1 Deutschland – das Bordell Europas? Hinweis für Leser mit wenig Zeit: Schlussfolgerungen ab Seite 35 Diskussion der Ergebnisse: Seiten 32 - 35 Zusammenfassende Ergebnis-Tabelle: Seite 30 Thomas Schmitt Januar 2024 Kontakt: prostschutz2@t-online.de 2 In dieser Abhandlung wird der Frage nachgegangen, welcher Wahrheitsgehalt in der sowohl innerhalb der deutschen Politik als auch bei den Befürwortern des Sexkaufverbots außerhalb der Politik weit verbreiteten Aussage steckt, Deutschland sei „das Bordell Europas“ Ausgangssituation vor Inkrafttreten des ProstSchG In der Phase der Erarbeitung des ProstSchG von 2017 – also vor seinem Inkrafttreten – ging das zuständige Bundesministerium für Familien, Frauen, Senioren und Jugend von ca. 200000 Prostituierten (Abk.: SW) in Deutschland aus. Aus der Begründung zum Entwurf des ProstSchG von 2016: „Zur Zahl der Prostituierten liegen Schätzungen zwischen 1500000 und 700000 Personen vor. HYDRA e.V., ein Verein, der sich für die rechtliche und soziale Gleichstellung von Sexarbeiterinnen mit anderen Erwerbstätigen einsetzt, geht von 400000 Prostituierten aus. Da dieser Wert aus den 1980er-Jahren stammt, scheint er nicht zur Verwendung geeignet. Auch in der Studie „Prostitution in Deutschland: Eckdaten und Veränderu ngen durch das Internet von 2014 wird diese Zahl als zu hoch eingeschätzt. Die Zeitung „Die Welt“ geht von etwa 200000 Prostituierten in Deutschland aus. Diese Zahl beruht auf einer Hochrechnung anhand von Auskünften von Städten zur Prostituiertenzahlen. Dies bestätigt auch der Abschlussbericht des Runden Tisches Prostitution Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 2014. Im weiteren Verlauf der vorliegenden Ex-ante-Schätzung wird diese Zahl daher als Grundlage zur Bestimmung der Zahl der in der Prostitution Tätigen verwendet.“ (S. 43) Der Anteil der Prostituierten auf dem Straßenstrich – dem Setting, das Befürworter des Sexkaufverbots heutzutage gern öffentlich vorführen und dessen spezifische und oft auch prekäre Verhältnisse dann als Begründung für die Forderung nach einer Bestrafung aller Freier herhalten müssen – wurde damals von der Bundesregierung mit „rund 10 %“ angegeben, also 20000 Prostituierte auf dem Straßenstrich: ... „Von dem hohen Anteil selbständig tätiger Prostituierter übt ein Großteil die Tätigke it im Rahmen eines Prostitutionsgewerbes mit einem mehr oder weniger starken Maß an betrieblicher Eingliederung aus. Die Annahme lautet, dass insgesamt etwa 90 Prozent = 180000 Prostituierte entweder in Prostitutionsgewerben im Sinne von § 2 des Prostituiertenschutzgesetzes oder selbständig außerhalb einer Prostitutionsstätte, z. B. in der eigenen Wohnung, tätig sind; rund 10 Prozent entfallen auf den Straßenstrich. “ (S. 43) Aussagen zu Prostitutionsbetrieben ( „ -gewerben “ ) in der Begründung zum Entwurf des ProstSchG: „D ie Zahl der Prostitutionsgewerbe wurde anhand von Daten der Polizeibehörden in Niedersachsen auf Deutschland hochgerechnet. So ergibt sich eine Zahl von rund 1700 Prostitutionsfahrzeugen und etwa 10000 sonstigen bestehenden Prostitutionsgewerben (62 Prozent Wohnungsbordelle, 14 Prozent Clubs, Bars und Saunen, 12 Prozent Bordellbetriebe,1 Prozent Sonstige und weniger als 1 Prozent Escort-Agenturen). Unter die sonstigen Prostitutionsgewerbe fallen nach dieser Einteilung auch solche Formen der Wohnungsprostitution, die nach diesem Gesetz nicht erlaubnispflichtig und damit kein Prostitutionsgewerbe sind; dabei handelt es sich um die Konstellation, dass eine Wohnung ausschließlich durch die Inhaberin oder den Inhaber der Wohnung zur Ausübung der Prostitution genutzt wird, ohne dass eine dritte Person aus dieser Nutzung Gewinn zieht.“ ... „Da keine Zahlen zur Anzahl der Neugründungen von Prostitutionsgewerben vorliegen, wird die Neugründungsrate auf 2,4 Prozent geschätzt. Grundlage für die Hochrechnung sind Daten zur Prostitutionsentwicklung in der Stadt München. Da es sich hierbei um das reine Wachstum der Branche handelt, muss die Fluktuation hinzugerechnet werden. Es wird geschätzt, dass diese etwa im gleichen Rahmen 3 liegt. So ergibt sich eine Rate von rund 5 Prozent. Übertragen bedeutet dies etwa 500 neue erlaubnispflichtige Prostitutionsgewerbe und 85 neue Prostitutionsfahrzeuge jährlich.“ (Gesetzesentwurf des ProstSchG 2016, S. 43 - 44). Die CDU/CSU- Bundestagsfraktion ging aber 2023 wieder von „ mindestens 2500 00 Prostituierten“ aus und bezieht sich dabei u.a. auf eine Abhandlung SCHRÖTTLE/MÜNCH aus dem Jahr 2004 – also auf fast 20 Jahre alte Zahlen. (Quelle: Positionspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion 2023) https://www.cducsu.de/sites/default/files/2023-11/Positionspapier%20Sexkauf%20bestrafen.pdf Dass sowohl das Prostituiertenschutzgesetz mit einer ganzen Reihe abschreckender Effekte bzw. erhöhten Schwellen für den Einstieg in die Prostitution in Deutschland als auch verschiedene Aspekte der Corona-Pandemie (z.B. endgültige Schließung von manchen Prostitutionsstätten, die die Lockdowns wirtschaftlich nicht überstanden) jetzt einen Rückgang der Anzahl der aktiven Prostituierten im Vergleich zu den Schätzungen der damals CDU-geführten Bundesregierung vor Inkrafttreten des ProstSchG, also den damals angegebenen „200000“, erwarten lassen, wird aber von der CDU/CSU nicht zur Kenntnis genommen. Stattdessen gehen die von der CDU/CSU behaupteten Zahlen von einem Anstieg um mindestens 25 % seit 2016 aus. Eine aktuelle, methodisch nachvollziehbare Hochrechnung zur Gesamtzahl der aktuell (nach Aufhebung der letzten Corona-Beschränkungen) tätigen Prostituierten wurde von den Verfechtern des Sexkaufverbots bisher noch nicht präsentiert. Statt solider Zahlen zeigt man lieber prekäre Straßenstrich-Settings der Elends- oder Beschaffungsprostitution bevorzugt in Berlin. Potenzielle Auswirkungen von ProstSchG und Corona Angenommen, die Schätzungen, die während des Gesetzgebungsverfahrens zum ProstSchG zugrunde lagen (ca. 200000 Prostituierte), trafen damals zu, so sprechen allein schon verschiedene strukturelle Gründe dafür, dass die Anzahl der Prostituierten in Deutschland seither eher abgenommen als zugenommen haben muss. Ein kleinerer Faktor dürfte dabei Corona sein: die strikte Lockdown-Politik in Deutschland (strenger als in vielen anderen Ländern Europas) mag vor allem ausländische SW dazu veranlasst haben, Länder aufzusuchen, die während Corona mit der Sexarbeit liberaler umgingen. Manche SW mögen dort auch nach den Corona- Lockerungen „hängen geblieben“ sein. Falls sie aber nach Deutschland zurückkehrten, wäre dies umgekehrt aber ein Indiz, dass die Arbeitsbedingungen in Deutschland für sie günstiger und angenehmer sind als in den „Ausweichländern“ aus Corona -Zeiten. Andere Prostituierte werden während der Corona-Lockdowns die Sexarbeit komplett aufgegeben und sich eine andere Lebensgrundlage geschaffen haben; sie kehrten nicht mehr in die Sexarbeit zurück (in Freierforen ist öfters von solchen endgültigen Ausstiegen beliebter SW zu lesen). Dass ein nicht unerheblicher Teil der SW aber auch während des Lockdowns weiterhin illegal in Deutschland weiter gearbeitet hat, ist ebenfalls bekannt. Letztendlich überlebten auch einige Prostitutionsstätten die Lockdowns wirtschaftlich nicht, so dass den SW Arbeitsplätze im In-Door-Bereich nicht nur zeitweise, sondern dauerhaft verloren gingen. 4 Vor allem aber hatte das ProstSchG direkte abschreckende Effekte auf Teile der Sexarbeiterschaft. Die Registrierungspflicht stellte eine Hürde dar, der SW nicht nur dadurch entgangen sind, dass sie ohne Registrierung weiter gearbeitet haben (dann jedoch betreibergeführte Prostitutionsstätten verlassen mussten – spätestens, als diese Erlaubnisse beantragen und auch mit Kontrollen rechnen mussten), sondern auch ganz die Sexarbeit aufgegeben haben. Auch hier finden sich in Freierforen viele Berichte vor allem in den ersten Monaten nach Inkrafttreten des ProstSchG bzw. seiner (zeitlich verzögerten) behördlichen Umsetzung, dass nicht wenige beliebte und „gesuchte“ SW ihre Tätigkeit wegen des ProstSchG und konkret der Registrierungspflichten entweder ganz aufgegeben haben oder die Sexarbeit in anderen Ländern fortsetzten. Das ProstSchG löste eine Ausstiegswelle aus, ganz besonders bei deutschen SW, die ihre Daten nicht bei deutschen Behörden und Finanzämtern registriert sehen wollten, aber auch ausländischen SW, die sich z.B. von den steuerlichen Konsequenzen der Registrierung überfordert fühlten. Auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits in Deutschland aktive Prostituierte dürfte das ProstSchG abschreckende Wirkungen entfaltet haben ● durch die Registrierungspflicht und alle damit verbundenen Konsequenzen (bis hin zur Angst vor Datenlecks, Misstrauen gegenüber dem Datenschutz oder – unbegründeter – Angst der Weiterleitung von Daten ins Heimatland) ● die damit verbundene steuerliche Erfassung (Meldung ans Finanzamt, Notwendigkeit einer „Briefkasten - Adresse“) – bis hin zur Befürchtung, dass deutsche Finanzamt könne Briefe an ihre Heimatadressen im Ausland schreiben, die dann Eltern, Partnern, Verwandten in die Hände fallen würden ● Sorgen, der ständig mitzuführende „Hurenpass“ oder die „gesundheitliche Beratungsbescheinigung“ könnte n z.B. durch ein Ungeschick von einer bekannten oder verwandten Person gesehen oder entdeckt werden, wodurch gegenüber dieser Person und ihrem Umfeld verheimlichte Sexarbeit offenbart würde ● das Übernachtungsverbot in „für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räumen“. Da eine entsprechende Nutzung vor Inkrafttreten des ProstSchG durchaus üblich war, mussten sich spätestens mit dem behördlichen Umsetzen des ProstSchG viele SW kostenpflichtige Unterkünfte (Wohnungen, Hotelzimmer) anmieten, wodurch sich die Kostenbilanz der Sexarbeit (Einnahmen vs. Ausgaben) verschlechterte und damit Sexarbeit in Deutschland auch wirtschaftlich insbesondere für jene ausländischen und auch einheimischen „reisenden“ SW weniger attraktiv wurde, die bisher von den oft kostenlosen Übernachtungsmöglichkeiten vor Ort profitiert hatten. Für Neueinsteiger in die Sexarbeit in Deutschland waren die Nachteile durch das ProstSchG sogar noch gr ößer. Neben den schon genannten „abschreckenden“ Effekten kam hinzu, dass die wirtschaftliche „Einstiegsschwelle“ höher gelegt wurde, also mehr Startkapital erforderlich war : Konnten vor Inkrafttreten des ProstSchG Frauen aus dem EU-Ausland in Deutschland einreisen, direkt eine Prostitutionsstätte aufsuchen, einchecken und mit der Arbeit beginnen, ist jetzt erst das Durchlaufen des Anmeldeprocedere erforderlich, das mindestens einige Tage in Anspruch nimmt (Terminierung Gesundheitsamt → Wahrnehmung des Term ins im Gesundheitsamt → Terminierung Registrierungsbehörde → Wahrnehmung dieses Termins → Erhalt des „ Hurenpasses “ günstigstenfalls umgehend, im ungünstigsten Fall binnen einer Kalenderwoche). Dieser Zeitraum ist ohne Einnahmen aus Sexarbeit zu überbrücken, einschl. Unterhalt und Unterkunft (z.B. Hotel). 5 Hierzu ist ein „Startkapital“ erforderlich, das weit über die eigentlichen Reisekosten nach Deutschland hinausgeht. Ist dieses Startkaptal nicht vorhanden, bleibt nichts anderes übrig, als (a) unregistriert in Deutschland zu arbeiten, damit aber außerhalb der betreibergeführten erlaubten Prostitutionsstätten, (b) ein anderes Zielland aufzusuchen, das keine so zeitraubenden Formalitäten erfordert, (c) oder sich das „Startkapital“ von Dritten zu leihen (die dann gern als „Zuhälter“ oder „sexuelle Ausbeuter“ kriminalisiert werden). Es wurde durch das ProstSchG eine deutliche Hürde aufgebaut, die vor allem auch ein kurzfristiges „Ausprobieren“ von Sexarbeit in Deutschland deutlich erschwerte. Unstrittig ist daher, dass durch das ProstSchG Deutschland als Zielland für ausländische Prostituierte weniger attraktiv geworden ist und die Einstiegsschwellen insbesondere für ausländische Prostituierte angestiegen sind. Für unregistrierte SW entfallen zwar die Hürden der Registrierung, ihnen bleibt aber dafür der Zugang zu betreibergeführten Prostitutionsstätten mit ihrer oft besseren Infrastruktur, sozialen Kontrolle, Sicherheit, Hygiene, besser situierten und finanziell besser aufgestellten und damit wirtschaftlich, möglicherweise aber auch vom Umgang her angenehmeren Kundschaft verwehrt. Aber nicht nur für selbstbestimmte, freiwillig agierende Prostituierte, auch für Zuhälter und Menschenhändler dürften die Vorschriften des ProstSchG abschreckend wirken und könnten den einen oder anderen von ihnen veranlasst haben, sicherheitshalber andere Zielländer zu suchen. Sie gehen schließlich das Risiko ein, dass sich „ihre“ Prostituierten in den in vertraulicher Atmosphäre geführten Beratungssituationen (Gesundheitsamt, Registrierungsbehörde) – vielleicht sogar ganz ungewollt und rein versehentlich – verplappern und damit die wahren Hintergründe ihrer Sexarbeit offenbaren. Egal, ob dies tatsächlich geschieht und welche (rechtlichen) Konsequenzen dies im Einzelfall tatsächlich hätte – dieses mögliche Szenario dürfte für Straftäter aus dem Feld der sexuellen Ausbeutung wenigstens ein für sie unkalkulierbares Risiko auslösen und Deutschland als Zielland für sexuelle Ausbeutung weniger attraktiv machen. Die Effektstärke der einzelnen Gründe, weshalb das ProstSchG auf SW oder Hintermänner abschreckend wirkt, mag, für jeden Aspekt für sich allein betrachtet, zwar gering sein. In der Summe dieser Gründe ergibt sich aber aus dem ProstSchG ein erhebliches Abschreckungspotenzial sowohl für deutsche SW wie ausländische SW und auch für potenzielle Hintermänner mit strafrechtlich relevanten Absichten. Zwischenfazit: In Abwesenheit von plausiblen und nachvollziehbaren Zahlen, die das Gegenteil beweisen, gibt es daher keinerlei Anlass anzunehmen, dass sich die Anzahl der Prostituierten gegenüber den Zahlen, von denen man vor Einführung des ProstSchG ausging (ca. 200000), weiter erhöht hat. Die seither veränderten gesetzlichen, aber auch pandemischen Umstände lassen erwarten, dass die Anzahl inzwischen zurückgegangen sein muss. Auch wurde im betreffenden Zeitraum (seit 2016) kein weiteres Land in die EU aufgenommen, was eine erneute Migrationswelle von SW nach Deutschland ausgelöst haben könnte. Und die amtlichen Zahlen zum 31.12.2022 schließen bereits ukrainische Prostituierte in Deutschland ein, da der größte Teil der kriegsbedingten Migration von Ukrainern nach Deutschland schon in der ersten Jahreshälfte 2022 erfolgt ist. 6 Aktuelle Schätzungen und Hochrechnungen zur Anzahl der Prostituierten in Deutschland https://www.donacarmen.de/wp-content/uploads/90.000-Sexarbeiterinnen-in-Deutschland-DEF.pdf Dona Carmen, März 2020 (vor Corona!) (mit detaillierter Beschreibung der Methodik!) „ Maximal 90000 “ im Jahresbezug 2017 und 2018 (also vor Corona!), d.h. kumulativ (aggregiert) im Jahresverlauf, d.h. inkl. aller SW, die irgendwann im Laufe des gesamten Kalenderjahres ihre Tätigkeit aufnahmen oder einstellten (kumulierte Jahresprävalenz). Die tagaktuelle Anzahl (d.h. der gleichzeitig an einem beliebigen konkreten Kalendertag tätigen SW) wurde auf 30000 – 40000 kalkuliert (Punktprävalenz). Die Hochrechnungen von Dona Carmen basieren auf komplexen angebots- und nachfrageorientierten Daten (vgl. o.g. Link). https://www.donacarmen.de/pressemitteilung-25/ Dona Carmen 2023: ca. 47000 Dona Carmen nennt nicht konkret die Zahl „47000“, geht aber aufgrund entsprechender Erfahrungen von einer „ Illegalitätsquote “ , also einem Anteil nicht registrierter SW, von 40 % unter allen SW aus, woraus sich von der offiziell registrierten Anzahl von 28278 SW zum Jahresende 2022 auf insgesamt ca. 47000 SW in der Stichtagsbetrachtung zum 31.12.2022 hochrechnen lässt (registrierte SW x Faktor 1,67 bei 40 % nicht registrierten SW). Diese Zahl ist insofern unterjährig zu verstehen. Da aber nicht alle aktuell registrierten SW gleichzeitig an allen Tagen arbeiten, sondern auch freie Tage haben, Urlaub machen oder die Sexarbeit unterbrechen, ist die taggenaue Anzahl der tätigen SW (Punktprävalenz) entsprechend niedriger (d.h. unter 47000). https://erobella.com/lust/wie-viele-sexarbeiterinnen-gibt-es-in-deutschland/ Erobella November 2023 (für Ende 2022): 88800 SW Hochrechnung aus 14 von 20 größten Städten in Deutschland, für die verlässliche Schätzungen über die Gesamtzahl (!) der dort tätigen SW (also registriert + nicht registriert) vorliegen. Aus dem Verhältnis zwischen registrierten SW und der Gesamtzahl der SW in diesen 14 Städten wurde die „Dunkelziffer“ nicht registrierter SW berechnet, wobei auf eine (1,0) registrierte SW 2,14 unregistrierte SW kommen. Wenn dieses Verhältnis, das in 14 großen Städten mit geeigneten verfügbaren Daten gefunden wurde, deutschlandweit gilt, ergeben sich bei 28278 zum Jahresende 2022 registrierten SW insgesamt (x 3,14) 88800 SW. 7 https://pdfhost.io/v/v1JYoK4zX_Prostitution_in_Deutschland T. Schmidt 2023: Prostitution in Deutschland – Hochrechnung der Anzahl der aktiv tätigen Prostituierten nach Umsetzung des ProstSchG: 19500 – 56500 aktiv tätige SW zum Jahresende 2022 (stichtagsnahe Betrachtungsweise) Hochrechnung ausgehend von einer forenbasierten Freierbefragung über das Setting, in dem die letzte (d.h. zeitlich jüngste) Sexdienstleistung in Anspruch genommen wurde. Bei betreibergeführten Settings wird unterstellt, dass alle dort beschäftigten SW registriert sein müssen (weil das wirtschaftliche und rechtliche Risiko für den Betreiber anderenfalls zu hoch wäre: Verlust der Betreiberzuverlässigkeit, Verlust der Betriebserlaubnis), während für alle nicht betreibergeführten Settings variable Registrierungsquoten einschl. sehr niedriger Quoten (bis hinab zu 10 %) in der Modellierung zugelassen wurden. Hier erstmals präsentiert: Hochrechnung auf der Basis von DÖRING et al. 2022 Auch DÖRING et al. kamen bei ihrer Befragung von Männern im Rahmen der GeSiD-Studie https://www.aerzteblatt.de/archiv/224165/Maenner-die-fuer-Sex-bezahlen-Praevalenz-und- sexuelle-Gesundheit zu dem Ergebnis, dass Prostitution von Männern aus Deutschland ganz überwiegend in Bordellen in Anspruch genommen wird (das heißt aber: in Settings, in denen inzwischen ausschließlich von registrierten SW auszugehen ist). Die Studie beruht auf der Befragung von 2265 Männern (von 2405; Altersgruppen: 18 – 75 Jahre; Rest: keine Angaben zur Frage der Prostitutions-Nutzung), die diese Frage beantworteten. 26,9 % von diesen 2265 Männern hatten mindestens einmal in ihrem Leben Paysex in Anspruch genommen (Lebenszeit- Prävalenz) („im letzten Jahr“: 4,0 %; am höchsten in der Altersgruppe 46 – 55 Jahre mit 6,5 %). Die Befragung erfolgte im Rahmen der GeSiD-Studie in den Jahren 2018 und 2019 und ist daher nicht von der Corona- Pandemie beeinflusst, sondern bildet die Verhältnisse „vor Corona“ ab. Bezogen auf die Männer, die Paysex in Anspruch genommen hatten, ergaben sich folgende Quoten hinsichtlich der Marktumgebung der Inanspruchnahme (Mehrfachnennungen möglich): Straßenprostitution: 17 % Sex in einem Bordell: 78,6 % Sex in einer privaten Wohnung: 23,6 % Escort Service/Call Girl /Call Boy: 7,2 % Andere Art der sexuellen Dienstleistung: 0,6 % Summe: 127 % Skaliert man die Quoten herunter auf eine Summe von 100 %, ergibt sich für die Bordelle ein Anteil von 61,9 % (und z.B. für den Straßenstrich 13,4 %). Wenn man davon ausgeht, dass die angegebene Verteilung der Marktumfelder mit der tatsächlichen Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen quantitativ proportional korreliert, kann daraus ebenfalls eine Hochrechnung auf die Anzahl der in Deutschland tätigen Prostituierten getätigt werden. 8 Wie bereits oben erwähnt, ist davon auszugehen, dass in Bordellen – die hier stellvertretend für betreibergeführte In-Door-Prostitutionsstätten stehen – einige Jahre nach Inkrafttreten des ProstSchG nur noch registrierte Prostituierte arbeiten können, weil der Betreiber ansonsten extrem hohe wirtschaftliche Risiken eingehen würde. Selbst wenn man in einem Worst-Case-Szenario annehmen würde, dass alle SW, die außerhalb von Bordellen (im Sinne dieser Studie definiert) arbeiten, nicht registriert seien, ergäbe sich ein Verhältnis von 61,9 % registriert zu 38,1 % nicht registriert; auf eine registrierte SW kämen in diesem Worst-Case-Szenario 0,62 unregistrierte SW. Bezogen auf die zum 31.12.2022 registrierte Anzahl von 28278 SW errechnet sich im Worst-Case- Szenario (x 1,62) eine Anzahl von 45700 SW. Die methodisch hochwertige Studie kann aufgrund der repräsentativen Auswahl der Befragten, eingebettet in die GeSiD-Studie, eine hohe Repräsentativität in Anspruch nehmen. Einschränkend ist zwar anzumerken, dass auch Inanspruchnahme von Paysex im Ausland in die o.g. Daten der 609 Männer mit Paysex-Erfahrung einging. Dieses dürfte die quantitative Verteilung aber nicht zugunsten des Anteils der Bordelle verzerrt haben, da es in manchen Ländern im Ausland gar keine Bordelle und ähnliche Prostitutionsstätten gibt (sondern z.B. nur Straßenstrich, Fenster, private Wohnung, Escort). Falls es durch Inklusion von Paysex im Ausland daher zu Verzerrungen kam, kann dieser nur zulasten der „Bordelle“ und zugunsten der anderen Marktumfelder erfolgt sein. Zusammenstellung der aktuellen Hochrechnungen und Modellierungen aus der Zeit nach Inkrafttreten des ProstSchG: Tagaktuell (d.h. an einem bestimmten Tag aktiv tätig, taggleich aktiv): 30000 – 40000 (Dona Carmen für 2017-2018, vor Corona) (Punktprävalenz an einem konkreten Tag) Innerhalb eines unterjährigen Zeitraumes tatsächlich in der Sexarbeit aktiv: 19500 – 56500 (SCHMIDT 2023) für Ende 2022, heruntergebrochen auf „aktive Phasen von SW“, aber nicht auf den konkreten einzelnen Tag (d.h. auch SW, die an einem fiktiven Stichtag einen freien Tag oder einen kurzen, zeitlich klar definierten Urla ub hatten, gelten als „aktiv tätig“ ); Hochrechnung basierend auf der amtlichen Zahl registrierter SW zum 31.12.2022 (Prävalenz in einem unterjährigen Zeitraum) 45700 (Hochrechnung auf Basis der Marktumfeld-Analyse in der Männer-Befragung von DÖRING et al.); Hochrechnung basierend auf der amtlichen Zahl registrierter SW zum 31.12.2022 (daher ebenfalls Prävalenz in einem unterjährigen Zeitraum) 47000 (Dona Carmen 2023) (Quote nicht registrierter SW: 40 %; Hochrechnung basierend auf der amtlichen Zahl registrierter SW zum 31.12.2022) 88800 (Erobella) (Quote nicht registrierter SW: 68,2 %; Hochrechnung basierend auf der amtlichen Zahl registrierter SW zum 31.12.2022) Kumulative Jahres-Prävalenz der irgendwann im Jahresverlauf (d.h. im Verlauf eines vollen Kalenderjahres) wenigstens vorübergehend in Deutschland tätigen SW: Maximal (!) 90000 (Dona Carmen 2020) gültig für die Jahre 2017 und 2018 (vor Corona!) 9 Fazit der aktuellen Hochrechnungen Alle voneinander unabhängigen Hochrechnungen, von denen keinesfalls alle auf der amtlichen Statistik der registrierten Prostituierten in Deutschland beruhen, führen zu dem Ergebnis, dass in Deutschland – selbst wenn man die Anzahl kumuliert über den ganzen Verlauf eines ganzen Jahres betrachtet – weniger als 100000 Prostituierte aktiv tätig sind; bei taggenauer Analyse, wie viele Prostituierte an einem konkreten Tag tatsächlich der Sexarbeit nachgehen, wären es noch deutlich weniger. Auch wenn in manchen Hochrechnungen die Anzahl der zum Stichtag 31.12.2022 registrierten SW als Basis zur Hochrechnung der Gesamtzahl der Prostituierten zugrunde gelegt wurde (unter Berücksichtigung nach verschiedenen Methoden erhobener Anteile der nicht registrierten Prostituierten), ist zu beachten, dass diese offizielle Zahl zum Stichtag 31.12.2022 auch „Karteileichen“ enthält: SW, die Sexarbeit beendet haben, aber sich noch nicht abgemeldet haben, ihre Abmeldung ganz vergessen haben, oder ohne an die Abmeldung zu denken ins Heimatland zurückgekehrt sind. Diese fallen ja erst verspätet aus der amtlichen Statistik heraus, nämlich dann, wenn ihre Anmeldebescheinigung abläuft und keine Verlängerung von ihnen beantragt wird. Wenn heutzutage in politischen Kreisen oder bei Verfechters des Nordischen Modells außerhalb der Politik noch mit Zahlen von 200000 und mehr SW in Deutschland argumentiert wird, so handelt es sich um eine politische Propaganda, die jeglicher aktuellen Grundlage entbehrt, sondern auf veralteten Schätzungen beruht, die durch die Einführung und Umsetzung des ProstSchG sowie Effekte aus der Corona-Pandemie längst überholt sind. Nachfrageorientierte Betrachtungsweise Noch ein weiterer Aspekt führt die politisch und populistisch behaupteten SW-Zahlen für Deutschland ad absurdum. Die im Ärzteblatt publizierte Studie von DÖRING et al. (s.o.), basierend auf einem repräsentativ nach wissenschaftlichen Kriterien ausgewählten Sample von 2265 Männern (mit Angaben zur Inanspruchnahme von Sexdienstleistungen) im Rahmen der GeSiD-Studie, kam zu dem Ergebnis, dass 4,0 % der befragten Männer innerhalb des letzten Jahres Paysex in Anspruch genommen hatten (1- Jahres-Prävalenz der Inanspruchnahme von Paysex: 4,0 %, 95%-Konfidenzintervall: 3,1 – 5,2 %). Hochgerechnet auf grob 30 Millionen männliche Einwohner der Altersgruppe 18 – 75 Jahre in Deutschland ergäben sich also gerade einmal 1,2 Millionen Männer, die binnen eines ganzen Jahres mindestens einmal Paysex in Anspruch genommen haben. Selbst wenn man einmal völlig unrealistischerweise annehmen würde, dass alle diese 1,2 Millionen Männer im Durchschnitt (!) einmal wöchentlich Paysex in Anspruch nehmen würden, ergäben sich gerade einmal 171.000 Sexkontakte pro Tag (zzgl. einiger Touristen oder Messebesucher aus dem Ausland – umgekehrt nimmt aber auch ein Teil der 1,2 Millionen Männer aus Deutschland Paysex im Ausland in Anspruch, so dass sich grenzüberschreitende Effekte gegenseitig neutralisieren). Bei 200000 bis 250000 SW wären dies dann durchschnittlich 0,68 bis 0,86 Kunden pro Tag. Wie können SW von so wenigen Kunden leben – nach Abzug der Kosten wie Mieten, Eintritte in Prostitutionsbetriebe und dem Lebensunterhalt in Deutschland? 10 Und würden die 1,2 Millionen Männer, die binnen Jahresfrist mindestens einmal Paysex in Anspruch nehmen, dieses im Durchschnitt einmal monatlich tun, ergäben sich nur 0,16 bis 0,20 Kunden pro Tag und SW. Fazit: es ist offensichtlich, dass die ca. 1,2 Millionen Männer zwischen 18 und 75 Jahren, die im Verlauf eines Kalenderjahres in Deutschland Sexdienstleistungen in Anspruch nehmen, keinesfalls in der Lage sind, 200000 und mehr SW wirtschaftlich zu unterhalten. Einem fiktiven Gegenargument, dass die in Deutschland arbeitenden SW auch noch Einnahmen durch Touristen und Messebesucher aus dem Ausland hätten, die über die DÖRING-Studie nicht erfasst wären, steht entgegen, dass in der DÖRING-Studie 14,4 % der Männer aus Deutschland, die Paysex in Anspruch nahmen, dies nur um Ausland, und weitere 12,7 % sowohl im Inland wie im Ausland taten. Grenzüberschreitende Inanspruchnahme von Sexdienstleistungen zugunsten und zulasten der in Deutschland tätigen SW gleichen sich somit weitgehend aus. Außerdem ergab die DÖRING-Studie, dass Männer, die Sexdienstleistungen in Anspruch genommen haben (Lebenszeitprävalenz), in ihrem gesamten Leben bisher durchschnittlich 7,3 bezahlte SexpartnerInnen hatten (n = 529 Männer mit Paysex-Erfahrung und mit entsprechenden Angaben) – lebenslang und weltweit (also nicht nur auf Inanspruchnahme von Paysex in Deutschland beschränkt). Eine so geringe lebenslange Anzahl von bezahlten Sexpartnerinnen ist aber inkompatibel mit der Annahme, dass alle 1,2 Millionen Männer, die binnen eines Jahres Paysex in Anspruch nehmen, dies im Durchschnitt einmal pro Woche praktizieren würden: bei einem solchen Szenario würden sich viel höhere Zahlen für die Lebenszeitprävalenzen von bezahlten SexpartnerInnen ergeben müssen. Als Fazit bleibt daher festzuhalten, dass die im Rahmen der repräsentativ GeSiD-Studie ermittelte Anzahl von aktiven Freiern (4,0 % auf Jahresbasis; Konfidenzintervall: 3,1 – 5,2 %) und die lebenslang kumulierte Anzahl von Paysex-PartnerInnen pro Freier (durchschnittlich 7,3 bezahlte Sexpartnerinnen lebenslang, wobei in dieser Zahl Paysex im Ausland bereits inkludiert ist) nicht in der Lage ist, 200000 bis 250000 SW in Deutschland zu unterhalten. Die GeSiD-Studie fand 2018 – 2019 in Deutschland statt, also vor Corona. Der Umstand, dass „nur“ 4,0 (3,1 – 5,2 %) der befragten Männer zwischen 18 und 75 Jahren binnen eines Jahres Paysex in Anspruch genommen haben, kann also nicht mit Zurückhaltung wegen Corona erklärt werden (was der Umstand, dass die Studie 2022 publiziert wurde, eventuell suggerieren könnte). Die Nachfrage nach Paysex ist also in Deutschland viel zu klein, als dass hier im Jahresverlauf 200000 – 250000 Personen der Sexarbeit nachgehen könnten. Es gibt schlichtweg nicht genügend aktive Freier! 11 Deutschland als Bordell Europas? Ermittlung der SW-Dichte für Deutschland Die Erkenntnis, dass die in politischen Kreisen und von Kämpfern für das Nordische Modell für Deutschland genannten Prostituierten-Zahlen nicht mehr zutreffen, sondern längst veraltet sind, beantwortet aber noch nicht die Frage nach Deutschland als dem Bordell Europas. Hierzu müssen die SW-Prävalenzen in Beziehung zur Einwohnerzahl gesetzt werden, um die Prostituierten-Dichte ( kurz: SW-Dichte) pro 1000 Einwohner zu ermitteln. Nur dann ist ein Vergleich mit anderen Ländern Europas möglich, da die Einwohnerzahlen in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich ausfallen. Da Deutschland von der Einwohnerzahl her das einwohnerstärkste Land Europas nach Russland darstellt, ergibt es sich natürlicherweise, dass hier mehr SW anzutreffen sind als in viel kleineren Ländern. Das allein macht Deutschland aber nicht zum „Bordell Europas“ – es kommt auf die SW-Dichte, also das Verhältnis Prostituierte / Einwohnerzahl an. Setzt man die o.g. aktuellen Hochrechnungen somit in Beziehung zur Anzahl der Einwohner in Deutschland (30. September 2023: 84607000 Personen), so kommt man auf „maximal“ 1,06 SW / 1000 Einwohner, und auch das nur bei der kumulativen ganzjahresbezogenen Betrachtungsweise von Dona Carmen, d.h. einschließlich unterjähriger Ein- und Ausstiege (kumulative Jahresprävalenz). Diese Prävalenz liegt über der taggenauen Punktprävalenz (0,35 – 0,5 / 1000) und der Prävalenz für längere, aber unterjährige Betrachtungszeiträume (0,5 – 1,0 / 1000) (Prävalenz für Zeiträume, die länger als ein konkreter Tag sind, aber unterhalb der kumulativen Prävalenz eines vollen Kalenderjahres, d.h. zwischen taggenaue Punktprävalenz und kumulativer Ganzjahresprävalenz; diese Zahlen ergeben sich aus Hochrechnungen ausgehend von der Anzahl der zum 31.12.2022 amtlich registrierten Prostituierten). Taggenaue Prävalenz (Punktprävalenz): 0,35 – 0,5 / 1000 Prävalenz in unterjährigen Zeitabschnitten (Abschnittsprävalenz): 0,5 – 1,0 / 1000 Über ein volles Kalenderjahr kumulierte (aggregierte) Jahres-Prävalenz: <= 1,06 / 1000 Ermittlung der SW-Dichte für andere europäische Länder Methodik: Google-Suche Freitext (number sexworkers [country]; number prostitutes [country], how many prostitutes in [country]?, sowie https://en.wikipedia.org/wiki/Prostitution_statistics_by_country https://en.wikipedia.org/wiki/Prostitution_in_Europe https://de.wikibrief.org/wiki/Prostitution_in_[country] https://eurosexscene.com/sex-in-[country] Russland, Weißrussland, Ukraine, Türkei blieben unberücksichtigt; ebenso Rumänien und Bulgarien als wichtigste Herkunftsländern von migrantischen SW, die in anderen Ländern Europas tätig sind. 12 Sehr kleine Länder (z.B. Andorra, San Marino, Monaco, Liechtenstein, Zypern) blieben ebenfalls unberücksichtigt. Länder mit Sexkaufverbot blieben unberücksichtigt, weil wegen der damit verbundenen besonders ausgeprägten Verstecktheit der Sexarbeit keine realistischen Zahlen zu erwarten sind und daher keine Vergleichbarkeit mit Ländern ohne Sexkaufverbot gegeben ist. Es ist hier von einer wesentlich höheren Dunkelziffer auszugehen als in Ländern, in denen Sexkauf nicht aktiv kriminalisiert ist. Die Prostituierten-Dichte (=SW-Dichte) wird pro 1000 Einwohner berechnet. Bevölkerungszahlen wurden nach Stand von 2023 zugrunde gelegt, auch wenn die Angaben zur Anzahl der Prostituierten schon älter sind. Dies mag zu einer Unterschätzung der SW-Dichte in manchen europäischen Ländern führen, da migrationsbedingt europäische Länder eher Bevölkerungszuwächse als – rückgänge verzeichnen. Albanien Für Albanien (ca. 2,8 Millionen Einwohner) wurde für 2006 eine Spanne von 5000 bis 30000 Prostituierten angegeben. https://en.wikipedia.org/wiki/Prostitution_statistics_by_country Die große Unsicherheit könnte damit zusammenhängen, dass das Anbieten von Sexdienstleistungen verboten ist; die Inanspruchnahme ist aber legal. Auch neuere Quellen geben diese Spanne (5000 – 30000) weiterhin an: http://coalition.org.mk/archives/79?lang=en#:~:text=There%20are%20no%20accurate%20estimates, NGO%20sources%20up%20to%2030%2C000.&text=Girls%20from%20other%20Eastern%20European ,destination%20countries%20in%20Western%20Europe. Ebenso: https://swannet.org/sex-work-in-albania-an-overview/ Die Schätzungen (5000 - 30000) liegen mit einer Dichte von 1,7 bis 10,3 / 1000 Einwohner deutlich über der aktuellen SW-Dichte in Deutschland (~ 1/1000 oder darunter). Belgien Für Belgien, wo Prostitution in 2022 komplett entkriminalisiert wurde, wird von 20000 – 30000 SW ausgegangen. https://de.wikipedia.org/wiki/Prostitution_in_Belgien#:~:text=In%20Belgien%20sind%20etwa%2020. 000%20bis%2030.000%20Prostituierte%20t%C3%A4tig. Eine andere Quelle spricht von 26000 Prostituierten in 2015: https://en.wikipedia.org/wiki/Prostitution_statistics_by_country, 13 https://de.wikibrief.org/wiki/Prostitution_in_Belgium Eine aktuelle Seite gibt 15000 bis 30000 Prostituierte an: https://eurosexscene.com/sex-in-belgium/ Eine Quelle aus 2020 nennt 28000 Prostituierte: https://www.brusselstimes.com/136872/no-mans-land-belgiums-red-light-district Eine Quelle aus 2022 geht vom 7- bis 8-Achtfachen der Zahl 3000, also 21000 bis 24000 SW aus: https://www.lemonde.fr/en/international/article/2022/06/02/belgium-decriminalizes-sex- work_5985486_4.html Bei 11,7 Millionen Einwohnern ergibt die Spanne zwischen 15000 und 30000 Prostituierten eine SW- Dichte von 1,3 bis 2,6 / 1000 Einwohner und damit über den aktuellen realistischen Hochrechnungen in Deutschland (<= 1 / 1000) und überschneidend mit den Schätzungen der Propagandisten des Sexkaufverbots in Deutschland (2,4 – 3,0 /1000). Spanne der Schätzungen für Belgien: 15000 bis 30000 Alle Schätzungen liegen mit einer Dichte von 1,3 bis 2,6 / 1000 deutlich über der aktuellen SW-Dichte in Deutschland (~ 1/1000 oder darunter) Bosnien - Herzegowina Für Bosnien-Herzegowina (ca. 3,2 Millionen Einwohner) wurde für 2016 von UNAIDS eine Anzahl von 4000 Prostituieren angegeben. https://en.wikipedia.org/wiki/Prostitution_statistics_by_country Das Anbieten von Sexdienstleistungen ist verboten; die Inanspruchnahme ist aber legal. Die Schätzung (4000) liegt mit einer Dichte von 1,25 / 1000 leicht über der aktuellen SW-Dichte in Deutschland (~ 1/1000 oder darunter). Dänemark In Dänemark wurde die Anzahl der SW im Jahr 2008 auf 5500 geschätzt: https://de.wikibrief.org/wiki/Prostitution_in_Denmark, für 2009 auf 6000: 14 https://en.wikipedia.org/wiki/Prostitution_statistics_by_country Eine andere Quelle nennt nur 3200 Prostituierte, verbunden mit der Jahreszahl 2011: https://www.wikisexguide.com/wiki/Denmark, https://www.wikisexguide.com/wiki/Copenhagen Die letztgenannte Quelle erwähnt aber „mehr als 400 Bordelle“ in Dänemark bei recht geringem Anteil der Straßenprostitution (600/3200 = 18,75 % Straßen-Prostituierte). Eine weitere Quelle gibt 3200 – 5500 Prostituierte an: https://denmark.net/prostitution-denmark/ Bei 5,9 Millionen Einwohnern ergibt dies eine Prostituiertendichte von 0,54 bis 1,0 pro 1000 Einwohner und damit im Bereich der aktuellen realistischen Hochrechnungen für Deutschland (<= 1 / 1000). Die Bordell-Dichte liegt mit > 6,8 / 100.000 weit über der Dichte der Prostitutionsbetriebe gemäß ProstSchG in Deutschland (2,7 / 100.000). Estland Für Estland wird die Anzahl der Prostituierten auf ca. 1000 geschätzt (UNAIDS), https://en.wikipedia.org/wiki/Prostitution_statistics_by_country andererseits werden allein für die Hauptstadt Tallin 1000 Prostituierte genannt, was für höhere Zahlen im gesamten Land spricht: https://de.wikibrief.org/wiki/Prostitution_in_Estonia Eine detaillierte Studie basierend auf Untersuchungen aus dem Jahr 2005 kam jedoch zu dem Ergebnis, dass in Estland etwa 3000 Prostituierte tätig sind (S. 4): http://lft.ee/admin/upload/files/Prostitution_in_Estonia__ingl.pdf Ältere Daten (2004) sprechen sogar von 4000 Prostituierten in Estland und weisen auf eine höhere Prostituiertendichte in Estland im Vergleich zu Deutschland hin, für das zum damaligen Zeitpunkt 300000 Prostituierte von den Autoren angenommen wurden: https://www.baltictimes.com/news/articles/9230/#:~:text=In%20all%2C%20there%20are%20about, Finns%2C%20according%20to%20the%20institute. Vgl. auch hier: https://eurosexscene.com/sex-in-estonia/ Bei 1,3 Millionen Einwohnern ergibt diese Spanne von 1000 bis 4000 SW eine Prostituiertendichte von 0,8 – 3,2 / 1000 Einwohner und damit mindestens im Rahmen der aktuellen realistischen Hochrechnungen in Deutschland (<= 1 / 1000), aber möglicherweise auch auf dem Niveau der Propagandisten des Nordischen Modells für Deutschland (2,4 – 3,0 / 1000). 15 Finnland Für Finnland (ca. 5,6 Millionen Einwohner) wurden 2009 4000 Prostituierte angegeben: https://en.wikipedia.org/wiki/Prostitution_statistics_by_country Ebenso: „the best estimates suggest that around 4000 prostitutes work in Finland with 70% of these being foreign“. Quelle: https://eurosexscene.com/sex-in-finland/ Ein aktueller Preprint (GUNST Annika et al., „ Sex Workers’ Professional Agency, Quality of Life, and Problematic Substance Use in Finland “ ) schätzt die Anzahl aber auf 5000 – 6000: https://osf.io/preprints/psyarxiv/e8tpk Bei 5,6 Millionen Einwohnern ergibt dies eine Prostituiertendichte von 0,7 – 1,1 / 1000 Einwohner und damit im Rahmen der aktuellen realistischen Hochrechnungen für Deutschland (<= 1 / 1000). Legt man nur die aktuellste Schätzung für Finnland zugrunde (5000 – 6000 SW), liegt man mit 0,9 – 1,1 / 1000 im Korridor der aktuellen Schätzungen für Deutschland auf Basis der Ganzjahres- Prävalenz. Griechenland Für Griechenland wird die Anzahl der Prostituierten auf ca. 20000 geschätzt: https://de.wikibrief.org/wiki/Prostitution_in_Greece Daneben gibt es eine ältere Schätzung aus dem Jahr 2009 (d.h. noch vor Beginn der Schuldenkrise in Griechenland, die 2010 einsetzte) zwischen 10500 und 15000: https://en.wikipedia.org/wiki/Prostitution_statistics_by_country aber 17000 in 2012 und 18000 in 2015: https://greekreporter.com/2015/07/02/sex-industry-in-greece-grows-amidst-the-financial-crisis/, ebenso: https://www.ibtimes.co.uk/greek-crisis-thriving-sex-industry-shows-austerity-has-violated-womens- rights-1508814 Aktuellere Schätzungen weisen auf 1000 lizenzierte Prostituierte und über 20000 illegale SW hin: https://eurosexscene.com/sex-in-greece/: „There are estimated to be over 800 brothels in Greece though only a few hundred of these are licensed. The state holds around 1000 licenses for prostitutes, but it is estimated that more than 20,000 women are working illegally in the trade.“ 16 Bei mindestens 800 Bordellen ergibt sich eine Bordelldichte von mindestens 7,8 / 100.000 Einwohner – im Vergleich zu 2,7 / 100.000 Einwohner für Prostitutionsbetriebe gemäß ProstSchG in Deutschland. Eine andere Quelle nennt mindestens 600 illegale Bordelle (Sachkenntnis von Red Umbrella Athens), d.h. > 5,8 / 100.000 Einwohner: https://www.thejakartapost.com/news/2020/07/05/prostitution-in-post-lockdown-greece-is- russian-roulette.html 350 Bordelle gibt es allein in Athen: https://neoskosmos.com/en/2012/09/20/news/greece/only- four-of-350-brothels-in-athens%20licensed/ Spanne der aktuelleren Schätzungen (d.h. nach Beginn der Schuldenkrise) für Griechenland: 17000 bis > 20000 Bei 10,3 Millionen Einwohnern ergibt sich eine Prostituiertendichte von 1,7 bis > 1,9 / 1000 und damit deutlich über dem Niveau der aktue