Intertemporale Verteilungswirkungen in der gesetzlichen Krankenversicherung der Bundesrepublik Deutschland F I N A N Z W I S S E N S C H A F T L I C H E S C H R I F T E N Cornelia S. Behrens Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access Für die gesetzliche Krankenversicherung ist der über den versicherungstechnischen Risikoausgleich einer Individualversicherung hinausgehende Gedanke des sozialen Ausgleichs konstitutiv, auf dem die vielfältigen Verteilungswirkungen beruhen. In Fortführung der wenigen bisher vorliegenden Arbeiten erfolgt hier die Analyse und Quantifizierung der intertemporalen Verteilungswirkungen; nur sie können hinreichend Aufschluß darüber geben, ob und in welchem Umfang die GKV ihre distributive Funktion erfüllt. Die Modellrechnungen bestätigen im wesentlichen die Hypothesen zur Wirkungsrichtung der familienspezifischen Umverteilung auch in einer den Lebenszyklus der Versicherteneinheiten umfassenden Betrachtung. Neben dieser Intrakohortenumverteilung kommt es allerdings angesichts der dramatischen demographischen Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten zu einer deutlichen Interkohortenumverteilung zu Lasten insbesondere der Versicherteneinheiten der Geburtenjahrgānge zwischen etwa 1970 und 2020/30. Die mithin gefährdete gesellschaftliche Akzeptanz des Generationenvertrages in der GKV erfordert die Neugestaltung des Finanzierungssystems; eine Alternative stellt das Kapitaldeckungsverfahren mit risikoorientierten Prämien dar. Cornelia S. Behrens wurde 1954 in Großburgwedel bei Hannover geboren. Nach Abitur und Sparkassenlehre studierte sie Wirtschaftswissenschaften bzw. Volkswirtschaftslehre an der Universität Hannover und an der University of Essex, Großbritannien; M.A. (Economics) 1980. Von 1981 bis 1989 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Hannover; seit 1989 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung an der Universität Hannover GmbH. F I N A N Z W I S S E N S C H A F T L I C H E S C H R I F T E N Cornelia S. Behrens Intertemporale Verteilungswirkungen in der gesetzlichen Krankenversicherung der Bundesrepublik Deutschland Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access lntertemporale Verteilungswlrkungen in der gesetzlichen Krankenversicherung der Bundesrepublik Deutschland Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access FINANZWISSENSCHAFTLICHE SCHRIFTEN Herausgegeben von den Professoren Albers, Krause-Junk, Littmann, Oberhauser, Pohmer, Schmidt Band45 PETER LANG Frankfurt am Main • Bern · New York • Paris Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access Cornelia S. Behrens Intertemporale Verteilungswirkungen in der gesetzlichen Krankenversicherung der Bundesrepublik Deutschland ~ PETER LANG Frankfurt am Main • Bern • New York • Paris Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access Open Access: The online version of this publication is published on www.peterlang.com and www.econstor.eu under the interna- tional Creative Commons License CC-BY 4.0. Learn more on how you can use and share this work: http://creativecommons. org/licenses/by/4.0. This book is available Open Access thanks to the kind support of ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. ISBN 978-3-631-75260-9 (eBook) Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Behrens, Cornelia: lntertemporale Verteilungswirkungen in der gesetzlichen Kran- kenversicherung der Bundesrepublik Deutschland / Comelia S. Behrens. - Frankfurt am Main ; Bern ; New York ; Paris : Lang, 1991 (Finanzwissenschaftliche Studien ; Bd. 45) Zugl.: Hannover, Univ., Diss., 1991 ISBN 3-631-44361-7 NE: GT =i! D89 ISSN 0170-8252 ISBN 3-631-44361-7 © Verlag Peter Lang GmbH, Frankfurt am Main 1991 Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany 1 3 4 5 6 7 Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access Meinen Eltern Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access Vorwort Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind die intertemporalen Verteilungs- wirkungen in der gesetzlichen Krankenversicherung der Bundesrepublik Deutschland. Nur sie können hinreichend Aufschluß darüber geben, ob und in welchem Umfang die GKV die ihr historisch zugeordnete - gleichwohl im Krankenversicherungsrecht nicht explizit formulierte - distributive Funktion erfüllt. In den Modellrechnungen werden die Hypothesen zur Wirkungsrichtung der familien- spezifischen Umverteilung - in Erweiterung der Ergebnisse vorliegender Quer- schnittsanalysen - auch in einer den Lebenszyklus der Versicherteneinheiten umfas- senden Betrachtung im wesentlichen bestätigt. Neben dieser lntrakohortenumver- teilung bewirkt die GKV mit ihrem Finanzierungs- und Leistungssystem angesichts der in den nächsten Jahren zu erwartenden dramatischen demographischen Entwicklung eine deutliche lnterkohortenumverteilung zulasten insbesondere der Versicherten- einheiten der Geburtenjahrgänge zwischen etwa 1970 und 2020/2030. Diese Ent- wicklung, die die Grenzen des Umlageverfahrens aufzeigt, kann die gesellschaftliche Akzeptanz der GKV nachhaltig gefährden. Vor dem Hintergrund der Anforderungen, denen die Staatstätigkeit - auch bei der Gestaltung des Systems der sozialen Siche- rung - zu genügen hat, ist deshalb eine Neugestaltung des Finanzierungssystems der GKV zu fordern. Eine Alternative stellt das Kapitaldeckungsverfahren mit risikoorien- tierten Prämien dar. Ich danke Herrn Prof. Dr. Klaus-Dirk Henke. Sein Interesse an der gewählten Thema- tik sowie sein fachlicher Rat und seine stete Unterstützung förderten die Entstehung und den Abschluß dieser Arbeit. Für wertvolle Anregungen sei auch Herrn Prof. Dr. J.- Matthias Graf v. d. Schulenburg und Herrn Dipl.-Volksw. Wolf-Dieter Berkholz gedankt. Herrn Prof. Dr. Willi Albers gilt mein Dank für zahlreiche Verbesserungs- vorschläge im Zuge der Veröffentlichung. Juni 1991 Cornelia S. Behrens Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access 9 Inhaltsverzeichnis 1. 1.1. 1.2. 1.3. 2. 2.1. 2.1.1. 2.1.2. Verzeichnis der Schemata, Tabellen und Abbildungen Verzeichnis der Abkürzungen Einführung Zur Entwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung Das Leistungs- und Finanzierungssystem der GKV Problemstellung und Aufbau der Arbeit Zur Analyse der Vertellungswirkungen der GKV Die Strukturierung eines Analysekonzeptes Elemente einer Verteilungsanalyse der GKV im Überblick lnzidenzkonzepte für eine Analyse der Verteilungswirkungen der GKV 2.1.3. Die sachliche Reichweite einer Verteilungsanalyse der GKV 2.1.3.1. Die Bestimmung der Verteilungsträger 2.1.3.2. Die lnzidenz der GKV-Einnahmen 2.1.4. Die zeitliche Reichweite einer Verteilungsanalyse der GKV 2.2. Umverteilungshypothesen und Ergebnisse ausgewählter empi- rischer Verteilungsanalysen der jahresbezogenen Verteilungs- wirkungen der GKV 3. lntertemporale Verteilungswirkungen der GKV: Analyseanforderungen und vorliegende Analysen 3.1. Divergierende Auffassungen über intertemporale Verteilungs- wirkungen der GKV 3.2. Ein Analysekonzept für die Ermittlung intertemporaler Vertei- lungswirkungen der GKV 3.2.1. Risikoorientierte und einkommensabhängige Beiträge zur GKV 3.2.2. 3.2.3. 3.2.4. als Elemente eines Analysekonzeptes Die Ableitung risikoorientierter Beiträge im Lebenszyklus Exkurs: Überlegungen zum Finanzierungsverfahren Die Ermittlung der einkommensabhängigen Beiträge zur GKV im Lebenszyklus 12 16 17 17 18 19 23 23 23 24 27 27 30 35 41 47 47 48 48 48 52 53 Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access 10 3.2.5. Die Verknüpfung risikoorientierter und einkommensabhängiger Beiträge zur GKV 54 3.3. vorliegende Analysen der intertemporalen Verteilungswirkungen der GKV bzw. des Gesundheitswesens 57 3.3.1. Der Ansatz von Ott 57 3.3.2. Die Untersuchung von Frey und Leu 61 3.3.3. Die Analysen von Schulenburg und Kleindorfer 62 3.3.4. Die Untersuchung von Meierjürgen 68 3.3.5. Abschließende Beurteilung 75 4. lntertemporale Verteilungswirkungen der GKV: Modellrechnungen zur famillenspezlfischen Umverteilung 77 4.1. Vorbemerkung 77 4.2. Alternative I für die Quantifizierung familienspezifischer Vertei- lungswirkungen der GKV im Lebenszyklus 77 4.2.1. Der Modellrahmen 77 4.2.2. Eine Modellrechnung zur Ermittlung familienspezifischer Verteilungswirkungen der GKV im Lebenszyklus 81 4.3. Alternative II für die Quantifizierung familienspezifischer Vertei- lungswirkungen der GKV im Lebenszyklus 93 4.3.1. Der Modellrahmen 93 4.3.2. Die Daten 95 4.3.2.1. Die Versichertenpopulation der GKV 95 4.3.2.2. Die durchschnittlichen jährlichen Ausgaben für die Versicherten der GKV und die durchschnittlichen jährlichen beitragspflich- tigen Einnahmen der Mitglieder der GKV 99 4.3.2.3. Generationensterbetafeln für ausgewählte Geburtenjahrgänge 104 4.3.3. Modellrechnungen und Ergebnisse - Teil 1: Der Zeitraum von 1925 bis 2030 106 4.3.3.1. Die Entwicklung des durchschnittlichen einkommensabhän- gigen Beitragssatzes der GKV 106 4.3.3.2. Die Spezifizierung der "Lebensläufe" der nach Familienstand, -typ und -größe differenzierten Versicherteneinheiten für verschiedene Geburtenjahrgänge 108 Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access 11 4.3.3.3. Familienspezifische Verteilungswirkungen der GKV im Lebens- zyklus für Versicherteneinheiten der Geburtenjahrgänge 1910 bis 1965 bzw. 1970 111 4.3.4. Modellrechnungen und Ergebnisse -Teil II: Der Zeitraum nach 2030 124 4.3.4.1. Vorbemerkung 124 4.3.4.2. Die voraussichtliche Entwicklung des durchschnittlichen einkom- mensabhängigen Beitragssatzes der GKV in der Zeit nach 2030 125 4.3.4.3. Familienspezifische Verteilungswirkungen der GKV im Lebens- zyklus für Versicherteneinheiten der Geburtenjahrgänge ab 1970 bzw. 1975 131 4.3.5. Beurteilung der Ergebnisse 136 5. Schlußbetrachtung 141 6. Anhang 145 7. Uteraturverzelchnls 177 Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access 12 Verzeichnis der Schemata, Tabellen Schemata 1: Dimensionen einer Verteilungsanalyse der GKV 2: Finanzierung der GKV nach Finanzierungsträgern und Einnahmearten 3: Querschnitts-, Längsschnitts- und Zeitverlaufsbetrachtung Texttabellen 1: Erwartete durchschnittliche Krankheitskosten im Lebenszyklus, nach Familienstand, -typ und -größe, in DM 2: Risikoorientierte Beitragssätze, nach Familienstand, -typ und -größe, in v.H. 3: Stationäre Modellbevölkerung, nach Alter und Geschlecht, in Tsd. 4: Risikoorientierte Beitragssätze b(.) und durchschnittliche einkom- mensabhängige Beitragssätze b zur GKV für eine stationäre Bevöl- kerung mit langfristig konstanten Versichertenstrukturen, in v.H., vier Varianten (1 bis 4) zur Zusammensetzung der Versicherten- population nach Familienstand, in v.H., sowie zwei Alternativen 23 30 38 84 86 88 (i und ii) zur Zahl der Kinder 90 5: Jährliche Pro-Kopf-Ausgaben in der GKV, nach Alter, Geschlecht und Beteiligung am Erwerbsleben, in DM, 1981 6: Durchschnittliche beitragspflichtige Bruttojahreseinkommen aus unselbständiger Arbeit der Pflichtmitglieder der GKV, nach Alter 102 und Geschlecht, in DM, 1981 104 7: Geburtenjahrgang und durchschnittliches Heiratsalter in Jahren des männlichen Haushaltsvorstandes und der Ehefrau in Einverdie- ner- und Zweiverdiener-Haushalten sowie Kalenderjahr der Heirat 110 8: lntertemporale Einkommensumverteilungen in der GKV, nach Familienstand, -typ und -größe, verschiedene Geburtenjahr- gänge, Variante a zur zukünftigen Entwicklung der Erwerbs- beteiligung, in DM 114 Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access 13 9: lntertemporale Einkommensumverteilungen in der GKV, nach Familienstand, -typ und -größe, verschiedene Geburtenjahr- gänge, Variante b zur zukünftigen Entwicklung der Erwerbsbe- teiligung, in DM 115 10: lntertemporale Einkommensumverteilungen in der GKV, nach Familienstand, -typ und -größe, verschiedene Geburtenjahr- gänge, Variante a zur zukünftigen Entwicklung der Erwerbsbe- teiligung, in v.H. des beitragspflichtigen Bruttolebenseinkommens 116 11: lntertemporale Einkommensumverteilungen in der GKV, nach Familienstand, -typ und -größe, verschiedene Geburtenjahr- gänge, Variante b zur zukünftigen Entwicklung der Erwerbsbe- teiligung, in v.H. des beitragspflichtigen Bruttolebenseinkommens 117 Anhangtabellen A 1: Bevölkerung und Erwerbspersonen, nach Alter und Geschlecht, in Tsd., 1925-2030, 1. und 2. Zeile: Bevölkerung, 3. und 4. sowie 5. und 6. Zeile: Erwerbspersonen A2a: A2b: überlebende im Alter x, männlich, verschiedene Geburten- jahrgänge überlebende im Alter x, weiblich, verschiedene Geburten- jahrgänge A3: Durchschnittliche einkommensabhängige Beitragssätze der GKV, in v.H., jährliche GKV-Ausgaben pro Versichertem und beitragspflichtige Bruttojahreseinkommen pro Versichertem, 146 159 163 in DM, Erwersquoten, in v.H., 1925 bis 2030 168 Textabbildungen 1: Durchschnittliche einkommensabhängige Beitragssätze zur GKV für alternative Zusammensetzungen der Versicherten- population bei langfristig konstanten Versichertenstrukturen, durchschnittliche risikoorientierte Beitragssätze nach Familienstand, -typ und -größe, in v.H. 92 Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access 14 2: lntertemporale Einkommensumverteilungen in der GKV, nach Familienstand, -typ und -größe, verschiedene Geburtenjahrgänge, Variante a zur zukünftigen Entwicklung der Erwerbsbeteiligung, in v.H. des beitragspflichtigen Bruttolebenseinkommens 119 3: lntertemporale Einkommensumverteilungen in der GKV, nach Familienstand, -typ und -größe, verschiedene Geburtenjahrgänge, Variante b zur zukünftigen Entwicklung der Erwerbsbeteiligung, in v.H. des beitragspflichtigen Bruttolebenseinkommens 123 4: Durchschnittlicher einkommensabhängiger Beitragssatz zur GKV, zwei Varianten (a und b) zur alters- und geschlechtsspezifischen Erwerbsbeteiligung, ab 2031: voraussichtliche Entwicklung des Beitragssatzes für eine ab 2110 gleichgewichtig schrumpfende Bevölkerung, in v.H.; Erwerbstätigkeitsphase der Versichertenein- heiten, in (Kalender-)Jahren, Geburtenjahrgänge 1970 bis 2090 129 5: Durchschnittlicher einkommensabhängiger Beitragssatz zur GKV, zwei Varianten (a und b) zur alters- und geschlechtsspezifischen Erwerbsbeteiligung, ab 2031: voraussichtliche Entwicklung des Beitragssatzes für eine ab 2150 stationäre Bevölkerung, in v.H.; Erwerbstätigkeitsphase der Versicherteneinheiten, in (Kalender-)- Jahren, Geburtenjahrgänge 1970 bis 2090 130 6: Durchschnittlicher einkommensabhängiger Beitragssatz zur GKV für eine ab 2110 gleichgewichtig schrumpfende Bevölkerung, zwei Varianten (a und b) zur alters- und geschlechtsspezifischen Erwerbsbeteiligung, durchschnittliche risikoorientierte Beitrags- sätze nach Familienstand, -typ und -größe, in v.H. 133 7: Durchschnittlicher einkommensabhängiger Beitragssatz zur GKV für eine ab 2150 stationäre Bevölkerung, zwei Varianten (a und b) zur alters- und geschlechtsspezifischen Erwerbsbeteiligung, durchschnittliche risikoorientierte Beitragssätze nach Familien- stand, -typ und -größe, in v.H. 135 Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access 15 Anhangabbildungen A1: A2: A3: A4: Bevölkerung, nach Alter und Geschlecht, in v.H., obere Abbildung: 1970, untere Abbildung: 1980 Bevölkerung, nach Alter und Geschlecht, in v.H., obere Abbildung: 1990, untere Abbildung: 2000 Bevölkerung, nach Alter und Geschlecht, in v.H., obere Abbildung: 2010, untere Abbildung: 2020 Bevölkerung, nach Alter und Geschlecht, in v.H., 2030 AS: Bevölkerung mit konstanten altersspezifischen Fertilitäts- und Mortalitätsraten, nach Alter und Geschlecht, in v.H., obere Abbildung: natürliche Wachstumsrate der Bevölkerung 0 v.H. p.a., untere Abbildung: natürliche Wachstumsrate der Bevölkerung -1 v.H. p.a. 171 172 173 174 175 Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access 16 Verzeichnis der Abkürzungen AFG Arbeitsförderungsgesetz AKV allgemeine Krankenversicherung AOK Allgemeine Ortskrankenkasse BA Bundesanstalt für Arbeit GKV gesetzliche Krankenversicherung GAG Gesundheits-Reformgesetz GRV gesetzliche Rentenversicherung GUV gesetzliche Unfallversicherung KHG Krankenhausfinanzierungsgesetz KVdR Krankenversicherung der Rentner PKV Private Krankenversicherung RVO Reichsversicherungsordnung SGBV Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access 17 1 . Einführung 1.1. Zur Entwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist ein wichtiger Bestandteil des Systems der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland. Sie hat seit ihrer Errich- tung im Jahre 1883 in quantitativer Sicht kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Waren im Jahr 1885 lediglich ca. 9 v.H. der Bevölkerung in der GKV versichert, liegt dieser Anteil in den letzten Jahren bei ungefähr 90 v.H., so daß die GKV nunmehr die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung umfaßt. Die Leistungsausgaben der GKV belaufen sich inzwischen (im Jahr 1989) auf 123,2 Mrd. DM1; dies entspricht einem Anteil in Höhe von 5,5 v.H. am Bruttosozialprodukt des gleichen Jahres. Als Teil der Sozialversicherungsgesetzgebung der achtziger Jahre des letzten Jahr- hunderts sollte die GKV in positiver Ergänzung des sog. Sozialistengesetzes (1878- 1890) soziale Schäden auffangen, um dem politischen Druck zu begegnen, der auf dem Deutschen Reich lastete. Neben diesen politischen Erwägungen spielten auch ökonomische und soziale Motive der Gesetzgebung eine Rolle 2. In den Anfängen der GKV erstreckte sich die Versicherungspflicht auf die im Vergleich zu anderen Angehörigen der Arbeiterschicht gut und stetig verdienenden gewerb- lichen Arbeiter. Sie waren am ehesten in der Lage, regelmäßige Beiträge zu entrich- ten, die - wie im Krankenversicherungsgesetz vorgeschrieben - in einem Vomhun- dertsatz des Arbeitsentgelts berechnet wurden. Die Hauptleistung der GKV bestand anfänglich in der Zahlung des Krankengeldes, das ebenfalls in einem Vomhundertsatz des Arbeitsentgelts bemessen wurde 3. Durch diese Identität der Bemessungsgrund- lagen ergibt sich eine Äquivalenzbeziehung zwischen dem Beitrag zur und der Leistung aus der Krankenversicherung. Die fehlende Differenzierung des Beitrags des einzelnen Versicherten nach Faktoren der Erkrankungswahrscheinlichkeit, die den Empfang von Krankenversicherungsleistungen beeinflussen, wird allerdings bereits als Ausdruck des Solidaritätsprinzips gewertet 4 • Diese Idee des sozialen Ausgleichs wird für die GKV seit ihrer Errichtung in Anspruch genommen. Sie gilt auch nach der Weiterentwicklung der GKV, durch die sich der Kreis der Versicherten und der Umfang der Leistungen erheblich erweiterten, als konstituierendes Merkmal der gesetzlichen Krankenversicherung. 1 Siehe Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (1991), Tabelle T 465. 2 Vgl. Ritter (1983), S. 28ft. 3 Vgl. Töns (1983), S. 401. 4 So Töns (1983), S. 41. Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access 18 1.2. Das Leistungs- und Finanzierungssystem der GKV Die Verteilungswirkungen der GKV ergeben sich aus der Institutionalisierung von Rechtsnormen, die an der Finanzierung einerseits und an der Leistungsgewährung andererseits anknüpfen. Das Leistungssystem der GKV ist überwiegend bedarfsorientiert ausgestaltet. Die Inanspruchnahme von Leistungen der GKV, auf die grundsätzlich ein Rechtsanspruch besteht, orientiert sich an dem individuellen Krankheitsrisiko des Mitglieds und dessen beitragsfrei mitversicherten Familienangehörigen 5• Eine Begrenzung der Inanspruch- nahme ist durch den Grundsatz des § 12 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) vorgesehen, nach dem die Leistungen ausreichend und zweckmäßig sein müssen, das Maß des Notwendigen jedoch nicht überschreiten dürfen. Während die Gewährung von Sachleistungen 6 unabhängig von den beitragspflichtigen Einnahmen und damit von der Beitragszahlung des Mitglieds erfolgt, werden die wichtigsten Geldleistungen für die GKV-Mitglieder - z.B. das Krankengeld - nach der Höhe ihrer beitragspflichtigen Einnahmen bemessen. Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt in erster Linie über einkommensabhängige Beiträge 7 • Sie werden proportional von den beitragspflich- tigen Einnahmen 8 des GKV-Mitglieds erhoben. Die Obergrenze für die Beitragszah- lungen stellt die Beitragsbemessungsgrenze (1991: DM 58.500 p.a.) dar, nach der die an dieser Grenze bemessenen Beiträge als Höchstbetrag zu leisten sind. Unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze (1991: DM 480 monatlich) sind keine Beiträge zu entrich- ten. Beitragsfrei mitversichert sind gemäß § 10 SGB V Ehegatten und Kinder von GKV-Mitgliedern, wenn ihr Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (1991: DM 480) nicht überschreitet. Als Bestandteil des gesetzlich verfügten Systems der sozialen Sicherung ist die GKV nach dem Versicherungsprinzip gestaltet9. Die Finanzierung über einkommens- abhängige Sozialabgaben entspricht aber nicht dem versicherungstechnischen Äqui- 5 Für eine Übersicht zu den Bestimmungsfaktoren des Gesundheitsstandes siehe Henke/Adam (1987), s. 189. 6 Auf die Sachleistungen entfielen z.B. im Jahr 1987 91 v.H. der Leistungsaufwendungen, auf die Geld- leistungen im gleichen Jahr 9 v.H. der Leistungsaufwendungen der GKV. Siehe Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (o.J.). 7 Zu den weiteren Einnahmeanen der GKV siehe Abschnitt 2.1.3.1. 8 Zu den beitragspflichtigen Einnahmen zählt in erster Linie das Arbeitsentgelt (Gehalt, Lohn und ähnli- che Gegenleistungen für Arbeit); daneben werden auch verschiedene Einkommensersatzleistungen (z.B. Renten, Arbeitslosengeld) zur Bemessung der Beiträge herangezogen. Siehe hierzu im einzelnen §§ 22311. SGB V. 9 zu den Gestaltungsprinzipien der Daseinsvorsorge siehe Zimmermann/Henke (1987), S. 17111. Cornelia Behrens - 978-3-631-75260-9 Downloaded from PubFactory at 01/11/2019 06:36:59AM via free access