Henri Schoenmakers, Stefan Bläske, Kay Kirchmann, Jens Ruchatz (Hg.) Theater und Medien/Theatre and the Media Henri Schoenmakers, Stefan Bläske, Kay Kirchmann, Jens Ruchatz (Hg.) Theater und Medien/Theatre and the Media. Grundlagen – Analysen – Perspektiven. Eine Bestandsaufnahme Gedruckt mit Unterstützung der Gesellschaft für Theaterwissenschaft e.V., der Dr. German Schweiger-Spende an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg sowie des Instituts für Theater- und Medienwissenschaft Erlangen-Nürnberg. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2008 transcript Verlag, Bielefeld Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: Foto aus APPARITION von Klaus Obermaier mit dem Ars Electronica Futurelab, feat. Desireé Kongerød und Matthew Smith, Quelle: www.exile.at, © Klaus Obermaier Lektorat: Henri Schoenmakers, Stefan Bläske, Kay Kirchmann, Jens Ruchatz Satz: Stefan Bläske, Heike Dörr Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-8376-1064-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: info@transcript-verlag.de This work is licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 3.0 License. I N H A L T Vorwort 11 Einleitung: T heater und (andere) Medien. T hemen und Positionen 13 H ENRI S CHOENMAKERS /S TEFAN B LÄSKE /K AY K IRCHMANN /J ENS R UCHATZ T eil 1: T heatralit ä t , Medialit ä t , I ntermedialit ä t Definierbar ist nur , was keine Geschichte hat. Über Fortschritte der Medien und Wandlungen von T heater 31 A NDREAS K OTTE Vom Körper zum Bild. Ein Streifzug durch die T heatergeschichte als Mediengeschichte in sieben kurzen Kapiteln 43 U LRIKE H ASS T ransmissionen – Vorüberlegungen zu einer Mediengeschichte des T heaters 57 M EIKE W AGNER T heatralit ä t als mediales Dispositiv. Zur Emergenz von Modellen theatraler Performanz aus medienhistorischer Perspektive 67 S ABINE F RIEDRICH /K IRSTEN K RAMER Un/Sichtbarkeit: Blindheit und Schrift. Peter T urrinis » A lpenglühen« und William Forsythes » H uman Writes« 85 G ABRIELE B RANDSTETTER T anz der Figuren – zur Darstellung von Bewegung in den Bildern des H ans von Marées 99 I SA W ORTELKAMP Zeit des T heaters/Zeit der Fotografie. I ntermediale Verschr ä nkungen 109 J ENS R UCHATZ I ntermedialit ä t als Bedingung von T heater: methodische Überlegungen 117 K ATI R ÖTTGER Multi- , T rans- und I ntermedialit ä t: drei unterschiedliche Perspektiven auf die Beziehungen zwischen den Medien 125 C HIEL K ATTENBELT T he Use of A udio-visual Media in I talian Futurist T heatre 133 G ÜNTER B ERGHAUS Das intermediale Jahrhundert: die Saison 1922/23 141 K LEMENS G RUBER Medium , T heater und Film bei Beckett 161 F RANZISKA S ICK Bilder , die das A uge berührt – Zum Verh ä ltnis von Film und Körperkunst bei Matthew Barney 171 J ÖRG VON B RINCKEN L ars von T rier und Volker L ösch erkunden ihr Medium in »Dogville« 179 A NNETTE B ÜHLER -D IETRICH Seriendramaturgien als Performance? Konvergente Entwicklungen im T heater und in der popul ä ren Fernsehserie seit den 1960er Jahren 187 A NDREAS E NGLHART T heatersoap und T alkshow-Oper: Über T heater im Fernsehformat und Fernsehen als theatrales Ereignis 195 B IANCA M ICHAELS T eil 2: T heater in (anderen) Medien A n Early Film A daptation of Sophocles’ »Oedipus the King«: Cinema , T heatre , Photography 205 P ANTELIS M ICHELAKIS Reading Classical Drama on Film 211 E DWIN H EES Stage Door – Über den kinematographischen Blick auf den Bühneneingang 219 S TEFANIE D IEKMANN Der Bühnentod im Film 229 T HOMAS K LEIN Geschlossene A nstalt: Schauspielschüler im deutschen Film 237 H ANS -F RIEDRICH B ORMANN Die Öffentlichkeit der Oper – A lexander Kluges T hematisierung der Oper in seinem Film »Die Macht der Gefühle« (1983) 247 C HRISTOPH E RNST Die T heatralit ä t der Gesellschaft gespiegelt in der T heatralit ä t des Filmischen. ›Umbrüche‹ im rum ä nischen zeitgenössischen Kurzfilm 255 A LEXANDRA V LAD Von der › H örbühne‹ zum H ybridmedium. T heater und H örfunk 263 P ETER S EIBERT Poetische Sichtbarmachung: Be- und Er-Schreibungen in T anzkritiken des 19. Jahrhunderts 273 C HRISTINA T HURNER T eil 3: Medialit ä t & Medien im T heater Schau-Spiel- T echnik und Medien als Repr ä sentationstechnologien 283 A NJA K LÖCK Schauspiel durch Medien. Die verdeckte Funktion der T echne bei Konstantin Stanislawski und A lexander Moissi 293 W OLF -D IETER E RNST Kaleidoscopic Encounters. T he A ctor , Character and Spectator in I ntermedial Performances 303 L IESBETH G ROOT N IBBELINK Media-bodies. Choreographierte Körper als Wissensmedium bei William Forsythe 309 S ABINE H USCHKA Zur Medialit ä t des Performativen im zeitgenössischen T anz/ T heater 319 S ABINE S ÖRGEL Die Promiskuit ä t der Musik – Über intermediale Verfremdungsstrategien in der zeitgenössischen I nszenierung von Oper 329 R OBERT S OLLICH Simultaneit ä t – I mmaterialit ä t – Performativit ä t. A spekte der I ntegration elektronischer und live-elektronischer Medien im zeitgenössischen Musik- T heater 337 R EGINE E LZENHEIMER Die Unruhe hinter der Uhr zu lesen suchen. Vom Umgang mit den N euen Medien in der Opernarbeit 347 J OHANNA D OMBOIS Durchquerungen. Brechts L ehrstück als Medien- und T heaterexperiment 357 P ATRICK P RIMAVESI A rmes T heater oder Medienspektakel? 371 L UTZ E LLRICH L iving in a Box – Zur Medialit ä t r ä umlicher A nordnungen 381 A NNEMARIE M ATZKE Montage der kulturellen A ttraktionen. Frank Castorfs medien ä sthetische T heaterpraxis der 80er Jahre 389 E RHARD E RTEL Zur I ntermedialit ä t des T ieres. T he Baa- L amb’s H oliday 401 J ÖRG W IESEL Mediating Phèdre 409 J OHAN C ALLENS T owards a Rich T heatre: Where Does the Wooster Group T ake T echnology? Where Does T echnology T ake T heatre Performance? 417 S ERAP E RINCIN Filmic Photogénie in the T heatre 425 S IGRID M ERX › L iteraturtheater‹ mit der Videokamera? Zu Stefan Puchers I nszenierung von Shakespeares »Othello« am H amburger Schauspielhaus 431 H AJO K URZENBERGER Medial real oder: Die Ökonomie der Pr ä senz als Pr ä senz der Ökonomie 439 K ATHARINA P EWNY (Un-)Glauben. Das Spiel mit der I llusion 445 N IKOLAUS M ÜLLER -S CHÖLL Spielr ä ume zwischen Medienkunst und Virtueller Realit ä t 457 S USANNE V ILL T heater in der A mbivalenz zum T echnischen – A nthropologische Dimensionen von I nternet Performances 479 J ULIA G LESNER T eil 4: T heatrale Praktiken in der Mediengesellschaft Kriegspropaganda multimedial. Spektakel , Variété und Kino im Ersten Weltkrieg 493 E VA K RIVANEC Medialit ä t des T errors. T heater und Fernsehen im Umgang mit dem 11. September 2001 501 M ATTHIAS W ARSTAT Medienp ä dagogik und T heaterp ä dagogik an der Schule. Über das ( N icht-)Verh ä ltnis zweier fremder Schwestern 509 L EOPOLD K LEPACKI I n echt oder getrickst? Drittkl ä ssler über die Unterschiede zwischen T heater , Film und Fernsehen 515 I NA G OMBERT T he I ntermedial T heatron: A Paradigm Shift in Education and Performance in the Public Sphere? 521 F REDA C HAPPLE www.theatertheorie.net 531 A NTON R EY /T HOMAS G RÜEBLER Coming Soon to a Cinema/ T elevision/Website/Video Game/ T heatre N ear You...: T heatre , I ntellectual Property Rights , and the Control of A merican Culture 535 K IMON K ERAMIDAS T eil 5: Vom N utzen und N achteil des Medienbegriffs für das T heater und die T heaterwissenschaft Podiumsdiskussion 545 MIT C HRISTOPHER B ALME , U LRIKE H ASS , C HIEL K ATTENBELT , A NDREAS K OTTE UND I RINA R AJEWSKY , EINGELEITET UND MODERIERT VON K AY K IRCHMANN A nhang Register 563 A utorinnen und A utoren 577 V O R W O R T Dieser Band versammelt eine Auswahl der Beiträge des VIII. internationalen Kon- gresses der Gesellschaft für Theaterwissenschaft e.V., der unter dem Titel »Theater & Medien / Theatre & the Media« vom 12. bis 15. Oktober 2006 vom Institut für Theater- und Medienwissenschaft in Erlangen ausgerichtet wurde. Für die Unterstützung der Konferenz danken wir der Deutschen Forschungsge- meinschaft, der Hochschulleitung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen- Nürnberg und der Luise Prell-Stiftung an der Universität Erlangen-Nürnberg, dem städtischen Kulturamt und dem Theater Erlangen. Für die finanzielle Unterstützung zur Erstellung dieser Publikation möchten wir der Gesellschaft für Theaterwissenschaft e.V. sowie an der Friedrich-Alexander-Uni- versität Erlangen-Nürnberg der Dr. German Schweiger-Spende, der Hochschul- leitung und dem Institut für Theater- und Medienwissenschaft ganz herzlich danken. Ein besonderer Dank gilt Ingrid Rauh für ihre immer kompetente und zuverlässige Hilfe bei allen Fragen der Verwaltung und Organisation sowohl für den Kongress als auch für diesen Band. Schließlich sollen die vielen Kolleginnen und Kollegen nicht unerwähnt bleiben, die auf dem Kongress die Funktion eines Chairs übernommen und bei der Vorbe- reitung dieser Veröffentlichung eine wichtige Rolle gespielt haben, indem sie uns bei der zu treffenden Auswahl der Beiträge beratend unterstützt haben. Wir danken Christopher Balme, Johan Callens, Freda Chapple, Lutz Ellrich, Klemens Gruber, Ulrike Haß, Günther Heeg, Stefan Hulfeld, Chiel Kattenbelt, Friedemann Kreuder, Hajo Kurzenberger, Jean-Marc Larrue, Andy Lavender, Eckart Liebau, Platon Ma- vromoustakos, Petra Maria Meyer, Robin Nelson, Irina Rajewsky, Kati Röttger, Helmar Schramm, Peter Seibert, Gerald Siegmund, Susanne Vill und Birgit Wiens. Die Herausgeber E I N L E I T U N G : T H E A T E R U N D ( A N D E R E ) M E D I E N T H E M E N U N D P O S I T I O N E N H ENRI S CHOENMAKERS /S TEFAN B LÄSKE / K AY K IRCHMANN /J ENS R UCHATZ T h e a te r u n d M e d i e n Die Frage, ob das Theater oder gar konkrete Theateraufführungen als Medien be- zeichnet werden sollten, wird in kulturwissenschaftlichen Diskursen unterschied- lich beantwortet. Positionen, die Medien als vor allem technische Agenturen und Apparate be- greifen, die beispielsweise Kommunikation zwischen Personen ermöglichen, wel- che nicht am gleichen Ort und/oder zur gleichen Zeit anwesend sind, würden die Frage mit ›Nein‹ beantworten – denn Theater und Performance setzten schließlich Jahrhunderte lang voraus, dass sich Performer/-innen und Zuschauer/-innen zur gleichen Zeit im gleichen Raum befinden. In dem umfangreichen Inventar von Medien als »Ausweitungen des Menschen«, das Marshall McLuhan in Understan- ding Media vorgelegt hat, findet das Theater keinen Platz. Die Unterscheidung von unmittelbarer theatraler und technisierter medialer Kommunikation ist aber nicht zuletzt von der Theaterwissenschaft forciert worden, um die Spezifik des Theaters zu pointieren. Positionen, die nicht mit einem primär technisch verfassten Medienbegriff ope- rieren, sondern Medien vorrangig über ihre Funktion oder Leistung bestimmen, könnten (wenn sie dies nicht schon getan haben) die Frage mit ›Ja‹ beantworten, etwa wenn ein ›Medium‹ allgemein als Mitte und Mittleres, als Vermittlung und Vermittler aufgefasst wird. Gleiches gilt, wenn man von Medien als Boten und Spuren (z.B. Krämer; Mersch), als Bedingung von Formbildung (Luhmann), als Wahrnehmungsanordnungen, als Dispositive (Baudry; Hickethier; Paech; u.a.) oder als Kulturtechniken (z.B. Krämer/Bredekamp; Siegert) spricht. »Medien machen lesbar, hörbar, sichtbar, wahrnehmbar, all das aber mit der Tendenz, sich selbst und ihre konstitutive Beteiligung an diesen Sinnlichkeiten zu löschen und also gleichsam unwahrnehmbar, an-ästhetisch zu werden«, heißt es im Kursbuch Medienkultur . »Medien sind nicht auf Präsentationsformen wie Theater und Film, nicht auf Techniken [...], nicht auf Symboliken [...] reduzierbar und doch in all dem virulent« (Pias u.a.: 10). Solch fundamentale und umfassende Me- dienbegriffe, wie sie in wissenschaftlichen Diskursen immer häufiger anzutreffen sind, lassen eine größer werdende Diskrepanz zu einem Alltagsverständnis von ›Medium‹ entstehen, das im deutschen und englischen Sprachraum vor allem mit (sowohl analogen als auch digitalen) technischen audiovisuellen Medien assozi- iert wird. Die Unklarheiten über die Begriffe ›Medium‹ und ›Medien‹ und die damit ein- hergehende Vielfalt von Medientheorien lässt sich auch dadurch illustrieren, dass 14 | T H E AT ER U N D M ED I E N in Inventarisierungen mancher grundlegenden Veröffentlichung über Medientheo- rie oder -geschichte das Theater völlig fehlt (zum Beispiel Leonhard u.a.; Leschke; Devereux; Kümmel u.a.), während ihm in anderen Aufmerksamkeit gewidmet wird. Faulstich konzipiert das Theater beispielsweise als »Primärmedium« oder »Mensch- medium«, Hörisch würdigt das Theater der antiken Polis als frühes Massenmedium, und Schanzes Handbuch der Mediengeschichte stellt die »Mediengeschichte des Theaters« gleichrangig neben die des Buchdrucks oder des Fernsehens. Im deutschen Sprachraum sind sich, so hat u.a. das sogenannte ›Hellerauer Ge- spräch‹ (Leeker) deutlich gemacht, auch führende Theaterwissenschaftler/-innen nicht einig in der Frage, ob Theater ein Medium ist oder als Medium verstanden werden sollte. Die hier nur kurz skizzierte Problematik verdeutlicht, dass eine einfache, allge- meine oder gar gemeinsame Antwort nicht erwartet werden kann. Medienbegriffe werden eben in ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen und wissenschaftstheore- tischen Diskursen und damit unter grundlegend verschiedenen epistemologischen Paradigmen benutzt. Wenn man Problembeschreibung, -analyse und -lösung als wichtige Aufgaben von Wissenschaft betrachtet, ist eine einheitliche Antwort auch weniger wichtig als eine Reflexion darüber, was man gewinnen (oder verlieren) kann, wenn man Theater in bestimmten theoretisch-analytischen Diskursen als Medium betrachtet oder nicht. Daraus resultiert dann beispielsweise die Frage, wie sich Phänomene, die als ›Theater‹ oder ›Performance‹ bezeichnet werden, zu anderen Phänomenen verhal- ten, die traditionell mit einem der Medienbegriffe etikettiert sind oder derart ver- standen werden könnten. Oder die Frage, was die Konsequenzen für das Selbstver- ständnis und für die Merkmale von theatralen Aktivitäten und deren Funktionen in der Gesellschaft sein können. Neben der Polyphonie in den theoretischen Diskursen gibt es auch die praktische Frage der Situierung der Theaterwissenschaft im institutionellen, hochschulpoliti- schen Umfeld. Da an medienwissenschaftlichen Instituten kaum je spezielle Lehre im Theaterbereich angeboten wird, scheint es – selbst wenn man Theater als Medi- um begreifen mag – weiterhin sinnvoll, Institute, an denen Theater und (andere) Medien studiert werden, als Institut für Theater- und Medienwissenschaft zu titulie- ren, wie es etwa in Erlangen-Nürnberg oder – als Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft – in Frankfurt a. M. und Wien der Fall ist. Angesichts der be- schriebenen Breite medienwissenschaftlicher Begriffe und Forschungen könnte sonst an Instituten, die ›Theater‹ nicht in ihrer Namensgebung erwähnen, das Risi- ko einer Marginalisierung der Theaterwissenschaft bestehen, die gerade im deut- schen Sprachraum auf eine vergleichsweise lange Tradition zurückblicken kann. Diese wissenschafts politischen Anmerkungen zur Theaterwissenschaft in einer ›Medienwelt‹ vorausgeschickt, konzentriert sich der Band jedoch auf eine Be- standsaufnahme der wissenschafts theoretischen Auseinandersetzungen mit den vorwiegend (inter-)medialen und ästhetischen Beziehungen zwischen Theater und (anderen) Medien. E INL E IT U N G | 15 T h e m e n d i e s e s B a n d e s In vorwiegend deutsch-, z.T. englischsprachigen Aufsätzen beschäftigen sich inter- nationale Wissenschaftler/-innen der Theater-, Tanz-, Literatur- und Medienwis- senschaften sowie Theaterpraktiker/-innen und Pädagogen aus unterschiedlichen Perspektiven mit den Begriffen ›Theater‹ und ›Medien‹ sowie den Konzepten ›Theatralität‹ und ›Medialität‹. In der Erforschung der mannigfachen Beziehungen zwischen Theater und (anderen) Medien findet insbesondere die Analysekategorie der ›Intermedialität‹ Anwendung, sowie verwandte Konzepte wie ›Trans- und Intramedialität‹ oder Nuancierungen wie ›Medienwechsel‹, ›Medienkombination‹ oder ›intermediale Bezüge‹ (vgl. Rajewsky). Das Theater wird dabei zunächst in Differenz zu einem bestimmten Medium gesetzt, um sodann die jeweiligen Bezüge auszuloten. In diesem Band wird Theater zumeist im Sinne einer heuristischen Strategie von Medien unterschieden. Der Begriff ›Medium‹ wird – wie aufgrund der kurzen Problemskizze zu erwarten – von den verschiedenen Autor/-innen, wie die jeweili- gen Kontexte klarmachen, sowohl in der engen Bedeutung der technischen audio- visuellen Medien als auch im breiten Sinne, ganz allgemein etwa als technisches Mittel oder als ›Mittleres‹ und ›Dazwischen‹, benutzt. Ziel der gesammelten Auf- sätze ist die vergleichende Analyse von theatralen Darstellungsformen und den (u.a. audiovisuellen) Medien, sowie die Analyse der Verhältnisse zwischen Theater und (u.a. technischen) Mitteln/Medien allgemein. Eine Begrenzung der Thematik besteht darin, dass bei allen Vergleichen Theater (bzw. Performance oder Dramen- text) den Bezugspunkt der Analysen bildet. Der Band ist in fünf Teile gegliedert: Teil 1: Theatralität, Medialität, Intermedialität Teil 2: Theater in (anderen) Medien Teil 3: Medialität & Medien im Theater Teil 4: Theatrale Praktiken in der Mediengesellschaft Teil 5: Vom Nutzen und Nachteil des Medienbegriffs für das Theater und die Theaterwissenschaft. Die Einteilung der ersten vier Themenkomplexe basiert auf der ausführlichen Be- schreibung, die die Herausgeber dieses Bandes als Einladung und Bestimmung der Themenfelder für den VIII. internationalen Kongress der Gesellschaft für Theater- wissenschaft e.V. 2006 in Erlangen zum Thema »Theater & Medien / Theatre & the Media« verfasst hatten. 1 Dieser Text, der den vortragenden Wissenschaftler/-innen als Inspirationsquelle, punching ball oder sparring partner gedient hat und dem auch Gedanken dieser Einführung entnommen sind, hatte zum Ziel, diejenigen Ge- biete und Perspektiven zu kartographieren, in denen sich die Theaterwissenschaft mit Fragen und Problemen der Beziehungen zwischen Theater und (anderen) Me- dien konfrontiert sieht. Damit kann dieser Text auch als Folie dienen, um festzu- stellen, welche Gebiete von den Wissenschaftler/-innen auf dem Kongress und in diesem Band exploriert und welche noch wenig oder gar nicht entdeckt und er- forscht worden sind. 1 Theater und Medien – Exposé zum Thema und zu den Sektionen (13 Seiten). Siehe: http://www.theater-medien.de/kongress/pdf/TK06_expose.pdf (01.08.2008). 16 | T H E AT ER U N D M ED I E N Natürlich lassen sich nicht alle Beiträge konsequent in das aufgestellte Raster einordnen, am wenigsten in die monodirektionale Trennung »Theater in (anderen) Medien« und »(andere) Medien im Theater«. Denn genauso, wie insbesondere im 20. Jahrhundert Künstler/-innen die Gattungs-, Kunst- und Mediengrenzen über- schritten, erweitert und niedergerissen haben, so bewegen sich – diese künstleri- sche Praxis reflektierend – freilich auch die Autor/-innen dieses Bandes gerade zwischen und über die Grenzen hinweg in diesem weiten Feld der gegenseitigen Beeinflussung von Theater und Medien. Um den Leser/-innen eine Struktur und Übersicht über die breit gestreuten Themen der 53 Beiträge zu bieten, wurde im Aufbau des Bandes dennoch zu diesem Schubladensystem gegriffen. Auch sind, soweit es sinnvoll schien, die vier Themenkomplexe noch einmal in detailliertere Rubriken (z.B. Tanz/Musiktheater/Theater) unterteilt. Im Folgenden werden alle Aufsätze in der Reihenfolge ihres Abdrucks kurz cha- rakterisiert und der thematischen Struktur entsprechend eingebettet. Zusammen mit dem Register sollten diese Charakterisierungen den Leser/-innen eine Hilfe bieten, ihren Weg durch diesen Band zu finden und sich in den »Liaisons dangereuses« von Theater und Medien nicht zu verlieren. T e i l 1 : T he a t r a l i t ä t , M e d i a l i t ä t , I n t e r m e d i a l i t ä t Im ersten Teil dieses Bandes sind diejenigen Beiträge aufgenommen, die sich mit den Grundlagen, Definitionen, Konzepten und Aufgaben der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Theater in seinen Beziehungen zu (anderen) Medien auseinan- dersetzen – also mit jenen grundsätzlichen Fragen, die eingangs skizziert worden sind. Ebenfalls in diesem Teil aufgenommen sind Beiträge zur Intermedialität und medienvergleichende Fallstudien. Je nachdem, welchem Intermedialitätsbegriff man folgt, beinhalten freilich alle Aufsätze dieses Bandes intermediale Aspekte. In die- sem 1. Teil sind insbesondere jene Analysen aufgenommen, bei denen nicht eine(s) der beteiligten Künste oder Medien, sondern gerade die wechselseitigen Beeinflus- sungen im Zentrum stehen. Da sich die Plenarvortragenden der »Theater & Medien«-Konferenz (Gabriele Brandstetter, Klemens Gruber, Ulrike Haß und Andreas Kotte) sämtlich mit grund- legend theoretischen wie intermedial fallanalytischen Fragen beschäftigt haben, sind sie in diesem Teil aufgenommen. Andreas Kotte plädiert in seinem Beitrag dafür, Beziehungen zwischen Theater und Medien zu erforschen, wehrt sich dabei allerdings gegen eine Vereinnahmung des Theaters durch einen zu weiten, »theoretisch eingesetzten« Medienbegriff, der sowohl die Geschichtlichkeit der Begriffe und Phänomene außer Acht lässt als auch die Differenzen zwischen Theater und Medien als unwesentlich einzustufen scheint. Ulrike Haß erlebt auf ihrem Streifzug durch die Theatergeschichte eine medientheoretische Perspektive, die an einer Interrelation von Medien interessiert und durch das Phänomen der Remediatisierung geprägt ist, als Vorteil für die Theaterwissenschaft. In historischen Exkursen zum (antiken) Zusammenhang von Schrift und Bild sowie dem Dispositiv der Renaissance legt Haß eine Entwicklung »vom Körper zum Bild« und eine daraus entstehende Dichotomie offen. Auch Meike Wagner sieht einen Mehrwert darin, wenn Theater- als Mediengeschichte E INL E IT U N G | 17 und ›Medium‹ dabei als ›contested concept‹ gedacht wird. Als Methodologie für eine mediale Theatergeschichtsschreibung und Möglichkeit, dem Theaterbegriff kritisch neu zu begegnen, schlägt sie die Mediologie von Régis Debray vor. Aus mediengeschichtlicher Perspektive bestimmen Sabine Friedrich und Kirsten Kramer Theatralität als mediales Dispositiv, »das nur durch das Zusammenspiel verschiedener materieller und technisch vermittelter Praktiken und Interaktions- formen beschreibbar ist und aufgrund der Appropriation unterschiedlichster audio- visueller ›Fremdmedien‹ zugleich immer schon ein komplexes intermediales Ge- füge darstellt« – was sie am historischen Beispiel eines auto sacramental von Calderón de la Barca illustrieren. Die ›alten Medien‹ Schrift, Gedächtnis und Körper werden von Gabriele Brandstetter in den Blick genommen. Dabei stellt sie das Nicht-Sehen des »Alpen- glühens« in Peter Turrinis gleichnamigem Drama neben die sichtbar werdende Schrift in William Forsythes Choreo-Graphie H UMAN W RITES (2005). Da die Struktur von Medien im Übertragen und Übersetzen, im Transformieren liege, sei Medium und Medialität »immer schon von der Bewegung her zu denken«. Die Be- ziehungen zwischen »Wahrnehmung der Bewegung« und »Bewegtheit der Wahr- nehmung« reflektiert Isa Wortelkamp aus Anlass einer tänzerischen Umsetzung des H ESPERIDENTRIPTYCHONS von Hans von Marées im Jahr 1999, wofür sie so- wohl die Unterscheidung von Merleau-Ponty zwischen Bild- und Körper-Sehen, als auch die von Max Imdahl zwischen einem sehenden und einem wiedererken- nenden Sehen heranzieht. Der mit Lessing »fruchtbare Augenblick« dient Jens Ruchatz als Ausgangs- punkt für grundlegende Überlegungen zum Verhältnis von Photographie und Thea- ter. Anhand seiner Untersuchungen von Theaterphotographien und staged photo- graphy argumentiert er, dass ›Intermedialität‹ nicht Medien voraussetzt, sondern erst Medien erzeugt. Ausgehend von grundlegenden Überlegungen (u.a. ob Körper und Theater Medien sind) entwickelt Kati Röttger die These, dass sich die Tren- nung von Theater und Medien nicht aufrecht erhalten lässt, wenn man die Dynamik der medialen Transformationen in den Blick nimmt, »die in und zwischen Medien stattfinden«. Theater definiert sie als per se intermediales Geschehen, indem sie – mittels des Begriffs der Verkörperung und veranschaulicht an Sasha Waltz’ D IDO & A ENEAS (2005) – die Konzepte Medialität und Performativität zusammenschließt. Ebenfalls aus einer theoretischen Perspektive definiert Chiel Kattenbelt die Be- griffe Multi-, Trans- und Intermedialität als drei unterschiedliche Perspektiven, aus denen Medienphänomene analysiert werden können, und unterstreicht die Bedeu- tung der wechselseitigen Verhältnisse von Materialität, Medialität und ästhetischen Konventionen für die Dynamik trans- und intermedialer Prozesse. Günter Berghaus zeichnet die Entwicklung der Nutzung (damals) neuer Me- dien und Technologien im Italienischen Futurismus von 1909 bis in die dreißiger Jahre anhand der Arbeiten von Filippo Tommaso Marinetti nach und hebt insbeson- dere das völlig neue Verständnis von der Medialität des Theaters hervor, das sich u.a. anhand des T HEATRE OF THE S KIES (1932) illustrieren lässt. (Inter-)Mediale Inszenierungen in Russland und Frankreich der Saison 1922/23 nimmt Klemens Gruber ins Visier. In einem spannungsreichen Bogen von Meyerholds G ROSS - MÜTIGER H AHNREI über die L AUTSPRECHERTRIBÜNEN von Gustav Klucis und W ITHIN THE Q UOTA der Ballets Suédois bis hin zu Dziga Vertovs K INOPRAVDA N R . 16 beleuchtet er die »wechselseitige Erhellung der medialen Verfasstheit« und die Bedeutung der Avantgarden für das »intermediale Jahrhundert«. Arbeiten von Samuel Beckett aus den sechziger und siebziger Jahren jenes Jahrhunderts (u.a. 18 | T H E AT ER U N D M ED I E N F ILM , S PIEL , D AS LETZTE B AND ) dienen Franziska Sick dazu, Prozesse von Medienreflexivität und intermediale Strukturanalogien zu untersuchen, wobei sie zu dem Schluss kommt, dass Beckett Medien »nicht nur in ihrer medialen Dinglichkeit, sondern ebenso sehr in Spielstrukturen und Anordnungsbeziehungen« offen legt. Dem Verhältnis von Film und körperbasierter Performancekunst spürt Jörg von Brincken in Matthew Barneys Arbeiten T HE C REMASTER C YCLE (1996-2002), D RAWING R ESTRAINT (2005) und H OIST (2006) nach. Dabei nutzt er u.a. Deleuzes Vorstellung einer ›haptischen Dimension des Blicks‹, um eine »korporelle Präsenz- dimension« nicht des Films, sondern des Film erlebens zu beschreiben. Die Frage nach einer »körperlichen Wahrnehmung« von Film und Theater ist auch Teil des Aufsatzes von Annette Bühler-Dietrich , die Lars von Triers Film D OGVILLE (2003) und die gleichnamige Theaterinszenierung von Volker Lösch (2005) in medien- und wirkungsästhetischer Hinsicht einander gegenüberstellt und in von Triers Film das »Spiel mit den Zeichen«, in Löschs Inszenierung »die Evi- denz des Körpers« am Werk sieht. Weitere medienvergleichende Analysen, diesmal von Fernsehen und Theater, bieten Andreas Englhart und Bianca Michaels. Dabei analysiert Bianca Michaels das Phänomen der Formatübernahme aus dem Fernseh- in den Theaterbereich an- hand von Theatersoaps (u.a. F RIEDRICHSTRASSE , 2005) und Talkshow-Opern (u.a. D ENIS C LEVELAND , 1996), basierend auf den Fernsehformaten der Talkshows und der Soap Series. Andreas Englhart erkennt in aktuellen TV-Serien (z.B. D ESPE - RATE H OUSEWIVES , S OPRANOS oder S IX F EET U NDER ) Merkmale der (Neo-)Avant- garde wie eine ›avantgardistische‹ Dramaturgie und Bildästhetik, die – zusammen mit Formen der Intertextualität und inhaltliche Grenzüberschreitungen – Gründe seien, derartige Serien nicht länger als »Unterschichtenfernsehen« zu betrachten. T e i l 2 : T he a t e r i n ( an d e r e n ) M e d i e n Dieser Themenkomplex umfasst etwa den Wechsel von Stoffen aus Drama und Theater in andere Medien, z.B. Dramen- und Literaturverfilmungen; die Themati- sierung von Theater in (fiktionalen) Welten in anderen Medien und Kunstwerken, z.B. in den sogenannten ›Theaterfilmen‹; die Übernahme von (Darstellungs-)Kon- ventionen aus dem Theater in anderen Medien, worunter hier z.B. ›Theatralität im Film‹ verstanden wird; und schließlich die diskursive Thematisierung von Theater in anderen Medien, z.B. in der Berichterstattung über Theater. Ein Medienwechsel, der ebenfalls in diesem Teil verhandelt werden und eine wich- tige Rolle in der Theaterwissenschaft spielen müsste, ist die Dokumentation von Theateraufführungen in statischen wie bewegten Bildern. Mit der Theaterphotogra- phie beschäftigt sich der Beitrag von Jens Ruchatz in Teil 1 dieses Bandes. Mit der bewegten Aufzeichnung von Theateraufführungen indes hat sich von den knapp hundert Vortragenden des Kongresses erstaunlicher Weise niemand auseinander- gesetzt, dabei sind gerade Theateraufzeichnungen für Fernsehsender, Theater und Archive wesentliche Quellen theaterwissenschaftlicher Forschung und wichtiges Arbeitsmaterial für Inszenierungsanalysen – ihre Nutzung jedoch ist mit erheb- lichen theoretischen Problemen verbunden, zu denen weitere Reflexionen durchaus wünschenswert wären. E INL E IT U N G | 19 Dramen-Verfilmung: Anders als zu erwarten beschäftigten sich wenige (Theater-) Wissenschaftler/-innen mit dem Phänomen der Dramen- und Literaturverfilmungen. Die einzigen (englischsprachigen) Aufsätze in diesem Bereich behandeln Verfil- mungen antiker griechischer Tragödien. Pantelis Michelakis zieht u.a. eine frühe Filmfassung von K ÖNIG O EDIPUS (1912) heran, um zu zeigen, dass sich bereits die frühen Formen der Medientransformation in ästhetischer Hinsicht unabhängig von Theaterkonventionen ausprägten. Edwin Hees wählte für seinen Beitrag die M EDEA - Adaptionen von Pier Paolo Pasolini (1970) und Lars von Trier (1988) sowie die E LECTRA -Adaptionen von Michael Cacoyannis (1961) und Miklós Jancsó (1975) als Beispiele für einen immer weitergeführten Prozess von »cultural transmission«. Theater und Theatralität im Film: ›Theaterfilme‹ im Sinne einer motivischen Be- handlung von Theater im (meist fiktionalen) Spielfilm werden gleich in mehreren Beiträgen behandelt: Beginnend mit dem Film S TAGE D OOR (1937) und stets die ›Stage Door‹, den Übergang zum Bühnenraum im Blick, untersucht Stefanie Diekmann Vorstellungen von Theater in einer Reihe von Filmen (von A LL A BOUT E VE bis Q UAND L A M ER M ONTE ), die einen Blick auf jene Aspekte des Theaters er- möglichen, die ›normale‹ Theaterbesucher nicht zu sehen bekommen: auf das, was hinter der Bühne passiert. Thomas Klein interessiert sich für die Grenzgänge zwi- schen Bühne und Leben im Film und blickt dabei dem »Bühnentod« ins Auge: Das Motiv, das sich in Filmen von Ernst Lubitsch, Peter Greenaway, Baz Luhrmann u.v.a. finden lässt, treibe das Verhältnis von »Ernst und Spiel« in Theaterfilmen auf die Spitze. Für seine genauere Betrachtung von M ARQUISE (Vera Belmont, 1997) und M. B UTTERFLY (David Cronenberg, 1993) nutzt Klein die Theater- und Film- form sowie den Theater-Rahmen (nach Erwin Goffman) als Analysekategorien. Hans Friedrich Bormann lotet das Verhältnis von ›Authentizität‹ und Selbst-Dar- stellung anhand zweier selbst- und medienreflexiver Filme über den Werdegang (angehender) Schauspielschüler/-innen aus. Dabei zeige sich, dass hinsichtlich der Frage nach der Selbstdarstellung eine Unterscheidung zwischen dem Spiel film K LEINE H AIE (Sönke Wortmann, 1992) und dem Dokumentar film D IE S PIELWÜTI - GEN (Andres Veiel, 2004) irrelevant werde, »weil der Film bereits als Medium eine genuine Beziehung zum Imaginären unterhält«. »Des Kinematografen oft zitierte ›dokumentarische Authentizität‹« sei, so wird Alexander Kluge im Beitrag von Christoph Ernst zitiert, »nichts anderes als die hohe Stilisierung der Oper«. Anhand des Films D IE M ACHT DER G EFÜHLE (1983) zeigt Ernst, wie Kluge die Spannung zwischen Form und Funktion der Oper im Ge- gensatz zu Adorno nicht als ästhetisches , sondern als mediales Problem verhandelt. Mithin ziele Kluges Praxis – wenn man seine Filmästhetik eines »dritten Bildes« mitdenkt – nicht auf die Integration der Medien Film und Oper, sondern vielmehr auf eine stete Mitrepräsentation der Mediendifferenz. Alexandra Vlad beschreibt die Inszenierung theatraler Konventionen im zeit- genössischen rumänischen Kurzfilm, die als Stilmittel eingesetzt wird, um die Äs- thetik rumänischer Filmproduktion der kommunistischen Ära zu persiflieren und gesellschaftskritisch eine »Kultur des Spektakels« zu spiegeln. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch der Beitrag von Annette Bühler-Dietrich (siehe 1. Teil) in den Passagen über von Triers D OGVILLE Theatra- lität im Film behandelt, der Beitrag von Andreas Englhart über Seriendramaturgien (ebenfalls 1. Teil) Theatralität im Fernsehen.