nicht mehr vorhanden, ebenso fehlen die meisten der Abdeckplatten von der äußeren Südwand und – bis auf einige Fragmente – auch die freiplastischen Skulpturen. Bei der Entdeckung im Jahre 1841 konnte Schönborn die südliche Außenwand noch vollständig vorfinden, bemerkte allerdings bei seinem zweiten Besuch im Jahr darauf, dass die beiden linken Eckblöcke (Amazonomachie und Kentauromachie) fehlten (Taf. 4, 1), wie er in einem Aufsatz anführt. Heute liegen Abdeckplatten noch in Sturzlage an der äußeren Südseite, verdeckt von der üppigen Vegetation (Taf. 19, 1. 2). Ein Fragment des Bankettfrieses (s. Kap. IX. Katalog, Taf. 162, 4) wurde im Jahr 1987 von Forschungsreisenden an der Außenseite der Ostwand des Heroons entdeckt, ist jedoch heute verschollen 14 Erreichte der damalige Besucher nach dem Anstieg das Tor zum Heroon (Taf. 4, 2; 19, 6) 15 , so fiel der Blick auf die Friese beidseitig des reliefgeschmückten Eingangs (Südwand, außen, Taf. 4, 1. 2). Den Betrachter erwartete ein vierfaches Kampfbild: links die Amazonomachie und Kentauromachie, rechts der Kampf der Sieben gegen Theben und eine Landungsschlacht. Außerdem sind die Amazonenkämpfe an den Friesen des Heroons verdoppelt (Südwand, links außen und Westwand, rechts, Taf. 4, 1; 7, 1; 12, 3; 197, 1–198, 1; 200, 1–203, 1), die Kentaurenkämpfe sogar verdreifacht (Südwand, links außen, Ostwand, links und Nordwand rechts, Taf. 4, 1; 8, 1; 12, 3; 197, 1–198, 1; 200, 2– 203, 2; 200, 3–203, 3), sodass sich für die Forschung sogleich die Frage nach dem Grund für diese Motivwiederholungen erhob (s. Kap. II. und V.). Ein apotropäischer Charakter des Torschmucks (Taf. 4, 2; 23, 1; 24, 1; 25, 1) formuliert sich durch die Medusa und die Stierprotome am Türsturz der Außenseite, der Bezug zum Jenseits manifestiert sich in den Rosetten und den Bes-Figuren am Türsturz sowie den Kalathiskostänzern der Türleibungen an der Innenseite 16 . Kalathiskostänzer oder -tänzerinnen spielen beim Bankett eine bedeutenden Rolle und beschützen außerdem als Wächter des Tores den Verstorbenen. Die einander gegenübersitzenden Paare unter den Stierprotomen am Türsturz der Außenseite wiederum werden mit dem Grabherrn und seiner Familie in Verbindung gebracht. Im Inneren setzen sich die Friese fort (Taf. 12, 3): An der Südwand rechts des Tors schmücken der Freiermord aus der Odyssee (Taf. 204, 1–206, 1) und darunter die Kaly- donische Eberjagd (Taf. 204, 1–206, 1) die Steinscharen. Diese Szenen sowie der Raub der Leukippiden an der Nordwand (Taf. 200, 2–201, 2), die Theseis der Ostwand (Taf. 202, 3) oder die Platten mit dem Kampf der Sieben gegen Theben an der äußeren Süd- wand (Taf. 197, 2–199, 2), kommen auf Denkmälern in Lykien nur einmal, nämlich in Trysa, vor 17 Hat die Forschung bislang den Jagdfries der Nordwand (Taf. 201, 2–203, 2) schon wegen der geringen bzw. abfallenden Plattenhöhe zu Unrecht wenig beachtet und geschätzt, so hat sie sich im Verhältnis dazu mit den beiden Friesen der Westwand, der Landungs- schlacht und der Stadtbelagerung, intensiv befasst (Taf. 200, 1–202, 1). Die Beurteilung der Stadtbelagerung erfordert eine genaue Beschreibung und Interpretation der ein- zelnen Figuren, denn der Kontext dieses Frieses zu Homer und Troja ist nicht klar erkennbar, da beispielsweise die Verteidiger in der Überzahl sind und kein Konzept der angreifenden Partei ersichtlich ist. Ob die treue Gefolgschaft der Lykier zu Troja eine solche Komposition nach sich zog, lässt sich nicht eindeutig feststellen und wäre angesichts des Untergangs der Stadt Troja als repräsentative Visualisierung fragwürdig. Daraus ergibt sich wiederum die Überlegung, und diese steht u. a. im Fokus der Studie, ob und wie die Darstellung der Stadtbelagerung den Wünschen und Vorstellungen des Grabherrn gerecht wird. Wie der Jagdfries der Nordwand, so reflektiert auch der über zwei Steinreihen ange- legte Fries mit einem Bankett, mit Musik und Tanz auf der inneren Süd- und Ostwand (Taf. 203, 3;204, 2–206, 2) die Lebenswelt der Lykier und wahrscheinlich des Grabherrn. 16 18 Benndorf – Niemann 1889; Münsterberg 1890; Löwy 1902; Körte 1916; Schefold 1965, 176 f., s. unten Kap. VIII. 19 Szemethy 2005, 422, Dok. Nr. 49. 20 Schefold 1965, 176 f. 21 Brommer 1974, 168 f. 22 Vgl. auch Borchhardt 1987, 12–17. 23 Borchhardt 1976a, 127–143; Borchhardt – Pekridou- Gorecki 2012, 204–218. 220–222. 24 Childs – Demargne 1989; Demargne 1990, 65–69 mit weiterer Literatur. Zum Nereidenmonument s. auch Nieswandt 2011. 25 GHH 1990, 169 f.; Borchhardt 1990, 75–78; s. auch Borchhardt 1976a. 26 Vgl. dazu die Bemerkung von Hölscher 2000a, 104 mit Anm. 23. Eine Inschrift fehlt jedoch, sodass wir keine Informationen über die Person des Grab- herrn besitzen. Allein drei Einzelplatten an der Innenwand, links des Tores, werden in der Forschung einstimmig dem Grabherrn und seiner Familie bzw. seiner Lebenswelt zugewiesen. Darüber hinaus wurde in weitgehender Übereinstimmung immer wieder betont, die Friese von Trysa wären ohne die Kenntnis anderer griechischer Denkmäler und vor allem der Gemälde des Polygnot (besonders die Lesche der Knidier) für die ausführen- den Künstler nicht denkbar 18 . R. v. Schneider hat in einem Brief an den Oberstkäm- merer Franz Graf Folliot de Crenneville am 12. Mai 1882 in den Friesen ein Werk der attischen Schule vermutet 19 . Für K. Schefold stehen die Darstellungen „der Monumen- talmalerei des Reichen Stils“ ganz nahe 20 . Er ging von Bilderbüchern der Monumental- malerei aus, die den Künstlern der Friese von Trysa als Anregung und Vorbild für die mehreren hundert Figuren dienten. Diese Annahme zu verfolgen und nachzuweisen, ist Aufgabe der umfassenden ikonographischen und typologischen Untersuchung. F. Brommer hat die Fülle der dargestellten Themen mit der Überlieferung der Bilder der Kypseloslade verglichen (Paus. 5, 17, 5 – 19,10) und folgerte aus dem Bildprogramm die Komposition eines Griechen, der – aufgrund der dargestellten (Theseus, Perseus) bzw. fehlenden Heroen (z. B. Herakles) – aus Athen kommen müsste 21 . Einen attischen Ursprung der Kompositionen erkannte K. Schefold, etwa in der Figur der Penelope, die ihn an die Koren des Erechtheions erinnerten. Ob der Grabherr an der Auswahl der Bildthemen beteiligt war oder die vorgeschlagenen Entwürfe des Künstlers goutier- te, wird ebenfalls Gegenstand der Untersuchung sein (Kap. V.2. und VII.). Die histo- risch-politische Situation in der Zeit der Planung und Entstehung der Reliefs könnte die Auswahl der Motive ebenfalls beeinflusst haben (vgl. Kap. VII.). Darüber hinaus erhebt sich die Frage, welches Publikum Zugang zu der Grabanlage hatte und inwieweit der gesamte Schmuck repräsentativ ist oder rein persönliche Inte- ressen des Grabherrn widerspiegelt 22 . Damit verbunden ist auch immer wieder der Dis- put über die Beteiligung der Lykier an den Kämpfen um Troja und die Visualisierung dieses Bündnisses auf dem Westfries. Die Lykier nehmen in den homerischen Epen eine wichtige Stellung ein, denn die aus Kreta eingewanderten Lykier Sarpedon und Glaukos führten ihr Volk als Verbündete der Trojaner in den Krieg gegen die Griechen. Außerdem galt Bellerophon als Ahnherr und Stammvater der Lykier. Das Heroon von Trysa (Modell, Taf. 1, 2) gehört mit dem Nereidenmonument von Xan- thos (Taf. 184, 3) und dem Heroon von Limyra (Taf. 184, 4) zu den drei monumentalen Grabdenkmälern in Lykien 23 . Das Nereidenmonument steht bezüglich Bauform und Bildschmuck in griechischer Tradition, nimmt aber lokale Elemente der lykischen Ar- chitektur und Bildkunst – beispielsweise am kleinen Sockelfries – auf 24 . Ähnliches ist ebenso am Heroon von Limyra zu beobachten: Architektur und Skulpturenschmuck, etwa die Karyatiden, sind mehr den griechischen Vorbildern verpflichtet als persi- schen, hingegen sind die Cellafriese mit einer Wagenausfahrt und einem Reiterzug ge- schmückt, die wiederum „Stilmittel orientalischer Herrschaftsideologie aufweisen“ 25 Nach J. Borchhardt legitimiert der lykische Dynast Perikle seine Herrschaft durch den lykischen Ahnherrn Bellerophon 26 sowie den Ahnherrn der Perser, Perseus, die beide als Akrotere den Giebel des Grabmonumentes in Limyra schmückten. Über allen Bild- themen auf den Friesen des Heroons von Trysa schwebt die Frage nach Identitäten: Da- bei stehen Bildelemente und Vorlagen im Fokus, die auf griechische oder orientalische bzw. persische Traditionen zurückgreifen, oder solche, die lokale lykische Bezüge bein- halten. Der Bildschmuck des Heroons bietet für diese Diskussion ein glänzend geeigne- tes Beispiel, da auf kaum einem anderen Grabmal in Lykien so deutlich Ikonographie lykischer Tradition neben solcher griechischer Herkunft steht. Diesbezüglich nimmt das 17 27 Vgl. jüngst Borchhardt – Pekridou-Gorecki 2012, 204– 209. 220–222. 377 Kat. 1. 28 Vgl. Thomas 1976, 43 f. Heroon von Trysa dominant beide Traditionen und noch dazu persische und ägyptische Bildelemente auf, wohingegen im Bildschmuck des Nereidenmonuments von Xanthos, in dem vor allem mit den Nereiden und den Akroterfiguren auf griechische Bildmoti- ve zurückgegriffen wird, lokallykische und auch persische Elemente überwiegen. Der Bildschmuck des Heroons von Limyra reflektiert wiederum auf griechische Bildmotive (Karyatiden, Akroterfiguren), verbindet diese mit persischer Ikonographie (W