Dahlia Shehata Musiker und ihr vokales Repertoire Untersuchungen zu Inhalt und Organisation von Musikerberufen und Liedgattungen in altbabylonischer Zeit Göttinger Beiträge zum Alten Orient Band 3 Universitätsverlag Göttingen Dahlia Shehata Musiker und ihr vokales Repertoire This work is licensed under the Creative Commons License 2.0 “by-nc-nd”, allowing you to download, distribute and print the document in a few copies for private or educational use, given that the document stays unchanged and the creator is mentioned. Commercial use is not covered by the licence. erschienen als Band 3 in der Reihe „Göttinger Beiträge zum Alten Orient“ im Universitätsverlag Göttingen 2009 Früher unter dem Titel : „Göttinger Arbeitshefte zur Altorientalischen Literatur“ Dahlia Shehata Musiker und ihr vokales Repertoire Untersuchungen zu Inhalt und Organisation von Musikerberufen und Liedgattungen in altbabylonischer Zeit Göttinger Beiträge zum Alten Orient Band 3 Universitätsverlag Göttingen 2009 Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar Anschrift der Herausgeberin Prof. Dr. Brigitte Groneberg Seminar für Altorientalistik Georg-August-Universität Göttingen Weender Landstr. 2 D-37073 Göttingen Anschrift de U Autor LQ Dahlia Shehata e-mail: dahlia.shehata@orient.uni-freiburg.de Dieses Buch ist nach einer Schutzfrist auch als freie Onlineversion über die Homepage des Verlags sowie über den OPAC der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek (http://www.sub.uni-goettingen.de) erreichbar und darf gelesen, heruntergeladen sowie als Privatkopie ausgedruckt werden. Es gelten die Lizenzbestimmungen der Onlineversion. Es ist nicht gestattet, Kopien oder gedruckte Fassungen der freien Onlineversion zu veräußern. Satz und Layout: Dahlia Shehata Umschlaggestaltung: Jutta Pabst Titelabbildung: Relief mit Musikantenszene Original: Vorderasiatisches Museum, Staatliche Museen zu Berlin / VA 7224 Foto: Jürgen Liepe © 2009 Universitätsverlag Göttingen http://univerlag.uni-goettingen.de ISBN: 978-3-941875-13-5 ISSN: 1866-2595 ich singe das lied aus der tiefe der hölle und rufe alle stummen dieser welt erklärt den gesang zu eurem lied taut die eisigen mauern auf und wehrt euch ausgestoßen zu werden wir wollen eine neue generation der stummen sein eine schar mit gesängen und neuen liedern wie es die redenden noch nicht vernommen haben Birger Sellin Meiner Mutter 1 1 1 1 Vorwort Vorwort Vorwort Vorwort Die vorliegende Monographie ist die überarbeitete Fassung meiner im Dezem- ber 2004 an der Georg-August-Universität vorgelegten Dissertation mit dem Titel Musiker und ihr vokales Repertoire im babylonischen Raum des zweiten Jahrtausends (aB Zeit) . In dieser Druckfassung bemühe ich mich, auch alle seit dieser Zeit erschienenen Arbeiten zum Thema zu integrieren. Gerade in den letzten Jahren nahm das Interesse an Musik und Musikern im Alten Orient in verstärktem Maße nicht nur innerhalb des Faches zu. Es bleibt zu hoffen, dass mithilfe dieser Arbeit der Diskussion und Beschäftigung mit diesem Randge- biet altorientalischer Forschung neue Anregungen gegeben werden. Das Thema der Untersuchung geht auf ein persönliches Interesse an der Musik im Alten Orient zurück, das aus meinem Zweitstudium an der Hoch- schule für Musik und Theater Hamburg resultiert. Besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle meiner Doktormutter Prof. Dr. Brigitte Groneberg ausspre- chen, die mich in der Durchsetzung dieses Vorhabens unterstützte und mir in unermüdlicher Bereitschaft mit konstruktiver Kritik, eingängiger Diskussion aber auch persönlicher Betreuung beratend zur Seite stand. Nicht zuletzt sei Frau Prof. Dr. Brigitte Groneberg auch für die Aufnahme dieses Buches in die Reihe Göttinger Beiträge zum Alten Orient herzlich gedankt. In gleicher Weise möchte ich meinem Zweitgutachter Prof. Dr. Ricardo Eichmann am Deutschen Archäologischen Institut Berlin herzlich danken. Mit ihm konnte ich vor allem die die Musik betreffenden Aussagen in meiner Arbeit in anregenden Gesprächen diskutieren. Diese Dissertation wurde dankenswerterweise durch ein Promotionsstipen- dium nach dem niedersächsischen Gesetz zur Förderung von Nachwuchswis- senschaftlern in den Jahren 2002-2003 unterstützt. Auch für die Aufnahme in das seit Beginn des Jahres 2004 laufende Graduiertenkolleg der Theologischen Fakultät Göttingen mit dem Titel „Götterbilder - Gottesbilder - Weltbilder“ für die Dauer eines Jahres sei besonderer Dank ausgesprochen. Dieses Graduier- tenkolleg wurde begleitet durch intensive Kolloquiumssitzungen und informa- tionsreiche Symposien, in denen auch meine Thesen und Ergebnisse zur religiösen Funktion der Musik innerhalb des mesopotamischen Weltbildes ausgiebig diskutiert wurden. An dieser Stelle sind auch die informativen aber vor allem von Musik er- füllten Tage mit den Kollegen der Internationalen Studiengruppe Musikar- chäologie (ISGMA) in der Stiftung Kloster Michaelstein und im Ethnologischen Museum Berlin (September 2000/’04/’06/’08) zu nennen. Ganz herzlich sei Prof. Ellen Hickmann (Hannover) gedankt, die mich zu dieser Studiengruppe im Jahre 2001 einlud, womit sie mir die Möglichkeit zur Erfor- schung antiker Musik weiter eröffnete und mir den Kontakt zu Kolleginnen Musiker und ihr Repertoire ii und Kollegen gleicher Forschungsgebiete ermöglichte, vor allem zu Prof. Dr. Anne D. Kilmer und Prof. Dr. Bo Lowergren. Herzlich gedankt sei in diesem Rahmen auch Kolleginnen und Kollegen, die mir bereitwillig ihre teilweise noch im Druck befindlichen Arbeiten zur Verfü- gung stellten, darunter Dr. U. Gabbay (Jerusalem), Dr. T. Krispijn (Leiden), Dr. S. Mirelman (London), PD Dr. M. Schuol (Berlin), Prof. Dr. M. Streck (Leipzig), Prof. Dr. N. Wasserman (Jerusalem) und Dr. F.A.M. Wiggermann (Amsterdam). Auch den Kuratoren Dr. C. B. F. Walker und Dr. J. Taylor des British Museum London sowie Dr. A. Marzahn am Vorderasiatischen Museum Berlin sei für die Ermöglichung der Einsichtnahme und Kollation von Tafeln und der Bereitstellung von Fotografien herzlich gedankt. Für etliche Recherchen und dem Besorgen schwer zugänglicher Literatur, aber auch für ihre aufmunternden und ermutigenden Worte möchte ich mich an dieser Stelle bei meinen Kollegen und Freunden Bojana Jankovic (Wien) Anja Piller (Göttingen), PD Dr. Regine Pruzsinszky (Freiburg i. Br.), PD Dr. Ellen Rehm (Stuttgart), Annabelle Steiger (Freiburg i. Br.), Dr. Frauke Weiershäuser (Heidelberg) und Dr. Kamran Zand (Jena) herzlich bedanken. Für die Hilfe bei den Korrekturarbeiten gilt mein besonderer Dank Dr. Sa- bina Franke (Rostock), Franziska J. Meynen (Stade), Ursula Möller (Dörver- den) und Markus Timm (Potsdam), die mir hilfreich und unermüdlich zur Seite standen. Mein größter Dank gilt schließlich meiner Mutter, die nicht nur per- sönlichen Beistand leistete, sondern auch aufgrund ihrer fachlichen Kenntnisse oft erhellende Kommentare lieferte und das Entstehen dieser Arbeit mit ständi- gem Interesse verfolgte. Gerne erinnere ich mich der oft nächtelangen philoso- phischen Gespräche zur Bedeutung kulturhistorischer Forschung im Bereich der Musik. Nicht zuletzt wäre auch die Vorbereitung der Arbeit für den Druck kaum ohne ihren geduldigen und unermüdlichen Einsatz vorstellbar gewesen. Allen übrigen Mitgliedern meiner Familie sei in gleicher Weise für ihren Rat und ihre regelmäßige Unterstützung auf das Herzlichste gedankt. 2 2 2 2 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Vorwort .......................................................................................................i 2 Inhaltsverzeichnis......................................................................................iii 3 Einleitung................................................................................................... 1 3.1 Bisherige Forschung.....................................................................................2 3.2 Fragestellung und Abgrenzung des Themas.................................................5 3.3 Zum historischen und geographischen Rahmen ...........................................7 3.4 Zu den Quellen .............................................................................................8 3.4.1 Alltagsdokumente....................................................................................8 3.4.2 Lexikalische Listen..................................................................................9 3.4.3 Literarische Texte und Kataloge............................................................10 3.5 Transliteration und Wiedergabe von Fachtermini ......................................11 Teil I Die Musiker .......................................................................................... 13 4 Begriffsumfang und -abgrenzung ............................................................ 13 5 nar und verwandte Termini ..................................................................... 15 5.1 Zum Wort und seinen Varianten ................................................................15 5.2 Organisation und Verteilung ......................................................................19 5.2.1 Palast- und Hofmusiker .........................................................................19 5.2.2 Der ‘Obermusiker’ n ar - g al ..................................................................21 5.2.3 Der einfache n ar ...................................................................................24 5.2.4 ‘Kleine’ und ‘lernende’ Musiker: n ar - tu r und n ar © al( - la ) - tu ¡ - a ..26 5.2.5 ‘Musikerhäuser’ und Aufseher ..............................................................28 5.3 Berufsbild des n ar .....................................................................................29 5.3.1 Zur literarischen Darstellung .................................................................29 5.3.2 Die sumerischen Sprichwörter...............................................................33 5.3.3 Der blinde Musiker................................................................................36 5.4 Instrumentale und vokale Spezialisierungen ..............................................39 5.4.1 Die Perkussionisten /tig i/ und munus /tig i/ .............................................40 5.4.2 n ar - s a, der Saitenspieler ......................................................................44 5.4.3 (n ar - ) a- u 3 - a .........................................................................................46 Musiker und ihr Repertoire iv 5.5 Künstler und Akrobaten im Umfeld des n ar - g al ......................................49 5.5.1 ©uppû -Tänzer ........................................................................................49 5.5.2 aluzinnu , der ‘Gaukler’..........................................................................52 6 Der gala, Klagesänger und Priester.........................................................55 6.1 Zum Wort und seinen Varianten ................................................................55 6.2 Organisation und Verteilung ......................................................................58 6.2.1 Zur Stellung innerhalb der Administration............................................58 6.2.2 Zur geographischen Verteilung .............................................................62 6.3 Berufsbild des g ala ...................................................................................66 6.3.1 Erschaffung und Wesen des gala nach literarischen Texten ................66 6.3.2 Repertoire und Musikpraxis ..................................................................72 6.3.2.1 Die Musikinstrumente............................................................................. 72 6.3.2.2 Das vokale Repertoire............................................................................. 74 6.3.2.3 Die Aufführungspraxis ........................................................................... 76 6.3.3 Die sumerischen Sprichwörter ..............................................................78 6.3.4 Exkurs I: Geschlecht, Gender und Sprache des g ala ............................82 6.3.5 ‘Transformation’ und ‘Übergang’: Ein Ausblick zum Ritus des g ala ..88 6.4 b alaŸ - d i und verwandte Termini .............................................................94 7 Musizierende Frauengruppen...................................................................99 7.1 lu k u r / nad²tum .........................................................................................99 7.2 n u - b ar / kulma¡²tum ...............................................................................100 7.3 ©arimtum und kezertum ............................................................................101 7.4 Die Klagefrau: am a- er 2 - r a ....................................................................104 8 Familientradition und Ausbildung .........................................................107 8.1 Musikerfamilien, Pfründen und Tempelämter .........................................107 8.1.1 Musikernamen.....................................................................................109 8.2 Musikunterricht und Priesterausbildung ..................................................112 9 Musiker in altbabylonischen Städten .....................................................117 9.1 Ur .............................................................................................................117 9.1.1 Historischer Hintergrund und Quellenlage..........................................117 9.1.2 Die namentlich belegten Musiker von Ur............................................119 9.1.2.1 g a l a - m a © und n a r - g a l ...................................................................... 119 Inhaltsverzeichnis v 9.1.2.2 g a l a , n a r und seine Varianten .............................................................121 9.1.3 Ein Fest des Nanna in Ur: Die Rationenliste YOS 5, 163 (WS 5).......124 9.2 Larsa.........................................................................................................126 9.2.1 Historischer Hintergrund und Quellenlage ..........................................126 9.2.2 Die namentlich belegten Musiker von Larsa .......................................127 9.2.2.1 Die g a l a - m a © ......................................................................................128 9.2.2.2 Die n a r - g a l ..........................................................................................129 9.2.2.3 n a r und g a l a ........................................................................................130 9.2.2.4 Palastmusikerinnen in Larsa..................................................................134 9.2.3 Musik zu einem Opferfestritual von Larsa ..........................................136 9.2.3.1 Inhalt und Rekonstruktion des Festverlaufs ..........................................136 9.2.3.2 Zu den Personallisten ............................................................................140 9.2.3.3 Musiker, Tänzer und Akrobaten............................................................143 9.2.4 Ba laŸ -Gottheiten in Larsa..................................................................147 9.3 Kutalla ......................................................................................................147 9.3.1 Die Musiker in den Privatarchiven Kutallas........................................148 9.4 Isin............................................................................................................149 9.4.1 Historischer Hintergrund und Quellenlage ..........................................149 9.4.2 Die namentlich belegten Musiker Isins ...............................................152 9.4.2.1 Die g a l a ...............................................................................................152 9.4.2.2 Ein Archiv des g a l a - m a © der Ninisina ...............................................153 9.4.2.3 Andere Musiker in Texten der Palastverwaltung ..................................156 9.4.3 Musiker in den Urkunden des Lederarchivs ........................................156 9.4.3.1 Die n a r .................................................................................................157 9.4.3.2 Die n a r -Häuser von Isin .......................................................................158 9.4.4 Ba laŸ -Gottheiten in Isin.....................................................................161 9.5 Nippur ......................................................................................................162 9.5.1 Historischer Hintergrund und Quellenlage ..........................................162 9.5.2 Die namentlich belegten Musiker Nippurs ..........................................164 9.5.2.1 Die g a l a - m a © ......................................................................................165 9.5.2.2 Die n a r - g a l ..........................................................................................168 9.5.2.3 Urkundliche Belege zu g a l a und n a r ..................................................170 Musiker und ihr Repertoire vi 9.5.2.4 Ein Musikgelehrter am E¡ume¡a........................................................... 171 9.5.2.5 g a l a und n a r in Tempelrationenlisten................................................. 171 9.5.2.6 Die Musikerfamilie des Lu-Ninurta ...................................................... 172 9.5.3 Die Musikerpfründen Nippurs.............................................................174 9.5.4 Musikerinnen in Nippur ......................................................................176 9.6 Sippar .......................................................................................................177 9.6.1 Historischer Hintergrund und Quellenlage..........................................177 9.6.2 Die namentlich belegten Musiker Sippars...........................................180 9.6.2.1 Die g a l a - m a © von Sippar................................................................... 180 9.6.2.2 Ur-Utu, g a l a - m a © der Annun²tum ..................................................... 185 9.6.2.3 Die g a l a von Sippar............................................................................. 189 9.6.2.4 n a r und n a r - g a l ................................................................................. 191 9.6.2.5 Blinde Musiker?.................................................................................... 194 9.6.3 Musiker bei Kultfesten in Sippar.........................................................196 9.6.3.1 Die par‚um -Kulthandlungen von Sippar .............................................. 196 9.6.3.2 Klagefeiern für Annun²tum und ihren Kreis ......................................... 202 9.6.3.3 Ein Fest zum Eintreten der Annun²tum................................................. 204 9.6.3.4 Rituale und Kultprozessionen am Marduk-Tempel .............................. 206 9.7 Dilbat........................................................................................................210 9.7.1 Die g ala- m a© von Dilbat ..................................................................212 9.7.2 Andere Musiker und Kultakteure ........................................................214 9.8 Ki¡ ............................................................................................................215 9.8.1 Historischer Hintergrund und Quellenlage..........................................215 9.8.2 Die g ala- m a© ....................................................................................217 9.8.3 Andere Musiker...................................................................................220 9.8.4 Die kezertum -Kultobligationen von Ki¡ ..............................................221 Teil II Das Repertoire ...................................................................................223 10 Terminologische Abgrenzung ................................................................223 11 Grundbegriffe für den vokalen Vortrag .................................................227 11.1 Allgemeine Termini .................................................................................227 11.1.1 ¡ir 3 und en 3 - d u ............................................................................227 11.1.2 i- lu und verwandte Interjektionen .................................................234 Inhaltsverzeichnis vii 11.1.3 zam¤ru(m) .......................................................................................237 11.2 Definierte Termini....................................................................................238 11.2.1 za 3 - m i 2 , der Preis..........................................................................238 11.2.2 er 2 , die Klage.................................................................................240 11.2.3 Das Gebet: ¡u d 3 und ikribu(m) ......................................................242 12 Sumerische Liedgattungen..................................................................... 247 12.1 Nach Instrumenten bezeichnete Gattungen ..............................................247 12.1.1 BalaŸ ...............................................................................................247 12.1.2 Tig i und Ad ab ..............................................................................251 12.1.3 Zam za m ........................................................................................257 12.1.4 g i- g id 2 ...........................................................................................259 12.2 Mit ¡ ir 3 „Lied“ gebildete Gattungsnamen...............................................262 12.2.1 Überblick zu den ¡ir 3 -Komposita ..................................................262 12.2.2 Šir k u ( g ) ........................................................................................266 12.2.3 Šir n am g a la ..................................................................................268 12.2.4 Šir n am ¡u b ....................................................................................270 12.2.5 Šir n am er im a ...............................................................................272 12.2.6 Šir g id a ..........................................................................................274 12.2.7 Šir n am u r saŸ a ..............................................................................278 12.2.8 Šir k alk a l ......................................................................................281 12.2.9 Šir ¡a© u la ......................................................................................282 12.3 Mit er 2 „Klage/Träne“ gebildete Gattungsnamen....................................284 12.3.1 Er ¡e m a ..........................................................................................284 12.3.2 Er ¡a© u Ÿ a ......................................................................................288 12.3.3 Er ¡an e ¡a .......................................................................................290 12.4 Andere Gattungsnamen ............................................................................292 12.4.1 Ba lb a le .........................................................................................293 12.4.2 Ku n Ÿ ar ..........................................................................................298 12.4.3 Liedgattungen unbekannten Inhalts ................................................299 12.4.3.1 Malgatum ..............................................................................................299 12.4.3.2 Šumun¡a ................................................................................................300 12.4.3.3 Ara©i .....................................................................................................301 Musiker und ihr Repertoire viii 12.4.4 Ululumama, Uadi und Ulila............................................................302 13 Akkadische Liedgattungen.....................................................................307 13.1 Hymnen....................................................................................................309 13.1.1 ¡ir 3 tana/itti(m) , das „Preislied“ ....................................................309 13.1.1.1 Der Hymnus I¡tar Louvre ..................................................................... 309 13.1.1.2 Hymnen an PapuleŸara ......................................................................... 311 13.1.2 p¤rum -Hymnen an I¡tar und PapuleŸara ........................................312 13.1.3 Ein kummu -Lied auf Adad..............................................................315 13.1.4 Götterlieder mit Königspreis ..........................................................316 13.1.4.1 Die Götterhymnen des Ammiditana und des Samsuiluna..................... 317 13.1.4.2 Das Lied Agu¡aya an I¡tar .................................................................... 319 13.1.5 Götter- und Königshymnen ohne Gattungsangaben .......................321 13.1.5.1 Fragmentarische Hymnen an Marduk, I¡tar und Nanaja....................... 322 13.1.5.2 Hymnen an die Muttergöttin Mami / Aruru / B®let-il².......................... 323 13.1.6 Königshymnen................................................................................326 13.2 Liebeslyrik ...............................................................................................327 13.2.1 Ein Liebeslied auf I¡tar und Dumuzi ..............................................327 13.2.2 ir¤tu(m) ‘Brust’-Gesänge................................................................328 13.2.3 Liebesdialoge..................................................................................331 13.3 Klagelieder ...............................................................................................333 14 Angaben zur Vortragspraxis...................................................................337 14.1 Liedrubriken.............................................................................................337 14.1.1 sag id a und saŸ ar a .......................................................................338 14.1.2 b ar su d und ¡ab a-TUKU ..............................................................340 14.1.3 u r u ( n ) ............................................................................................343 14.1.4 Ÿ i¡g iŸ a l ........................................................................................344 14.1.5 k ir u g u , k i ¡u und ki-TUKU..........................................................348 14.2 Termini technici und Anweisungen zum vokalen Vortrag.......................351 14.2.1 zi- z i, Ÿ a 2 - Ÿ a 2 und ¡u 2 - ¡u 2 .........................................................352 14.2.2 gennum und zennum .......................................................................355 14.2.3 Ein Liebeslied mit Singanweisungen (CT 58, 12) ..........................357 15 Zusammenfassung..................................................................................361 Inhaltsverzeichnis ix 15.1 Inhalt und Kontext der Lieder ..................................................................362 15.2 Singpraxis und Musikperformance...........................................................367 III Schlussbetrachtung und Ausblick.............................................................. 373 IV Anhänge und Verzeichnisse ...................................................................... 381 16 Musikerkatalog....................................................................................... 381 17 Literaturverzeichnis ............................................................................... 397 18 Abkürzungen.......................................................................................... 436 18.1 Allgemeine Abkürzungen / Herrschernamen ...........................................436 18.2 Bibliographische Abkürzungen ................................................................437 19 Textverzeichnis ...................................................................................... 447 20 Tabellenverzeichnis ............................................................................... 449 21 Indices .................................................................................................... 450 3 3 3 3 Einleitung Einleitung Einleitung Einleitung Musik bildet in ihrer theoretischen Auffassung wie auch in ihrer praktischen Ausübung einen zentralen Aspekt kultureller Errungenschaften und ist als Bestandteil unterschiedlichster Lebensbereiche, vom profanen Alltag über die religiöse Kultpraxis bis hin zur Auffassung des Weltbildes, Trägerin kulturspe- zifischer Inhalte und Ausdrucksformen. Auch im Mesopotamien des dritten und zweiten Jahrtausends durchdrang Musik alle Bereiche des babylonischen Lebens. So war die Musikausübung nicht nur auf den rein ästhetischen Bereich der Kunstrezeption beschränkt, sondern sie wirkte vor allem funktional als ein Mittel der Kommunikation, das sowohl in religiösen wie profanen Kontexten die begrenzten Möglichkeiten beispielsweise einfacher Sprache ergänzen und überwinden konnte. Als ein dem Schrifttum mehr als ebenbürtiges Ausdrucksmittel genoss die Musik auch in der kulturellen Selbstreflektion einen hohen Stellenwert, was in einem altbabylonischen Schuldialog mit dem Titel Der Vater und sein missra- tener Sohn in einem poetischen Vergleich festgehalten wird. In diesem vor über 4000 Jahren niedergeschriebenen Dialog ermahnt der Vater seinen lernfaulen Sohn mit folgenden Worten: „Unter den sachkundigen Meistern, die im Lande wohnen, Die mit Namen benannt sind, hat Enki Keinen Beruf, der so schwer ist wie das Schreiberhandwerk − Wohlan er hat ihn genannt! − Mit Namen benannt, mit Ausnahme von der Musik/Gesangskunst (n am - n ar ): So wie bei den Meeresufern das eine von dem anderen weit weg ist, So fern sind die ‘Geheimnisse’ der Musik/Gesangskunst (n am - n ar ).“ 1 Die sumerische Abstraktabildung nam-nar, ein nicht nur hier sondern auch allgemein in der altorientalischen Literatur angetroffener Terminus für die ‘Handwerkskunst’ des Musizierens, wird auf unterschiedliche Weise übersetzt und inhaltlich definiert. Wesentlich ist hierfür die Abgrenzung des Begriffs und der Profession nar, welche in unterschiedlichen Kontexten den Sänger, den Instrumentalisten oder allgemein den Musiker bezeichnen kann. Diese ver- schiedenen Bedeutungsebenen verbunden mit der entsprechenden Musikpraxis gilt es unter anderem in der vorliegenden Arbeit für den angesetzten Untersu- chungsrahmen des Babylonien im zweiten Jahrtausend v. Chr. näher darzule- gen, auch unter Berücksichtigung anderer ihm komplementär gegenüber 1 Vgl. Sjöberg 1973b, 117; s. a. Wilcke 2002, 22. Musiker und ihr Repertoire 2 gestellter Musikerberufe, wie beispielsweise des gala, welcher gängigerweise mit Klagepriester bzw. -sänger wiedergegeben wird. 2 Im inhaltlichen Zusammenhang des oben zitierten Passus kann nam-nar, der ‘Schreibkunst’ entgegen gestellt, dennoch allgemein mit ‘Musizieren’ oder gar ‘Musik’ wiedergegeben werden, ohne hierbei gleich Gefahr eines Anachro- nismus laufen zu müssen. Bemerkenswert ist hier die recht modern wirkende Einschätzung von Mu- sik, deren Erfassung in schier unerreichbare Ferne gerückt wird. Zusätzlich erstaunt der ihr gleichzeitig damit beigemessene hohe Stellenwert unter allen von Enki dem Menschen gegebenen ‘Handwerkskünsten’ ( τεχνη ). Als Kunst- und Kommunikationsform werden die Musik und ihr Wirken selbst der Schreibkunst übergeordnet. Allein über diesen hier so herausragend formulier- ten Sitz, den die Musik im Weltbild des Babyloniers einnimmt, ist die in die- sem Buch erstrebte Behandlung und Einordnung von Musik und Musikern als wesentlicher Bestandteil kulturhistorischer Betrachtung mehr als gerechtfertigt. Schließlich ist die Musik, insbesondere der Gesang, ein weit älteres Medium als die Schrift, das in übergeordnetem Maße und nicht nur im altorientalischen Raum dem Erhalt und der Tradierung gesellschafts- und kulturspezifischer Identitäten in Form von Geschichten, Liedern oder Hymnen diente. 3.1 3.1 3.1 3.1 Bisherige Forschung Bisherige Forschung Bisherige Forschung Bisherige Forschung An Arbeiten, die sich ausgiebig mit dem Thema Musik als Teilaspekt der Kulturgeschichte Mesopotamiens beschäftigen, ist zunächst die Studie von Henrike Hartmann von 1960 mit dem Titel Die Musik der Sumerischen Kultur zu nennen. Ihre Arbeit stellt den bisher einzigen Versuch einer umfassenden Studie zur Musik innerhalb eines zeitlich und geographisch abgegrenzten Rahmens dar, unter Einbeziehung sowohl urkundlichen und literarischen Textmaterials wie auch der ikonographischen und archäologischen Quellen. Da seit den 60ern nicht nur das Quellenmaterial, sondern auch die Beiträge in der Erforschung der altorientalischen Musikkultur erheblich zugenommen haben, sind viele ihrer Ergebnisse inzwischen jedoch revisionsbedürftig geworden. Besonderes Interesse wurde der Musik Mesopotamiens auch von musikwis- senschaftlicher Seite durch den Fund einer Stimmungsanweisung für eines der wichtigsten Saiteninstrumente Mesopotamiens, der Ÿ i ¡ za 3 -mi 2 -Leier (akka- disch sammû ), 3 zur Mitte des letzten Jahrhunderts entgegen gebracht. 4 Insbe- 2 S. jetzt auch den allgemeinen Überblick von C. Ambos zum Stichwort ‘Sänger’ im RlA Bd. 11 (2008) S. 499-503. 3 Zur Diskussion um das Ÿ i ¡ z a 3 - m i 2 als Leier oder Harfe s. Kilmer 1980-83b, 572; Kilmer 1993-97, 463; Lawergren/Gurney 1987, 40-51 und jetzt Michalowski 2009. 4 Der aus Ur stammende Text UET 7, 74; Erstbearbeitung bei Gurney 1968, 229-233.