UROLOGISCHE KLINIK UND POLIKLINIK RECHTS DER ISAR DER TECHNISCHEN UNIVERSIT Ä T M Ü NCHEN PENISVERLETZUNGEN BEI MASTURBATION MIT STAUBSAUGERN Theimuras, Michael Alschibaja Vollst ä ndiger Abdruck der von der Fakult ä t f ü r Medizin der Tech- nischen Universit ä t M ü nchen zur Erlangung des akademischen Gra- des eines Doktors der Medizin genehmigten Dissertation. Vorsitzender: Prof. Dr. phil. G. Pfohl 1. Pr ü fer : PD. Dr. med. E. Hertel 2. Pr ü fer : Prof. Dr. med. W. Mauermayer Die Dissertation wurde am 28. 6. 1978 bei der Technischen Univer- sitat M ü nchen eingereicht und durch die Fakult ä t fur Medizin am 10. 11. 1978 angenommen. Tag der Promotion: 14. 12. 1978 INHALTSVERZEICHNIS Seite A. EINLEITUNG 1 I. Anatomie des Penis 1 II. Masturbation bei M ä nnern 3 III. Staubsauger 5 B. I. Untersuchungsvorgang 8 II. Kasuistik 9 III. Auswertung der Kasuistik 50 IV. Diskussion 57 C. ZUSAMMENFASSUNG 60 D. LITERATURVERZEICHNIS 61 Lebenslauf A. EINLEITUNG Eine Reihe von Penisverletzungen bei Masturbation mit Staubsau- gern, die im Laufe der letzten Jahre am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universit ä t M ü nchen zur Behandlung kam, gab An- la ß zu einer eingehenden Untersuchung dieses Problems, zumal in der Literatur bisher noch keine zusammenh ä ngende Darstellung zum obigen Thema erschienen war. Nur Waterhouse und Gross, 1969 (52) erw ä hnten in ihrer Arbeit ü ber 251 F ä llen von Urogenitaltrakt- Verletzungen eine Staubsaugerverletzung des Penis durch Masturba- tion. Kammerer, 1972 (36) fand unter 60 Penisverletzungen 8 Ver- letzungen durch Staubsauger. Im folgenden soll nach einer Ü bersicht ü ber die Anatomie des Penis, die Beschreibung des benutzten Staubsaugers und eine kurze Abhandlung der Masturbation, anhand von 8 F ä llen aus der Urologi- schen Abteilung des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universit ä t M ü nchen, von 5 F ä llen aus dem st ä dtischen Krankenhaus Rosenheim und von 3 F ä llen aus dem Allgemeinen Krankenhaus St. Georg in Hamburg das Krankengut vorgestellt und ausgewertet werden. I. Anatomie des Penis Der Penis ist ein langgestreckter, zylindrischer K ö rper, der im wesentlichen aus erektilem Gewebe aufgebaut ist. Man unterschei- det die an den beiden unteren Schambein ä sten und am diaphragma urogenitale befestigte Wurzel, radi penis, den eigentlichen im nicht eregierten Zustand herabh ä ngenden Hauptabschnitt, corpus penis, und das verdickte vordere Ende, die glans penis. Man nennt die, nur im eregierten Zustand dorsalw ä rts gegen die ventrale Bauchwand gerichtete Fl ä che dorsum penis, die entgegengesetzte Fl ä che die im nicht eregierten Zustand der Ventralfl ä che des scrotums anliegt facies urethralis. Der Penis besteht aus zwei unvollst ä ndig miteinander zusammenh ä ngenden Schwellk ö rpern corpora cavernosa penis und aus dem ihnen ventrocaudal angelagerten un- paaren Harnr ö hrenschwellk ö rper corpus spongiosum penis. 1 Die corpora cavernosa penis entspringen mit zwei getrennten stark verj ü ngten Schenkeln, crura penis, in der N ä he der Scham- Sitzbein-Grenze von der ä u ß eren Fl ä che des ramus inferior ossis pubis und sind hier mit dem Periost verwachsen. Weiter ventral, auf der kaudalen Fl ä che des Symphysenknorpels, verschmelzen bei- de crura penis zum gemeinsamen corpus cavernosum penis. Eine me- diane, vielfach durchbrochene Scheidewand, septun penis, deutet die Entstehung des Schwellk ö rpers aus zwei H ä lften zeitlebens an. Auch sind Dorsal- und Ventralfl ä che des Schwellk ö rpers rin- nenf ö rmig vertieft; am dorsum penis nur flach, an der facies urethralis breiter und tiefer zur Einlagerung des corpus spongio- sum penis. Nach der glans penis hin verj ü ngt sich der Schwell- k ö rper und f ü gt sich leicht abgerundet und eingekerbt in die H ö hlung des glans penis ein. Eine kr ä ftige tunica albunginea, die sich in das septum penis fortsetzt, umschlie ß t das corpus cavernosum penis. Im Innern wird der Schwellk ö rper durch gef äß- f ü hrende Bindegewebe septum trabeculae corporum cavernosorum, zer- legt. Mitten durch jede Schwellk ö rperh ä lfte zieht die a. profunda penis. Der viel d ü nnere, l ä ngere urethrale Schwellk ö rper, corpus spon- giosum penis ist in seinem mittleren Bereich abgeplattet zylin- drisch. Das hintere gegen den Damm gerichtete Ende bulbus penis, ist keulenf ö rmig aufgetrieben und mit der Au ß enfl ä che des dia- phragma urogenitale verwachsen. Ein unvollst ä ndiges Septum deu- tet die Verwachsung aus einem paarigen Schwellk ö rper an. Das ab- gestumpfte kegelf ö rmig gestaltete, vordere Ende des Corpus spon- giosum penis, glans penis, wei ß t gegen ü ber dem zylindrischen K ö r- per eine starke Dickenzunahme auf. Die glans penis ist an ihrer Basis exzentrisch mit dem Mittelteil des corpus spongiosum penis verbunden, so da ß die Eichel nach dorsal und seitlich mit einem abgerundeten ü ber das Niveau des Penisschaftes vorspringenden Rand, corona glandis, endet und die verj ü ngte Spitze des corpus cavernosum penis kaputzenartig umschlie ß t. An der Stelle, an der die glans penis und das corpus cavernosum penis miteinander ver- bunden sind, entsteht eine tiefe, halsartige Bucht, collum glan- dis. In der glans penis findet sich ein kurzes septum glandis, in welches das Endst ü ck der Harnr ö hre angef ü gt ist. Eine eigent- 2 liche tunica albunginea fehlt dem corpus spongiosum penis. Die elastische fascia penis profunda umschlie ß t alle Schwellk ö rper gemei nsam. Au ß en an der Wurzel ist der Penis durch das dreiecki- ge ligamentum Suspensorium penis an der Au ß enfl ä che des Symphy- senknorpel befestigt. Ein weiteres Verst ä rkungsband, das Ligamentum fundiforma penis zieht von der Ventralfl ä che der linea alba als bindgewebig fetthaltiger Fasernzug zur Peniswur- zel und umgreift diese schlingenartig. Die Haut des Penis bildet an der Eichel eine Dublikatur, die Vorhaut, praeputium. Die d ü n- ne haarlose, nur mit einzelnen Talgdr ü sen, glandula praeputiales, versehene Haut erhebt sich am hinteren Rand der corona glandis, zu einer ringf ö rmigen Hauttasche und umh ü llt in nicht eregiertem Zustand die glans penis. Auf diese Weise entsteht ein blind am collum glandis endender Spaltraum, Praeputialsack. An der Vor- haut sind ein ä u ß eres und ein inneres Blatt zu unterscheiden. Das innere Blatt ist in der Medianlinie an der facies urethralis mit dem Schwellk ö rper der glans durch das frenulum praeputii ver- wachsen. Die dehnbare Ö ffnung des Praeputium, orificum prae- putii kann normalerweise ü ber die glans penis zur ü ckgestreift werden. II. Masturbation bei M ä nnern Als Masturbation oder Selbstbefriedigung bezeichnen wir jede Art k ö rperlicher Reizung, die zu genital-sexueller Erregung f ü hrt. Gew ö hnlich werden dabei die Geschlechtsteile mit der Hand oder auch einem fremden Gegenstand stimuliert. Auch heute noch halten es viele Angeh ö rige unserer Gesellschaft f ü r eine "Per- version", wenn jemand masturbiert. Die meisten Erwachsenen ver- urteilen die Masturbation bei ihren Altersgenossen und versu- chen auch die Kinder an einer derartigen Bet ä tigung zu hindern. Trotzdem aber ist dieses Verhalten au ß erordentlich h ä ufig (Ford und Beach, 1968 (24)). Kinsey, Pomeroy und Martin, 1970 (38) ge- ben an, da ß 92 % aller amerikanischen M ä nner mindestens einmal in ihrem Leben bis zum Orgasmus masturbiert haben. Nach Sch ä t- zung verschiedener anderer Forscher masturbieren in den europ ä i- 3 sehen L ä ndern 85 bis 96 % aller M ä nner. Die meisten amerikani- schen Jungen f ü hren ihre erste Ejakulation durch Masturbation herbei, und auch in den ersten Jahren der Nachpubert ä t bleibt diese Art der Reizung die wichtigste Quelle der Sexualit ä t. Sie kommt in dieser Zeit durchschnittlich 2- bis 4 mal pro Woche vor (Ford und Beach, 1968 (24)). Die H ä ufigkeit der m ä nnlichen Masturbation verringert sich in den sp ä teren Lebensjahren zunehmend; die Masturbation kann aber auch das ganze Erwachsenenleben hindurch fortgesetzt werden. Kinsey und seine Mitarbeiter, 1970 (38) haben festgestellt, da ß 96 % der amerikanischen Ehem ä nner, die ein College absolviert ha- ben, mindestens gelegentlich masturbieren. Die M ä nner niedrige- ren Bildungsgrades dagegen h ö ren meist irgendwann in der Nach- pubert ä t mit der Masturbation auf. Die Neigung in der Masturba- tion etwas "Unnat ü rliches" oder "Perverses" zu sehen, ist bei ihnen st ä rker ausgepr ä gt. Die M ä nner, die nur die Grundschule besucht haben, nehmen gew ö hnlich den heterosexuellen Geschlechts- verkehr sehr viel fr ü her auf als diejenigen, die das College be- suchen. Dementsprechend haben sie auch eine andere M ö glichkeit der Sexualbefriedigung und k ö nnen auf die Masturbation verzich- ten, ohne sexuell inaktiv zu werden (Kinsey et al., 1970 (38)). Nach Hamilton, 1929 (29) nimmt bei M ä nnern in den Sechzigern die Neigung zur Masturbation wieder zu, und die Masturbation kann in diesem Lebensalter h ä ufiger sein als in den vorhergehen- den beiden Lebensjahrzehnten. Diese Feststellung stimmt mit den Ergebnissen Kinseys und seiner Mitarbeiter nicht ü berein. Die in unserer Gesellschaft bei weitem h ä ufigste Masturbations- praktik besteht darin, da ß der Penis mit der Hand gereizt wird. In einem sehr kleinen Teil aller F ä lle wird zum Zweck der Selbst- befriedigung irgendein Gegenstand in die Harnr ö hre oder den Af- ter eingef ü hrt. 4 III. Staubsauger Wie im Laufe dieser Arbeit n ä her erl ä utert werden wird, entstan- den s ä mtliche Penisverletzungen bei Masturbation mit Staubsauger soweit die Staubsaugermarke ü berhaupt bekannt wurde, mit einem Kobold-Staubsauger der Marke Vorwerk. Aus diesem Grunde sollen eine kurze Erl ä uterung ü ber Aufbau und einige technische Daten dieses Typs gegeben werden. Abb. 1 a Der Kobold-Staubsauger (Mit freundlicher Erlaubnis der Firma Vorwerk & Co., Elektro KG, Wuppertal, ver ö ffentlicht. ) Der Vorwerk-Kobold unterscheidet sich von den ü brigen Modellen vor allem dadurch, da ß sich der Motor am unteren Ende eines Stie- les befindet und w ä hrend des Saugens mit diesem ü ber den Boden hin- und herbewegt wird. Durch diese Konzeption ist der ü bliche 5 Verbindungssaugschlauch zwischen Saugd ü se und Motorgeh ä use ü ber- fl ü ssig geworden. (Es gibt zwar einen solchen Saugschlauch als Zusatzger ä t, er wird aber wohl nur selten benutzt. ) Entfernt man nun die Saugd ü se, so trennt nur noch ein 11 cm langer Ansaug- stutzen von 3, 2 cm Durchmesser den Propeller von der Staubsauger- spitze. Abb. 1 b Der Kobold-Staubsauger (Mit freundlicher Erlaubnis der Firma Vorwerk & Co., Elektro KG., Wuppertal, ver ö ffentlicht. ) Wie die eingehende Exploration einiger Patienten ergeben hat, f ü hren die Patienten den nicht eregierten Penis in den Ansaug- stutzen ein (in eregiertem Zustand ist dies nicht m ö glich). Durch den Luftstrom wird der Penis in Fibration versetzt und eregiert. Mit zunehmender Erektion wird der Sog st ä rker und schlie ß lich wird der ganze Staubsauger an den Unterleib gepre ß t und der Penis v ö llig in den Ansaugstutzen gezogen. In diesem Augenblick kommt er mit dem rotierenden Propeller in Ber ü hrung und wird je nach Motorleistung und Schnelligkeit des Abwehrre- flexes, der L ä nge und dem Erektionszustand unterschiedlich trau- matisiert. 6 Tab. 1 Technische Daten des Kobold-Staubsaugers Mit freundlicher Erlaubnis der Firma Vorwerk & Co., Elektro KG, Wuppertal, ver ö ffentlicht Typ Nenndrehzahl des Motors max.Unterdruck mm H20 max. Luft- menge/sec VK 111 (ab 1956) 14000 U/min 400 mm H20 18 l/sec VK 1 14/115 16000 U/min 400 mm H20 24 l/sec VK 1 16 17000 U/min 500 mm H20 25 1/sec Theoretisch k ö nnten solche Unf ä lle auch mit anderen Staubsauger- marken, bei denen ebenfalls der Propeller unmittelbar hinter dem Ansaugstutzen eingebaut ist, entstehen. Es ist jedoch meistens ein Saugschlauch von 1 - 2 m L ä nge vorhanden, so da ß bei einem Masturbationsversuch der Penis in den Schlauch gesaugt wird, oh- ne mit dem Propeller in Ber ü hrung zu kommen und somit auch kei- ne Verletzung entsteht. 7 B. I. Untersuchungsvorgang Grundlage der Untersuchung war das klinische Krankengut der Uro- logischen Klinik und Poliklinik am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universit ä t M ü nchen (Chefarzt: Prof. Mauermaier), der urologischen Abteilung des st ä dtischen Krankenhauses Rosenheim (Chefarzt: Prof. Bauer), sowie der urologischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses St. Georg in Hamburg (Chefarzt: Dr. Hubmann) vom Januar 1966 bis einschlie ß lich September 1972. An dieser Stelle m ö chte ich den Herren Chef ä rzten meinen Dank f ü r die freundliche Ü berlassung der Krankengeschichten aussprechen. Es wurden diejenigen F ä lle herausgesucht, die innerhalb des ge- nannten Zeitraumes wegen Penisverletzung durch Masturbation mit Staubsaugern station ä r behandelt wurden. Die Krankengeschichten wurden in bezug auf die Aussagen ü ber die Verletzungsursache, Ausgangsbefund, Verlauf, Endbefund und Er- folge der jeweils durchgef ü hrten Therapie ausgewertet. In den F ä llen, in denen dies m ö glich war, wurde der Patient einer Nachuntersuchung unterzogen und eingehend exploriert. 8 II. Kasuistik Fall 1 Kr., 53 Jahre, evangelisch, verheiratet, Beruf: Hausmeister Unfallhergang Der angeblich impotente Patient hielt bei einem Masturbations- versuch den nicht eregierten Penis in den Ansaugstutzen eines laufenden Staubsaugers. Der Penis wurde in das Staubsaugergeh ä use gezogen und kam mit dem Rotor in Ber ü hrung. Es kam zu einer stark blutenden Verletzung am Penis. Der Patient fuhr sofort mit dem Unfallwagen in die Kli- nik. Lokalbefund Praeputium zerrissen. Frenulum abgerissen. Multiple Einrisse an der Eichel, besonders links, bis an die Kranzfurche reichend. Erstversorgung Intubationsnarkose. Einf ü hren eines Ballonkatheters unter asepti- schen Bedingungen in die Blase. Urin zun ä chst blutig, sp ä ter klar. Desinfektion mit Sublimatl ö sung. Nach dem Abwaschen des Penis zeigte sich, da ß die Umgebung der Harnr ö hrenm ü ndung nahezu schwarz war. Sparsames Abtragen der zer- fetzten Hautteile und Naht mit Catgut, wobei jeweils nur so tief gestochen wurde, wie zur Blutstillung erforderlich war. Wegen der zahlreichen teils l ä ngs, teils winkelig verlaufenden Verletzungen, die insgesamt um die Circumferenz der glans penis reichten, waren ca. 80 N ä hte bei sparsamem Fassen der Wundr ä nder erforderlich. Darnach Anlegen eines Salbenmullverbandes. Bei Druck auf den 9 Penis entleerte sich wiederholt etwas Blut neben den Katheter, so da ß mit einer Harnr ö hrenverletzung gerechnet werden mu ß te. Tetanusprophylaxe Am Aufnahmetag: 1, 0 ml Tetatoxoid, am 10. Tag: 0, 5 ml Tetatoxoid. Verlauf Nach operativer Wundversorgung und vorr ü bergehender (7 Tage) Dau- erkatheterbehandlung wegen Blutung aus der vorderen Harnr ö hre, trat eine prim ä re Wundheilung ein. Wegen des Harnwegsinfektes wurde 2 g Paraxin t ä glich - 10 Tage lang - als Injektion, sp ä ter als Dragees verabreicht. Die Wund- heilung wurde durch t ä gl. 1 Amp. Alphachymotrypsin 25 unter- st ü tzt. Urinsediment Bei Dauerkatheter Bakterien +++, Erys ++, Leuco (+) Urinsediment-Kontrolle Bakterien ++, Leuco +. Urinkultur B. Proteus und Enterokokken resistent gegen Methicillin. Nach 14 Tagen station ä rer Behandlung gebessert in haus ä rztliche Betreuung entlassen, mit der Empfehlung, die Harnwegsinfektion mit Durenat oder Furadantin weiter zu behandeln. 10 Fall 2 R ö , 73 Jahre, evangelisch, geschieden, Beruf: Rentner (Tischler) Unfallhergang Der Patient befand sich wegen Ischias in orthop ä discher Behand- lung. Er wollte sich mit dem Staubsauger massieren. Dabei sei ihm angeblich aus Versehen der Penis in den Staubsauger geraten. Wegen erheblicher Blutung fuhr er sofort mit einem Taxi in das Krankenhaus. Lokalbefund Schwarze Verf ä rbung der glans penis sowie der Haut ü ber dem Pe- nis bis Penismitte. In diesem Bereich war die Haut stark geschwol- len und oedemat ö s ver ä ndert. Tiefe Ri ß wunden an der glans penis und Zerfetzung der Haut ü ber der gesamten glans. Am praeputium befanden sich zahlreiche unregelm äß ige Ri ß wunden. Das innere Blatt der linken H ä lfte fehlte, das frenulum war weitgehend nach hinten abgerissen und es blutete in diesem Bereich. Erstversorgung Etwa 1 1/2 cm breite Circumcision. Das innere und das ä u ß ere Blatt lie ß en sich an der rechten H ä lfte gut adaptieren, w ä hrend eine Adaptation der linken H ä lfte wegen des Fehlens des inneren Blattes nicht m ö glich war. Daher wurde das ä u ß ere Blatt an dem subcutanen Bindegewebe vern ä ht. Situationsn ä hte ü ber glans penis und Abtragen der Nekrosen. Wegen der Zerfetzung des frenulum war eine Adaptation in diesem Bereich nicht m ö glich; daher wurde dieses abgetragen und die Blutung mit Catgut-N ä hten unterbunden. Sorgf ä ltige Blutstillung. Einlegen eines 18er Ballonkatheters; Urin war klar. Hochlagerung des Penis. Salbenverband, Rivanolum- schl ä ge. 11 Tetanusprophylaxe Am 2. Tag: 1,0 ml Tetatoxoid, am 14. Tag: 0,5 ml Tetatoxoid. Verlauf Nach Circumcision und Wundversorgung heilten die Verletzungen st ö rungsfrei ab. Der Katheter wurde am 4. Tag entfernt. Es wur- den t ä glich Penisb ä der mit Kaliumpermanganat durchgef ü hrt und 1 x 1 Tablette Durenat und 3 x 1 Tablette Complamin bis zur Ent- lassung nach 34 Tagen station ä rer Behandlung gegeben. Urinsediment Erys ++, Bakterien +, Leuko (+); bei Kontrolle in der 2. Woche Erys Ø , Bakt. Ø , Leuko Ø 12 Fall 3 Re, 65 Jahre, r ö m.-kath., verheiratet, Beruf: Rentner (Arbeiter) Unfallhergang Angeblich beim Massieren mit dem Staubsauger wegen Kreuzschmer- zen sei der Penis in den Staubsauger geraten. Lokalbefund Die glans penis war schwarz verf ä rbt, auf der linken Seite zeig- te sie eine tief in den Schwellk ö rper reichende Ri ß wunde. Ventral war die Harnr ö hre ca. 1 cm proximal des sulcus coronarius bis auf eine etwa 2 cm breite Br ü cke auf der Dorsalseite durch- trennt. Zahlreiche cerklageartige Praeputiumsverletzungen. Erstversorgung Adaptationsn ä hte an der glans penis und am praeputium. Einlegen eines Tiemann-Ballon-Kath Char 20 zur Harnr ö hrenschienung und End-zu-End-Vereinigung der Urethra mit 2 x 0 atraumatischen Cat. Fett-Gaze, Druckverband. Tetanusprophylaxe Am Aufnahmetag: 0,5 ml Tetatoxoid. Verlauf Nach operativer Wundversorgung wurde ein Dauerkatheter zur Schie- nung der Urethra eingelegt. Bei t ä glichem Verbandswechsel und Blasenpflege heilte die Harnr ö hrenverletzung prim ä r ab. Eine Harnwegsinfektion mit Bact. Proteus und Coli wurde mit Refobacin beherrscht. 13 Infolge der Quetschungen und Durchblutungsst ö rungen im Bereich der glans penis kam es jedoch zu einer teilweisen Nekrose der glans. Die gro ß e Wunde an der glans heilte dann per granulationem. Bei der Entlassung nach 47 Tagen war die Miktion unbehindert, der Harn steril. 14 Fall 4 Schu., 66 Jahre, r ö m.-kath., verheiratet, Beruf: Rentner (Graphiker) Vorgeschichte Der 66j ä hrige Patient hatte mit 30 Jahren geheiratet. Nach 26 Jahren wurde er wieder geschieden und lebte, nachdem er 7 Jahre allein war, mit einer 54j ä hrigen Witwe zusammen. Er war mit star- ken sexuellen Tabus behaftet, so da ß er nur z ö gernd Auskunft ü ber sein Sexualleben gab. Dennoch lie ß sich folgendes explorie- ren: Den ersten Geschlechtsverkehr hatte er mit 23 Jahren. Auf Fragen nach Masturbationsgewohnheiten und H ä ufigkeit gab er nur auswei- chend Antwort. Selten sei er mit Prostituierten verkehrt. W ä hrend seiner Ehe habe er bis auf den Anfang nur 1mal pro Woche Ge- schlechtsverkehr mit seiner Frau gehabt. Die Abst ä nde seien mit wachsendem Alter gr öß er geworden. Mit seiner jetzigen Lebensge- f ä hrtin w ä re er seit 1 1/2 Jahren nur noch alle 1 - 3 Monate sexuell verkehrt. Er bestritt sehr heftig jemals pornographische Literatur gelesen zu haben. Onanie hielt er f ü r ungesund, konnte aber nicht angeben warum. Unfallhergang Dazu gab der Patient zuerst folgende Darstellung: Er sei gestolpert und mit dem Penis auf ein Glas gefallen. Als ihm aber gesagt wurde, da ß die Art der Verletzungen unm ö glich durch ein Glas verursacht werden konnte, sondern vielmehr alles auf einen Masturbationsversuch mit einem Staubsauger hindeute, wiederspricht er nicht und best ä tigte sogar, da ß er einen Staub- sauger "Kobold" der Marke Vorwerk benutzt h ä tte. Zu dem Patien- ten war kein richtiges Vertrauensverh ä ltnis herzustellen, so da ß nicht weiter in ihn eingedrungen wurde. 15 Lokalbefund Die glans penis zeigte multiple tiefe Schnittverletzungen, teils mit erheblichen Gewebsdefekten auf. Die Haut war an der corona glandis vollkommen abgerissen, die glans mit dem Schaft nur mehr auf einer Breite von einem Zentimeter verbunden. Die Harnr ö hre fehlte bis 1 cm proximal vom Fremulumansatzbereich. Abb. 2 Fall 4, praeoperativ Erstversorgung Zun ä chst sparsamste Wundexzision. Dann Versorgung der Harnr ö hre, wobei die Schleimhaut mit der ä u ß eren Haut im Sinne einer vorde- ren Hypospadie vern ä ht wurde. Ein Ballonkatheter wurde in die Blase eingef ü hrt. Dann Versorgung der glans, wobei eine gute Wiederherstellung ge- lang. Druckverband mit Fettgaze. 16 Tetanusprophylaxe Am Aufnahmetag: 0,5 ml Tetatoxoid, nach 4 Wochen: 0,5 ml Tetatoxoid. Verlauf Unter antibiotischem Schutz kam es zu einer komplikationslosen Abheilung, wobei sich allerdings eine etwa fingerkuppengro ß e Ne- krose an der Ventralseite der glans penis ausbildete. Am 36. Tag wurde der Patient aus der station ä ren Behandlung entlassen. Abb. 3 a Fall 4, 3 Wochen postoperativ 17 Abb. 3 b Fall 4, 3 Wochen postoperativ Nachuntersuchung Nach 4 Jahren wurde der Patient zur Nachuntersuchung bestellt. Der Penisbefund zeigte den Zustand nach Circumcision; es bestand eine hypospadia penis mit einer frei durchg ä ngigen Ö ffnung an der Ventralseite des Penis unmittelbar proximal des sulcus coronarius. Das urspr ü ngliche orificium externum war narbig ver- zogen, verwachsen und nur 4 mm sondierbar. Narbige Einziehung im sulcus coronarius, die auf die glans ü ber- geht. Varizenartige Erweiterung der Venen im Bereich der glans penis. Es zeigte sich ferner eine Deviation des Penis nach ventral und dextral. Sensibilit ä tsverlust im gesamten Narbenbereich. Miktion mehrstrahlig, ansonsten unauff ä llig. Beschwerden beim Geschlechts verkehr bestanden noch im Sinne einer verminderten Erektion und einer Deviation des Penis. Bei der Ejakulation w ü rde das Sperma nur heraustropfen. 18