1 Kommentar zu: FARLEY M et al., Männer in Deutschland, die für Sex zahlen – und was sie uns über das Versagen der legalen Prostitution beibringen Originaltext der Farley - Studie: https://prostitutionresearch.com/wp - content/uploads/2022/11/Freier - Germany - 11 - 8 - 22.pdf T homas Schmitt 2023 Kontakt: prostschutz2@t - online.de Vorbemerkung Dieser Kommentar versteht sich als ein „ Kurzkommentar “, der nur auf die wichtigsten systematischen Probleme und Mängel dieser Studie aufmerksam machen soll. Es ist nicht beabsichtigt, ähnlich einem Peer Review Satz für Satz und Absatz für Absatz zu analysieren und zu kommentieren, da dies zu einer Abhandlung f ühren würde, die länger wäre als das Original, um das hier geht. Zunächst sollten sich Leser der Studie darüber im Klaren sein, d ass alle Autor I nnen Abolit ionist I nnen und Vertreter I nnen des S exkaufverbots sind, so dass von vornherein eine neutrale Herang ehensweise an das Thema und die Befragungen ausgeschlossen war. Die Studie ist interessengeleitet und damit eine Form von Lobbyarbeit. Dies ist als solches aber den Studienautor I nnen nicht vorzuwerfen und auch keinesfalls verwerflich; das kann und darf man tun und ist grundsätzlich in Ordnung . E s muss den Lesern und vor allem den (politischen) Entscheidungsträgern 2 aber klar sein, dass sie hier keine neutrale und ergebnisoffene wissenschaftliche Studie präsentiert bekommen, sondern ein Lobbypapier von einer Gruppe von Autor I nnen mit einer vorgefassten Meinung. Diese vorgefasste Meinung wird an sehr vielen Stellen deutlich, von denen hier nur ein paar Beispiele genannt seien: Begriffe wie „ Menschen zu kaufen“ (S.9) bzw. „ Frauen in der Prostitution zu kaufen “ (S. 24), „ein menschliches Wesen zu sexuellen Zwecken zu kaufen “ (S. 36), die Bezeichnung von Betreibern von Prostitutionseinrichtungen in Deutschland als „ legale Zuhälter“ (S.29/30) , „ die hartnäckige Weigerung von Männern, Frauen in der Prostitution als Menschen anzusehen“ (S. 44) oder die Bezeichnung von Prostitutions - Aussteigerinnen als „ Überlebende der Prostitution “ (S. 9) , so als führe Prostitution (in Deutschland) in einer relevanten Anzahl von Fällen zum Tode, was aber dann nicht durch entsprechende Zahlen aus Deutschland belegt wird, abgesehen von einem Einzelfallbericht aus Südwestdeutschland 2016 (Seite 14) Bezeichnend sind auch Unterstellungen wie: „Die bis ins Detail organisierte kriminelle Zusammenarbeit zwischen Geschäftsmännern, Medienstars, sozialen Influencern und Politikern bildet die Grundlage für die legale Prostitution in Deutschland.“ (S. 31). Spätestens hier müssten sich Politiker fragen, ob sie diese Abhandlung als Grundlage für ihre Entscheidungen berücksichtigen können? Eine Abhandlung, die den Politikern selbst „organisierte kriminelle Zusammenarbeit“ unterstellt? „Die Geschäftsmänner investieren große Summen in legale Bordelle ... und fordern von den Zuhältern hohe Gewinne.“ Was soll uns dieser Satz sagen? Die Zuhälter sollen den Geschäftsmännern hohe Gewinne bezahlen (also Zuhälter als Opfer?), oder wollen die Geschäftsmänner, dass di e Zuhälter selbst hohe Gewinne (also für die Zuhälter selbst ) erwirtschaften? Es muss also klar sein: dies ist ein Lobbypapier von Autor I nnen mit einer bereits im Vorfeld absolut fest fixierten und nicht mehr revidierbaren Grundeinstellung, und in diesem Tenor ist die Studie verfasst, und unterscheidet sich damit von einem neutralen, ergebnisoffenen wissenschaftlichen Studiendesign, das eine ko nkrete Nullhypothese formuliert, die verifiziert oder falsifiziert wird. Im Folgenden seien nur einige wichtige Kritikpunkte herausgearbeitet: I. Freierzitate Es soll hier den StudienautorInnen ausdrücklich keine Manipulation unterstellt werden, sondern es wird schon davon ausgegangen, dass diese zum Teil völlig unfassbaren, menschen - und frauenverachtenden, schockierenden , durch nichts zu rechtfertigenden Aussagen tatsächlich gefallen sind. 3 A ber wie aus dem Methodenteil der Abhandlung zu entnehmen ist, wurden diese Aussagen nicht aufgezeichnet, sondern handschriftlich von den Interviewe r innen aufgeschrieben, dann ins Englische übersetzt, und später für die hier diskutierte deutsche Publikation wieder ins Deutsche zurückübersetzt – also 3 Transferschritte, bei denen sich Ungenauigkeiten einschleichen können (vgl. S. 17) . Besonders bei den längeren Zitaten erkennt der Leser unschwer, dass diese so nicht wörtlich in einem mündlichen Interview form uliert worden sein können. So spricht niemand in einem mündlichen Interview. Das kann kein wörtlicher Originaltext sein. Grundsätzlich ist eine dreifache Transkription bei so sensiblen Aussagen, wo es auf die exakte Formulierung ankommt, an sich schon pr oblematisch (authentisch wäre nur die direkte wörtliche Wiedergabe eines Mitschnittes), aber dies ist umso problematischer, wenn die Autor I nnen und sonstigen Mitarbeiter I nnen des Projektes nicht neutral, sondern voreingenommen und lobbyistisch sind. Da bes teht zumindest ein Risiko, dass die letztendlich in der Arbeit gedruckten Zitate verschärfter und vor allem „ pointierter “ a usfallen, als es tatsächlich von den Freiern gesagt wurde. Dabei sei noch einmal betont: der Grundtenor der Aussagen soll hier nicht bestritten werden und es soll hier den Autor I nnen nicht unterstellt werden, sie hätten Aussagen erfunden oder etwas dazu gedichtet. Es kann aber bei dieser Gemengelage (3 x Transkription, voreingenommene Autor I nnen) nicht ausgeschlossen werden, dass die Au ssagen, wie sie gedruckt wurden, „schärfer“ herüberkommen, als es von den Freiern wörtlich gesagt und gemeint gewesen sein könnte. Aussagen zu derartigen Themenkomplexen sind auch immer im Kontext der Mimik und Gestik des Sprechenden zu sehen, mit denen er solche Aussagen in ihrer Wirkung modulieren (also auch relativieren) kann. Das ändert aber nichts daran, dass viele dieser Aussagen menschen - und frauenverachtend und schockierend sind, selbst wenn nur der „Tenor“ stimmt und keine wortgetreue Wiedergabe erfolgt ist. Wenn 96 Freier mit jeweils m indestens 250 Fragen (!) konfrontiert wurden, hat ma n ca. 2 4 .000 Antworten , ein riesiger Pool Fast alle „Zitate“ (mit ganz wenigen Ausnahmen) lassen Freier in einem (sehr) schlechten Licht erscheinen , die beim unvoreingenommenen Leser eine gerade schockierende Wirkung auslösen – kurz gesagt: alle Freier si nd schlimme Schweine , toxische Persönlichkeiten, Vergewaltiger Es bleibt aber offen, ob alle befragten Freier in dieser Art und Weise denken und so mit den Prostituierten umgehen oder so über sie denken? Sind diese Aussagen überhaupt repräsentativ für die Gesamtheit der befragten 96 Freier ? Hier kommt wieder zum Tragen, dass die Autor I nnen nicht neutral sind, sondern Lobbyarbeit für ihre Ziele betreiben. Wenn ein neutrales, ergebnisoffenes Autorenteam eine solche Zitatesammlung präsentiert hätte , wäre dies e Auswahl anders zu werten , weil dann nicht zu befüchten wäre, dass für Freier belaste nde Zitate positiv selekti ert worden sein könnten . Bei einem aboli stionistischem Autorenteam ist, vorsichtig gesagt, das Risiko sehr groß, dass aus einer Fülle von Zitate n die „schlimmsten“ zum Abdrucken ausgewählt wurden, während Zitate, die ein positive r e s Licht auf die betreffenden Freier wer f en würden, bewusst unterschlagen w e rden. 4 Und hier komme ich zum ersten Punkt, den ich als schweren Methodenfehler werte. Wenn man im Rahmen einer Studie detaillierte persönliche Face - to - Face - I nterviews mit einer überschaubaren Anzahl von Personen führt (und 96 sind überschaubar), und diese dann in vielfacher Weise „wörtlich“ zitiert (mit den o.g. Einschränkungen des dreimaligen Transkripts ), dann ist es üblich, dass man kenntlich macht, welche Zitate von demselben Interviewten stammen, idealerweise indem man die Interviewten einfach durchnummeriert (Freier Nr. 1, 2, 3 ...). Damit werden weder Datenschutz noch Persönlichkeitsrechte verletzt. Es wird erkennbar, welche Aussagen derselben befragten Person zuzuordnen sind . Bei 96 Befragten ist das absolut praktikabel. Es muss hier davon ausgegangen werden, dass diese wichtige Kennzeichnung der Zitate bewusst unterschlagen wurde, damit alle befragten Freier in einem sehr schlechten Licht erscheinen. So bleibt es unklar, o b vor allem die schlimmsten und verachtungswürdigsten Zitate von einigen wenigen Freiern stammen (einige Freier dieser Studie hatten ja auch einen schwerkriminellen Hintergrund bis hin zu To t schlag und Mordversuch außerhalb des Paysex , siehe unten ), oder ob diese Aussagen repräsentativ für alle 96 befragten Freier sind ? Darüber wird die Leserschaft im Dunklen gelassen, und es ist davon auszugehen, dass dies bewusst geschah, indem von einer in einer solchen Interviewstudie üblichen Methodik abgewichen wurde . Wir wissen aufgrund dieses eindeutigen methodischen Mangels daher nicht, auf wie viele der 96 Befragten sich die „schlimmen“ Zitate verteilen, und damit wissen wir auch nicht, welchen Grad an Repräsentativität diese Zitate - S ammlung überhaupt für sich in Anspruch nehmen kann ? Schließlich ist es eine von Lobbyisten gesteuerte Auswahl aus ca. 2 4 .000 Antworten! Nur nebenbei sehr erwähnt, dass nicht bei allen Zitaten erwähnt ist, ob sie von einem Freier des deutschen Studienarms oder aus einem anderen Land stammen. Das ist deshalb problematisch, weil Freier mit einem anderen kulturellen Hintergrund und /oder aus einem anderen rechtlichen Rahmen (was Prostitution betrifft) möglicherweise auch anders denken und eine andere Einstellung haben. Die Zweifel an de r Repräsentativität der Zitatauswahl werden massiv dadurch verstärkt, dass eine andere Freierbefragung aus Deutschland zu ganz anderen Ergebnissen gekommen ist (LANGANKE et al. : Was Freier wollen – sexuelle Gesundheit aus Sicht der Kunden ). Die Ergebnisse sind noch nicht publiziert, wurden aber Ende 2017 im Rahmen eines Fachv ortrages öffentlich bekannt gegeben (Abstract hier auf S. 19: https://docplayer.org/132553044 - Forschung - zur - sexarbeit.html ). Die Befragung war in d er genannten St udie bei weitem nicht so detailliert, erfolgte als Online - Befragung und inkludierte immerhin 149 Freier. Der Aufwand dieser Studie war natürlich wesentlich geringer, aber der Wert einer Studie misst sich nicht allein an dem betriebenen Aufwand an Personal und Stunden. Die Probandenzahl liegt um 55 % höher; die anonyme Online - Befragung via Fragebogen mit zusätzlichem Kommentarfeld für Freitext ermöglicht e dank völliger Anonymität noch objektivere Antworten als dies bei Face - zu - Face - Interviews möglich ist Der ganz entscheidende Punkt ist aber: die Befragten erhielten kein Honorar. Der Zeitaufwand für d ie Befragten war gering, es gab daher keine Zugangshürden im Sinne von Zeitaufwand oder Anfahrt, es gab aber auch keinen Benefit für die Teilnahme in Form eines 5 Honorars. Wir haben es hier also mit einer wesentlich geringeren Verzerrung bei der Entscheidun g für oder gegen die Teilnahme an der Befragung zu tun als bei FARLEY et al., die von ihren Probanden einen hohen Zeiteinsatz ( ca. 1,5 Stunden) (S. 20) zzgl. Anreise erwarteten, im Gegenzug Fahrtkosten und – vor allem problematisch – ein in der Höhe nicht genanntes Honorar erstatteten. Welche Motivation hat ein Freier, sich dieser sehr eingehenden und unangenehmen intimen Befragung zu unterziehen, außer das Ho norar zu erhalten? Man beachte den Umfang von 250 Fragen, mit denen die Freier konfrontiert wurden. Ist ein solch umfangreicher Interviewansatz vernünftig oder nur insofern zielführend, dass man auf diese Weise in der Gesamtheit 24000 Antworten erhält, a us denen man sich dann die allerschlimmsten und schockierendsten aussuchen kann, um – ohne Zuordnung der Zitate zu konkreten, nummerierten Freiern – den Eindruck erwecken zu können, diese schlimmen Zitate repräsentieren die gesamte Freierschaft? II. Participation Bias Sind die 96 befragten Freier aus München und Karlsruhe repräsentativ für die deutsche Freierschaft insgesamt ? Es wurde oben schon angedeutet: So etwas ist natürlich nur gegen ein adäquates (in der Höhe nicht genanntes *** ) Honorar möglich (vgl. S. 19) , und im Grunde genommen ist es eine Umkehrung der Verhältnisse. Wendet man die Diktion und Terminologie der Autor I nnen hier auf die Interviews an, dann wären diese bezahlten Interviews eine Form von „ Freier kauf“. „ Freier kauf“ ist keine wissenschaftlich akzeptierte Methodik, weil sie von vornherein einen Bias schafft, da nur die jenigen Freier für solche Interviews „kaufbar“ sind (in der Diktion der Autor I nnen), die es nötig haben, sich das anzutun. Also „ Zeit gegen Geld “ (wie in der Pros titution), der Unterschied besteht nur darin, dass es nicht um sexuelle Handlungen, sondern sehr intime Befragungen ging. Es ist sicherlich individuell unterschiedlich, von Person zu Person und Partner zu Partner, was als belastender angesehen wird: Vollzu g von Intimitäten oder intime Befragungen? Das wird sich nicht generell beantworten lassen, das muss jeder für sich entscheiden. ***Letztendlich spielt es aber auch keine entscheidende Rolle, wie hoch das Honorar war. Auch wenn es vielleicht nur 30 oder 50 Euro gewesen sein mögen (zzgl. Fahrtkosten) und das Interview 1,5 Stunden dauerte, kann das – bar auf die Hand – für manchen Freier lukrativer sein als zwei oder drei bezahlte Überstunden auf seiner Arbeit zu leisten, davon Steuern und Sozia labgaben zu bezahlen, und das Geld landet auf dem gemeinsamen Familienk onto. Genau diese Freierbezahlung ist a ber ein weiteres essentielles Problem dieser Studie Welche Motive hat ein Freier, an einer solchen Studie unter diesen Bedingungen teilzunehme n ( finanzielle Not? Geld bedarf für weitere Abenteuer im Paysex ? Bargeld auf die Hand, über das er verfügen kann, ohne seiner Ehefrau Rechenschaft ablegen zu müssen, wie im Falle von Geld auf dem gemeinsamen Konto?). So etwas zieht natürlich bevorzugt Freier an, die sich selbst in prekären 6 Lagen befinden. Ist das nicht dasselbe, was immer den Prostituierten unterstellt wird? Freier aus prekären Lagen sind aber nicht repräsentativ für die Gesamtheit der Freierschaft – eher das Gegenteil Wie groß muss di e „sexuelle Not“ sein, wenn man trotz prekärer Finanzlage Sexdienstleistungen nutzt? Ist es nicht naheliegend, das s man unter diesen Umständen genau jenen Freiertyp sucht und findet, den die StudienautorInnen brauchten , weil er in ihr Weltbild passt und i h nen die abschreckenden Zitate liefert, die sie für ihre abolitionistische Studie wünschten und suchten? Wir haben also ein doppeltes Repräsentativitätsproblem: da aufgrund eines schweren methodischen Mangels die Interviewpartner nicht nummeriert wurden, wissen wir nicht, ob die angegebenen „schlimmen“ Zitate repräsentativ für alle 96 befragten Freier sind, oder nur für eine (kleine?) Subgruppe von diesen, und der Rest der befragten Freier das völlig anders (und „freundlicher“) sieht? Das ist das Repräsentativitätsproblem auf Mikro - Ebene, durch einen simplen methodischen Mangel bedingt, der leicht zu beheben gewesen wäre, wenn man dies gewollt hätte. Man hat es also offenbar bewusst n icht gewollt. Ein weiteres Repräsentativitäts - P roblem besteht auf der Makroebene: dass sich für diese zeitaufwendigen und unangenehmen Interviews nach menschlichem Ermessen nur Freier fanden, die sich wegen des Honorars da für „kaufen“ ließen. Aus z.B. Telefon - oder Marketinginterviews z.B. der Marktforschung weiß man doch aus eigener Erfahrungen, dass ein paar Fragen noch interessant und angenehm sein mögen, irgendwann aber Ermüdung, Frustration und Lustlosigkeit einsetzen oder das Telefonat abgebrochen wird , wenn die Fragerei kein Ende nimmt. Das geht dann eben nur gegen ein adäquates Honorar, und dann stellt sich direkt die Frage, welcher Mann es nötig hat , sich dem zu unterziehen ? Wir haben es in dieser Studie daher mit einem ganz massiven Participati on Bias zu tun, um nicht das böse Wort „Männerkauf“ oder „Freierkauf“ erneut zu bemühen. Auch d ie demographischen Daten der Teilnehmer können Hinweise auf einen Participation Bias liefern. Das Durchschnittsalter (4 5 Jahre) und Medianalter (47 Jahre) ist höher als in den Studienarmen aus anderen Ländern – vielleicht war ein Teil der Teilnehmer in Deutschland altersarbeitlos, Rentner oder Frührentner und hatte daher eher Zeit für ein so ausgedehntes Interview , aber auch einen höheren Bedarf für das ents prechende Honorar ? Auffällig ist das geringe Durchschnittsalter bei der ersten Inanspruchnahme von Paysex (2 2 Jahre). Dies entspricht nicht den Erfahrungen aus Umfragen in Freierforen, wo sich eher ein altersmäßig gestreckter Verlauf abzeichnet: gut die Hälfte (52,4 %) stieg bis 25 Jahre ein, der Rest zum Teil deutlich später (9,2 % über 50 Jahren), vielleicht im Zusammenhang mit Lebenskrisen oder sexuellen Krisen und somit im Kontext von partnerschaftlichen oder sexuellen Defiziten oder Nachholb edarf des alternden Mannes (Midlife - Crisis) (Basis n = 313 Teilnehmer; Stand 13.9.2023 , Rheinforum ). Diese Verteilung des Einstiegsalters aus der Forumsumfrage ist mit einem Durchschnitts - Einstiegsalter von 2 2 Jahren aus der Farley - Studie rein mathematisc h völlig inkompatibel, so dass dieser Befund erste Zweifel an der Repräsentativität der 7 Teilnehmer aus der Farley - Studie aufkommen lässt. Das junge durchschnittliche Einstiegsalter in den Paysex kontrastiert auch in der Farley - Studie mit dem vergleichsweis e hohen Durchschnittsalter der Befragten. Offensichtlich gab es in der Studienpopulation keine oder sehr wenige „Späteinsteiger“, was allein schon gegen Repräsentativität spricht. Bemerkenswert ist auch, dass 21 % der Teilnehmer ang a ben, dass sie Arbeitslosengeld oder Hartz IV erhielten. Freier in prekären Verhältnissen sind sicher eher bereit, sich einer solchen Befragung gegen Geld zu unterziehen (s.o.) Umgekehrt ist anzunehmen, dass für diese „ armen “ Freier eine erhöhte Wahrscheinlichkeit beste ht, dass sie aufgrund ihrer sehr engen finanziellen Ressourcen Prostitutionssegmente aufsuchen, mit denen ein durchschnittlich situierter Freier womöglich nie in Berührung kommt oder für sich auch gar nicht in Erwägung ziehen würde (Stichwort: „ Billigstric h “ ). Dies mag dann manche geschilderten dramatischen Erlebnisse, auch in der Interaktion Prostituierte/Zuhälter, erklären, die in Prostitutionsbetrieben, die im Rahmen des Sexkaufverbots sofort verschwinden würden, undenkbar wären. Unplausibel sind die Darstellungen zu der Frage, wo der Paysex stattfindet ( 30 % Innenräume, 33 % Außenräume – was ist mit den restlichen 37 %? Keine Angabe? Gemischt drinnen/draußen? ). Diese Tabelle wäre durch kein Peer Review einer Fachzeitschrift gekommen. Und diese Frage ist durchaus relevant, vor allem wenn man dies in Bezug setzt zu der hohen Quote von Freiern, die Zeugen von Misshandlungen von Prostituierten durch Zuhälter geworde n sind, oder solches vermuten (z.B. aufgrund blauer Flecke). Es ist schon wichtig zu wissen , ob der Paysex der befragten Freier in ordentlichen und angemeldeten Prostitu t ionsbetrieben erfolg t e (und dort solche Erfahrungen gemacht wurden?), also in Betriebe n, die mit de m Sexkaufverbot unmittelbar und mit 100 % Sicherheit aufgelöst würden, oder in Settings wie z.B. Drogenstrich /Billigstrich oder anderen „privaten Settings“, im „ Untergrund “ , im „ Unsichtbaren “ , also letztendlich unter Umständen, die durch das N ordische Modell nicht verschwinden würden, sondern, ganz im Gegenteil, als Ausgleich für den Verlust der ordentlichen und angemeldeten Prostitutionsbetriebe expandieren würden, weil es sonst keine Alternativen mehr für die (ja weiterhin legalen) Prostituie rten gibt, wo sie ihre Leistungen anbieten könnten? Wenn man ein Sexkaufverbot fordert und dies mit einer Studie hinterleg en will , ist es essentiell, zu unterscheiden, wie die Lage in den Prostitutionsbetrieben ist (und was die Freier, die diese Betriebe aufsuchen, denken), und wie die Lage in den Settings ist, die durch das N ordische Modell nicht in ihrer Existenz beseitigt, sondern letztendlich gefördert würden, weil sie die einzige Möglichkeit für die verbleibenden Prostituierten darstellen, ihre Leistungen anzubieten? Gibt es Unterschiede in der Persönlichkeit und Einstellung der Freier zwischen diesen Settings? Das wäre eine wichtige Frage gewesen. Diese Kernfrag e wird mittels einer diffusen und mathematisch nicht stimmigen Tabelle 12 verschleiert. War eine solche Differenzierung unerwünscht? Hat sie nicht in das Weltbild der Autor I nnen gepasst? Die Verteilung der Freier auf Singles (44 %) versus Partnerschaft/Ehe (56 %) ist dagegen durchaus plausibel und in Einklang mit Umfragen in Freierforen. Hier stellt sich aber die Frage, warum die Studie gerade an diesem Punkt so kurz greift? Wenn 8 man wirklich etwas über die Motive der Freier erfahre n will (und nicht nur „böse“ Sätze hören will, die man dann zitieren kann, um die Leserschaft zu erschrecken), wäre es wichtig gewesen, hier noch eine einzige Frage mehr zu stellen, und zwar an die Freier in Partnerschaft, warum sie dennoch Paysex nutzen? Diese Frage wurde von den Autor I nnen entweder nicht gestellt oder nicht ausgewertet. Wäre da etwas herausgekommen, was man nicht wissen wollte? Es gibt also verschiedene Aspekte, die Zweifel an der Repräsentativität der Freierschaft d ieser Studie geben, aber man sollte diese zunächst nur als vorsichtige Hinweise, als Indizien verstehen. Der „Knaller“ ist aber die kriminologische Geschichte der Teilnehmer. Wobei man ja noch nicht einmal sicher sein kann, ob alle Freier ihre Vorstrafen korrekt angegeben oder manches verschwiegen haben – je gravierender das Vergehen, umso größer das Risiko des bewussten Verschweigens oder auch unbewussten Verdrängens 31 % der befragten 96 Freier waren schon verhaftet worden, 39 % waren schon wegen Straftaten verurteilt worden. Dabei ge h en die Studienautor I nnen selbst davon aus, dass die Anzahl der Verhaftungen und Verurteilungen wahrscheinlich unterschätzt wurde (!). „Nur eine geringe Anzahl von Männern in jeder Stichprobe gab an, Straftaten begangen zu haben oder dafür verurteilt worden zu sein. (S. 48)“. 11 der 96 Freier hatten Gewaltdelikte gegen Frauen begangen, 27 tätliche Angriffe und Körperverletzung, 2 Morde, 1 x organisierte Kriminalität (S. 48). Unter 11 „Gewaltdelikten gegen Frauen“ ist allerdings keine einzige Vergewaltigung; sie teilen sich auf in „ 5 x Erhalt eines Kontaktverbotes “, 2 x öffentliches Urinieren, 2 x sonstige Erregung öffentliches Ärgernisses, 2 x Einschüchterung von Zeugen, 4 x Sachbeschädigung. In der Summe macht das sogar 15 Deli kte (die offenbar von 11 Freiern begangen wurden), die Assoziation mit „Gewalt gegen Frauen und damit typisch verbundene Verbrechen “ bleibt aber unklar. Insgesamt 4 % waren wegen Mord oder Mordversuchs verurteilt worden ( 2 x Totschlag, 2 x versuchter Mord oder T o tschlag) Bemerkenswert sind auch: 5 x Einbruchs - /Wohnungsdiebstahl, 4 x unbewaffneter Raub, 2 x schwerer Raub, 8 x Drogenhandel/ - import. 16 x Betäubungsmittelverstöße (Besitz von Drogen und Utensilien). Mit was für einer Studien - Population hab en wir es zu tun, wenn z.B. 4 % eine Historie von versuchtem oder vollzogenem Totschlag/Mord ha ben ? Und haben diese Männer nach Absitzen der Strafe und sozialer Ächtung noch genug Geld für Paysex? Sind sie wegen ihrer prekären Lage daher besonders anfällig für den „Männerkauf“, wie er für diese Studie erfolgte? Aber eben auch für Paysex in (Billig - )Settings , in denen mit Prostituierten so umgegangen wird (von Freiern, Zuhältern und Menschenhändler n ), wie es die Zitate darstellen? Ist das repräsentativ fü r die Freierschaft, die wir z.B. in den Studios, Clubs, Bordellen, von einer Hausdame geführten Privathäusern und angemeldeten 9 Wohnungspuffs sehen, die alle mit dem Nordischen Modell sofort und am ersten Tag verschwinden werden? Oder ist das eher repräsentativ für die Freierschaft, die sich nach Einführung des Sexkaufverbots sexuelle Dienstleistungen im Verborgenen, im Heimlichen, im Untergrund beschafft, also dort, wo Zuhälter wirklich gebraucht werden, weil ihnen dort wichtige o rganisatorische /logistische Funktion en zukomm en , die bisher von den Prostitutionsbetrieben, die dann nicht mehr existieren (also den sogenannten „legalen Zuhältern“ in der Diktion von FARLEY et al.) , erbracht wurde n ? Die Strafhistorie der befragten Freier (wobei immer zu bedenken ist, dass das ja nur das Minimalszenario ist, weil zu vermuten ist, dass gar nicht alle Straf tat en genannt und viele auch von den Betroffenen psychisch verdrängt wurden) ist damit ein klares Indiz für einen Participation Bia s. Umso gravierender wirkt sich vor diesem Hintergrund der oben schon angesprochene methodische Mangel aus, dass die Zitate nicht bestimmten nummerierten Freiern zugeordnet wurden und damit unklar bleibt, ob die „schlimmen“ Zitate auf eine mehr oder wenige r kleine Subgruppe der befragten Freier entfallen oder auf ihre Gesamtheit. Das Bild eines guten, netten, frauenorientierten Freiers, dem es an seinem auf Gegenseitigkeit beruhenden Erleben (das auch der Dienstleisterin Spaß macht) ankommt, darf in dieser Studie gar nicht erst aufkommen. So ergab beispielsweise die Auswertung sowohl einer Umfrage wie auch von „Fickberichten“ eines Freierforums, dass bei ca. 40 – 60 % aller Paysex - Kontakte Cunnilingus praktiziert wird. Dies geschieht ja in der Regel n icht, weil der Freier das für sich selbst besonders erregend findet, sondern um auch der Partnerin einen gewissen Genuss zu bieten oder sich z.B. für einen Blowjob zu „revanchieren“ (wie es oft in Foren formuliert wird) und hat vor allem einen hohen symbol ischen Charakter, indem es eine gewisse „Symmetrie“ zwischen den Sexpartnern schafft. Dass ein Teil der Prostituierten das jetzt nicht wirklich genießt, ist eine andere Frage; aber es zeigt zumindest die Einstellung der Freier gegenüber Paysex im allgemein en und der betreffenden Sexpartnerin im konkreten Fall, dass es ihm wichtig ist, einen Beitrag zu leisten, von dem er ausgeht, dass es der Frau gefällt. Fazit: Der deutsche Arm der Farley - Studie hat weder auf Mikro - Ebene noch auf der Makro - Ebene Anspruch auf Repräsentativität. Auf der Mikroebene bleibt unklar, auf wieviel Prozent der Freier sich die „schlimmen“ Zitate verteilen, auf der Makroebene haben wir eine ausgeprägte Participation Bias, die man bei Adaptation der Begrifflichkeiten der Autor I nnen als „Männerkauf“ oder „Freierkauf“ bezeichnen könnte. Darüberhinaus wird in keiner Weise klar, ob es Unterschiede gibt zwischen Freiern, die Prostitution in Einri chtungen wahrnehmen, die mit dem Nordischen Modell mit Gewissheit verschwinden würden, und Freiern, die sich Dienstleisterinnen an Orten suchen, wo die Schutzmechanismen der Einrichtungen (Registrierung obligatorisch, gesundheitliche Beratung obligatorisch , Betreiberhaftung, soziale Kontrolle durch Betreiber, Personal, Security, soziale Kontrolle durch Kolleginnen) entfallen und daher Prostitution in völlig anderer, u nregulierter und unkontrollierte r Weise (allenfalls kontrolliert durch „Beschützer“/Zuhälte r) ausgelebt werden kann. 10 Man kann kurz zusammenfassen: sehr viel Aufwand (gigantisch!) für – im Endeffekt - ... nichts! Der gigantische Aufwand, der hinter der Studie steckt, ist beeindruckend, einschließlich des enormen weltweiten Literaturstudiums und der vielen „Hilfskräfte“, die neben den Studienautor I nnen und Interviewerinnen ebenfalls noch im Einsatz waren. Das nutzt aber alles nichts, wenn im praktischen Teil der Studie die Methodik versagt. Wenn man einmal vo n der Voreingenommenheit der Autor I nnen absieht, ist hier als entscheidender Punkt schief gelaufen, dass der Fragenkatalog so extrem aufgebläht wurde, dass es nu r möglich war, Teilnehmer gegen Geld zu akquirieren , womit man einen gravierenden Participation Bias generiert und sich – in der eigenen Diktion – jetzt „Männerkauf“ oder „Freierkauf“ v orwerfen lassen muss. Man hätte mit viel weniger Aufwand viel mehr er reichen können. Man hätte in größere Prostitutionsbetriebe gehen können und dort anonym kurze Interviews mit Freiern führen können (z.B. Viertelstunde oder 20 Minuten). In Clubs und Bordellen, wo sich die Männer oft stundenlang aufhalten, gibt es immer „Le erlaufzeiten“, wo sich die Männer umschauen, Fernsehen gucken, essen, unterhalten oder auch für so ein Interview zur Verfügung st ü nden. 96 Männer hätte man da schnell zusammen; auf ein paar unterschiedliche Locations in verschiedenen Städten (wegen der deu tschla nd weiten Repräsen t ativität!) verteilt, hätten sich mit geringem Aufwand Hunderte (!) Interviews führen lassen können. Die Betreiber müssen natürlich einwilligen, und das ist schwer, wenn da jemand voreingenommen mit aboliti onistischem Hintergrund kommt; man sollte schon einen neutralen, ergebnisoffenen und wissenschaftlichen Hintergrund haben , wenn man solche Studien betreibt Aber in solchen geordneten und regulierten Betrieben hätten FARLEY und ihre Mitarbeiterinnen wohl eine zu ge ringe Chance, auf Freier zu treffen, die dem Bild entsprechen, das sie sehen wollen , das in ihr Weltbild passt, und das sie – mit schockierenden Zitaten hinterlegt – dann präsentieren können? III. Fazit Aufgrund dieser grundlegenden Mängel vor allem der Repräsentativität erübrigt sich eine detaillierte Analyse und Diskussion der Studiene rgebnisse. Wenn die Methodik (hier: Rekrutierung der Freier, Präsentation der Zitate und fehlende Zuordnung zu in dividuellen Interviewpartnern) nicht stimmt, ist jeglicher weitere Aufwand, der sich auf den Ergebnissen aufbaut, vergebliche Mühe. Dabei werden die Ergebnisse ausdrücklich nicht in Zweifel gezogen, mit gewissen Einschränkungen bezüglich der wörtlichen Wiedergabe der Zitate nach dreifacher Transkription. A ber auch die statistisch solide ausgewerteten und formal korrektesten Ergebnisse nutzen nichts, wenn die zugrunde liegende Methodik (hier: Repräsentativität) mangelhaft ist. Selbst statistische Auswertung und Regress ionen gehen dann ins Leere. Sie mögen rechnerisch richtig sein, aber wertlos, weil das Ausgangsmaterial für die Datenverarbeitung nicht aus einer repräsentativen Stichprobe stammt. 11 Die Autorinnen geben selbst zu (S. 53): „Möglicherweise gibt es bisher unb ekannte Unterschiede zwischen Männern, die sich auf Werbeanzeigen zur Beteiligung an Forschungsprojekten im Allgemeinen und besonders an solchen zu sexuellen Einstellungen und Verhaltensweisen melden, und Männern der Allgemeinbevölkerung einschließlich der Sexkäufer. Es ist praktisch unmöglich, für Studien zu Prostitution eine zufällige Stichprobe an Teilnehmern zu erreichen. Dennoch versuchten wir, eine so weit aufgestellte Stichprobe wie möglich zu berücksichtigen und schlossen niemanden aus.“ Dass die Ho norierung ein weiteres verzerrendes Elemente darstellen dürfte , verschweigen sie an dieser Stelle. Man könnte es kurz so zusammenfassen: man untersucht in der „Forschung“ die unteren Segmente der Prostitution mit ihren Freiern (Participation Bias) und den damit verbundenen spezifischen Verhältnissen, --- um daraus Forderungen an die deutsche Politik abzuleiten, die zielgenau und treffsicher die oberen und mittleren Segmente der Prostitution (Prostitutionsbetriebe mit ihrer finanziell solventeren Freier schaft , registrierten und beratenen Prostituierten, Betreiberhaftung, sozialen Kontrolle, Security usw.) vernichten, --- während die prekären Verhältnisse im unteren Segment des Paysex, außerhalb der behördlich überwachten Betriebe, bestehen bleiben bzw. durch die Einwanderung von Prostituierten aus den ehemaligen Betrieben in diese Bereiche noch verschärft werden. Denn nach dem Schließen der Prostitutionsbetriebe bleiben den Frauen nur drei Alternativen: Abwanderung ins Ausland, um dort Paysex anzubieten ; Ausstieg aus dem Paysex (falls sie Alternativen haben, die ihren Vorstellungen oder finanziellen Ansprüchen entsprechen) , oder Abwanderung in jene prekären „unteren“, unkontrollierten Segmente, in denen Zuhälter naturgemäß eine große Rolle spielen – sei es als Manager, der Kunden anwirbt, als „Beschützer“ im Sinne von „Security“, oder als simpler Ausbeuter. Mit anderen Worten: wer das Nordische Modell fordert, stärkt jene abscheulichen Verhältnisse, die von Freiern dieser Studie aus eigenem Erleben geschi ldert wurden. IV. Ergänzende Anmerkungen IV.1 Rassismus der Freier Geradezu absurd ist die Unterstellung, Freier wären rassistisch , u.a. „weil deutsche Sexkäufer Frauen nach der Helligkeit oder Dunkelheit ihrer Haut aussuchen und dabei eine rassistische Hierarchisierung nach Hautfarbe vornehmen.“ (S.5 ). „Von den 96 deutschen Freiern, die wir befragten, gaben 57 % an, dass sie eine prostituierte Frau aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit/Nationalität aus 12 gewählt haben.“ (S. 37). Die Autor I nnen synonymisieren dabei ethnische Zugehörigkeit mit Rasse und verk l ausulieren dies mit der Formulierung „ ethnische Zugehörigkeit/ race “. So wird aus einem Freier, der Frauen einer bestimmten eth n ischen Zugehörigkeit favorisiert, unmittelbar ein Rassist. Das Problem ist nur: der Begriff „Rassismus“ ist an Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit gebunden. Wikipedia: „Rassismus oder Rassenideologie ist eine Weltanschauung , nach der Menschen aufgrund äußerlicher Merkmale oder negativer Fremdzuschreibungen , die ü bertrieben, naturalis iert oder stereotypisiert werden, als „ Rasse “, „ Volk “ oder „ Ethnie “ kategorisiert und ausgegrenzt werden.“ ( Hervorhebungen durch mich; m an beachte die Und - Verknüpfung mit dem Wort „ausgegrenzt“). „Der Begriff des Rassismus überlappt mit dem der Fremdenfeindlichkeit und lässt sich oft nur ungenau von diesem unterscheiden.“ Rassismus ist also mit Ausgrenzung verbunden und überlappt sic h stark mit Fremdenfeindlichkeit. Was hat das mit Freiern zu tun, die Frauen bestimmter nicht - deutscher Ethnien favorisieren? Wo sind die Kriterien der Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit, wo bleiben die übertriebenen und stereotypisierten negativen (!) Fremdzuschreibungen? In diesem Fall geht es doch , wenn überhaupt, um positive (!) Fremdzuschreibungen. Wenn man einen rassistischen deutschen Freier „konstruieren“ wollte, so müsste dies ein Freier sein, für den nur Dienstleisterinnen deutscher Ethnie infrage komme n , und zwar nicht (!), (a) weil er der Fremdsprachen wenig mächtig ist und daher auf eine einwandfreie Kommunikation auf Deutsch wert legt, und auch nicht (!), (b) weil er davon ausgeht, dass deutsche Prostituierte mit höherer Wahrscheinlichkeit aus Spaß am Sex diesen Job ausüben, weil sie anderenfalls, wenn finanzielle Probleme dahinter stünden, sich auf das deutsche soziale Netz verlassen könnte n , sondern ausschließlich wegen des „Deutschseins“ an sich. So einen Freier könnte man als rassistisch bezeichnen. Haben FARLEY et al. auch nur einen solchen Freier unter ihren 96 Interviewten gefunden ? Dass – bei der Befragung der Freier nach präferierten Nationalitäten – deutsche Frauen an erster Stelle stehen, mag einfach den Verständigungsmöglichkeiten geschuldet sein. Wer schlechte Englischkenntnisse hat, wird sich mit deutschen Prostituierten am besten verständigen können. Und offenbar spielt die Kommunikation mit den Prostituierten also doch eine Rolle – entgegen der Vorstellung der Aboli tionistInnen , dass die Freier die Frauen sowieso nur auf Körperöffnungen reduziert sehen (Mund, Vagina, Anus) (vgl. S. 40) . D e nn dann würde die Verständigung keine Rolle spielen. Gerade weil nur ein kleiner Ant eil der Prostituierten der deutschen Ethnie zugehörig ist, sind es doch ge rade die Freier , jedenfalls die große Mehrheit der Freier, die ausländerfreundlich, - tolerant und migrationsoffen sind. Für sie ist es ein Normalzustand, im Club, Bordell, Privathaus auf Frauen unterschiedlichster 13 Nation alitäten und Ethnien zu treffen. Nir gendwo ist Multikulti so etabliert wie im Paysex, und wer als Freier nationalistisch oder rassistisch denkt , wird große Schwierigkeiten haben, eine für ihn passende Paysex - Partnerin zu finden. Gerade der Paysex in Deutschland ist ein Feld großer multikultu reller Akzeptanz, Toleranz, Verständnis und Interaktion verschiedener Nationalitäten oder Ethnien. Viele Freier haben erst durch den Paysex erfahren, wie die Lebensverhältnisse und Problemlagen in neuen EU - Ländern wie z.B. Bulgarien und Rumänien sind – Län der, an die sie sonst kaum denken würden und über die der deutsche Durchschnittsbürger kaum etwas (oder gar nichts) weiß. Der „durchschnittliche Freier“ dürfte hier deutlich weitergehende Kenntnisse haben als der „durchschnittliche Bundesbürger“. Irgendwelche von den Freiern aufgezählte „Länderpräferenzen“ werden von FARLEY et al. direkt als Rassismus interpretiert. Zunächst einmal: den Frauen steht nicht aufs Gesicht geschrieben, aus welchem Land sie kommen, und ihre Künstlernamen (Alibinamen) sag en dazu auch nichts aus. Den Pass müssen sich die Freier nicht zeigen lassen, es sei denn, sie haben den Eindruck, die Frau könnte jünger als 18 Jahre sein (selbst dann reicht auch die Vorlage des Alibi - Hurenpasses) D ie allermeisten Frauen in der Prostitu tion stammen sowieso aufgrund gesetzlicher Regelungen und Hindernisse für Nicht - EU - Bürger aus der EU. Die Festlegung auf ein konkretes Land anhand der äußerlichen Erscheinung , womöglich noch stark geschminkt oder solariums - gebräunt, dürfte sehr schwierig b is unmöglich sein. Erst wenn man mit der Frau spricht, kann man erfahren, wo sie herkommt Es wird von FARLEY et al. weiterhin ein Gradient von heller zu dunklerer Haut konstruiert, dass die befragten Freier hell häutige Frauen bevorzugen. Das gilt dann a uch als rassistisch. Warum lassen sich denn manche Prostituierte n im Solarium bräunen , trotz der damit verbundenen Gesundheitsrisiken ? Und aus Freierforen ist erkennbar, dass für einen Teil der Freiersc haft lateinamerikanische Frauen, für andere Freier sch warze Frauen eine besondere Anziehungskraft ausüben und gezielt aufgesucht werden. Die Geschmäcker und sexuellen Präferenzen der Partnerwahl – ob für eine dauerhafte private Partnerschaft oder eine Sexpartnerschaft auf kurze Zeit – sind eben verschieden. Hätte n alle Frauen immer den gleichen Männertyp präferiert und alle Männer den gleichen Frauentyp (und alle, die diesen Idealen nicht entsprechen, hätten keine Chance auf Sex gehabt), sähen jetzt alle Menschen fast gleich aus, weil sich der präferierte mä nnliche und präferierte weibliche Morphotyp in der Evolution des modernen Menschen genetisch fixiert hätten. Das ist aber glücklicherweise nicht der Fall (gewesen), deshalb haben wir die breite morphologische Diversität der Menschheit und damit eben auch e ine große Auswahlmöglichkeit. Aus diesen Präferenzen bei der Wahl der Sexpartner(innen) konstruieren die Autor I nnen nun Rassismus bei Freiern. Nirgendswo legen die Autor I nnen aber dar, dass sie selbst alle Männer (sofern die Autor I nnen heterosexuell sind) oder alle Frauen (sofern sie lesbisch sind) zum exakt gleichen Ausmaß sexuell attraktiv finden, dass es also ihnen daher im Grunde völlig egal wäre, mit wem sie Sex hätten (vorausgesetzt, die Autor I nnen haben überhaupt Sex, wovon man n icht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgehen kann). 14 Solange die Autor I nnen aber nicht vorangehen und selbst von sich darlegen, dass sie alle Menschen des präferierten Geschlechts gleich ermaßen sexuell attraktiv finden, wie können sie dan n von den Freiern fordern , dass sie alle Frauen unabhängig von ihrer Ethnie, Herkunft, ihres Aussehens bzw. „ Morphotypus “ bzw. dem Gradienten der Hautfarbe über alle in Europa und darüber hinaus verbreiteten Tönungen hinweg gleich attraktiv finden müssten, und ansonsten wären sie Rassisten? Präferenzen bei der sexuellen Partnerwahl sind also jetzt rassistisch? Jede Frau muss die exakt eine gleichgroße Chance haben, von einem Freier als potenzielle Sexpartner in erwählt zu werden? Die Autor I nnen verwickeln sich damit aber auch in einen tiefen Wide