Suchmaschinenoptimierung und Wettbewerbsrecht Michael Wehrmann Nomos Schriften zum Medien- und Informationsrecht 49 Schriften zum Medien- und Informationsrecht herausgegeben von Prof. Dr. Boris P. Paal, M.Jur. Band 49 Michael Wehrmann Suchmaschinenoptimierung und Wettbewerbsrecht Nomos Onlineversion Nomos eLibrary Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Zugl.: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 2020 1. Auflage 2020 © Michael Wehrmann Publiziert von Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Waldseestraße 3-5 | 76530 Baden-Baden www.nomos.de Gesamtherstellung: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Waldseestraße 3-5 | 76530 Baden-Baden ISBN (Print): 978-3-8487-7667-2 ISBN (ePDF): 978-3-7489-1042-8 DOI: https://doi.org/10.5771/9783748910428 Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz. Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2018/2019 von der Juris- tischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation ange- nommen. Ein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Axel Metzger, LL.M. (Harvard) für die umfassende Betreuung, sowie die jeder- zeit hilfreichen Anregungen und Ratschläge. Herrn Prof. Dr. Jan Bernd Nordemann, LL.M. (Cambridge) danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Ich danke Herrn Prof. Dr. Boris P. Paal, M.Jur. (Oxford) für die Aufnahme in die Reihe „Schriften zum Medien- und Informations- recht“. Herrn Rechtsanwalt Thomas Feil danke ich für die Schaffung idealer Ar- beitsbedingungen während der Erstellung vorliegender Arbeit. Meinem Bruder Rechtsanwalt Martin Wehrmann danke ich für die An- regung zum Jurastudium und das gemeinsame Vorbereiten zur Prüfung des ersten Staatsexamens. Von ganzem Herzen danken möchte ich meinen Eltern für die umfas- sende Unterstützung während meines Studiums der Rechtswissenschaften und für alles, was sie für meinen Bruder und mich aufgebracht, entbehrt und getan haben. Meinen Schwiegereltern danke ich für das Vertrauen und den unermüdlichen Zuspruch. Größter Dank gilt meiner Ehefrau, die mich jederzeit bestärkt und be- gleitet. Hannover, im September 2020 Michael Wehrmann 5 Inhaltsverzeichnis Einführung Kapitel 1: 17 Ziel der Untersuchung A. 18 Gang der Untersuchung B. 19 Bisherige lauterkeitsrechtliche Auseinandersetzung mit Suchmaschinenoptimierung C. 19 Grundlagen der Suchmaschinenoptimierung Kapitel 2: 24 Ziele, Produkte und Funktionsweise von Suchmaschinen A. 24 Ziele der Suchmaschinenbetreiber I. 24 Produkte und Dienstleistungen der Suchmaschinenbetreiber II. 26 Funktionsweise von Suchmaschinen III. 28 Ziel der Suchmaschinenoptimierung und Abgrenzung zur Suchmaschinenwerbung B. 32 Wirtschaftliche Bedeutung und Branche der Suchmaschinenoptimierung C. 35 Technische Umsetzung der Suchmaschinenoptimierung D. 40 Keywordrecherche und Marktanalyse I. 41 On-Page-Optimierung II. 44 Domainwahl 1. 45 URL-Struktur 2. 47 Keywordoptimierte Textinhalte 3. 48 Meta-Tags 4. 52 Dateiattribute benennen 5. 53 Interne Verlinkung und Linktexte 6. 55 Weitere On-Page-Optimierungsmethoden 7. 56 Off-Page-Optimierung III. 59 Linkbuilding 1. 59 Simuliertes Nutzerverhalten 2. 63 Monitoring IV. 65 Stete Wiederholung aller vorherigen Schritte V. 67 Herausforderungen für Suchmaschinenoptimierer E. 67 7 Grundlagen des Lauterkeitsrechts Kapitel 3: 73 Schutzzwecke und normtechnische Umsetzung des Lauterkeitsrechts A. 73 Begriff und Verständnis der Unlauterkeit B. 77 Grundsatzfragen einer lauterkeitsrechtlichen Betrachtung der Suchmaschinenoptimierung Kapitel 4: 82 Lauterkeitsrecht und Unlauterkeit im Umfeld von Suchmaschinenoptimierung A. 82 Unbekanntheit und Verantwortlichkeit des Algorithmus von Suchmaschinen als lauterkeitsrechtliches Problem B. 89 Nicht objektiv ermittelbare Trefferlistenpositionen als lauterkeitsrechtliches Problem C. 93 Verborgenheit von Suchmaschinenoptimierungsmaßnahmen als lauterkeitsrechtliches Problem D. 98 Lauterkeitsrechtliche Tatbestände hinsichtlich Suchmaschinenoptimierung Kapitel 5: 102 Geschäftliche Handlung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG bei Suchmaschinenoptimierung A. 102 Tatsächliche Betrachtung I. 103 Geschäftliche Handlung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG II. 105 Erfolg und Durchführung der Suchmaschinenoptimierung als geschäftliche Handlung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG III. 107 Erfolg der Suchmaschinenoptimierung als geschäftliche Handlung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 1. 107 Durchführung der Suchmaschinenoptimierung als geschäftliche Handlung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2. 113 Fazit IV. 118 Mitbewerber gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG durch Suchmaschinenoptimierung B. 119 Tatsächliche Betrachtung I. 119 Mitbewerberbegriff gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG II. 122 Mitbewerbereigenschaft durch Suchmaschinenoptimierung III. 126 Fallkonstellationen 1. 126 Unternehmer gem. § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG und Suchmaschinenoptimierung 2. 127 Inhaltsverzeichnis 8 Anbieten von Waren und Dienstleistungen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG und Suchmaschinenoptimierung 3. 128 Entstehung eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses durch die Suchmaschinenoptimierung 4. 128 Konkretes Wettbewerbsverhältnis aufgrund von Suchmaschinenoptimierung an sich a. 129 Konkretes Wettbewerbsverhältnis aufgrund von Suchmaschinenoptimierung mit gleicher Zielrichtung b. 134 Fazit IV. 137 Verbraucherleitbild gem. § 3 Abs. 4 Satz 1 UWG bezüglich Suchmaschinenoptimierung C. 138 Tatsächliche Betrachtung I. 139 Verbraucherleitbild gem. § 3 Abs. 4 Satz 1 UWG II. 140 Kenntnisse, Aufmerksamkeit und Verständigkeit der Verbraucher bei der Benutzung von Suchmaschinen und bezüglich der Suchmaschinenoptimierung III. 141 Kenntnisse der Verbraucher bezüglich Suchmaschinen und Suchmaschinenoptimierung 1. 142 Situationsadäquate Aufmerksamkeit von Verbrauchern bei der Nutzung von Suchmaschinen und bezüglich der Suchmaschinenoptimierung 2. 144 Verständigkeit der Verbraucher bezüglich Suchmaschinen und Suchmaschinenoptimierung 3. 146 Fazit IV. 150 Unternehmerische Sorgfalt gem. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UWG und Suchmaschinenoptimierung D. 150 Tatsächliche Betrachtung I. 151 Unternehmerische Sorgfalt gem. § 2 Abs. 1 Nr. 7 UWG II. 154 Unternehmerische Sorgfalt hinsichtlich Suchmaschinenoptimierung III. 156 Tätigkeitsbereich eines Unternehmers gegenüber Verbrauchern 1. 156 Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt 2. 159 Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten 3. 163 Billigerweise angenommen werden kann 4. 167 Fazit IV. 169 Inhaltsverzeichnis 9 Gezielte Behinderung von Mitbewerbern gem. § 4 Nr. 4 UWG durch Suchmaschinenoptimierung E. 170 Tatsächliche Betrachtung I. 171 Gezielte Behinderung von Mitbewerbern gem. § 4 Nr. 4 UWG II. 173 § 4 Nr. 4 UWG und übliche Formen der Suchmaschinenoptimierung III. 175 Suchmaschinenoptimierung an sich und § 4 Nr. 4 UWG 1. 175 Suchmaschinenoptimierung mit gleicher Zielrichtung und § 4 Nr. 4 UWG 2. 178 Zwischenergebnis 3. 183 § 4 Nr. 4 UWG und „negative SEO“ IV. 183 Fazit V. 186 Irreführende geschäftliche Handlung gem. § 5 Abs. 1 UWG bei Suchmaschinenoptimierung F. 187 Tatsächliche Betrachtung I. 187 Irreführende geschäftliche Handlung gem. § 5 Abs. 1 UWG II. 190 „Angaben“ gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG bei der Suchmaschinenoptimierung III. 193 Anknüpfungspunkte für Angaben bei der Suchmaschinenoptimierung 1. 193 Domainname a. 193 URLs b. 196 Keywords in Texten c. 198 Meta-Tags d. 198 Dateiattribute e. 200 Links f. 201 Zwischenergebnis g. 203 Verkehrsauffassung bezüglich dem Vorliegen von Angaben bei der Suchmaschinenoptimierung 2. 203 Intention und Zielrichtung bei der Suchmaschinenoptimierung a. 204 Lediglich mittelbar sichtbare Suchmaschinenoptimierungsmaßnahmen b. 204 Unmittelbar sichtbare Suchmaschinenoptimierungsmaßnahmen c. 207 Zwischenergebnis d. 210 Inhaltsverzeichnis 10 Suchmaschinenoptimierungsspezifische Irreführungsgefahren IV. 211 Intention und Zielrichtung bei der Suchmaschinenoptimierung 1. 212 Grundsätzliche Erwägungen hinsichtlich unmittelbar und lediglich mittelbar sichtbarer Suchmaschinenoptimierungsmaßnahmen 2. 212 Irreführungsgefahr einzelner Suchmaschinenoptimierungsmaßnahmen 3. 213 Domainname a. 214 URLs b. 216 Keywords in Texten c. 219 Meta-Tags d. 221 Dateiattribute e. 224 Links f. 226 Zwischenergebnis g. 233 Geschäftliche Relevanz der Irreführung durch Suchmaschinenoptimierungsmaßnahmen V. 233 Direkte Einflussnahme auf geschäftliche Entscheidungen 1. 234 Indirekte Einflussnahme auf geschäftliche Entscheidungen 2. 240 Interessenabwägung 3. 243 Fazit VI. 246 Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks gem. § 5a Abs. 6 UWG bei Suchmaschinenoptimierung G. 247 Tatsächliche Betrachtung I. 248 Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks gem. § 5a Abs. 6 UWG II. 249 Erfüllung des Tatbestands gem. § 5a Abs. 6 UWG durch Suchmaschinenoptimierung III. 251 Geschäftliche Handlung 1. 251 Umstände, aus denen sich der kommerzielle Zweck ergibt 2. 251 Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks 3. 253 Geeignetheit zur Beeinflussung geschäftlicher Entscheidungen 4. 258 Direkter Kontakt zum Content-Angebot a. 260 Kein direkter Kontakt zum Content-Angebot b. 263 Fazit IV. 265 Inhaltsverzeichnis 11 Lauterkeitsrechtlicher Nachahmungsschutz gem. § 4 Nr. 3 UWG für Suchmaschinenoptimierung H. 266 Tatsächliche Betrachtung I. 267 Lauterkeitsrechtlicher Nachahmungsschutz gem. § 4 Nr. 3 UWG II. 268 Lauterkeitsrechtlicher Nachahmungsschutz gem. § 4 Nr. 3 UWG hinsichtlich Erfolg, Durchführung und Strategie der Suchmaschinenoptimierung III. 270 Lauterkeitsrechtlicher Nachahmungsschutz gem. § 4 Nr. 3 UWG hinsichtlich der suchmaschinenoptimierten Website IV. 272 Wettbewerbliche Eigenart der suchmaschinenoptimierten Website 1. 273 Nachahmungen der suchmaschinenoptimierten Website 2. 276 Unlauterkeitsbegründende Umstände 3. 277 Unlauterkeit gem. § 4 Nr. 3 lit. a UWG a. 278 Unlauterkeit gem. § 4 Nr. 3 lit. b UWG b. 279 Unlauterkeit gem. § 4 Nr. 3 lit. c UWG c. 280 Fazit V. 281 Generalklausel gem. § 3 UWG und Suchmaschinenoptimierung I. 282 Tatsächliche Betrachtung I. 283 Generalklausel gem. § 3 UWG II. 285 § 3 Abs. 3 UWG und Suchmaschinenoptimierung III. 287 § 3 Abs. 2 UWG und Suchmaschinenoptimierung IV. 288 § 3 Abs. 1 UWG und Suchmaschinenoptimierung V. 291 Fazit VI. 296 Lauterkeitsrecht und Suchmaschinenoptimierung in Gerichtsverfahren Kapitel 6: 298 Rechtsprechung zu lauterkeitsrechtlichen Fällen betreffend Suchmaschinenoptimierung A. 298 Einzelne Gerichtsentscheidungen mit lauterkeitsrechtlichen und suchmaschinenoptimierungsspezifischen Fallkonstellationen I. 299 LG Frankfurt a.M. (2001) 1. 299 Sachverhalt und Verlauf der Rechtsstreitigkeit a. 299 Entscheidungsgründe b. 299 Einordnung c. 300 OLG Düsseldorf (2002) 2. 302 Sachverhalt und Verlauf der Rechtsstreitigkeit a. 302 Inhaltsverzeichnis 12 Entscheidungsgründe b. 304 Einordnung c. 305 OLG Hamm (2007) 3. 308 Sachverhalt und Verlauf der Rechtsstreitigkeit a. 308 Entscheidungsgründe b. 309 Einordnung c. 310 OLG Hamm (2009) 4. 312 Sachverhalt und Verlauf der Rechtsstreitigkeit a. 312 Entscheidungsgründe b. 314 Einordnung c. 315 OLG Köln (2011) 5. 319 Sachverhalt und Verlauf der Rechtsstreitigkeit a. 319 Entscheidungsgründe b. 320 Einordnung c. 321 OLG Hamburg (2013) 6. 327 Sachverhalt und Verlauf der Rechtsstreitigkeit a. 327 Entscheidungsgründe b. 329 Einordnung c. 331 EuGH (2013) 7. 337 Sachverhalt und Verlauf der Rechtsstreitigkeit a. 337 Entscheidungsgründe b. 338 Einordnung c. 339 Erkennbare Tendenzen und kritische Einordnung II. 342 Beweisführung in suchmaschinenoptimierungsspezifischen Gerichtsverfahren B. 348 Streitige Tatsachen bei suchmaschinenoptimierungsspezifischen Fallkonstellationen I. 348 Offenkundige Tatsachen gem. § 291 ZPO II. 350 Beweismittel für und wider suchmaschinenoptimierungsspezifische Tatsachenbehauptungen III. 355 Beweismittel hinsichtlich Trefferlistenpositionen 1. 356 Beweismittel hinsichtlich Suchmaschinenoptimierungsmaßnahmen 2. 359 Beweismittel hinsichtlich Kausalität zwischen erreichter Trefferlistenposition und Suchmaschinenoptimierungsmaßnahme 3. 363 Inhaltsverzeichnis 13 Beweiswürdigung suchmaschinenoptimierungsspezifischer Beweismittel IV. 365 Beweiswürdigung von Beweismitteln zur Trefferlistenposition 1. 366 Beweiswürdigung von Beweismitteln zu Suchmaschinenoptimierungsmaßnahmen 2. 371 Beweiswürdigung von Beweismitteln zur Kausalität zwischen Suchmaschinenoptimierungsmaßnahmen und Trefferlistenposition 3. 373 Fazit V. 377 Kapitel 7: Schlussbetrachtung und Ergebnisse 379 Schlussbetrachtung A. 379 Ergebnisse im Einzelnen B. 386 Kapitel 1 I. 386 Kapitel 4 II. 386 Kapitel 4 A. 1. 386 Kapitel 4 B. 2. 388 Kapitel 4 C. 3. 388 Kapitel 4 D. 4. 389 Kapitel 5 III. 389 Kapitel 5 A. 1. 389 Kapitel 5 B. 2. 390 Kapitel 5 C. 3. 391 Kapitel 5 D. 4. 392 Kapitel 5 E. 5. 394 Kapitel 5 F. 6. 395 Kapitel 5 G. 7. 398 Kapitel 5 H. 8. 399 Kapitel 5 I. 9. 400 Kapitel 6 IV. 401 Kapitel 6 A. 1. 401 Kapitel 6 B. 2. 403 Kapitel 7 A. V. 405 Quellenverzeichnis 407 Literatur A. 407 Internetquellen B. 416 Inhaltsverzeichnis 14 Gerichtsentscheidungen C. 419 Inhaltsverzeichnis 15 Einführung „Ohne Suchmaschinen ist das Internet nichts“, stellte Hoeren im Jahre 1999 fest 1 – daran hat sich heute im Jahre 2018 im Grunde nichts geändert. Das Internet und mit es die innewohnende Fülle an Information ist seither rasant gewachsen. Um sich im Internet gezielt zu bewegen, bedarf es nicht nur nach wie vor, sondern umso mehr tauglicher Suchmaschinen, die mit- tels ausgefeilter Algorithmen möglichst relevante und passende Trefferlis- ten zu Suchanfragen liefern. Dass Unternehmen ihre Waren und Dienstleistungen, oder lediglich die eigene Marke in dieser alltäglichen Suche von Internetnutzern mit best- möglicher Sichtbarkeit positioniert wissen möchten, überrascht nicht. Eine gewichtige 2 Stellschraube hierfür ist die Suchmaschinenoptimierung. Mittels Suchmaschinenoptimierung wird versucht, einem Content-Ange- bot zu verbesserter Sichtbarkeit in den Trefferlisten marktführender Such- maschinen zu verhelfen. 3 Rund um die Suchmaschinenoptimierung als Form des Internetmarketings hat sich mittlerweile in allen kommerziellen Marktbereichen ein erbarmungsloser Konkurrenzkampf um die vorders- ten Trefferlistenpositionen zu gewissen Suchanfragen gebildet, der mitun- ter nicht mit den allerfairsten Mitteln bestritten wird. Suchmaschinenopti- mierer setzen zur Erreichung ihrer Ziele grundsätzlich alle Maßnahmen ein, die ihnen möglich und zugänglich sind, sowie wirtschaftlich sinnvoll erscheinen. Hierbei achten Suchmaschinenoptimierer nicht notwendiger- weise auf die Interessen anderer Marktteilnehmer. Es ergeben sich eine Vielzahl von Fallkonstellationen, in denen auf den ersten Blick – und auch auf den zweiten Blick - nicht ersichtlich ist, ob die Vorgehensweise der Suchmaschinenoptimierer in lauterer Weise vonstattengeht. Kapitel 1: 1 Hoeren , MMR 1999, 649 (649). 2 Neben der Suchmaschinenoptimierung kann die Sichtbarkeit von Waren, Dienst- leistungen oder Marken in Trefferlisten marktführender Suchmaschinen auch durch Suchmaschinenwerbung realisiert werden. Zur wichtigen Abgrenzung zwi- schen Suchmaschinenoptimierung und Suchmaschinenwerbung siehe Kapitel 2 B. 3 Hierzu Kapitel 2 B. 17 Ziel der Untersuchung Ziel der vorliegenden Untersuchung ist eine lauterkeitsrechtliche Betrach- tung der Suchmaschinenoptimierung. Hierdurch soll der Rechtsanwen- dung die lauterkeitsrechtliche Bearbeitung von Fallkonstellationen, die Suchmaschinenoptimierung zum Gegenstand haben, erleichtert werden. Diese Betrachtung soll nicht nur grundlegend, sondern möglichst umfas- send erfolgen. Hierbei sollen u.a. folgende zentrale Fragestellungen aufge- worfen, eingeordnet und, so möglich, lauterkeitsrechtlich beantwortet werden: – Welche Fallkonstellationen der Suchmaschinenoptimierung sind lau- terkeitsrechtlich relevant? – Sind die derzeit gängigen Suchmaschinenoptimierungsmaßnahmen lauterkeitsrechtlich zulässig? – Inwieweit lassen sich suchmaschinenoptimierungsspezifische Sachver- halte unter die allgemeinen und speziellen Tatbestände des UWG sub- sumieren? – Ergibt sich gesetzgeberischer Handlungsbedarf hinsichtlich des UWG aufgrund von Fallkonstellationen aus der Suchmaschinenoptimierung? – Gibt es eine - wie von Literatur und Rechtsprechung angedeutet – fest- stellbare Grenze zwischen zulässiger Suchmaschinenoptimierung und unzulässiger Suchmaschinenmanipulation? – Wie reagierte die bisherige Rechtsprechung auf lauterkeitsrechtliche Fälle, denen ein Sachverhalt hinsichtlich Suchmaschinenoptimierung zugrunde lag? – Sind Besonderheiten hinsichtlich der Beweisführung bei Gerichtsver- fahren, die Suchmaschinenoptimierung zum Gegenstand haben festzu- stellen? Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es ausdrücklich nicht, jede erdenk- liche Einzelfallkonstellation aus dem Bereich der Suchmaschinenoptimie- rung lauterkeitsrechtlich zu betrachten und aufzulösen – dies wäre bereits aufgrund der Unmenge denkbarer Einzelfallkonstellationen, die sich über- dies durch rasante technische Entwicklung im Bereich Suchmaschinen und Suchmaschinenoptimierung stets verändern, kein ernsthaft durch- führbares Unterfangen. Vielmehr soll die vorliegende Untersuchung dazu dienen, die Grundlagen für Rechtsanwender zu schaffen, jede erdenkliche Einzelfallkonstellation im Bereich der Suchmaschinenoptimierung lauter- keitsrechtlich sicher einordnen und bearbeiten zu können. A. Kapitel 1: Einführung 18 Gang der Untersuchung In einem ersten Schritt werden die Grundlagen der Suchmaschinenopti- mierung dargestellt (Kapitel 2). Daran anschließend wird das Lauterkeits- recht bezüglich Zielsetzung und normtechnischer Umsetzung skizziert, so- wie das zugrunde gelegte Verständnis von Unlauterkeit offengelegt (Kapi- tel 3). Es folgt eine erste rechtswissenschaftliche Berührung der Suchma- schinenoptimierung mit dem Lauterkeitsrecht durch eine Untersuchung von Grundsatzfragen des Aufeinandertreffens beider Themengebiete (Ka- pitel 4). Sodann werden allgemeine und spezielle Tatbestände des Lauter- keitsrechts hinsichtlich Sachverhalte, die Suchmaschinenoptimierung zum Gegenstand haben, konkret untersucht (Kapitel 5). Die bisher zu Fällen der Suchmaschinenoptimierung ergangene, lauterkeitsrechtliche Recht- sprechung wird dargestellt und kritisch eingeordnet, sowie die Besonder- heiten der Beweisführung bei Gerichtsverfahren mit Bezug zur Suchma- schinenoptimierung herausgearbeitet (Kapitel 6). Schließlich erfolgt eine Schlussbetrachtung samt Aufzählung aller Ergebnisse im Einzelnen (Kapi- tel 7). Bisherige lauterkeitsrechtliche Auseinandersetzung mit Suchmaschinenoptimierung Suchmaschinenoptimierung ist zum Teil bereits Gegenstand eingehender lauterkeitsrechtlicher Betrachtungen gewesen. 4 Dabei fällt auf, dass Such- maschinenoptimierung nie allein lauterkeitsrechtlicher Gegenstand der Untersuchungen war. Überwiegend sind - deutlich vom Umfang erkenn- bar - markenrechtliche Schwerpunkte gesetzt worden. Sehr oft wurden B. C. 4 Rath , Recht der Suchmaschinen, S. 188 ff.; Heim , Einflussnahme auf Trefferlisten, S. 182 ff.; Haczek , Beeinflussung von Suchmaschinen, S. 56 ff.; Holtkotte , Probleme bei Suchmaschinen, S. 35 ff.; Eberwein , Wettbewerbsrechtliche Aspekte von Do- mains und Suchmaschinen, S. 124 ff.; Miller , Irreführung von Suchmaschinen, S. 253 ff.; Geßner , Probleme der suchmaschinenbeeinflussenden Verwendung von Kennzeichen, S. 333 ff.; Geiseler-Bonse , Suchmaschinen als rechtliches Problemfeld; Wendlandt , Cybersquatting, Metatags und Spam, S. 558 ff.; Mohr , Internetspezifi- sche Wettbewerbsverstöße, S. 149 ff.; Worm , Hyperlinks, Inline-Frames und Meta- Tags, S. 117 ff.; Krassnig , Wettbewerbsrechtliche Probleme bei Domains, Links und dem Search Engine-Spamming, S. 58 ff. C. Bisherige lauterkeitsrechtliche Auseinandersetzung mit Suchmaschinenoptimierung 19 zeitgleich Suchmaschinenwerbung 5 , die Rolle der Suchmaschinenanbie- ter 6 in grundsätzlicherer Hinsicht und weitere internetale Tätigkeiten von Unternehmern lauterkeitsrechtlich untersucht, ohne dass diese notwendi- gerweise eine suchmaschinenoptimierungsspezifische Implikation aufwei- sen. In grundlegender oder hinsichtlich des UWG umfänglicher Hinsicht hat sich die lauterkeitsrechtliche Literatur mit Suchmaschinenoptimierung nicht ausreichend beschäftigt. Viel mehr hat sich die lauterkeitsrechtliche Literatur darauf beschränkt, einzelne Methoden der Suchmaschinenopti- mierung wie beispielsweise Meta-Tags oder Randbereiche der Suchmaschi- nenoptimierung wie Doorway-Pages oder Cloaking zu betrachten. 7 Einzig die lauterkeitsrechtliche Betrachtung kennzeichenmäßig verwendeter Me- ta-Tags ist ausreichend erfolgt, sodass diesbezüglich durch die vorliegende Untersuchung lediglich am Rande hinzugefügt werden kann. 8 Weder wurden von der Literatur Grundsatzfragen 9 einer lauterkeits- rechtlichen Betrachtung der Suchmaschinenoptimierung gebührend auf- geworfen, noch wurde das Phänomen der Suchmaschinenoptimierung in Gänze und nicht nur bezogen auf einzelne Suchmaschinenoptimierungs- maßnahmen versucht in ein lauterkeitsrechtliches Licht zu rücken. Auch die tatsächlich vorherrschende Fülle an Fallkonstellationen der Suchma- 5 Zur wichtigen Unterscheidung von Suchmaschinenoptimierung und Suchmaschi- nenwerbung siehe Kapitel 2 B. 6 Zur Rolle der Suchmaschinenanbieter im Umfeld von Suchmaschinenoptimie- rung siehe Kapitel 2 C. 7 Zu Meta-Tags siehe Kapitel 2 D. II. 4., zu Doorway-Pages und Cloaking siehe Kapi- tel 2 D. II. 7. 8 Allerdings betrifft die kennzeichenmäßige Verwendung von Meta-Tags nur einen sehr geringen Teil der Suchmaschinenoptimierung und stellt keinesfalls den einzi- gen Anwendungsbereich für Meta-Tags und diesbezüglichen lauterkeitsrechtlichen Fragestellungen dar. Zur lauterkeitsrechtlichen Betrachtung der kennzeichenmäßi- gen Verwendung von Meta-Tags – hierbei stets lediglich als Nebenschauplatz zum Markenrecht – vertiefend Geßner , Probleme der suchmaschinenbeeinflussenden Verwendung von Kennzeichen, S. 333 ff. Des Weiteren Miller , Irreführung von Suchmaschinen, S. 259 ff.; Holtkotte , Probleme bei Suchmaschinen, S. 134 ff.; Geise- ler-Bonse , Suchmaschinen als rechtliches Problemfeld, S. 105 ff. und insb. S. 113 ff.; Worm , Hyperlinks, Inline-Frames und Meta-Tags, S. 117 ff.; Wendlandt , Cybersquat- ting, Metatags und Spam, S. 558 ff. Sehr früh zu dieser Thematik bereits Viefhues , MMR 1999, 336 (340), Menke , WRP 1999, 982 (989) und Varadinek , GRUR 2000, 279 (284 f.). Hierbei ist zu beachten, dass vorrangige markenrechtliche Ansprüche die Anwendbarkeit lauterkeitsrechtlicher Ansprüche im Einzelfall ausschließen können, vgl. Geßner , Probleme der suchmaschinenbeeinflussenden Verwendung von Kennzeichen, S. 335 ff. und S. 373 f. 9 Hierzu Kapitel 4. Kapitel 1: Einführung 20