EXPORTERLÖSIN- STABILITÄT – KRITISCHE ANALYSE EINES ENTWICKLUNGS- POLITISCHEN PROBLEMS A L L O K AT I O N I M M A R K T W I R T S C H A F T L I C H E N S Y S T E M INGEBORG KIESEWETTER-WRANA Im allgemeinen wird davon ausgegangen, daß die Exporterlösinstabilität von Entwicklungsländern ihre wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtige und daß deshalb ihre Exporterlöse zu stabilisieren seien. In der Arbeit wird kritisch analysiert, inwieweit Grundlagen für eine rationale Politik der Exporterlösstabilisierung vorhanden sind. Im ersten Teil wird untersucht, inwieweit die mit einer Exporterlösstabilisierung angestrebten Ziele dem Rationalitätserfordernis entsprechen. Im zweiten Teil werden Hypothesen und empirische Studien über Auswirkungen von Exporterlösinstabilität im Hinblick auf ihren Informationsgehalt für eine rationale Politik der Exporterlösstabilisierung analysiert. Ingeborg Kiesewetter-Wrana wurde 1951 in Worms geboren. 1970 bis 1975 Studium der Volkswirtschaftslehre, des Völkerrechts und Europarechts an der Universität Mannheim. 1975 bis 1980 wissenschaftlicher Assitent am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialpolitik an der Universität Mannheim. A L L O K AT I O N I M M A R K T W I R T S C H A F T L I C H E N S Y S T E M INGEBORG KIESEWETTER-WRANA EXPORTERLÖSINSTABILITÄT – KRITISCHE ANALYSE EINES ENTWICKLUNGSPOLITISCHEN PROBLEMS Exporterlösinstabitität • Kritische Analyse eines entwicklungspolitischen Problems STAATLICHE ALLOKATIONSPOLITIK IM MARKTWIRTSCHAFTLICHEN SYSTEM Herausgegeben von Klaus Conrad, Heinz König, Hans-Heinrich Nachtkamp, Rüdiger Pethig, Horst Siebert, Eberhard Wille Band8 ~ Verlag Peter Lang FRANKFURT AM MAIN· BERN INGEBORG KIESEWETTER-WRANA EXPORTERLÖS- INSTABILITÄT- KRITISCHE ANALYSE EINES ENTWICKLUNGS- POLITISCHEN PROBLEMS ~ Verlag Peter Lang FRANKFURT AM MAIN· BERN Open Access: The online version of this publication is pub- lished on www.peterlang.com and www.econstor.eu under the international Creative Commons License CC-BY 4.0. Learn more on how you can use and share this work: http://creative- commons.org/licenses/by/4.0. This book is available Open Access thanks to the kind support of ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. ISBN 978-3-631-75569-3 (eBook) CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Kiesewetter-Wrana, 1 ngeborg: Exporterlösinstabilität : krit. Analyse e. entwicklungspolit. Problems/ Ingeborg Kiesewetter-Wrana. - Frankfurt am Main ; Bern : Lang, 1982. (Staatliche Allokationspolitik im markt= wirtschaftlichen System ; Bd. 8) ISBN 3-8204-6297-X NE: GT ISSN 0721-2860 ISBN 3-8204-6297-X © Verlag Peter Lang GmbH, Frankfurt am Main 1982 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Vervielfältigung, auch auszugsweise, in allen Formen wie Mikrofilm, Xerographie, Mikrofiche, Mikrocard, Offset verboten. Druck und Bindung: fotokop wilhelm weihert KG, darmstadt I Gliederung EINLEITUNG 1. Problemstellung in historischer Perspektive 2. Methodischer Ansatz 3. Aufbau der Arbeit I. Teil: MIT EINER EXP0RTERLÖSSTABILISIERUNG ANGESTREBTE ZIELE Seite 1 5 8 10 1. 0perationalität und Vereinbarkeit von Zielen 10 2. Deklarierte Ziele 13 2.1 Deklarierte Ziele der Entwicklungsländer 13 2.1.1 0perationalität 15 2.1.1.1 Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung 15 2.1.1.2 Uberbrückung der wirtschaftlichen Kluft zwi- 16 sehen Entwicklunqsländern und entwickelten Ländern 2.1.1.3 Absicherung der Durchführung von Entwicklungs- 18 plänen 2. 1 • 1. 4 Erhaltung der realen Exporterlöse 21 2 .1.1 .5 Realer Ressourcentransfer von den entwickelten 23 Ländern in die Entwicklungsländer 2.1.1.6 Zusammenfassung und Schlußfolgerungen 2.1.2 Vereinbarkeit von deklarierten Zielen der Entwicklungsländer 2.1.2.1 2 .1 . 2. 2 2.1.2.3 Realer Ressourcentransfer Erhaltung der realen Exporterlöse Absicherung der Durchführung von Entwicklungs- plänen 25 26 26 26 28 2.1.2.4 Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung 28 2.1.2.5 Zusammenfassung 29 2 .2 Deklarierte Ziele der Industrieländer 31 2.2.1 Die Position der Industrieländer 31 2.2.1.1 Deklarierte Ziele Schwedens 32 2.2.1.2 Deklarierte Ziele der Bundesrepublik 34 Deutschland II Seite 2.2.1.3 Deklarierte Ziele der Vereinigten Staaten von 37 2.2.2 2.2.3 2.3 2.4 2.4.1 2.4.2 2. 4. 3 2. 4. 4 2.4.5 2.4.6 3. 3. 1 Amerika Zusammenfassung und Schlußfolgerungen Vereinbarkeit von deklarierten Zielen der Industrieländer 40 41 Die Haltung der sozialistischen Länder 42 Vereinbarkeit von deklarierten Zielen der Ent- 44 wicklungsländer mit denen der Industrieländer Uberbrückung der wirtschaftlichen Kluft 45 Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung 45 Absicherung der Durchführung von Entwicklungs- 46 plänen Erhaltung der realen Exporterlöse 4 7 Realer Ressourcentransfer 48 Zusammenfassung 48 Implizierte Ziele 49 0rdnungspolitische Vorstellungen der Entwick- 50 lungsländer 3.2 0rdnungspolitische Vorstellungen der Industrie- 52 3.3 3.4 3.5 4. 4. 1 4.2 4.3 4.4 länder 0rdnungspolitische Vorstellungen der soziali- stischen Länder Vereinbarkeit der ordnungspolitischen Vorstel- lungen von Entwicklungsländern, Industrielän- dern und sozialistischen Ländern Schlußfolgerungen Praktische Versuche einer Zielabstimmung: Exporterlösstabilisierungsabkommen Ziele des IWF-Abkommens Vereinbarkeit der Ziele des IWF-Abkommens mit den Zielen von Entwicklungsländern und Indu- strieländern Ziele des Stabex-Systems Vereinbarkeit der Ziele des Stabex-Systems mit Zielen von AKP- und EG-Ländern 56 58 60 60 61 62 62 64 III II. Teil: AUSWIRKUNGEN VON EXPORTERLÖSINSTABILITÄT Seite 65 65 1. Definition und Messung von Exporterlösin- stabili tät „ 1 1. 1. 1 1.1.1.1 1.1.1.2 1.1.1.3 1 • 1 • 2 1. 1. 3 1. 1. 4 1.1.4.1 1.1.4.2 1. 1. 5 1 • 1 • 6 1. 2 1 • 2. 1 1 • 2. 2 2. 2. 1 2.2 2.2.1 2.2.1.1 2.2.1.2 2.2.2 2.2.2.1 2.2.2.2 Definitionen und kritische Würdigung Abweichungen von einem Trend Lineare und exponentielle Trends Gleitende Durchschnitte Modifiziertes autoregressives Schema Jährliche Veränderungen Schwingungen mit bestimmten Phasen und Ampli- tuden Abweichungen von erwarteten Exporterlösen Rationale Erwartungen Erwartungen entsprechend der Permanenten Ein- kommenshypothese Veränderungen mit bestimmten Auswirkungen Zusammenfassung Meßziffern Bildung von Exporterlösinstabilitätsindizes Zum Informationsgehalt der Exporterlösinsta- bilitätsindizes Die Bedeutung von Hypothesen über Auswirkungen von Exporterlösinstabilität für rationale Politik 66 67 67 71 76 78 80 82 82 83 85 86 87 87 89 90 Hypothesen als Grundlage für rationale Politik 90 Hypothesen über Auswirkungen von Exporterlös- 94 instabilität Hypothesen über Auswirkungen auf Investitionen 96 im Exportsektor Darstellung 96 Kritik 99 Hypothesen über Auswirkungen auf die Zahlungs- 124 bilanz und über davon ausgehende Wirkungen Darstellung 124 Kritik 126 2.2.3 2.2.3.1 2.2.3.2 2.2.4 2.2.4.1 2.2.4.2 2.2.5 2.3 2.3.1 2.3.1.1 2.3.1.1.1 2.3.1.1.2 2.3.1.1.3 2.3.1.2 2.3.1.2.1 IV Hypothesen über Auswirkungen auf das Sozialprodukt Darstellung Kritik Hypothesen über Auswirkungen auf die Ent- wicklungsplanung Dars te 11 ung Kritik Zusammenfassung Versuche der empirischen Fundierung Kombinierte Länderquerschnitts-Zeitreihen- analysen Auswirkungen über Multiplikator- und Akzeleratorprozesse Die Analyse von MacBean (1966) Die Analyse von Rangarajan und Sundararajan ( 19 76) Die Analyse von Mayer ( 19 79) Auswirkungen über die Importkapazität Die Analyse von MacBean (1966) Seite 152 152 155 174 174 175 180 182 183 184 184 196 202 205 210 2.3.1.2.1.1 Auswirkungen auf die Wachstumsrate der In- 210 vestitionen und den Anteil der Investitio- nen am Sozialprodukt 2.3.1.2.1.2 Auswirkungen auf Schwankungen in der Höhe 221 2.3.1.2.2 2.3.1.2.3 2.3.1.2.4 2.3.1.2.5 2.3.1.3 2.3.1.3.1 2.3.1.3.2 2.3.2 2.3.2.1 der Investitionen Die Analyse von Voivodas (1974) Die Analyse von Glezakos (1972/73) Die Analyse von Park (1979) Die Analyse von Massell, Pearson, Fitch (1972) Auswirkungen über die Ersparnisbildung Die Analyse von Knudsen und Parnes (1975) Die Analyse von Mayer ( 19 79) Länderstudien Die Analyse von Reynolds (1963) 226 241 245 252 261 261 282 291 291 2,3.2.2 2.3.3 3. V Die Analyse von Lirn (1974) Zusammenfassung Schlußbetrachtung Literaturverzeichnis Anhang I: Anhang II: Quellenverzeichnis zu Schaubild 2 Verzeichnis der 80 in Abschnitt 2.2 betrach- teten Entwicklungsländer Anhang III: Quellenverzeichnis zu Tabelle 3 - Literaturverzeichnis zur politischen Ent- wicklung und sozio-ökonornischen Struktur in den 80 betrachteten Entwicklungsländern - VERZEICHNIS DER SCHAUBILDER UND TABELLEN Seite 301 309 312 316 331 334 335 Schaubild 1: Uögliche vertikale Zielbeziehungen zwischen 30 den von EL mit einer Exporterlösstabilisie- rung angestrebten Zielen Schaubild 2: Exporterlösinstabilitätsindizes 88 Tabelle 1 Staatliche Kontrolle des Exportsektors 107 Tabelle 2 Tabelle 3 von 80 EL Importbeschränkungen in 63 nicht planwirt- schaftlich orientierten EL Wirtschaftspolitische Konzeptionen von 80 EL 130 159 EINLEITUNG 1. Problemstellung in historischer Perspektive Dje Ordnung und Gestaltung des Handels zwischen den Ländern kann als öffentliches Gut charakterisiert werden. 1 ) Eine al- len Ländern übergeordnete, mit Autoritäts- und Zwangsrechten ausgestattete Instanz, an die sich die Versorgung mit diesem Gut delegieren ließe, gibt es nicht und steht auch nicht in Aussicht. Deshalb kann es als Aufgabe der Länder angesehen werden, eine Ordnung und Gestaltung des Welthandels vorzuneh- men. Dies wird auch als eine ihrer Aufgaben betrachtet, die sie, vor allem beruhend auf dem Prinzip ihrer souveränen Gleichheit, 2 ) zu erfüllen haben. Das bedeutet, daß es auch Aufgabe der Länder ist, gemeinsam eine Lösung der welthan- delspolitischen Probleme 3 ) anzustreben. Ein solches Problem stellt die Instabilität der Exporterlöse von Entwicklungsländern (EL) dar. Die EL gehen davon aus, daß sie durch die Instabilität ihrer Exporterlöse Zielab- weichungen erfahren. 4 ) Bei Versuchen, ihre Exporterlöse zu stabilisieren bzw. Zielabweichungen zu vermindern, berühren sie die Interessen der übrigen an der internationalen Arbeits- teilung teilnehmenden Länder. 5 l Die Exporterlösinstabilität 1) Zu den Kollektivguteigenschaften wirtschaftspolitischer Aktivitäten vgl. Streit, M.E., Theorie der Wirtschafts- politik, Düsseldorf 1979, S. 95 f. 2) Vgl. United Nations, Charter of the United Nations and Statute of the International Court of Justice, New York 1963, S. 3, 30; Artikel 1 und 55. 3) Welthandelspolitische Probleme liegen vor, wenn am Welt- handel beteiligte Länder Abweichungen von ihren angestreb- ten Zielen aufgrund der mit der internationalen Arbeits- teilung verbundenen Abhängigkeit erfahren. 4) Vgl. z.B. United Nations, Instability in Export Markets of Under-Developed Countries, New York 1952, S. 1. United Nations, Proceedings of the United Nations Con- ference on Trade and Development, first session, Vol. I, Final Act and Report, New York 1964, S. 52, 126, 139 f. 5) Die Interessen der übrigen Länder sind z.B. dadurch be- rührt, daß die EL u.a. auch im Hinblick auf die Instabi- lität ihrer Exporterlöse eine "Neue Weltwirtschaftsord- nung" fordern. 2 von EL wird damit zu einem Problem, das alle am Welthandel beteiligten Länder betrifft. In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg 1 ) wurde das Problem zu- nächst auch dementsprechend auf welthandelspolitischer Ebene diskutiert. 2 ) Die EL bemühten sich vor allem im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT), die Industrie- länder (IL) auf das Problem aufmerksam zu machen und Bera- tungen in Gang zu setzen. Sie hoben dabei die nach ihrer Auf- fassung bestehenden negativen verteilungspolitischen Impli- kationen hervor. 1957 wurde von den Mitgliedsländern des GATT eine Studie über die Handelsprobleme der EL in Auftrag ge- geben.3) Darin kommen die Experten zu einer ähnlichen Ein- schätzung des Instabilitätsproblems wie die EL. 4 ) Zu Maß- nahmen kam es jedoch nicht. Als sich im Rahmen des GATT kein Erfolg ihrer Bemühungen ab- zeichnete, begannen die EL verstärkt ihre handelspolitischen Probleme innerhalb der Vereinten Nationen vorzutragen, 5 ) wo sie ab 1960 mit der Entlassung zahlreicher Kolonien in die Unabhängigkeit die Mehrheit bildeten. Dabei setzte sich un- ter den EL die Auffassung durch, daß der internationale Han- del so geordnet werden müsse, daß er ihrer Entwicklung mög- lichst förderlich sei. 6 ) Im Dezember 1962 beschloß die 1) Dieser Zeitraum wird in der vorliegenden Arbeit betrach- tet, weil sowohl die materiellen als auch institutionel- len Grundlagen für eine internationale Arbeitsteilung nach dem 2. Weltkrieg sich grundlegend von denen davor unterscheiden. 2) Vgl. hierzu z.B. Spero, J.E., The Politics of Interna- tional Economic Relations, London u.a. 1977, S. 165 ff. 3) Vgl. Trends in International Trade, Report by a Panel of Experts, Geneva 1958, Foreword, S. 1 f. 4) Vgl. ebenda, S, 6 ff., 11. Die Experten waren Campos, Haberler, Meade und Tinbergen. 5) Vgl. United Nations, Yearbook of the United Nations 1962, New York 1964, s. 180. Spero, J. E. , a. a. 0. , S. 16 7. 6) Dies kommt ganz deutlich in Forderungen wie "trade as a form of aid" oder "trade as the primary instrument for economic development" zum Ausdruck. Vgl. United Nations, Yearbook of the United Nations 1962, a.a.0., S. 173, 177. 3 Vollversammlung der Vereinten Nationen, vor allem auf Betrei- ben der EL, eine Konferenz über Handel und Entwicklung einzu- berufen, an der alle Länder gleichberechtigt teilnehmen soll- ten. 1 ) Ziel dieser Konferenz war eine Neuordnung der Handels- beziehungen unter stärkerer Berücksichtigung der Interessen der EL. Das Problem der Exporterlösinstabilität der EL ge- hörte zu den Themen, die auf der Konferenz behandelt werden sollten. Mit der stärkeren Betonung des verteilungspoliti- schen Aspekts war das handelspolitische Problem auch zu einem Problem der Entwicklungshilfe geworden. 2 ) Auf der ersten Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) 1964 wurden im Hinblick auf eine Stabilisierung der Exporterlöse der EL Prinzipien und Emp- fehlungen verabschiedet. 3 ) Eine Exporterlösstabilisierung war auch auf den folgenden UNCTAD Konferenzen Gegenstand von Analysen, Verhandlungen und Empfehlungen. 4 ) Insbesondere wurde die Forderung nach einer Exporterlösstabilisierung auf 1) Vgl. hierzu United Nations, Yearbook of the United Nations 1962, a.a.o., S. 171-177. Die Forderung der EL nach einer Welthandels- und Entwicklungskonferenz wurde von den so- zialistischen Ländern unterstützt. Vgl. ebenda, S. 174. 2) Eine Feststellung, ob das Problem international eher als entwicklungs- oder als handelspolitisches Problem angese- hen wird, kann nicht getroffen werden. Nach den EL ist es ein entwicklungspolitisches, nach den IL eher ein handels- politisches Problem. Im folgenden soll deshalb beide As- pekte vereinigend von einem (weltwirtschafts-)politischen Problem gesprochen werden und entsprechend von (Weltwirt- schafts-)Politik. 3) Diese zielen im Grunde alle darauf ab, "All countries should co-operate through suitable international arrange- ments, on an orderly basis, in implementing measures de- signed to increase and stabilize primary commodity expert earnings, particularly of developing countries". United Nations, Proceedings of the United Nations Conference on Trade and Development, first session, Vol. I, a.a.O., S. 20. Zu entsprechenden Empfehlungen vgl. ebenda, S. 52 f. 4) Vgl. z.B. United Nations, Proceedings of the United Na- tions Conference on Trade and Development, second session, Vol. II, Commodity Problemsand Policies, New York 1968, s. 3-24. United Nations, Proceedings of the United Nations Con- ference on Trade and Development, third session, Vol. III, Financing and Invisibles, New York 1973, S. 11 f. 4 der UNCTAD Konferenz 1976 im Rahmen des Integrierten Roh- stoffprogramms erhoben, das von den EL als Teil einer Neuen Weltwirtschaftsordnung angesehen wird. 1 > Die IL wandten sich zunächst gegen eine Behandlung der Han- delsprobleme der EL im Rahmen der Vereinten Nationen. 2 ) Sie hielten das GATT für das geeignete Forum. Trotzdem beteilig- ten sie sich an den UNCTAD Konferenzen, ohne allerdings han- delspolitische Zugeständnisse zu machen. Sie versuchten viel- mehr, im Rahmen des GATT der besonderen Situation der EL als entwicklungsbedürftige und in erster Linie rohstoffexpor- tierende Länder Rechnung zu tragen. 3 ) Das Problem der Exporterlösinstabilität der EL gilt noch im- mer als ungelöst. Es steht weiterhin auf der Tagesordnung internationaler Organisationen und Konferenzen. Ziel scheint es zu sein, die negativen Auswirkungen von Exporterlösinsta- bilität durch eine Exporterlösstabilisierung beseitigen zu wollen. Von welchen negativen Wirkungen dabei ausgegangen wird, darüber werden in einer Vielzahl von Forderungen, Re- solutionen und Analysen zumeist nur undifferenzierte, wider- sprüchliche und bruchstückhafte Aussagen gemacht. Im allge- meinen erfolgen solche Aussagen in Form von Hypothesen, die üblicherweise zur Erklärung ökonomischer zusammenhänge in den entwickelten Ländern herangezog-en werden und die nicht mit der Realität in den EL konfrontiert wurden. Nur bei 1) Vgl. United Nations Conference on Trade and Development, Integrated Programme for Cornrnodities, Resolution 93 (IV), 30 May 1976, TD/Res/93 (IV), 10 June 1976, s. 1, 3, 5. 2) Vgl. United Nations, Yearbook of the United Nations 1962, a.a.O., s. 172. Dies wohl u.a. deshalb, weil sie im GATT, nicht aber in den Vereinten Nationen die Mehrheit bilde- ten. Vgl. hierzu Spero, J.E., a.a.O., S. 159-163. 3) 1965 fügten die Mitgliedsländer des GATT dem Abkommen ein Kapitel IV über Handel und Entwicklung hinzu. Desweiteren wurde im GATT ein Ausschuß für Handels- und Entwicklungs- probleme gebildet. 1975 hatten die wichtigsten IL den EL allgemeine Zollpräferenzen eingeräumt. Vgl. hierzu und zur Einschätzung dieser Maßnahmen Spero. J.E., a.a.o., S. 173-176. Das Kapitel IV des GATT Abkommens befindet sich z.B. in Liebig, F.K., Das GATT als Zentrum der in- ternationalen Handelspolitik, Baden-Baden 1971, S. 120-124. 5 einigen Hypothesen wurde der Versuch einer solchen Konfronta- tion unternommen. Das Ergebnis ist jedoch ke~ne einheitliche Aussage über die Auswirkungen von Exporterlösinstabilität in EL. Ebensowenig präzise erscheinen die Aussagen über Ziele, die mit einer Exporterlösstabilisierung angestrebt werden sollen. Die Zielinhalte sind zumeist mehrdeutig und auch die Zielbe- ziehungen werden, wenn überhaupt, nur mit vagen Formulierun- gen berücksichtigt. Desweiteren werden sehr seltsame Begründungen für künftige Zielabweichungen infolge von Exporterlösinstabilität angeführt. Zumeist wird auf die Instabilität der Exporterlöse von EL auf- merksam gemacht und darauf hingewiesen, daß wohl auch aufgrund dieser Instabilität die EL ihre Entwicklungsziele nicht er- reicht hätten. Da auch künftig mit Exporterlösinstabilität zu rechnen sei, müßten die EL weiterhin Zielabweichungen hinneh- men. Ebenso unbestimmt ist, mit welchem Instrumenteinsatz eine Exporterlösstabilisierung angestrebt werden soll. Die Schlußfolgerung liegt nahe, daß nur vage Vorstellungen über die Auswirkungen von Exporterlösinstabilität existieren und daß auch die Informationen über Zielabweichungen infolge von Exporterlösinstabilität unzulänglich sind. Wenn dies zuträfe, würden grundlegende Voraussetzungen für eine rationale Politik der Exporterlösstabilisierung fehlen. Sinnvoll erscheint es deshalb, zu überprüfen, inwieweit eine Exporterlösstabilisie- rung rationale Politik sein kann. Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist eine Analyse, inwieweit Grundlagen für eine ratio- nale Politik der Exporterlösstabilisierung vorhanden sind. 2. Methodischer Ansatz Bei der Analyse, inwieweit Grundlagen vorhanden sind, wird eine Politik als rational bezeichnet, "die planmäßig auf die Verwirklichung eines umfassenden, wohldurchdachten und in sich ausgewogenen Zielsystems gerichtet ist und dabei den höchsten Erfolgsgrad erreicht, der unter den jeweiligen 6 Umständen möglich ist". 1 ) Diese Definition ist an keine Zie- le gebunden. Rationalität in der Politik kann deshalb als Verfahrensnorm gekennzeichnet werden. 2 ) Sie kann grundsätz- lich auf alle politischen Probleme, so auch auf das Problem der Exporterlösinstabilität der EL angewendet werden, voraus- gesetzt, ihr wird zugestimmt. Dies erscheint zweckmäßig, so- lange von Mittelknappheit ausgegangen werden kann. Denn Ra- tionalität in der Politik dürfte wohl am ehesten gewährlei- sten, daß die Möglichkeiten zur Milderung der Knappheit aus- geschöpft werden. Insbesondere dürfte es sich für die EL empfehlen, diese Norm zu akzeptieren, weil dort die Knapp- heit in Anbetracht der von ihnen angestrebten Entwicklung besonders groß erscheint. Im folgenden wird Rationalität als Verfahrensnorm betrachtet, und es wird zu überprüfen versucht, inwieweit Grundlagen für eine rationale Politik der Exporterlösstabilisierung vor- ha.nden sind. Grundlegend für jedes rationale politische Han- deln sind Diagnosen und Status-qua-Prognosen. Sie vermitteln Kenntnisse über die Größe und Beschaffenheit des zu lösenden Problems. Eine Diagnose 3 l in bezug auf das Problem der Exporterlösin- stabilität erforderte zunächst eine Feststellung, inwieweit die sozial-ökonomische Situation in den EL von dem gewünsch- ten Zustand abweicht. Dazu müßte der gewünschte Zustand, die Ziele, operational definiert und die Realität im Hinblick auf die Ziele laufend beobachtet und statistisch erfaßt wer- den, damit Zielabweichungen zumindest zum Zeitpunkt ihres Auftretens erkannt werden. Sodann wären die Zielabweichungen aus der beobachtbaren Entwicklung zu erklären. Das ist eine der Aufgaben der Theorie bzw. der Ökonometrie. Dabei müßte als eine Ursache für Zielabweichungen die Exporterlösinsta- bilität der EL identifiziert werden. Desweiteren wäre zu 1) Giersch, H., Allgemeine Wirtschaftspolitik, Wiesbaden 1961, s. 22. 2) Vgl. Streit, M.E., Theorie .•. , a.a.O., S. 129 f. 3) Vgl. ebenda, S. 196-199. 7 analysieren, inwieweit durch politisches Handeln eine Ver- ringerung oder Vermeidung der Zielabweichungen u.a. durch eine Exporterlösstabilisierung möglich gewesen wäre, d.h. nachträgliche Therapieversuche müßten auf jhre Erfolgschan- cen hin überprüft werden. Die hierbei gewonnenen Erfahrungen können bei der Aufstellung von Programmentwürfen genutzt werden. Eine Status-quo-Prognose 1 ) sollte Aufschluß über künftige Zielabweichungen infolge von Exporterlösinstabilität bei unverändertem politischen Handeln geben. Wenn davon ausge- gangen werden kann, daß die im Rahmen der Diagnose gewonne- nen Informationen über Wirkungszusammenhänge zwischen Ziel- abweichungen und Exporterlösinstabilität auch im Prognose- zeitraum gültig sind, müßten diese zur Prognose der Entwick- lung der Zielvariablen herangezogen werden. Die künftigen Zielabweichungen ergäben sich durch Verglejch mit der an- gestrebten Entwicklung. Eine Status-quo-Prognose wäre jedoch nur zweckmäßig, wenn zukunftsrelevante Informationen über das ursächliche Ereignis, die Exporterlösinstabilität, und die übrigen Anwendungsbedingungen kostengünstiger zu beschaf- fen wären als über die zu prognostizierenden Zielabweichungen. In der vorliegenden Arbeit wird zu analysieren versucht, in- wieweit im Bereich der Diagnose und Status-quo-Prognose zwei Voraussetzungen für eine rationale Politik der Exporterlös- stabilisierung vorliegen. Es wird untersucht, - inwieweit die mit einer Exporterlösstabilisierung ange- strebten Ziele als wohldurchdacht und in sich ausgewogen gelten können, und - inwieweit Informationen über den Wirkungszusammenhang zwischen Zielabweichungen und Exporterlösi.nstabili tät vorliegen, die zu Zwecken rationaler Politik genutzt werden können. 1) Vgl. hierzu Streit, M.E., Theorie .•. , a.a.o., s. 199 ff. 8 Grundsätzlich kann eine Exporterlösstabilisierung direkt und indirekt angestrebt werden. 1 ) In der vorliegenden Ar- beit wird eine direkte Stabilisierung betrachtet. Dies kann mittels einer kompensatorischen Finanzierung von Ex- ,;iorterlösschwankungen erreicht werden. Ausgeschlossen ist damit die Frage nach den Ursachen von Exporterlösinstabi.- lität und nach den instrumentalen Möglichkeiten, die Ur- sachen zu beseitigen. D.h. es wird nicht hinterfragt, ob eine Exporterlösstabilisierung nicht lediglich eine Symptom- korrektur bedeutet und ob eine Ursachentheranie nicht zweckmäßiger wäre. Desweiteren wird nicht analysiert, wel- che Rolle einer direkten Exporterlösstabilisierung in einem ganzen Bündel von Maßnahmen zukommen könnte, das darauf gerichtet ist, die Zielabweichungen infolge von Ex- porterlösinstabilität bzw. von dahinter stehenden Ursachen zu beseitigen. 3. Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil wird analysiert, inwieweit die Ziele, die mit einer Exporterlösstabili.sierung angestrebt werden sollen, dem Rationalitätserfordernis entsorechen. Einzelne Ländergruppen vertreten bezüglich einer Ex,;iort- erlösstabilisierung unterschiedliche Auffassunqen. Ihre Ziele werden zunächst zusammenqetraqen unc auf ihre Opera- tionalität hin überlJrüft. Sodann wird analysiert, inwie- weit die Ziele, die in den einzelnen Gruppen angestrebt werden, miteinander vereinbar sind. Anschließend werden die Gruppenziele auf ihre Vereinbarkeit hin überprüft. 1) Bei der Unterscheidung in direkte und indirekte Maß- nahmen wurde auf die primäre teleologische Eignung von Maßnahmen abqestellt (Zielkonformität). Vgl. Streit, M.E., Theorie ... , a.a.O., s. 160. Damit ist nicht aus- geschlossen, daß mit indirekten Maßnahmen eine Stabili- sierung der Exporterlöse als Hauotwirkung anqestrebt werden kann.