Co-funded by the Rights, Equality and Cizenship Programme of the European Union (2014- 2020) GUFOVA – Growing Up Free of Violence and Abuse (Aufwachsen frei von Gewalt und Misshandlung) – Aufbau von Resilienz und Stärkung von Kindern, die häusliche Gewalt erlebt haben Patricia Bell, Ravi K. Thiara und Christine Harrison Aus dem Englisch von Elke Raab phoenix@phoenix-team.net Einleitung Prävalenz von häuslicher Gewalt 1 und ihre Auswirkungen auf Kinder Anstoß zum Projekt GUFOVA, das von Februar 2019 bis Jänner 2021 von der Europäischen Union im Rahmen des Programms „Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerscha3“ 5nanziert wurde, 2 gab die Tatsache, dass häusliche Gewalt für eine äußerst große Anzahl von Frauen ein Problem darstellt und viele von ihnen zu dieser Zeit mit Kindern zusammenleben. Deutschen Stasken zufolge erfahren fast 25 % der Frauen häusliche Gewalt, die Häl3e davon leben zu dieser Zeit mit Kindern zusammen 3 ; brische Studien zeigen, dass 29,5 % aller Kinder unter 18 Jahre häuslicher Gewalt ausgesetzt sind 4 Österreich und Dänemark geben an, dass rund ein DriDel aller Frauen häusliche Gewalt erfährt, in Bosnien und Herzegowina sind es sogar 38 % 5 . Dass äußerst viele Kinder von den Auswirkungen erlebter häuslicher Gewalt betroFen sind, geht aus Untersuchungen hervor, denen zufolge viele Frauen aussagen, dass die häusliche Gewalt rund um die Geburt ihres ersten Kindes begonnen habe oder eskaliert sei 6 . Kinder im Vorschulalter sind folglich in Haushalten, in denen häusliche Gewalt vorfällt 7 , überproporonal vertreten; das zeigt, dass Frauen mit minderjährigen Kindern mit dreimal so hoher Wahrscheinlichkeit Opfer von häuslicher Gewalt werden wie Frauen ohne minderjährige Kinder 8 . Die Kosten der Auswirkungen auf das Leben von Kindern mit Erfahrungen von häuslicher Gewalt werden auf bis zu 0,5% des BIP geschätzt (siehe Method of Calculang Costs von Dr. Karin SchönpNug, GUFOVA website www.gufova.eu). Kinder, die häusliche Gewalt erleben, leiden lange unter den Auswirkungen 9 . Die Auswirkungen hängen von ihren spezi5schen Lebenssituaonen und -zusammenhängen ab, von der Häu5gkeit und Schwere der Gewalt sowie von einer Reihe von Resilienzfaktoren, die die langfrisgen Folgen abschwächen können. Es ist allerdings bekannt, dass für Kinder, die häusliche Gewalt miterleben, eine erhöhte Gefahr besteht, selbst körperliche, emoonale und sexuelle Gewalt zu erfahren 10 Gewalt und Misshandlungen enden nicht notwendigerweise mit der Trennung der Eltern 11 , es kann weiterhin zu Stalking, Gewalt gegen Frauen, die ihre Kinder zu Kontaktbesuchen begleiten, sowie zu Gewalt gegen Kinder während der Kontaktbesuche kommen 12 . Zahlreiche Untersuchungen belegen den anhaltenden EinNuss gewalDäger Ex-Partner auf das Leben von Kindern und deren MüDern noch Jahre nach der Trennung; dazu zählt auch anhaltendes zwangha3es Kontrollverhalten gegenüber den Kindern seitens des nicht sorgeberechgten Elternteils 13 . Selbst wenn die Trennung der Eltern den gewalDägen ÜbergriFen zu Hause ein Ende gesetzt haben mag, erfahren Kinder noch jahrelang gezwungenermaßen „gewalDäge Männlichkeit und eingeengte Weiblichkeit“ 1 Co-funded by the Rights, Equality and Cizenship Programme of the European Union (2014- 2020) („abusive masculinity and constrained femininity“) 14 in ihrer Lebensrealität, auf die die „abwesende Anwesenheit“ des GewalDäters weiterhin einen SchaDen wir3 15 . Kontakte nach der Trennung können schwere und für manche Kinder sogar tödliche Auswirkungen haben 16 Kinder erleben Gewalt sowohl vor als auch nach der Trennung, und es gibt eine Korrelaon zwischen häuslicher Beziehungsgewalt und sexueller Gewalt gegen Kinder 17 . Die Prävalenzen sind schwer einzuschätzen, aber eine eine Metaanalyse englischsprachiger Quellen ergab Mindestschätzungen von 15–20 % bei Mädchen und 7–8 % bei Buben 18 ; vergleichbare Zahlen gibt es aus Deutschland 19 Anders als vielfach angenommen geschieht Gewalt gegen Kinder – ebenso wie gegen erwachsene Frauen – am häu5gsten im häuslichen Bereich 20 . Die Schwierigkeiten, die Kinder haben, über ihre Erfahrungen zu sprechen, sind großteils mit den Schwierigkeiten erwachsener Opfer von Beziehungsgewalt vergleichbar, und Untersuchungen zeigen, dass die meisten Kinder nicht darüber sprechen, ehe sie erwachsen sind 21 Unterstützung für Frauen und Kinder In den 1970er Jahren boten Frauenhäuser Frauen und ihren Kindern zum ersten Mal lebensreDende Unterstützung. Das erste Frauenhaus eröFnete 1971 in Chiswick, London; es bot Frauen und Kindern, die vor der Gewalt in ihrem Zuhause Nohen, eine Notunterkun3. Die Iniave verbreitete sich schnell in ganz Europa. 1976 gab es schon über 100 Frauenhäuser im Vereinigten Königreich, drei wurden in Deutschland eröFnet (Berlin, Köln und Frankfurt), das erste österreichische Frauenhaus eröFnete 1978 in Wien, das erste dänische 1979. Da die Frauenhausbewegung aus der zweiten Frauenbewegung hervorging, waren die Frauenhäuser als nichthierarchische Einrichtungen auf der Grundlage von Selbsthilfe und gegenseiger schwesterlicher Unterstützung konzipiert. Die Empfehlung des engeren Ausschusses des brischen Parlaments über Gewalt in der Ehe 22 , pro 10.000 Einwohner*innen einen Familienplatz zu schaFen, wurde 1975 von der brischen Regierung mit der Begründung abgelehnt, die Frauenhausbewegung sei so neu, dass sie einem Nachholbedarf gegenüberstehe, der aber nicht von Dauer sein werde 23 . Dass es aktuell in ganz Europa ein Netzwerk von 1.914 Frauenhäusern gibt 24 , belegt den weiterhin bestehenden Bedarf, und die in der Istanbul- Konvenon 25 verankerte Mindestempfehlung von einem Familienplatz pro 10.000 Einwohner*innen ist weiterhin begründet. Damals wie heute ist das Ziel die Beseigung von männlicher Gewalt gegen Frauen, aber niemand häDe gedacht, dass auch 50 Jahre später Frauenhäuser immer noch Schwierigkeiten haben würden, die Nachfrage nach Unterbringung und Unterstützung für Frauen und Kinder, die vor der Gewalt in ihrem Zuhause geNüchtet sind, zu decken. Die Ra5zierung der Istanbul-Konvenon, die die Länder zur Einhaltung der Vertragsbesmmungen verpNichtet, wurde in Österreich, Bosnien und Herzegowina und Dänemark 2014, in Deutschland 2018 abgeschlossen. Zum Erstellungszeitpunkt dieses Textes Anfang 2021 hat das Vereinigte Königreich das Übereinkommen zwar unterzeichnet, aber noch nicht ra5ziert, und die Türkei ist ausgetreten. Der Erfolg der Frauenhausbewegung als Modell für die Bekämpfung von häuslicher Gewalt ist zweifelsohne dem leidenscha3lichen Einsatz feminisscher Basisiniaven zu verdanken. Das haDe umfassende gesellscha3liche Auswirkungen, unter anderem auf die Schulung einer Vielzahl von 2 Co-funded by the Rights, Equality and Cizenship Programme of the European Union (2014- 2020) Fachkrä3en wie Sozialarbeiter*innen und Polizist*innen. Weiters wurden Gesetzesänderungen erreicht: etwa die StraVarkeit von Vergewalgung in der Ehe sowie neue Rechtsschutzbesmmungen, um gewalDäge Männer vom Familienwohnsitz fernzuhalten, um Frauen und Kindern mehr Sicherheit zu gewähren. Ab den 1990er Jahren wurde das Problem gesamtgesellscha3lich immer stärker wahrgenommen und rief zusätzliche Maßnahmen wie etwa Täterprogramme auf den Plan. Darüber hinaus werden die Auswirkungen von häuslicher Gewalt auf Kinder, die bis dahin als „versteckte Opfer“ galten, miDlerweile von staatlichen Einrichtungen weitgehend anerkannt. Allerdings führte das auch zu einer Entpolisierung des Themas und zur Verlagerung des Fokus auf die Frauen. Kinder können heute als Opfer von häuslicher Gewalt anerkannt werden, aber das Ziel, sie vor den Tätern zu schützen, die mit „gemeinsamer elterlicher Sorge“ argumeneren, gilt es noch zu erreichen. Das von der EU 5nanzierte Projekt CEINAV (Cultural Encounters in Intervenons Against Violence, kulturelle Begegnungen bei Intervenonen gegen Gewalt) ermiDelte eine Tendenz zur Standardisierung von Vorgehensweisen, die die Möglichkeiten von Opfern/Überlebenden einschränken, sich in die Entscheidungs5ndung einzubringen. Das stellt eine Gefahr dar, wenn die Anerkennung der Auswirkungen von häuslicher Gewalt auf Kinder auf eine bloße Angelegenheit des Kinderschutzes reduziert wird, bei dem Intervenonen „zu ihrem Besten“ selbst zu einer Form von Zwangskontrolle werden können 26 . Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Intervenonen sich ausschließlich auf Frauen als „schlechte MüDer“ beziehen, die Täter aber zumeist unangefochten bleiben und so gut wie nie strafrechtlich verfolgt werden. 27 . Angesichts von Problemen dieser Art fordern einige eine Wiederbesinnung auf feminissche Polik, um das langfrisge Wohl sowohl von MüDern als auch von deren Kindern tatsächlich zu gewährleisten. Frauenhäuser setzen sich seit jeher für die Anerkennung von Kindern als Opfer von häuslicher Gewalt ein 28 . Studien zeigen, wie viel fachliche Erfahrung Kinderbereichs-Mitarbeiter*innen in Frauenhäusern und vergleichbaren auf häusliche Gewalt spezialisierten Einrichtungen darin erworben haben, bei Kindern Resilienz, Bewälgungsstrategien und Selbstvertrauen aufzubauen 29 Der Horizont der Kinder erweitert sich durch Gruppenarbeit, Einzelberatung und vielfälge Freizeitakvitäten; das versetzt sie in die Lage, Alternaven zu aggressivem Verhalten zu entwickeln, ihre Erfahrungen zu verstehen, ihr Selbstbild zu verändern und schulischen und beruNichen Erfolg zu haben. Frauenhäuser haben auch Kompetenz darin entwickelt, Tabus über häusliche Gewalt zu brechen, Kindern beim Heilungsprozess nach Gewalt (auch sexueller Gewalt) zu helfen, das Ansprechen zu unterstützen und geschädigte MuDer-Kind-Beziehungen in Ordnung zu bringen 30 Trotz der umfassenden Kenntnisse und Kompetenzen ist die Arbeit mit Kindern in Frauenhäusern ziemlich durchwachsen, was in erster Linie an der unzureichenden Finanzierung dieser Arbeit liegt. In einigen deutschen Frauenhäusern gibt es eingespielte Mitarbeiterinnenteams, die sich der Arbeit mit Kindern widmen, und gut ausgestaDete Freizeitbereiche sowohl im Haus als auch im Freien. Andernorts sind Frauenhäuser bei der BeschaFung von notwendigen Spielmaterialien auf Spenden und auf die Unterstützung von Freiwilligen angewiesen, die mit den Kindern AusNüge unternehmen 31 . Arbeit mit Kindern zählt nicht zu den wichgsten Tägkeiten, und das Budget dafür wird bei Ressourcenknappheit o3 als erstes gestrichen. Dennoch ist die Unterstützung von Kindern 3 Co-funded by the Rights, Equality and Cizenship Programme of the European Union (2014- 2020) eine unschätzbare Hilfe für ihre MüDer. Darüber hinaus verursacht es gesamtgesellscha3lich enorme Kosten, nicht in Hilfsangebote für Kinder zu inveseren: niedriges Bildungsniveau, schlechte Beschä3igungsaussichten und lebenslange psychische Probleme. Frauenhäuser be5nden sich in der einzigargen Lage, Kinder und ihre MüDer zu unterstützen. Während des Aufenthalts einer Familie im Frauenhaus können die anwesenden Kinderbereichs- und andere Mitarbeiter*innen immer wieder ungezwungen mit den Kindern interagieren und so rasch ein Vertrauensverhältnis auVauen. Das Kind begegnet vielleicht zum allerersten Mal einer erwachsenen Person, die oFen über Gewalt spricht, diese verurteilt und das Kind ermugt, über seine Gefühle zu sprechen. Das kann lebensverändernd sein. Von ihrer Konzepon her bieten Frauenhäuser nur vorübergehende Unterbringung; den meisten Kindern stehen die längerfrisgen Unterstützungsleistungen, die die Frauenhäuser ebenfalls anbieten, nicht zur Verfügung. Ihr weiteres Wohlergehen hängt dagegen von anderen Fachkrä3en ab, mit denen sie in der Folge zu tun haben, sowie von der Fähigkeit dieser Fachkrä3e, Kindern qualitav hochwerge Unterstützung zu bieten. Es gibt zweifelsohne einen Bedarf an dauerha3er Unterstützung für Kinder im Anschluss an ihren Aufenthalt im Frauenhaus, ebenso für die unzähligen Kinder, die aus den unterschiedlichsten Gründen niemals in ein Frauenhaus kommen. Hauptziel dieses Projekts ist es also, ausgehend von der fachlichen Erfahrung von Frauenhäusern Schulungen entwickeln und durchzuführen, anhand derer eine Vielzahl von Fachkrä3en erfolgreich am AuVau von Resilienz und an der Stärkung von Kindern, die häusliche Gewalt erlebt haben, arbeiten können. Grenzen der Unterstützung durch Frauenhäuser Die Frauenhausbewegung zeigte auf, dass häusliche Gewalt ein verbreitetes und ernstha3es gesellscha3liches Problem ist, das langfrisge Auswirkungen auf Frauen und Kinder hat, die 5nanziell angemessen ausgestaDete Intervenonen notwendig machen, die sich auf den AuVau von Vertrauen und Selbstwertgefühl bei den Opfern/Überlebenden konzentrieren. Dass häusliche Gewalt 50 Jahre später immer noch nicht Geschichte ist, ist kein Grund aufzugeben, sondern vielmehr dafür, die Unterstützung zu verstärken. Dass Frauenhäuser immer noch voll sind und Frauen und Kinder in Not abweisen müssen, ist kein Zeichen für Versagen, sondern vielmehr für Erfolg, dass solche Wege in die Sicherheit exiseren. Es gibt große FortschriDe beim Ansprechen marginalisierter Gruppen wie etwa mehrfach benachteiligte Frauen und Frauen aus den unterschiedlichsten migranschen Gruppen. In einigen Ländern wie z. B. dem Vereinigten Königreich organisierten sich schon Ende der 1970er Jahre Schwarze und minorisierte Frauen autonom gegen Gewalt gegen Frauen und Kinder. Änderungen der Gesetzeslage wie etwa die Möglichkeit, gewalDägen Männern den Zugang zum Familienwohnsitz zu verwehren, sowie die Ausweitung von an Frauenhäuser angeschlossene Beratungs- und Betreuungseinrichtungen ermöglichen vielen Frauen die Trennung von einem gewalDägen Partner, ohne ZuNucht im Frauenhaus suchen zu müssen. Diese Veränderungen haben sich auch auf das Bewohnerinnenpro5l der Frauenhäuser ausgewirkt; der Erfahrung der Frauenhausmitarbeiterinnen nach unterstützen sie selten Frauen, deren einziges Probleme häusliche Gewalt ist 32 4 Co-funded by the Rights, Equality and Cizenship Programme of the European Union (2014- 2020) Angesichts der rechtlichen, polischen und angebotsseigen Entwicklungen stehen Frauen bei der Entscheidung, wie sie angesichts von häuslicher Gewalt vorgehen möchten, mehr Möglichkeiten oFen. Sie können von Rechts wegen ihren Partnern den Zugang zum Familienwohnsitz verwehren, und einige schaFen es, eine Wohnung zu mieten oder zu kaufen. Sie können sich an Beratungseinrichtungen wenden, die an Frauenhäusern angeschlossen sind, eng mit diesen zusammenarbeiten oder auch völlig unabhängig von diesen bestehen. Im Vergleich zu den 1970er Jahren , als die ersten Frauenhäuser eröFnet wurden, sind heute viel mehr Frauen berufstäg. Das Angebot an staatlichen Kinderbetreuungseinrichtungen hat sich in mancher Hinsicht verbessert, hinkt aber dem Bedarf weiterhin hinterher. Folglich verdienen mehr Frauen Geld und sind in der Lage, für die notwendige rechtliche Beratung und Unterstützung aufzukommen; allerdings umfasst häusliche Gewalt auch 5nanzielle Gewalt und Kontrolle, und vielen Frauen ist der Zugang zu eigenen MiDeln verwehrt, selbst wenn sie während der Beziehung weiterhin Geld verdient haben. Frauen, die nicht ins Frauenhaus kommen, repräseneren nicht den gesellscha3lichen QuerschniD, sondern spiegeln vielmehr die Auswirkungen von umfassenderer gesellscha3licher Diskriminierung wider. Frauen, die in Frauenhäuser kommen, Nüchten o3 vor einem gewalDägen Partner, leiden aber zugleich an extremer Armut, hohen Schulden, fehlender Unterstützung durch Familie oder soziales Umfeld und sind mit den örtlichen Einrichtungen und Verwaltungsstrukturen ebenso wenig vertraut wie mit der Landessprache. Diesen Frauen können Frauenhäuser Hilfe und Unterstützung anbieten; Bestand und Ausbau von Frauenhäusern sind jedoch weiterhin nicht gesichert. Viele Frauen bekommen Hilfe, aber eine große Gruppe von Frauen hat keinen Zugang zum bestehenden Angebot. Schwarze und minorisierte Frauen stehen aufgrund ihrer intersekonalen Posion in der Gesellscha3 vielfälgen Hindernissen gegenüber, wenn sie versuchen, Gewalt in ihrem Leben zu beenden. Aufgrund von Rassismus, mangelnder Vertrautheit dem Mainstreamsystem sowie des Fehlens angemessener Versorgungsleistungen für sie und ihre Kinder bleiben sie länger in Gewaltbeziehungen. Es ist weithin unumstriDen, dass es zu wenige eigene Einrichtungen von Schwarzen und minorisierten Frauen für Schwarze und minorisierte Frauen gibt. Das von der EU 5nanzierte Projekt SNaP zeigte auf, dass spezi5sche Gruppen von Frauen vom bestehenden Frauenhausangebot in Europa nicht ausreichend erfasst werden. Dazu zählen Frauen, denen gegenüber Ausgrenzungs- und Diskredierungsmechanismen zu einer gesellscha3lich produzierten Behinderung aufgrund körperlicher, kogniver und psychischer Schwierigkeiten führen, weiters migransche und geNüchtete Frauen mit ungewissem Aufenthaltsstatus sowie Frauen mit psychischen Erkrankungen. Auch für Frauen in ländlichen Gegenden und Frauen mit vielen Kindern ist das bestehende Frauenhausangebot nicht ausreichend 33 . Vielfach wird vorgebracht, es bestehe ein verstärkter Bedarf an Frauenhäusern auf lokaler Ebene und nicht so sehr an einer Ballung von Frauenhäusern in den Großstädten. Viele Frauenhäuser leisten sehr gute Vernetzungsarbeit und brauchen mehr Ressourcen dafür, zum Beispiel um Zeit für Verfahren vor dem Familiengericht zu haben und im Namen von Kindern auszusagen oder an einrichtungsübergreifenden Fallkonferenzen teilzunehmen. Ihr Wissen und ihre 5 Co-funded by the Rights, Equality and Cizenship Programme of the European Union (2014- 2020) Erfahrung sind unerlässlich für den AuVau von Bündnissen für Kampagnen und Lobbyarbeit für die Menschenrechte von Kindern in Bezug auf häusliche Gewalt und ihre Folgen. Anmerkung zu den verwendeten Begri3en In diesem Handbuch werden Frauen und Kinder als Opfer bzw. Opfer/Überlebende von häuslicher Gewalt bezeichnet, Männer und Väter als Täter. Dies geschieht aus Gründen der Lesbarkeit, da männliche Gewalt gegen weibliche Partnerinnen die häu5gste Form von häuslicher Gewalt ist. Damit soll nicht verleugnet oder verschwiegen werden, dass in manchen Fällen Frauen die Täterinnen und Männer die Opfer von häuslicher Gewalt sind und dass häusliche Gewalt auch in gleichgeschlechtlichen Beziehungen vorkommt. „Häusliche Gewalt“ benennt, wo die Gewalt geschieht, nämlich zu Hause; das bedeutet, sie ist allgegenwärg und es gibt keinen Rückzugsort vor der ständigen Bedrohung durch körperliche, verbale, emoonale und sexuelle ÜbergriFe. Die tatsächlichen ÜbergriFe können häu5g und schwerwiegend oder aber auch selten vorfallen und zu keiner bleibenden Verletzung führen; mit dem Täter zusammenzuleben, bedeutet jedoch ständige Gefahr und keinen sicheren ZuNuchtsort. Die Auswirkungen auf Frauen und deren Kinder sind sehr umfassend und beschränken „ihre Freiheit, ohne Bezugnahme auf die potenzielle Gewalt zu leben und zu denken“ 34 . Manchmal wird der BegriF „Beziehungsgewalt“ verwendet, er beschreibt die Beziehung zwischen Opfer und Täter. Der Ausdruck „coercive control“ (Zwangskontrolle) wurde 2015 ins brische und 2020 ins dänische Recht aufgenommen; im deutschsprachigen Diskurs ist er nicht geläu5g. Dennoch ist bekannt, dass es o3 keiner tatsächlichen Gewalt bedarf, um Frauen und Kinder zu kontrollieren und sie dazu zu zwingen, den Erwartungen des Täters zu entsprechen. Es ist auch bekannt, dass die meisten Fälle von häuslicher Gewalt von Zwangskontrolle geprägt sind. Dieses Handbuch stellt Kinder als Subjekte dar, als Individuen mit Rechten, dazu gehört auch das Recht auf ein Leben ohne Gewalt und Misshandlung. Allzu o3 werden Kinder als Objekte behandelt, die ihren Eltern gehören; das wird leider in Streigkeiten um den Kontakt mit dem Kind und um die Wohnsituaon nach der Trennung der Eltern immer wieder klar. In diesem Handbuch geht es um die Perspekve des Kindes, zum Beispiel um das Recht des Kindes auf Kontakt zu beiden Eltern, es sei denn, das wäre schädlich für das Kind. Im Lauf des Projekts haben Österreich und Deutschland Kinderrechte in ihre Verfassung aufgenommen. Es lässt sich noch nicht sagen, welche Auswirkungen das auf die beruNiche Praxis in der Arbeit mit Kindern haben kann. Eine eindeuge Verbesserung liegt darin, dass es manche Kinderschutzverfahren vereinfacht, wenn Kinderrechte staD in einer Unzahl naonaler oder lokaler Besmmungen aus dem Erziehungs-, Sozial- oder Wohnrecht in einem einzigen Rechtsakt eindeug festgelegt sind. In diesem Handbuch werden Praxisbeispiele aus der Berufspraxis der beteiligten Organisaonen aufgezeigt, so etwa die im Frauenhaus Lübeck geübte Praxis, Kindern demokrasche Strukturen nahezubringen, die ihre Rechte schützen. Dafür besuchen die Kinder die Polizei, Kinderschutzeinrichtungen und das Rathaus, um Fachkrä3e – insbesondere jene, die Entscheidungen über das Wohl der Kinder treFen – und Kinder füreinander sichtbar zu machen. So wissen Kinder, 6 Co-funded by the Rights, Equality and Cizenship Programme of the European Union (2014- 2020) dass sie Rechte haben, werden dabei unterstützt, sich zu Wort zu melden, und bekommen vermiDelt, wie sie damit wirkungsvoll für diese Rechte eintreten können. Beteiligte Organisationen ZÖF, Zusammenschluss österreichischer Frauenhäuser KJA, Kinder- und Jungendanwaltscha3 Wien Wiener Kinder und Jugendhilfe, Referat Fachentwicklung und Beschwerdemanagement Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie und Kinder- und Jugendhilfe, Krisenzentrum 20 Udružene žene, S3ung vereinigte Frauen, Banja Luka, Bosnien und Herzegowina LOKK, naonale Frauenhausorganisaon, Dänemark Frauenhaus Holstebro, Dänemark Dänisches Kinderministerium, Dänemark Angelou Centre, Newcastle upon Tyne, England Panahghar, Coventry, England Cheshire without Abuse (Cheshire ohne Gewalt), England Hansestadt Lübeck, Fachbereich Kultur und Bildung, Familienhilfen/Jugendamt Frauen helfen Frauen e. V. , Lübeck Landeshauptstadt Hannover, Referat für Frauen und Gleichstellung Frauenhaus Hannover, Frauen helfen Frauen e. V. KIS, Koordinierungs- und Intervenonsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking, Leipzig Stadt Leipzig, Der Oberbürgermeister, Amt für Büro für Jugend, Familie und Bildung, Abteilung Allgemeiner Sozialdienst Alle Beteiligten und Partnerinnen waren mitverantwortlich für die internaonalen TreFen, haben das Schulungshandbuch kommenert und Polikempfehlungen für die beteiligten Länder erarbeitet. Das Handbuch ist auf Dänisch, Deutsch, Englisch und Serbisch im Internet abruVar. Karin SchönpNug vom Instut für Höhere Studien Wien führte eine Bewertung der Kosten durch, die entstehen, wenn Kinder mit Gewalt aufwachsen. Daraus wurde ein Lobbyinstrument für die Arbeit mit Kindern entwickelt, das auf der GUFOVA-Website verfügbar ist. Schulungshandbuch Fachkrä3en, die mit Kindern arbeiten, ist vielleicht nicht bewusst, dass sie Expert*innen für den Umgang mit häuslicher Gewalt sind. Eine Analyse ihres ArbeitsauZommens zeigt bei spezi5scher Berücksichgung von häuslicher Gewalt, dass es bei fast 80 % 35 aller Kinderschutz-Beurteilungen im Vereinigten Königreich um Kinder geht, die häusliche Gewalt erleben. Unabhängig davon, ob das ausdrücklich gewürdigt wird, müssen Fachkrä3e im Kinderschutzbereich Selbstvertrauen und Kompetenzen im Umgang mit Kindern, die von häuslicher Gewalt betroFen sind, auVauen, um 7 Co-funded by the Rights, Equality and Cizenship Programme of the European Union (2014- 2020) e[zient zu helfen und die MuDer bei der Erziehungsarbeit zu unterstützen. Zu diesem Zweck müssen sie ● sich darüber im Klaren sein, dass häusliche Gewalt bei Kindern massive Schädigungen hervorru3, ● ihr Wissen über und ihr Bewusstsein für die Bedürfnisse von Kindern und jungen Menschen, die von häuslicher Gewalt betroFen sind oder waren, erweitern, ● diese bei Krisenintervenonen, direkter Arbeit und längerfrisger Unterstützung in einem einrichtungsübergreifenden Zusammenhang anwenden, ● Gelerntes im Hinblick auf die Verbesserung von Angeboten und den organisaonsweiten Umgang mit Frauen und Kindern umsetzen, ● überlegen, wie die Beziehung zwischen Kindern und deren MüDern verbessert werden kann, um den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden, ● über die komplexen Sicherheitsbedürfnisse von Kindern (und Frauen) Bescheid wissen, wenn der Kontakt zum Vater angedacht, verhandelt oder gerichtlich angeordnet wird, ● sich für die Diversität von Kindern und Frauen, die von häuslicher Gewalt betroFen sind, und für die Auswirkungen mehrfacher Unterdrückung sensibilisieren, ● entlang von (bereits vor ihrer Geburt beginnenden) Entwicklungslinien von Kindern denken, ● bei den Auswirkungen auf Frauen die Auswirkungen auf Kinder berücksichgen und umgekehrt, ● sich darüber im Klaren sein, dass MuDerscha3 eine Zielscheibe von Gewalt und Misshandlung sein kann, ● sich des Ausmaßes und der Auswirkungen der Gewalt nach der Trennung, die manchmal tödlich sein kann, bewusst sein, ● sich darüber im Klaren sein, dass langfrisge Folgen wie etwa eine posDraumasche Belastungsstörung durch andere Formen der Unterdrückung verschlimmert werden können. Struktur des Schulungshandbuchs Das Handbuch ist in drei größere AbschniDe gegliedert: Was erfahren und brauchen Kinder, die häusliche Gewalt erleben? Die Auswirkungen des Erlebens von Gewalt auf die Beziehung des Kindes zur MuDer Die Auswirkungen des Erlebens von Gewalt auf die Beziehung des Kindes zum Vater Zwar kann eine Scheidung das Ende der Beziehung einer Frau zu einem gewalDägen Partner bedeuten, ihre Kinder haben aber möglicherweise weiter Kontakt zu ihrem Vater, und das kann sich jahrelang auf das Leben der Frau und der Kinder auswirken. Daher gibt es einen AbschniD über die Probleme von Kindern (und ihrer MüDer) nach der Trennung, der aufzeigt, welchen anhaltenden EinNuss gewalDäge Männer noch Jahre nach Trennung und Scheidung haben können. Häusliche Gewalt zu überleben, bedeutet mehr als dass nur die körperlichen ÜbergriFe vorbei sind. Überleben bedeutet nicht nur, Gewalt und Misshandlungen benennen zu können, Glauben geschenkt zu bekommen und sicher zu leben. Es bedeutet auch mehr als nur Zugang zu Mechanismen für soziale 8 Co-funded by the Rights, Equality and Cizenship Programme of the European Union (2014- 2020) Gerechgkeit und Strafrecht sowie zu primärprävenven Maßnahmen gegen Gewalt wie z. B. Täterprogrammen. Es erfordert langfrisgen Zugang zu prakscher und therapeuscher Hilfe für Frauen und Kinder durch eine Reihe aufeinander abgesmmter Dienstleistungen und Intervenonen. Das versetzt Frauen und Kinder in die Lage, „Handlungsspielräume“ 36 in ihrem Leben zu eröFnen. Die folgenden zwölf Schulungsmodule sind im Sinne der Vernetzung als ganztägige Veranstaltungen konzipiert. Die Entscheidung, die Module als ganztägige Veranstaltungen zu gestalten, ergab sich beim Erproben und Bewerten der Schulungsmodule in Deutschland, England und Österreich. Bei den Pilotschulungen zeigte sich deutlich, wie ungeheuer hilfreich es ist, Fachkrä3en Zeit für das Diskueren der Themenbereiche zu geben. Sie können ihre eigenen Ängste, Unsicherheiten und Bedenken ohne den Druck ausloten, eine rasche lebensverändernde Entscheidung für den Schutz des Wohlergehens eines Kindes treFen zu müssen. Das ermöglicht ihnen, sich im Umgang mit komplexen und schwerwiegenden Problemen kompetenter und selbstbewusster zu fühlen. Außerdem ist es sehr wertvoll, Fachleuten im unmiDelbaren Kontakt mit den Opfern die Möglichkeit zum informellen Austausch mit Kolleg*innen anderer örtlicher Einrichtungen zu geben, und der AuVau der Module bzw. Untermodule lässt den Teilnehmenden Zeit für Erfrischungspausen und Raum für Kennenlernen und Plaudern. Informelle Netzwerke auf lokaler Ebene können bei Gefahr für das Kindeswohl wertvolle Unterstützung leisten und die fachliche Kompetenz verstärken, indem sie durch Verbesserung der einrichtungsübergreifenden Zusammenarbeit Lösungen 5nden. Protokolle über die Zusammenarbeit bestehen vielleicht auf Organisaonsebene, sind aber auf Kommunikaonskanäle zwischen den Mitarbeiter*innen im Erstkontaktbereich angewiesen. Diese Mitarbeiter*innen müssen einen Einblick in Rolle, Verantwortungsbereich, Prioritäten und Belastungsdruck der anderen Einrichtungen gewinnen. Großzügig bemessene Pausen wurden von jenen, die das Glück haDen, an Präsenzschulungsveranstaltungen teilzunehmen, als sehr wertvoll bezeichnet. Steht für die Schulung jedoch weniger Zeit zur Verfügung, kann jedes Modul zweigeteilt werden, also Einleitung und Gruppenarbeit 1 einerseits und Gruppenarbeit 2 und Gruppenarbeit Abschlussrunde andererseits. Alternav kann die* Schulungsleiter*in den Inhalt von Gruppenarbeit 1 in einer ausgedehnteren Einleitungsphase präseneren. Zeit für informelle Vernetzung und Diskussionen ist unentbehrlich für den AuVau eines tragfähigen Unterstützungssystems für Frauen und Kinder, daher werden ganztägige Schulungen nachdrücklich empfohlen. Ziel ist es, Fachkrä3e auf lokaler Ebene zusammenzubringen, und die Schulungsmodule richten sich an einrichtungsübergreifende örtliche Gruppen von Erstkontaktmitarbeiter*innen, die mit Kindern zu tun haben, wie etwa Sozialarbeiter*innen, Lehrer*innen, Kindergärtner*innen, Kinderbetreuer*innen, Gesundheitsfachkrä3e, Polizist*innen, Jurist*innen an Familiengerichten, Jugendbetreuer*innen, Kinder- und Familienberater*innen und ähnliche Fachkrä3e. Die Schulung ist auch hilfreich für Personen, die informell mit Kindern arbeiten, zum Beispiel in Sportvereinen. Kinder suchen sich die Erwachsenen, an die sie sich mit ihren Problemen wenden, nicht anhand ihrer fachlichen Quali5kaon aus. Ein Kind vertraut sich vielleicht der Schulkannenmitarbeiterin oder einer* Freiwilligen an, die das Jugendfußballteam betreut. Diese Menschen sollten in der Lage sein, 9 Co-funded by the Rights, Equality and Cizenship Programme of the European Union (2014- 2020) richg zu reagieren, das Kind zunächst zu beruhigen und die Angelegenheit dann einer Person zu übergeben, die imstande sind, sich mit dem Problem zu befassen. Die Schulungen sind speziell dafür konzipiert, die Bedürfnisse sowohl von im Umgang mit der Problemak sehr erfahrenen Fachkrä3en als auch von jenen, die weniger oder gar keine Erfahrung mitbringen, zu erfüllen. Alle Module sind gleich aufgebaut. Um den Austausch zu fördern, sollen die Teilnehmenden Kleingruppen bilden, wobei darauf zu achten ist, dass bei der Gruppenzusammenstellung die einrichtungsübergreifende Vernetzung gefördert wird. Jede Gruppe sollte soweit wie möglich eine Mischung aus unterschiedlichen Fachkrä3en aus unterschiedlichen Einrichtungen mit unterschiedlichen Erfahrungsniveaus sein, also aus „Frischgebackenen“ und „Altgedienten“ bestehen. Die beste Unterstützung für ein Kind, das in irgendeiner Form misshandelt wird oder Schwierigkeiten hat, ist ein e[zientes Netzwerk einschlägiger Fachleute mit Einsicht in die Probleme. Es ist wichg, dass Fachkrä3e Gelegenheit zur Vernetzung bekommen, damit sie verstehen lernen, wie andere Einrichtungen arbeiten, wie sie das Problem betrachten und was ihre Prioritäten sind. Sobald das erreicht ist, ist es möglich, die örtliche Unterstützungsstruktur e[zient zu nutzen. Ziel ist eine gemeinsame Konzeptualisierung des Problems als Ausgangsbasis für weiteres Handeln. Instuonelle Hindernisse für gemeinsames Arbeiten können durch gewonnene Erfahrungen langsam überwunden werden; so können Frauen und Kinder besser unterstützt werden. Das aus Island stammende und in Dänemark weiterentwickelte Konzept des „Childhood House“, das bereits in einigen deutschen Städten umgesetzt wurde, ist ein Modell zur Verbesserung der einrichtungsübergreifenden Zusammenarbeit. Bei Verdacht auf Kindesmisshandlung wird das Kind an einen Ort gebracht, wo es ärztlich untersucht sowie von Polizei und Kinderschutzeinrichtungen befragt wird. Das alles 5ndet in einem Haus staD, das so kinderfreundlich wie möglich gestaltet ist. Dort arbeiten Fachkrä3e aus den verschiedensten Einrichtungen, die speziell im Kontakt mit Kindern geschult sind; die Befragungen werden aufgezeichnet. Die Fachkrä3e tauschen danach die Informaonen untereinander aus; somit müssen die Kinder nicht in jeder einzelnen Einrichtung ihre Aussagen wiederholen. Zur Verbesserung dieses Modells wurde bei den TreFen angeregt, dass die Kinder dort auch weitere Unterstützung erhalten sollten. Derzeit werden diese Childhood Houses von Fachkrä3en genutzt, die in Fällen von Kindesmisshandlung ermiDeln. Sobald die gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind, muss die weitere Unterstützung des Kinders – etwa Beratung oder Therapie – gesondert vereinbart werden. Die weitere Unterstützung ist von Ort zu Ort verschieden; im Allgemeinen mangelt es an konnuierlicher therapeuscher Unterstützung für Kinder. Diese Angebote müssen weiter ausgebaut werden. Unterlagen für einrichtungsübergreifende Schulungen Die Unterlagen sind für Mitarbeiter*innen von auf häusliche Gewalt spezialisierten Einrichtungen gedacht, die anhand ihrer prakschen Erfahrung in der Arbeit mit Frauen und Kindern, die in ihrem Zuhause Gewalt erleben oder erlebt haben, Schulungen abhalten können. Diese Erfahrungen und Kompetenzen sind unbedingt erforderlich, nicht nur, damit sie die Schulungsunterlagen durch neue Erkenntnisse und Entwicklungen ergänzen können, die für eine Gruppe von örtlichen Fachkrä3en 10 Co-funded by the Rights, Equality and Cizenship Programme of the European Union (2014- 2020) von Bedeutung sind, sondern auch weil sie die für einen angemessenen Umgang mit Problemen relevanten Zusammenhänge in ihrer ganzen Bandbreite und Tiefe kennen. Es besteht zum Beispiel eine verstärkte Tendenz zur medikamentösen Behandlung der Folgen von häuslicher Gewalt. Das führt zur Individualisierung des Problems, staD den Kontext von häuslicher Gewalt als etwas zu begreifen, das in struktureller geschlechtsspezi5scher Ungleichheit verwurzelt ist. Häusliche Gewalt als von Generaon zu Generaon weitergegebenes Problem für die öFentliche Gesundheit zu betrachten, führt außerdem dazu, andere Formen gesellscha3licher Diskriminierung aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit, Klasse, Gender und Behinderung (sowohl jeweils für sich als auch intersekonal) auszublenden, was die Möglichkeiten einschränkt, wie eine Person Veränderungen bewirken kann 37 . Es ist viel einfacher, Frustraon über die Unfähigkeit einer Person, Ratschläge und Veränderungsmöglichkeiten umzusetzen, zu äußern, als die Frustraon auf die Ursachen der begrenzten Verfügbarkeit von Ressourcen zu beziehen, an der scheinbar nicht zu rüDeln ist. Der Aufbau der Schulungsmodule Das nachstehende Diagramm veranschaulicht den AuVau der Schulung. Zwischen den einzelnen Arbeitsblöcken sollten großzügig bemessene Erfrischungspausen liegen, in denen sich die Teilnehmenden auf informeller Ebene treFen und vernetzen können. 11 Die* Schulungsleiter*in kann die Handouts, die am Ende der ersten Gruppenarbeitsrunde verteilt werden, vor der Schulung abändern, um neue örtliche Gegebenheiten, Erfahrungen und Entwicklungen einzubeziehen. Die Handouts erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie sollen bestehendes Wissen ergänzen und Fachkrä3en neue Aspekte und Ideen vermiDeln. Die Teilnehmenden sollen sie ergänzen und nach der Schulung mitnehmen. Alle Handouts sollen einen Verweis auf die GUFOVA-Website sowie das EU-Logo tragen. Nach der Abschlussrunde der Gruppenarbeit werden die Plakate aufgehängt und alle lesen sich die Plakate aller Gruppen durch. Eine Alternave zu den Plakaten wäre eine Pinnwand mit verschieden geformten Kärtchen, ein Ablaufdiagramm oder Ähnliches. Auch hier bleibt es je nach behandeltem Thema den Schulungsleiter*innen überlassen, welches Format sie verwenden wollen. Eine bildliche Zusammenfassung des Gelernten ist auf jeden Fall wichg. In der Abschlussphase fasst die* Schulungsleiter*in den Inhalt des Tages zusammen. Inwieweit wurde den teilnehmenden Fachkrä3en klar, welche Veränderungen sie in ihrer Arbeitspraxis vornehmen können, um ihre Arbeit für Kinder zu verbessern? Inwieweit wurde klar, welche Veränderungen erforderlich sind, damit Fachkrä3e ihre Arbeit für Kinder verbessern können? Für diese Veränderungen können sie sich innerhalb von Organisaonen, örtlichen Behörden, gegenüber Lokalpoliker*innen und auf naonaler Ebene einsetzen, sofern Änderungen der Gesetzeslage erforderlich sind. Kinder sind unsere Zukun3, es lohnt sich, für sie zu kämpfen. Die didaksche Herangehensweise 38 ist interakv konzipiert und soll die lokalen Gruppen von Fachkrä3en dazu anregen, gemeinsam Lösungen für schwierige Fälle im Kinderschutzbereich zu 5nden. Die Anweisungen für die Schulungsleiter*innen sind ein allgemeiner Lei]aden. Je nachdem, wer an den Schulungen teilnimmt, müssen die Anweisungen, insbesondere für die zweite Gruppenarbeits-Runde jedes Moduls, angepasst werden, da vielleicht nicht alle vorgeschlagenen Diskussionspunkte von Bedeutung sind. In jeder der drei Kategorien – Kind, MuDer und Vater – gibt es vier Module, die sich mit einer spezi5schen Situaon befassen. Jedes Modul bildet einen ganzen Schulungstag und zwar: Was brauchen Kinder? Modul 1: bei einer Krisenintervenon Modul 2: bei Verdacht auf häusliche Gewalt Modul 3: nach der Trennung der Eltern Modul 4: bei Verdacht auf sexuelle Gewalt Kind-MuDer-Beziehung Modul 5: Auswirkungen der Gewalt auf die MuDerrolle Modul 6: Auswirkungen auf die Kind-MuDer-Beziehung Modul 7: Arbeit mit der Gesam]amilie Modul 8: gemeinsame Arbeit mit MüDern und Kindern Kind-Vater-Beziehung Modul 9: gemeinsame elterliche Sorge Modul 10: Arbeit mit Vätern Modul 11: Kontakt zwischen Kind und Vater 12 Modul 12: Unterstützung für Kinder bei Gerichtsverfahren 13 Modul 1: Was brauchen Kinder, die häusliche Gewalt erlebt haben bzw. weiterhin erleben, bei einer Krisenintervention? Einleitung Die* Schulungsleiter*in heißt die Gruppe bei der Schulungseinheit willkommen und biDet alle, ihren Namen, den Namen ihrer Organisaon und ihre Rolle innerhalb der Organisaon zu nennen. Danach gibt die* Schulungsleiter*in einen kurzen Überblick über das Thema. Das sollte nicht länger als 10 Minuten dauern und folgende Punkte umfassen: ● Für Kinder, die häusliche Gewalt miterleben, besteht eine erhöhte Gefahr, selbst körperliche, sexuelle und emoonale Gewalt zu erfahren. ● Wenn sie verbale, körperliche und sexuelle Gewalt sowie zwangha3es Kontrollverhalten gegenüber ihrer MuDer miterleben, ist das Gewalt gegen Kinder. ● Das Miterleben von häuslicher Gewalt führt bei Kindern zu langfrisgen Beeinträchgungen; sie brauchen als Opfer von häuslicher Gewalt selbst Unterstützung. ● Für Kinder besteht nach Trennung oder Scheidung ihrer Eltern die Gefahr weiterer schwerer Schädigungen. Einstieg Im Anschluss an die Einleitung sollen die Teilnehmenden Gruppen zu viert oder zu fün3 bilden. Es ist wichg, dass die Gruppen in Hinblick auf beruNiche Rolle und Arbeitsplatz der Teilnehmenden gut gemischt sind. Da sich die Schulung an Fachkrä3e wendet, die mit Kindern arbeiten, ist davon auszugehen, dass alle eine gewisse Erfahrung im Umgang mit häuslicher Gewalt mitbringen. Ziel dieser ersten Gruppenarbeit ist es, herauszu5nden, was die Teilnehmenden bereits über das Thema wissen. Alle Gruppen sollen dieselbe Situaon besprechen. Sie haben Zeit, über ihre AuFassung der Situaon und ihre Erfahrung damit zu sprechen. Zugleich lernen sie einander kennen und erfahren, welche verschiedenen Rollen, Verantwortungen und Prioritäten die einzelnen Kinderschutzeinrichtungen haben. Sie schaFen auch einen Rahmen für die Informaonen, die im nächsten SchriD eingebracht werden. Gruppenarbeit 1 – zu besprechende Situation Sie werden kontakert, um in einer Krise zu intervenieren; es ist Gewalt vorgefallen, und alle beteiligten Erwachsenen sind extrem emoonalisiert und angespannt. Was brauchen Kinder in dieser Situaon? Die Situaon ist absichtlich vage formuliert, und die Teilnehmenden können überlegen, wie sie mit verschiedenen Möglichkeiten umgehen würden, z. B. wenn die MuDer sofort ins Spital gebracht werden muss, die Kinder noch im Vorschulalter sind etc. Die Gruppenaufga