Universitätsverlag Göttingen Participation, Territory and the Making of Heritage ed. by Nicolas Adell, Regina F. Bendix, Chiara Bortolotto and Markus Tauschek Ausgezeichnet! Zur Konstituierung kulturellen Eigentums durch geografische Herkunftsangaben Sarah May Göttinger Studien zu Cultural Property, Band 11 Sarah May Ausgezeichnet! Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz. erschienen als Band 11 in der Reihe „Göttinger Studien zu Cultural Property“ im Universitätsverlag Göttingen 2016 Sarah May Ausgezeichnet! Zur Konstituierung kulturellen Eigentums durch geografische Herkunftsangaben Göttinger Studien zu Cultural Property, Band 11 Universitätsverlag Göttingen 2016 Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über <http://dnb.dnb.de> abrufbar. Gedruckt mit Hilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen 1. Gutachter: Prof. Dr. Bernhard Tschofen 2. Gutachterin: Prof. Dr. Regina Bendix Autorenkontakt Sarah May E-Mail: sarah.may@kaee.uni-freiburg.de Dieses Buch ist auch als freie Onlineversion über die Homepage des Verlags sowie über den Göttinger Universitätskatalog (GUK) bei der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (http://www.sub.uni-goettingen.de) erreichbar. Es gelten die Lizenzbestimmungen der Onlineversion. Lektorat und Satz: Sascha Bühler Umschlaggestaltung: Anne-Kathrin Kühner © 2016 Universitätsverlag Göttingen http://univerlag.uni-goettingen.de ISBN: 978-3-86395-289-1 ISSN: 2190-8672 „Göttinger S tudien zu Cultural Property“ / “ Göttingen Studies in Cultural Property ” Reihenherausgeber Regina Bendix Kilian Bizer Brigitta Hauser-Schäublin Gerald Spindler Peter-Tobias Stoll Editorial Board Andreas Busch, Göttingen Rosemary Coombe, Toronto Ejan Mackaay, Montreal Dorothy Noyes, Columbus Achim Spiller, Göttingen Bernhard Tschofen, Zürich Homepage http://gscp.cultural-property.org Inhalt 1. Einordnen. Thematische und methodische Perspektivierungen . . . . . . .11 1.1 Verortende Namen – eine Hinführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17 1.2 Disziplinäre Nähen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .18 1.2.1 Nahrungsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20 1.2.2 Forschung zu kulturellem Erbe und Eigentum . . . . . . . . . . . . . . .22 1.3 Thematisches Eingrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29 1.4 Methodischer Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .33 1.4.1 Vergleichende Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .33 1.4.2 Zugang und Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .36 2. Spezialitäten, Herkunftsangaben, Erbe: Implikationen von Käse g.U. . .43 2.1 Geografische Herkunftsangaben – eine Annäherung . . . . . . . . . . . . . .45 2.1.1 Indiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .46 2.1.2 Instrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .50 2.1.3 Interaktionszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52 2.2 Käsespezialitäten g.U. – eine Exemplifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .53 2.3 Die „regionale Spezialität“ – eine Denkfigur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .59 2.4 Kulinarisches Erbe, kulinarisches Eigentum – eine Abgrenzung . . . . . .63 3. Interessen, Intentionen, Initiativen: Akteure und Akteursebenen . . . . . .67 3.1 Die Europäische Union – einheitliche Interessen eines Staatenverbundes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .68 3.1.1 „Die EU“: Kollektivum, Regulativ und Rahmengeber . . . . . . . . .70 3.1.2 Förderung und Vereinheitlichung: Handlungsziele der EU . . . . .72 3.2 Emmentaler und Allgäuer Emmentaler – Abgrenzung durch Geoschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .86 3.2.1 Dissonanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .87 3.2.2 Der Emmentaler: Produkt mit mehreren Ursprungsregionen . . . .88 3.2.3 Emmentaler und Allgäuer Emmentaler: Distinktion qua g.U. . . .92 3.3 „Es geschah 1934“ – Parmigiano Reggiano, g.U.-Produkt vor der Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .96 3.3.1 Die Anfänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .97 3.3.2 „Der große italienische Mythos“: g.U. für ein Produkt mit Markenqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .100 3.4 Der Odenwälder Frühstückskäse – ein „Aushängeschild“ . . . . . . . . . .105 3.4.1 Ministerialer Impuls, „private Initiative“ . . . . . . . . . . . . . . . . . .106 3.4.2 Peripheres Interesse der vermeintlichen Profiteure . . . . . . . . . . .112 3.5 „Wie Vor- und Zuname“ – die g.U. für den Käse Piave . . . . . . . . . . . .114 3.5.1 Prädikatisieren: Schutzzeichen fürs Marketing . . . . . . . . . . . . .115 3.5.2 Globaler Markt, regionale Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .117 4. Regularien, Rahmungen, Realisierungen: Praktiken der Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .125 4.1 Europäische Regularien: Annahmen und Anforderungen. . . . . . . . . .127 4.2 Nationale Rahmungen: zwei Mitgliedsstaaten, zwei Modalitäten . . . .130 4.2.1 Sichtbare Differenzen: die vier Einzigen Dokumente . . . . . . . .131 4.2.2 Justizministerium, Patent- und Markenamt: Antragsverfahren in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .133 4.2.3 Agrarministerium und die Regionen: Antragsverfahren in Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .136 4.3 Lokale Realisierungen: Parallelen und Differenzen . . . . . . . . . . . . . . .138 4.3.1 Assoziieren: die Vereinigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .140 4.3.2 Definieren: Rohstoffe und Herstellungsverfahren . . . . . . . . . . .148 4.3.3 Abgrenzen: das Ursprungsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .153 4.3.4 Begründen: die Verbindung von Spezialität und Ursprung . . . . .161 4.3.5 Befähigen: die Vermittler im Herkunftsschutzsystem . . . . . . . . .171 5. Kollektive, Kohäsionen, Konflikte: Aspekte der Propertisierung . . . . .179 5.1 Spezifika von Verrechtlichung und Vergesellschaftung . . . . . . . . . . . .180 5.1.1 Kollektivrecht und Klubgut, räumlich limitiert . . . . . . . . . . . . .182 5.1.2 Konsortium Parmigiano Reggiano, die „ideale“ Schutzgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .186 5.2 Widersprüche des raumgebundenen limitierten Kollektivrechts . . . . .194 5.2.1 Diskrepanz und Dependenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .194 5.2.2 Divergenz und Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .200 5.2.3 Regelüberwachung und Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .210 5.2.4 Solitäre als Kollektiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .215 6. Region, Produktion, Tradition: Strategien der Inwertsetzung . . . . . . . .221 6.1 Kooperieren: kulturräumliches als kollektivierendes Marketing . . . . .224 6.2 Konnotieren: räumliche und historische Verortung . . . . . . . . . . . . . .229 6.2.1 Markieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .230 6.2.2 Reduzieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .234 6.2.3 Präsentieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .240 6.2.4 Kompensieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .245 6.3 Inszenieren: Bühnen und Kulissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .252 6.3.1 Belehren: Führungen und Museen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .253 6.3.2 Erfreuen: Messen und Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .256 6.3.3 Begeistern: Aspekte des Tourismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .261 7. Profit, Wirkung, Wahrnehmung: Effekte der Auszeichnung als g.U. . .267 7.1 Veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .268 7.1.1 Permanenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .268 7.1.2 Aufwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .270 7.1.3 Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .271 7.1.4 Außenwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .272 7.1.5 Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .274 7.2 Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .275 7.2.1 Der Konsument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .276 7.2.2 Die Hersteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .277 7.2.3 Die Region . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .278 7.2.4 Die EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .279 8. Perspektivieren. Thematischer und methodischer Mehrwert . . . . . . . . .281 8.1 Erbe und Eigentum. Ökonomische und europäische Relationen. . . . .283 8.2 Praktiken und Dynamiken. Zur Transformation von Kultur . . . . . . .284 8.3 Recht und Raum. Aspekte der Propertisierung . . . . . . . . . . . . . . . . .285 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .289 Verzeichnis der Interviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .290 Verzeichnis der Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .293 1. Einordnen. Thematische und methodische Perspektivierungen Welche Bilder haben Sie im Kopf, wenn Sie an Allgäuer Emmentaler denken? Einen runden Laib mit großer Lochung? Einen Kupferkessel über offenem Feuer? Wiesen, Hügel, Kühe, Berge – „typisch Allgäu eben“ 1 ? 1 Herr D. | Kempten | 9. Mai 2012; die Frage der vorfolgenden Seite ist dem Fragekatalog ent- nommen, die hier genannten Bilder wurden beim Beantworten genannt. 1.1 Verortende Namen 17 1.1 Verortende Namen – eine Hinführung Der Name „Allgäuer Emmentaler“ beschreibt nicht nur eine Käsesorte; er verortet diesen Käse in eine bestimmte Region, knüpft ihn an Assoziationen, an Wissen und Erinnerung, suggeriert nicht allein räumliche, sondern auch historisch-tradier- te Gebundenheit. Naheliegend, dass dieser Name einen Reiz darstellt, nicht nur für die Kunden, die konfrontiert sind mit zahlreichen Käsepackungen im Kühlregal, sondern auch für die Hersteller, involviert in einen internationalen Wettbewerb, und nicht zuletzt für die Politik, interessiert an Schutz und Förderung der (eigenen) Wirtschaft. 2 Dies reflektieren jüngste Schlagzeilen zu den Verhandlungen des Ab- kommens einer Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) zwischen der EU und den USA: „Wenn wir die Chancen eines freien Handels mit dem riesi- gen amerikanischen Markt nutzen wollen, können wir nicht mehr jede Wurst und jeden Käse als Spezialität schützen“ 3, zitiert Der Spiegel am 5. Januar 2015 Agrar- minister Christian Schmidt. Nach Kritik „aus Wirtschaft und Politik“ 4 folgte kurz darauf das Dementi: „Schmidts Sprecher stellte nach dem heftigen Protest klar: ‚Mit ihm wird es keine Nürnberger Rostbratwurst made in Kentucky geben.‘“ 5 Verortende Namen wie Allgäuer Emmentaler, Wachauer Marille oder Shetland Lamb sind wirtschaftlich lukrativ 6, unter Herstellern umkämpft, politisch umstrit- ten und nicht zuletzt rechtlich reguliert. 1992 etablierte die Europäische Union einen „Bündnisweit einheitlichen Geoschutz“ 7. Auf ihn fokussiert diese Arbeit: Sie betrachtet geografische Herkunftsangaben als Indiz, Instrument und Interaktions- zusammenhang, kontrastiert europäische Regularien mit lokalen Realisierungen, fragt nach Motiven und Strategien, nach Prozessen und Effekten der symbolischen, juristischen und ökonomischen Inwertsetzung kulinarischer Kultur. 8 Sie intendiert 2 Bereits an dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass diese Arbeit aus Gründen der Lesbar- keit auf eine Unterscheidung der Geschlechterbezeichnungen verzichtet und sich dem gängigen Gebrauch entsprechend für die maskuline Form als Bezeichnung von Personen und Personen- gruppen entscheidet. Allein wenn auf einzelne Akteurinnen der Wissenschaft oder Praxis Bezug genommen wird, verwende ich die feminine Form. 3 Amann 2015, S. 16; in der EU und den USA sind verschiedene rechtliche Instrumente für Aus- zeichnung und Schutz regionaler Spezialitäten etabliert, vgl. Kapitel 3.1.2 sowie exempl. Barham 2003; Parasecoli 2016. 4 Becker/Reuters/Deutsche Presse-Agentur 2015, o.S. 5 Ebd.; vgl. zudem Diekmann/Agence France-Presse/Deutsche Presse-Agentur 2015, o.S. 6 Bspw. verzeichnet die Kemptner Börse, die wöchentlich Preise für Emmentaler und Allgäuer Emmentaler g.U. notiert (zu deren Differenzierung s. Kapitel 3.2), im Jahr 2014 ein Plus von durchschnittlich 25 % für den EU-gelabelten Rohmilchkäse, s. Süddeutsche Butter- und Käse- Börse e.V. 2015a, b, o.S. 7 Ein Terminus, den vor allem Akteure der Regierung, Verwaltung und Zertifizierung verwenden; er bezeichnet den Schutz von Herkunftsbezeichnungen und traditionellen Spezialitäten und wird in dieser Bedeutung in dieser Arbeit als deskriptiver Begriff verwendet. 8 Eine thematische Präzisierung erfolgt in Kapitel 1.3; den Begriff „Inwertsetzung“ definiert Kapitel 6. Bereits an dieser Stelle sei aber darauf hingewiesen, dass ich im Sinne eines weiten 1. Einordnen 18 die Analyse eines mehrdimensionalen Interessensfelds, welches sich im Auszug der TTIP-Debatte widerspiegelt: Neben der (EU-)politischen Präferenz für den Geo- schutz manifestiert sich ein öffentliches, evident wirtschaftliches Interesse; in einem globalen Markt wird Herkunft zu einer Auszeichnung und einem Verhandlungsge- genstand. 9 Diese Arbeit untersucht Intentionen und Praktiken einzelner Akteure im Rah- men des Geoschutzes anhand von vier Fallbeispielen. Als vergleichende Ethnogra- fie will sie die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit geografischen Herkunfts- angaben um eine kulturwissenschaftliche Perspektive ergänzen, den fachinternen Diskurs um kulturelles Erbe beziehungsweise Eigentum durch eine Spezifizierung im wirtschaftlichen Zusammenhang der Nahrungsmittelproduktion erweitern und nicht zuletzt die kulturwissenschaftliche Nahrungsforschung durch die Relation zu europäischen Regularien und ihren regionalen Realisierungen perspektivisch berei- chern. Dem entsprechend verorte ich meine Arbeit nachfolgend im wissenschaft- lichen, vor allem kulturwissenschaftlichen Diskurs, formuliere anschließend For- schungsabsicht und -frage und erläutere abschließend Materialien und Methoden. 1.2 Disziplinäre Nähen An geografischen Herkunftsangaben entspannt sich ein Netz aus Prozessen wirt- schaftlicher, juristischer, regional- wie auch EU-politischer Provenienz, aus Themen folglich, die für ein breites Spektrum wissenschaftlicher Disziplinen von Interesse sind: Neben der Soziologie interessiert sich auch die Geografie für den Herkunfts- schutz; 10 Agrarökonomie, Wirtschafts- und Rechtswissenschaft bearbeiten das The- mengebiet nicht nur wissenschaftlich, sondern wirken auch in den Gestaltungspro- zess des EU-Instruments ein. 11 Nicht zuletzt gibt es erste interdisziplinäre Bearbei- Verständnisses des Begriffs hierunter jegliche Praktiken des ideellen, sozialen, wirtschaftlichen und auch rechtlichen Mit-Wert-Versehens bzw. Auszeichnens verstehe und dass ich lediglich im Sinne einer analytischen Unterscheidung eine sprachliche Trennung vornehme und die recht- liche Komponente in dieser Arbeit mit den Termini „Verrechtlichung“ oder „Propertisierung“ bezeichne. Zu empirischen Vorarbeiten im Bereich Kulinarik s. exempl. Fournier 2005; Bessière 1998, S. 29. 9 Eine in der Literatur häufig diskutierte Beobachtung, vgl. bspw. Barham 2003; Burstedt 2002; Heimerdinger 2005; Salomonsson 2002; Tschofen 2000, 2007. 10 Exempl. für die Soziologie: Barham 2003; Barlösius 1997; Hegnes 2010; für die Geografie: Cook/Crang 1996. 11 Exempl. für die Agrarökonomie: Balling 2012; Fonte 2010; Profeta/Balling 2007; Rodrigo/ da Veiga 2010; Sidali/Hemmerling 2014; Sidali/Scaramuzzi 2014; Sidali/Spiller 2014; Spiller/ Voss 2006; für die Ökonomie: Barrère/Bonnard/Chossat 2012; Becker/Staus 2008; Grienberger 2000; Josling 2006; für die Rechtswissenschaft: Correa 2002; Rangnekar 2004, 2009. Für Rat gebende resp. an der Praxis orientierte Texte vgl. exempl.: Becker 2002, 2006; Profeta/Balling 2007; Profeta/Balling/Schoen/Wirsig 2009.