Supply Chain Design Prof. Dr. Michael Henke Agenda 1. Umfeldfaktoren, Unternehmensstrategie und SC-Design 2. Stellschrauben in der Supply Chain 3. Supply Chain Design nach Nyhuis 4. SCM und Fertigungsstrategien 5. Auftragsentkopplungspunkt 6. Postponement 7. Sourcing-Konzepte 8. Versorgungskonzepte 9. Standortwahl und Allokation der Kunden Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 2 1. Umfeldfaktoren, Unternehmensstrategie und SC-Design Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 3 3. Supply Chain Design nach Nyhuis Die Optimierung von Supply Chains wird durch ein systematisches Vorgehen erreicht. Kunden Analyse Zielsetzung • Wer sind die Kunden? • Positionierung • Geschäfts-strategien • Was sind die gegenüber Kunden- • Kunden-orientierung Anforderungen und anforderungen • Zielsystem Wünsche des Kunden? • Positionierung im Wettbewerb SC-Prozesse SC-Ressourcen SC-Struktur • Wie sind Prozesse zu • Welche Ressourcen • Welche Struktur wird gestalten? werden benötigt? benötigt? • Welche Verfahren & IT- • Wie werden Ressourcen • Welche Maßnahmen Unterstützung werden allokiert? sind erforderlich? eingesetzt • Welche Maßnahmen • Welche Potenziale sind • Prozessparameter sind erforderlich? realisierbar? Wechselseitige Beeinflussung Unternehmenslogistik und Supply Chain Management [Nyhuis, 2003] 4 3. Supply Chain Design nach Nyhuis Kunden Kunden Differenzierungen nach • Wer sind die Kunden? Bestandskunden und (potentiellen) Neukunden • Was sind die Produkten bzw. Produktbereichen Anforderungen und Wünsche des Kunden? Geographisch Branchen des Kunden Vertriebswege (Handel versus Direktverkauf) Standard- versus Projektgeschäft Anforderungen der Kunden aus logistischer Sicht Lieferzeit bzw. Verfügbarkeit Servicegrad Liefertermintreue Servicegrad Flexibilität Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 5 3. Supply Chain Design nach Nyhuis Analyse Analyse Gegenüberstellung von Leistungen und Anforderungen • Positionierung Ziel-Lieferzeit versus IST-Lieferzeit gegenüber Kunden- Ziel-Servicegrad versus IST-Servicegrad anforderungen • Positionierung im Probleme Wettbewerb Kennt das Unternehmen die IST-Lieferzeit? Kennt das Unternehmen den IST-Service-Grad? Wie bestimme ich die Ziel-Lieferzeit und den Ziel- Servicegrad? Kundenbefragung Einschätzung vom Marketing Analyse der Leistungen des Wettbewerbs (Benchmarks) Szenarienbildung: Was würden eine bestimmte Lieferzeit bzw. eine Servicegrad kosten? Man berechnet im Voraus, was passiert, wen man an den Stellschrauben der Supply Chain dreht. Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 6 3. Supply Chain Design nach Nyhuis SCM-Strategie nach Lee Zielsetzung Die SCM-Strategie hängt von der • Geschäfts-strategien Nachfrage und Versorgung ab • Kunden-orientierung Neben den Kundenanforderungen • Zielsystem und dem Marktverhalten muss auch die Lieferantenseite betrachtet werden. Nachfrageunsicherheit Wichtige Determinanten der niedrig hoch Versorgungssicherheit sind niedrig Lieferzeiten und Termintreuen der Versorgungsunsicherheit Effiziente Reaktions-fähige jeweiligen Lieferanten. Supply Chains Supply Chains Risiko Agile absichernde Supply Chains Supply Chains hoch Unternehmenslogistik und Supply Chain Management Quelle: Arten von Supply Chains nach Lee (Lee 2002, S.108) 7 3. Supply Chain Design nach Nyhuis SCM-Strategie nach Fisher Merkmal Physisch-effiziente SC Reaktionsfähige SC Zielsetzung • Geschäfts-strategien Dominante Funktion Physische Funktion Marktmediationsfunktion • Kunden-orientierung • Zielsystem Produktions-, Transport und Reaktionszeit, Stockouts und Primärziel Lagerkosten unverkaufte Ware vermeiden Hersteller-Fokus Hohe Kapazitätsauslastung Kapazitätsreserven vorhalten Hohe Umschlagsrate, Hohe Sicherheitsbestände am Lagerstrategie minimale Bestände richtigen Ort Reduzieren, solange Kosten Aggressive Investitionen in Durchlaufzeit-Fokus nicht steigen Verkürzung Kriterien zur Zulieferer- Geschwindigkeit, Flexibilität, Kosten, Qualität Auswahl Qualität Performance maximieren, Modulares Design, Produktdesignstrategie Kosten minimieren Postponement Kritische Informationsflüsse Mit Zulieferern Mit Zulieferern und Markt Unternehmenslogistik und Supply Chain Management Quelle: Arten einer Supply Chain nach Fisher (Alicke 2005, S.149 8 4. SCM und Fertigungsstrategien Eine zentrale Frage in einer Supply Chain ist die anzustrebende Lieferzeit zum Kunden. Ist diese Zeit kürzer als die Wiederbeschaffungszeit, dann müssen Produkte oder Vorprodukte gelagert werden. Generell kann zwischen drei Hauptfertigungsstrategien unterschieden werden (vgl. auch die Einteilung nach SCOR): MTS (Make to Stock) = kundenanonyme Lagerfertigung MTO (Make to Order) = Kundenauftragsfertigung ETO (Engineer to Order) = kundenspezifische Konstruktion/Konfiguration und Fertigung für den Kundenauftrag In einer betriebsübergreifenden Supply Chain erfolgt in der Regel ein Übergang zwischen MTO/ETO und MTS. Diese Stelle wird Kundenauftragsentkopplungspunkt (Order Penetration Point) genannt. Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 9 5. Der Auftragsentkopplungspunkt Auftragsentkopplungspunkt und Fertigungsstrategien Prod1 Prod2 Prod3 Kunde EtO Variantenbildung Pull (auftragsgesteuert) MtO generische Teile Variantenbildung Push Pull (auftragsgesteuert) (prognosegesteuert) MtS generische Teile Push (prognosegesteuert) Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 10 5. Der Auftragsentkopplungspunkt SCM-Strategie: Lagerfertigung vs. Auftragsfertigung Das Verhältnis zwischen Gesamtdurchlaufzeit und gewünschter Lieferzeit bestimmt die Nachfrageschwankung hoch ETO Fertigungsstrategie MTO ATO Die Wahl der Fertigungsstrategie muss für einzelne MTO ATO MTS Geschäftsbereiche und meist auch gering MTS Artikelgruppen differenziert erfolgen Mitunter kann auch eine kürzer 1 länger Differenzierung nach Verhältnis zwischen Durchlaufzeit und gewünschter Lieferzeit Kundengruppen sinnvoll sein MTS = Make-to-Stock MTS für Großkunden mit stabiler ATO = Assemble-to-Order Nachfrage MTO = Make-to-Order ETO = Engineer-to-Order MTO für das Projektgeschäft Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 11 6. Postponement Beispiel Computer-Herstellung Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 12 6. Postponement Beispiel Computer-Herstellung Viele Variationsmöglichkeiten Gehäuseform Gehäusefarbe Hauptspeicher (2 GB, 4 GB, 8 GB) Größe der Festplatte (320 GB, 500 GB, …) Laufwerk (Blu-Ray und/oder CD/DVD+RW) Stromversorgung (110 versus 220 V) und Netzteil Betriebssystem (Windows 7 Home Edition, Windows 7, Linux, …) Standardsoftware Viele unterschiedliche Produkte Risiko, die falschen Produkte auf Lager zu haben Unternehmenslogistik und Supply Chain Management Bilder: Dell 13 6. Postponement Postponement bedeutet, die Variantenbildung möglichst spät zu initiieren. Späte Variantenbildung sorgt dafür, dass die Variantenbestände nur noch auf der letzten Stufe, d. h. sehr nah am Kunden, nötig sind. Anwendung des Postponements Die Fertigungsstrategien des Postponements haben sich insbesondere für diejenigen Produkte bewährt, mit einer hohen Produktvielfalt und einer hohen Nachfrage bei zeitgleich hoher Produktionszeit und einer geringen Reaktionszeit. Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 14 6. Postponement Wie kann das Ziel der späten Variantenbildung erreicht werden? Kenntnis des Prod1 Prod2 Prod3 Kunde Auftragsentkopplungspunktes erforderlich Varianten- generische Teile bildung durch gezielte produkt- und fertigungsprozessbezogene Push Pull Maßnahmen Agieren Reagieren Fertigungspostponement (make-to-stock) (make-to-order) durch gezielte materialflussbezogene / Auftrags- logistische Maßnahmen entkopplungs- punkt Geographisches Postponement oder in Kombination der Maßnahmen Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 15 6. Postponement Postponement-Strategien nach Cooper / Pagh Logistik Spekulation Postponement (Dezentrale Lagerung) (Zentrallager mit direkter Lieferung) Spekulation Reine Geographisches (Make to Stock) Spekulationsstrategie (Logistisches) Fertigung Postponement Postponement Fertigungs- Reine Postponement- (Make to Order) postponement strategie Pagh, Janus D., Cooper, Martha C.: Supply Chain Postponement and Speculation Strategies: Unternehmenslogistik und Supply Chain Management How to choose the right Strategy. In Journal of Business Logistics, Vol. 19., No. 2, 1998 16 6. Postponement Reine Spekulationsstrategie – Make to Stock Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 17 6. Postponement Fertigungspostponement – Make to Order Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 18 6. Postponement Geographisches Postponement Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 19 6. Postponement Reines Postponement Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 20 7. Sourcing-Konzepte Sourcing-Konzepten legen die Prinzipien fest, nach denen ein Hersteller seine Sachgüter bezieht: Lieferantenkonzepte verfolgen eine Einteilung nach der Anzahl der Bezugsquellen für ein Beschaffungsobjekt Objektkonzepte verfolgen eine Unterteilung nach der Komplexität des jeweiligen Beschaffungsproduktes Arealkonzepte nehmen eine Einteilung nach der räumlichen Ausdehnung des Beschaffungsmarktes vor Subjektkonzepte differenzieren die Beschaffungsstrategie nach Struktur der beschaffenden Organisation Lieferantenkonzepte Sole Single Dual Multiple Objektkonzepte Unit Modular System Black-Box Arealkonzepte Local Domestic Euro Global Subjektkonzepte Individual Collective Sole Sourcing: Verschärfung des Single Sourcings: Es gibt nur einen Lieferanten am Markt. Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 21 7. Sourcing-Konzepte Vor- und Nachteile des Single Sourcings Vorteile Nachteile Einfachere Koordination durch Erhöhtes Versorgungsrisiko durch die Konzentration auf wenige Lieferanten Konzentration auf nur einen Lieferanten Reduzierte Prozesskosten durch Steigende Abhängigkeit von der weniger Transaktionen Geschäftsentwicklung des Lieferanten Verbesserte Kommunikation durch Innovationen von Wettbewerbern des engere Zusammenarbeit Lieferanten können nicht eingesetzt Steigende Einflussmöglichkeit auf werden Lieferanten Immer gleiche Qualität von einem Lieferanten Geringere Einkaufspreise durch höheres Beschaffungsvolumen Ggf. niedrigere Transportkosten durch hohes Transportvolumen Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 22 7. Sourcing-Konzepte Vor- und Nachteile des Multiple Sourcings Vorteile Nachteile Geringeres Versorgungsrisiko durch Höhere Transaktionskosten durch die Möglichkeit zur Abfederung von eine große Lieferantenbasis Produktionsstörungen und - Geringere Einflussmöglichkeiten auf unterbrechungen beim Lieferanten Lieferanten durch geringere Niedrigere Einstandspreise durch eine Marktmacht hohe Wettbewerbsintensität unter Verschlechterte Prozesse in der den Lieferanten Beschaffungslogistik durch die Vielzahl Hohe Flexibilität gegenüber an Prozessbeteiligten Marktentwicklungen (z.B. Bedarfsschwankungen) sowie bei Kundenwünschen Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 23 7. Sourcing-Konzepte Arealkonzepte Arealkonzepte haben Einfluss auf die Beschaffungskosten und die Wiederbeschaffungs-zeiten Local Sourcing Domestic Sourcing Euro Sourcing Global Sourcing Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 24 7. Sourcing-Konzepte Vor- und Nachteile des Local Sourcings Vorteile Nachteil Möglichkeit kurzfristiger In der Regel keine kostenoptimierte Abstimmungen, Qualitätskontrollen Beschaffung sowie Auswahl des u.ä. durch die unmittelbare Nähe zum leistungsfähigsten Lieferanten möglich Lieferanten Gleicher Kulturraum: Sprache, Mentalität Rechtssicherheit im bekannten Rechtsraum Höhere Flexibilität des Lieferanten durch engeren Kontakt Gleiche Zeitzonen Guter Rahmenbedingungen für bedarfssynchrone Anlieferung Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 25 7. Sourcing-Konzepte Vor- und Nachteile des Global Sourcings Vorteile Nachteil Günstigere Einkaufspreise: Insbesondere für Tendenziell hohe Kosten für die Identifikation, Standardkomponenten und Rohmaterial, die Auswahl und die Bewertung Gründe für Preisvorteil sind günstigere internationaler Lieferanten Arbeitskosten und Rohmaterialien, Komplexere Lieferbedingungen durch Wechselkurse, effizientere Prozesse. Zollauflagen, Steuern u.ä. Umgehen von Local-Content-Auflagen beim Wechselkursschwankungen und Stabilität der Export Währungen Unterstützung der Wirtschaft in neuen Anspruchsvollere Logistik-Prozesse und Zielmärkten sowie an Standorten von Transportrisiken Tochterfirmen Interkulturelle Probleme (Sprache, Mentalität) Ausnutzung bzw. Ausgleich von Gefahr eines ungewollten Know-How- Währungsschwankungen Transfers Nutzung und Aneignung von internationalem Rechtsunsicherheit Know-How Längere Transportzeiten. Höhere Versorgungssicherheit durch den Abbau der Abhängigkeit von einem Beschaffungsmarkt Verhinderung von Monopol- und Oligopolstellungen Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 26 8. Versorgungskonzepte Lieferant Abnehmer Einzel- Einzel- beschaffung bestellung im Bedarfsfall Warenausgangs- Distributionskanal lager Lieferant Abnehmer Vorrats- BMI Buyer Managed bestellung Inventory Warenausgangs- Distributionskanal Wareneingangs- lager lager Lieferant Abnehmer VMI Vendor Managed Inventory Warenausgangs- Distributionskanal Lieferantenlogistikzentrum ( LLZ) lager Lieferant Abnehmer Produktions- synchrone JiT Just in Time Beschaffung Distributionskanal Warenausgangs- Warehouse on Wheels lager Lieferant Abnehmer JiS Just in Sequence Warenausgangs- Distributionskanal Warehouse on Wheels lager Verbrauchs- Lieferant Abnehmer gesteuerter Lieferanten- Lieferabruf Kanban Warenausgangs- Distributionskanal Kanban-Supermarkt lager Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 27 8. Versorgungskonzepte SCD auf Netzwerkebene Bei der Stufigkeit der Distribution kommen auch Mischformen vor: Für bestimmte Produkte bzw. Produktgruppen können Stufen ausgelassen werden. Gleiches ist auch für Kunden und/oder Standorte möglich. Stufen können auch in Abhängigkeit von der Sendungsgröße ausgelassen werden. Änderungen der Stufigkeit einer Supply Chain sind mit großen Investitionen verbunden. Diese Aufgabe wird meist nur bei grundlegender Umgestaltung bearbeitet, z. B. bei Unternehmens- übernahmen oder bei Erschließung neuer Kundenmärkte. Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 28 9. Standortwahl und Allokation von Kunden zu Standorten Sobald es mehrere Distributionsstandorte auf einer Stufe gibt, muss festgelegt werden, wo diese Standorte sind und welche Kunden von welchem Standort zu versorgen sind. Hierbei spielen die gewünschten Lieferzeiten vom Lager zum Kunden eine zentrale Rolle. Außerdem muss festgelegt werden, ob strikt allokiert wird, d. h. ein Kunden wird immer von einem Lager beliefert, oder ob dies fallweise z. B. in Abhängigkeit von der Warenverfügbarkeit im Netz erfolgt. Diese Entscheidung hat eine große Tragweite für den Auftragseinplanungsprozess Anzahl der Lager pro Stufe des Distributionssystems Größe und Standort der Lager Einzugsgebiet der Lager Unternehmenslogistik und Supply Chain Management 29
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