1 Wie es die FDP schaffte, Deutschland in einen Polizeistaat zu verwandeln Vorwort „ Mathias Lööw ist der Muster-Cop fürs Fernsehen: ein bulliger Kahlkopf mit Knopf im Ohr und Knarre am Bund seiner Jeans. Bei der Polizei von Helsingborg ist Lööw zuständig für kriminelle Banden, die auch in dem beschaulichen schwedischen Küstenstädtchen ihr Unwesen treiben. Mit seinem sechsköpfigen Team legt er Mördern und Drogenhändlern das Handwerk. Zwischendurch jagt er aber auch Familienväter, Rentner und Studenten – die Kunden von Prostituierten. “ https://www.welt.de/iconist/article254221120/Prostitution-In-den-Mittagspausen-ist-besonders- viel-los.html „Die Kampagne zur umfassenden Kriminalisierung und Ausgrenzung von (freiwilliger) Prostitution ist ein polizeistaatliches Konzept, das nicht die Prostitution abschafft, sondern Prostituierte unsichtbar und rechtlos macht.“ (Thomas Fischer, Ex-BGH-Richter) https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-08/prostitution-justiz-fischer-im-recht Das Prostituiertenschutzgesetz von 2016 sieht in § 38 eine Evaluation des Gesetzes durch das Bundesfamilienministerium vor, wobei ein Evaluationsbericht eines wissenschaftlich Sachverständigen bis zum 1.7.2025 dem Deutschen Bundestag vorzulegen ist. Mit der Erstellung dieses Berichts und der damit verbundenen wissenschaftlichen Arbeit wurde inzwischen das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. (KFN) beauftragt, die Projektleitung liegt dort bei Herrn Prof. Bartsch. Die CDU/CSU geht von mindestens 250.000 Prostituierten in Deutschland aus, von denen laut Positionspapier der CDU/CSU vom 7.11.2023 „ 85 bis 95 % “ Opfer „von Täuschung, Drohung und völliger Abhängigkeit von Zuhältern“ seien, „nicht selten begleitet von Straftaten wie Menschenhandel und Zwangsprostitution.“ (Zitate aus dem Positionspapier). In Interviews von Verfechtern des Sexkaufverbots wird die Untergrenze für den Anteil von Prostituierten mit einem solchen Opferstatus oft auch mit 90 oder 95 % angegeben. Deutschland wird dabei gern als „ das Bordell Europas “ bezeichnet. Außerdem wird von Verfechtern eines Sexkaufverbots wie der CDU/CSU die Inanspruchnahme bezahlter sexueller Dienstleistungen pauschal und grundsätzlich als Gewaltausübung von Männern (Freiern) an Frauen (Prostituierten) bzw. bezahlte Vergewaltigung bezeichnet. Dass auch Männer und Queer-Personen in der Prostitution tätig sind, wird dabei bewusst ignoriert. Tut eine Frau einem Gigolo Gewalt an, wenn sie ihn für Sex bucht und bezahlt? Ist zwar viel seltener als die umgekehrte Konstellation, kommt aber auch vor und kann aus Gründen der Gleichbehandlung der Geschlechter nicht anders gewertet werden. Es gibt sogar Internetseiten für Frauen, auf denen sie Gigolos buchen können – als Äquivalent zu den Paysex-Portalen für Männer als Kunden von weiblichen Prostituierten. Und die CDU/CSU ist sich auch nicht zu schade, in ihrem Positionspapier in wegweisendem Umfang – wegweisend in Bezug auf die Freierbestrafung – auf eine sogenannte „ Freier- Studie“ 2 zurückzugreifen (Melissa Farley, November 2022; im Positionspapier Fußnote 4), deren Methodik nicht nur jeglichen Kriterien guter wissenschaftlicher Forschung widerspricht, sondern die inzwischen auch gezielter Fälschungen überführt werden konnte, vgl.: https://www.donacarmen.de/pressemitteilung-fake-science/ Die „Studie“ wurde vom Farley-Team im Selbstverlag herausgegeben – bei einer Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift wäre sie bereits am Peer Review gescheitert und hätte im Übrigen zurückgezogen werden müssen. Und wäre sie die Promotionsarbeit eines Politikers, wäre diesem Politiker nicht nur der Doktor-Titel entzogen worden; auch sein Rücktritt wäre unvermeidlich geworden. Dennoch trägt die CDU/CSU die Farley-Studie wie eine Monstranz vor sich her, um eine Rechtfertigung zu haben, Freier als Vergewaltiger und Straftäter zu verfolgen. Es ist seitens der CDU/CSU auch bereits entschieden (vgl. Positionspapier), dass der Kauf sexueller Dienstleistungen nicht nur eine Ordnungswidrigkeit sein soll (wie z.B. verschiedene Verstöße gegen das ProstSchG), sondern ein „ Vergehen “ , also eine echte Straftat im Sinne des Strafgesetzbuchs mit allen Konsequenzen, die das Sexualstrafrecht mit sich bringt: neben der Gerichtsverhandlung und der Strafe als solcher auch den Status der Vorbestrafung mit Einträgen im Führungszeugnis, je nach Strafmaß bei Beamten (als Tätern) bis hin zur Entfernung aus dem Dienst mit Verlust von Pensions- und Beihilfeansprüchen usw.* – von den sozialen und privaten Folgen ganz abgesehen: z.B. Kinder, die ihre Väter „ verlieren “ , daraufhin sozialen Abstieg verkraften müssen, Männer, die ihre Arbeit und ihr soziales Umfeld verlieren ... Am Ende entstehen auf die eine oder andere Weise auch Kosten für den Sozialstaat, und es entgehen Steuereinnahmen, das ist der CDU/CSU aber egal. *Link dazu: https://www.kurzgeschichten-stories.de/t_strafe-fuer-sex.aspx Es ist unbestritten, dass es Missstände in der Prostitution in Deutschland gibt, die auch dringend bekämpft werden müssen – wofür es aber bereits ein breites Arsenal von Strafgesetzen gibt, die lediglich konsequent umgesetzt werden müssten, während hier in Wirklichkeit ein Vollzugsdefizit besteht, wobei die Verantwortung für dieses Defizit im Wesentlichen bei den Ländern und damit außerhalb der Kompetenz von Bundesregierung und Bundestag liegt. Der Bundesgesetzgeber hat die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen – die Länder müssen sie umsetzen, und da mangelt es wohl an Engagement, Personal und Geld. Es ist aber ebenso inzwischen durch eine Vielzahl von Untersuchungen und Stellungnahmen sowie Hochrechnungen deutlich geworden, dass die von der CDU/CSU behaupteten Zahlen massiv propagandistisch und alarmistisch übertrieben sind: die Zahl der tatsächlich aktiven Prostituierten liegt in Deutschland unter 100.000; eine Quote von 85 bis 95 % Prostituierten im Opferstatus ist völlig absurd und weder mit der Ermittlungspraxis noch der Kriminalitätsstatistik kompatibel; im europaweiten Vergleich gibt es durchaus Länder mit einer höheren „Dichte“ an Prostituierten und Prostitutionsbetrieben, bezogen auf die Einwohnerzahl der betreffenden Länder („ Prostituierten- Dichte“) ; Deutschland ist also auch nicht „ das Bordell Europas “ Befragungen der Allgemeinbevölkerung (Online-Befragung 3032 Erwachsener) ergaben Ende 2023, dass nur 17,2 % der Befragten Abolitionismus oder Prohibitionismus befürworten; 51,9 % 3 der Bevölkerung sind für Legalisierung, 30,9 % für Dekriminalisierung. Zwischen Legalisierung und Dekriminalisierung bestehen feine, aber rechtlich systematische Unterschiede, die an dieser Stelle aber nicht näher analysiert werden müssen, weil beide Modelle mit einem Sexkaufverbot unvereinbar sind und damit deutlich wird, dass über 80 % der erwachsenen Bevölkerung ein Sexkaufverbot ablehnen. https://www.berufsverband-sexarbeit.de/index.php/2024/09/27/umfrage-zu-sexarbeit-in- deutschland-grosse-mehrheit-lehnt-kriminalisierung-ab/ Und betrachtet man die Entwicklung im EU-Ausland, so hat Spanien kürzlich auf parlamentarischer Ebene die Einführung eines Sexkaufverbots definitiv abgelehnt, während Belgien 2022 Sexarbeit völlig legalisierte und 2024 als erstes Land weltweit sogar Arbeitsrechte für Sexworker einführte, u.a. Sozialleistungen wie Mutterschutz und Krankengeld sowie die Möglichkeit, Arbeitsverträge abzuschließen. Dabei ging die Politik in Belgien davon aus, dass über 80 % der Prostituierten ihrer Arbeit freiwillig nachgehen – also genau das Gegenteil von dem, was die CDU/CSU hier für Deutschland behauptet. Und das, obwohl ein großer Anteil der Prostituierten in Belgien ebenfalls aus EU-Osteuropa stammt. Nach Belgien reisen also die Freiwilligen unter den Prostituierten, nach Deutschland die Opfer? Die CDU/CSU dürfte inzwischen ahnen, dass sich ihre propagandistischen und alarmistischen Behauptungen im Rahmen des zum 1.7.2025 vorzulegenden Evaluationsberichts des ProstSchG durch das KFN nicht bestätigen werden. Schlimmer noch, es droht die Situation, dass deutlich wird, dass sich die CDU/CSU, hier angeführt vor allem von Frau Bär, in einer Weise in eine Art und Weise der Propaganda verstrickt hat, die man eigentlich eher gern mit populistischen Parteien in Verbindung bringen würde, von denen man sich sonst gern weit distanziert. Die propagandistische, populistische und alarmistische Methodik ist dem Wesen nach aber ähnlich. Folglich hat die CDU/CSU eine Riesenangst vor dem Evaluationsbericht des ProstSchG, weil sie ahnt, dass ihre erfundene Propaganda gegen Sexarbeit und vor allem gegen Freier dann wie ein Kartenhaus zusammenbricht. Diese Angst kam bereits im Positionspapier vom 7.11.2023 zum Ausdruck, denn dort hieß es: „Die im Prostituiertenschutzgesetz für 2025 vorgesehene Evaluation sollte vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Situation nicht abgewartet werden.“ Damals bestand noch ein Zeitabstand von gerade einmal gut eineinhalb Jahren bis zur Vorlage des Evaluationsberichts. In politischen Zeiträumen gedacht ein kurzer Zeitraum – viele Gesetzesvorhaben nehmen viel mehr Zeit in Anspruch, wenn nicht gerade mal wieder eine Infektionsepidemie ausbricht, die zum sofortigen Handeln zwingt. Aber auch in der Folgezeit – bis weit ins Jahr 2024 hinein – wurde immer wieder betont, dass die Lage der Prostituierten in Deutschland immer dramatischer werde, so dass man die Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes auf gar keinen Fall mehr abwarten könne und dass der Staat geradezu gezwungen sei, unverzüglich zu handeln und den Kauf sexueller Dienstleistungen unter Strafe zu stellen. Mir liegen Emails von CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten vor, die erst wenige Monate alt sind und trotz des immer näher rückenden Evaluations-Stichtags weiterhin die zwingende Notwendigkeit einer sofortigen Intervention betonen, die kein Warten auf die 4 Evaluation mehr zulasse – und das, obwohl die Evaluation in § 38 ProstSchG von einer CDU/CSU-geführten Bundesregierung implementiert wurde. Daraus spricht eine panische Angst der CDU/CSU, dass sie nach Vorlage des Evaluationsberichts kein totales, pauschales Sexkaufverbot mehr wird durchsetzen können. Sicherlich wird eine Weiterentwicklung des ProstSchG nötig sein – dies stellt ja eine der Zielsetzungen der Evaluation und des Evaluationsberichts dar, vielleicht auch verbunden mit weiteren Restriktionen. Beispielsweise fällt im ProstSchG auf, dass der Straßenstrich dort weitgehend unreguliert bleibt, während sich das Gesetz schwerpunktmäßig auf betreibergeführte Prostitutionsbetriebe und die Zuverlässigkeit deren Betreiber fokussierte. Als Beleg für das Scheitern des ProstSchG werden von den Befürwortern des Sexkaufverbots aber vor allem die Verhältnisse auf bestimmten Straßenstrichen herangezogen – darunter sehr gern die Kurfürstenstraße in Berlin mit ihren verdreckten Verrichtungsboxen auf dem Niveau versauter Dixi-Klos, und zwar als in der CDU/CSU und bei Teilen der SPD sehr beliebtes „Vorzeigemodell“ für die Notwendigkeit eines Sexkaufverbots. Keines der Länder, die bisher das Nordische Modell eingeführt haben, hatte vor Einführung des Gesetzes „erlaubte“ Bordelle; und noch viel extremer: keines dieser Länder hatte vor Einführung des Sexkaufverbots amtlich registrierte und zertifizierte, behördlich unter qualitativen und rechtlichen Kriterien überwachte Prostitutionsbetriebe mit überprüfter Zuverlässigkeit der Betreiber und deren Stellvertreter. Die Ausgangssituation des Sexkaufverbots in Deutschland unterscheidet sich damit grundlegend von allen anderen Ländern, die bisher ein Sexkaufverbot einführten. Es wäre ein Alleinstellungsmerkmal für Deutschland, Prostituierte aus bisher amtlich genehmigten, anhand qualitativer und gesetzlich vorgegebener Kriterien zertifizierten und laufend überwachten Prostitutionsbetrieben heraus zuwerfen und sie der Unsicherheit eines unsichtbaren Marktes im „Untergrund“ zu überlassen – so etwas hat es bisher ebenso in keinem Land der Welt gegeben, wie genau umgekehrt im Nachbarland Belgien eine Legalisierung und soziale Absicherung von Sexarbeit erfolgte, wie sie die Welt bisher auch nie zuvor gesehen hat. Zwei Nachbarländer mit sehr ähnlicher sozialer (Herkunfts-)Struktur der Prostituierten – und zwei ganz unterschiedlichen, jeweils weltweit einmaligen Lösungsansätzen von Alleinstellungscharakter! Die Rolle des KFN Das KFN hat nicht über die Einführung des Nordischen Modells und Sexkaufverbots zu entscheiden. Sein Auftrag ist ein rein wissenschaftlicher, kein politischer. Letztendlich geht es in der Studie primär um die Evaluation des ProstSchG von 2016 und damit natürlich eher indirekt auch um die Frage, ob und in welcher Weise dieses Gesetz weiterentwickelt werden müsste, könnte oder sollte. Das KFN führt eine wissenschaftliche Untersuchung durch und liefert darauf basierend den Evaluationsbericht ab. Die eigentliche Evaluation übernimmt dann das Familienministerium unter Berücksichtigung dieses Berichtes. So ist es in § 38 ProstSchG geregelt. Das KFN würde damit bereits seinen wissenschaftlichen Auftrag überschreiten, wenn es eine direkte Empfehlung für oder gegen das Sexkaufverbot aussprechen würde. Aber: zu einer guten wissenschaftlichen Praxis gehört auch, die eigenen Ergebnisse aus dem „Ergebnis - Teil“ einer 5 Studie da nn im „Diskussions - Teil“ in einen größeren, übergeordneten, aber auch vergleichenden und ggf. aktuell relevanten Kontext zu stellen. Und da wäre es schon nicht nur naheliegend, sondern angesichts der aktuellen Situation fast schon zwingend, auch darauf einzugehen, welche Auswirkungen die Einführung eines Sexkaufverbots im Lichte der durch die Studie erzielten Erkenntnisse und Ergebnisse u.a. für die Belange der Sexworker, ihren Schutz und ihre Sicherheit in allen Dimensionen (Gesundheit, Ausbeutung, Opfer krimineller Strukturen, Lebenszufriedenheit, Risiken, Einkünfte, Veränderungen der Kundenstruktur; Möglichkeiten der Kundenselektion usw.) hätte. Das KFN hat als wissenschaftliches Institut im Sinne guter wissenschaftlicher Praxis ergebnisoffen an seinen wissenschaftlichen Auftrag heranzugehen. Dies schließt theoretisch die Möglichkeit ein, dass Ergebnisse herauskommen könnten, die zugunsten eines Sexkaufverbots sprechen könnten. Allerdings sprechen inzwischen alle Indizien dafür, dass dies nicht der Fall sein wird, sondern die Ergebnisse eher für eine Weiterentwicklung des ProstSchG, aber gegen ein pauschales, totales, undifferenziertes Sexkaufverbot sprechen werden. Dies ergibt sich sowohl aus „versteckte n “ Signalen in persönlichen Email-Kontakten mit dem KFN-Team, wurde aber in jüngster Zeit sehr deutlich, als das KFN schließlich Nicole Schulze, selbst Prostituierte, Aktivistin und Vorstandsmitglied des BesD e.V., als Beraterin heranzog. Auf ihrer Homepage teilte Nicole Schulze mit, dass sie als Beraterin beim Kriminologischen Forschungsinstitut eingeladen war, um an dem Abschluss der Evaluation teilzunehmen. Offenbar stehe das Ergebnis der Untersuchung bereits fest; sie musste jedoch eine Vereinbarung unterschreiben, dass sie nichts darüber sagen darf, bis das Ergebnis offiziell 2025 vorgestellt wird. Dies erfolgte, nachdem Nicole Schulze am 16.10.2024 in der Sendung „Stern TV“ von Frau MdB Bär (CSU) verbal angegriffen und beleidigt worden war. In Frau Schulzes schriftlicher Aufforderung an Frau Bär, sich zu entschuldigen, schreibt sie: „Es war hart zu hören, dass Sie uns als krank und geschädigt bezeichnen. Sie haben nicht mit mir und mit uns gesprochen, sondern über mich und über uns – und das in unserer Anwesenheit. Ein respektloseres Verhalten kann ich mir kaum vorstellen!“ https://www.berufsverband-sexarbeit.de/index.php/2024/11/01/brief-an-frau-baer- sexarbeiterin-wehrt-sich-gegen-bevormundung-durch-bundestagsabgeordnete/ Wir können daher nunmehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Ergebnisse des Evaluationsberichtes des KFN die Forderung nach einem totalen, pauschalen, undifferenzierten Sexkaufverbot NICHT stützen werden, sondern eher im Gegenteil. Die Alternative zum Sexkaufverbot ist aber die Weiterentwicklung des ProstSchG, denn es bestehen ja keine Zweifel, dass die Politik grundsätzlich weiterhin aufgerufen ist, Missstände und Ausbeutung in der Prostitution einzudämmen und die Lage und Sicherheit der Prostituierten zu verbessern. Ob die Ergebnisse des Evaluationsberichtes des KFN dabei eher für eine liberalisierende oder eher für eine restriktivere Weiterentwicklung des ProstSchG sprechen werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht prognostizierbar. Aber die kumulierten Indizien sprechen eindeutig dafür, dass sich nach Vorlage des Evaluationsberichts ein totales, pauschales und undifferenziertes Sexkaufverbot nicht mehr rechtfertigen lassen wird. Vor allem 6 werden dann aber auch die schon weiter oben beleuchteten propagandistisch-populistischen maßlosen Übertreibungen der CDU/CSU in Sachen Prostitution zusammenbrechen. Darum ist es für die CDU/CSU so essentiell, dass das Sexkaufverbot noch gesetzlich verabschiedet oder seine Vera bschiedung wenigstens „sichergestellt“ wird, bevor der Evaluationsbericht vorgelegt wird. Darauf zielte schon das Positionspapier vom 7.11.2023 hin, und, wie oben erwähnt, haben noch vor wenigen Monaten (bevor klar wurde, dass es im Februar zu Neuwahlen kommt) die CDU/CSU-Abgeordneten betont, dass sich die Lage der Prostituierten in Deutschland aktuell so dramatisch verschlechtere, dass man auf die Evaluation auf keinen Fall mehr warten dürfe, um die Prostituierten vor weiterem Schaden zu bewahren. Das polizeistaatliche Konzept des Sexkaufverbots Wie eingangs zitiert, wies der ehemalige BGH-Richter Thomas Fischer bereits im Jahr 2015 im Fazi t seiner „Zeit - Online“ - Kolumne „Freiheit für Freiwilligkeit“ darauf hin, dass die Kampagne zur umfassenden Kriminalisierung und Ausgrenzung von (freiwilliger) Prostitution ein polizeistaatliches Konzept darstellt, „ das nicht die Prostitution abschafft, sondern Prostituierte unsichtbar und rechtlos macht.“ Nun ist es in Deutschland so, dass neue Gesetze nicht nur einen symbolischen Charakter haben, um ggf. gewisse erzieherische Aspekte zu generieren oder zum Nachdenken anzuregen, sondern mit aller rechtsstaatlich möglichen Härte umgesetzt werden. In manchen Ländern innerhalb oder außerhalb der EU mag Prostitution formal verboten sein, wird aber stillschweigend toleriert, solange sie nicht provokativ zur Schau gestellt wird. Und in korrupten Ländern – meist der Dritten Welt – mögen Polizisten gegen Zahlung eines Obolus des Ertappten großzügig darüber hinwegsehen. Nicht so in Deutschland. Wenn es hier ein Sexkaufverbot gibt, dann ist das eben nicht nur symbolisch, sondern wird mit aller Härte und polizeistaatlichen Methoden durchgezogen. Und dass das tatsächlich geplant ist, hat die CDU/CSU schon am 7.11.2023 in ihrem Positionspapier zum Ausdruck gebracht, wo es insbesondere in der sogenannten „Dritten Säule“ um polizeistaatlic he Ansätze geht: „Die Bildung von spezialisierten Polizeieinheiten, zur Überwachung der Einhaltung der neuen Regelungen zum Sexkauf ... sollen die Kompetenzen und Ressourcen der Polizei deutlich stärken.“ „Eine effektive Kontrolle von prostitutionsanfälligen Orten sowie von einschlägigen Plattformen im Netz.“ „Eine enge Zusammenarbeit von Polizei, Finanz - und Zollverwaltung ... Auch hier sollten spezialisierte Szenebeamte zum Einsatz kommen. Zudem muss sichergestellt werden, dass die Kontrollen zu den prostit utionsüblichen Zeiten erfolgen ...“ „Die Schulung von Polizei, Justiz und (Finanz -)Behörden in Bezug auf die Mechanismen innerhalb der Prostitution und die vulnerable Lage der Opfer soll verstärkt werden.“ 7 „Freierforen, in denen insbesondere Straftaten gebil ligt werden, wollen wir effektiver kontrollieren. Bei Anhaltspunkten für Straftaten und Schilderung von sexueller Gewalt in Freierforen braucht es konsequenten Verfolgungsdruck der Ermittlungsbehörden.“ Was die CDU/CSU hier abliefert, ist nichts anderes als die Beschreibung eines Polizeistaats – jedenfalls insoweit, als es um die Überwachung des Sexverhaltens der erwachsenen Bevölkerung geht. Und in der Anhörung des Familienausschusses zum Sexkaufverbot am 23.9.2024 hat der Duisburger Polizeipräsident Dierselhuis das polizeistaatliche Konzept noch weiter auf die Spitze getrieben, als er die Dringlichkeit der Telekommunikationsüberwachung betonte und als ein Instrument zur Entdeckung und Überführung von Freiern instrumentalisierte. Es besteht kein Zweifel: das Sexkaufverbot macht Deutschland zu einem Polizeistaat – jedenfalls soweit es die Überwachung sexueller Kontakte, der Interaktionen zwischen Männern und Frauen betrifft. Wie oben schon erwähnt, hat sich die CDU/CSU mit dem Positionspapier auch bereits entschieden, dass Sexkauf als „Vergehen“ und damit als echte Straftat bestraft werden soll – und nicht etwa als Ordnungswidrigkeit. Mit der Klassifikation als Straftat setzt es die staatlichen Organe unter einen um Dimensionen höheren Handlungs-, Ermittlungs- und Verfolgungszwang als im Falle von Ordnungswidrigkeiten und schränkt Ermessensspielräume der Vollzugsorgane in wegweisender Weise ein. Übersieht oder ignoriert z.B. ein Polizist eine des Sexkaufs verdächtige Situation oder Konstellation, würde er sich der Unterlassung und Rechtsbeugung schuldig machen, mit allen beamtenrechtlichen Konsequenzen. Dabei ist besonders peinlich, dass diese Verschärfung des Sexualstrafrechts auch von jenen CDU-Politikern mitgetragen wird (ich nenne jetzt mal keine Namen), die ihre eigene politische Karriere-Option nur dem Umstand verdanken, dass das konservative und maßlos veraltete Sexualstrafrecht in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in grundlegend modernisiert und entrümpelt wurde. Wäre dies nicht geschehen, könnten sie heute mit ihren sexuellen Neigungen – die ich voll toleriere und akzeptiere – niemals Politiker sein, teils sogar in führenden Positionen. Selbst Profiteure der damaligen Liberalisierung des Sexualstrafrechts, erdreisten sie sich nun, das Rad der Geschichte sehr weit zurückzudrehen und das Sexualstrafrecht nun erneut für eine Gruppe von Personen mit speziellen sexuellen Neigungen (die nur eben andere sind als ihre eigenen sexuellen Neigungen) in dramatischer Weise zu verschärfen. (Klar, rein formal wird – wie überall im Nordischen Modell – auch gleichgeschlechtlicher Sexkauf unter Strafe gestellt, allein schon aus Gründen der grundgesetzlich gebotenen Gleichbehandlung. In der Ermittlungsrealität wird es aber nur um heterosexuellen Sexkauf gehen, weil gleichgeschlechtlicher Sexkauf kaum gerichtsfest nachweisbar sein wird, und im Übrigen auch kein politisches Verfolgungsinteresse besteht, da das unterstellte Machtgefälle Mann → Frau , das im Nordischen Modell als Gewaltausübung und Vergewaltigung betrachtet wird, nicht zum Tragen kommt. Auch in Schweden wird gleichgeschlechtlicher Sexkauf als „szenetypisch“ toleriert). Und nur nebenbei: wäre es nicht viel wichtiger, die enormen polizeilichen (und damit auch finanziellen) Ressourcen, die die CDU/CSU in die Überwachung des Sexkaufverbots investieren will (vgl. dazu obige Zitate aus dem Positionspapier), besser in Aspekte der Inneren Sicherheit 8 umzulenken – z.B. um Vorkommnissen wie jenen vom 20.12.2024 in Magdeburg vorzubeugen? Wer setzt hier welche Prioritäten, und was ist verhältnismäßig? Die Rolle der FDP Es besteht kein Zweifel, dass die FDP gegen das Sexkaufverbot, jedenfalls gegen ein pauschales, totales, undifferenziertes Sexkaufverbot, ist. Das braucht sie nicht explizit zu erklären und zu betonen – dies ergibt sich bereits aus dem Selbstverständnis der Partei an sich. Es mag einige Außenseitermeinungen einiger eher unbedeutender Parteimitglieder geben, die aufgrund des Grundrechts der freien Meinungsäußerung hinzunehmen sind. Aber dass die FDP als Partei gegen ein totales Sexkaufverbot und eine polizeistaatliche Überwachung des erwachsenen (heterosexuellen) Sexlebens ist, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Und wer noch Zweifel hat: es war die FDP, die Gräfin Dr. von Galen als Sachverständige für die Anhörung im Familienausschuss am 23.9.2024 eingeladen hat, die mit wegweisenden Argumenten ausführlich dargelegt hat, warum das Sexkaufverbot mit rechtsstaatlichen Prinzipien unvereinbar ist. Ihre Beiträge sind in diesem Wortprotokoll der 73. Sitzung des Familienausschusses nachzulesen: https://www.bundestag.de/resource/blob/1027456/cfb05afa4142dc583cb7660486dac91a/73- Sitzung_23-09-2024_Wortprotokoll.pdf Zwischen-Fazit Wäre es bei dem regulären Wahltermin für die Bundestagswahl im September 2025 geblieben, wäre das Nordische Modell, jedenfalls in Form eines pauschalen, totalen, undifferenzierten Sexkaufverbots dann nicht mehr durchsetzbar gewesen, weil nach der Vorlage des Evaluationsberichts zum 1.7.2025 eine so harte Vorgehensweise obsolet geworden wäre. Das totale Sexkaufverbot wäre nicht mehr vertretbar, nicht mehr verhältnismäßig. Mit dem Vorziehen der Wahl auf den Februar 2025 ändert sich nun der Zeitverlauf zur großen Freude der CDU/CSU. Diese Parteien bzw. ihre Bundestagsfraktion haben ja schon immer betont, dass die Lage der Prostituierten so dramatisch und alarmierend sei und immer schlimmer werde, so dass man die Evaluation nicht mehr abwarten könne, sondern sofort und unverzüglich ein Sexkaufverbot erlassen müsse. Die Gründe für diesen Alarmismus der CDU/CSU habe ich oben schon erklärt. Nun hat die CDU/CSU diese einmalige Gelegenheit erhalten, also ein optimales Zeitfenster für die Fixierung des totalen Sexkaufverbots – ein Zeitfenster, das sich erst mit der Vorlage des Evaluationsberichts durch das KFN schließt. Und das Gesetzgebungsverfahren zum Sexkaufverbot ist ja bereits – angestoßen von der CDU/CSU – in vollem Gange; auch die Anhörung im Familienausschuss am 23.9.2024 war bereits ein Schritt in diesem Verfahren. Wenn Bundesfamilienministerin Lisa Paus – eine entschiedene Gegnerin des Sexkaufverbots, ich hatte selbst in dieser Frage Kontakt mit ihrem Büro – erstmal ihren Posten im 9 Bundesfamilienministerium geräumt hat und dieses von der CDU/CSU übernommen wurde, kann alles ganz schnell gehen und das Sexkaufverbot noch vor dem 1.7.2025 durch den Bundestag gepeitscht werden. Denn die finale Evaluation ist Sache des Familienministeriums. Natürlich ist die Umsetzung des Nordischen Modells als Gesamt-Konzept mit Drei-Säulen- Modell, so wie es im Positionspapier der CDU/CSU vom 7.11.2023 vorgesehen ist, ein langwieriger Gesetzgebungsprozess, all die dort genannten Maßnahmen in ein Gesetz zu gießen und zu verabschieden. Auch die Finanzierung muss verhandelt und geklärt werden. Das kann Jahre dauern. Das Sexkaufverbot selbst lässt sich aber als isolierte Maßnahme sehr schnell etablieren. Es reicht ein Satz im Strafgesetzbuch, dessen Formulierung an bereits bestehende Formulierungen angelehnt sein kann. Schließlich haben wir ja auch jetzt schon bestimmte Sexkaufverbote im Sexualstrafrecht (z.B. Zwangsprostituierte, Minderjährige). Ein Ministerialbeamter im Justizministerium braucht höchstens ein paar Minuten, um den neuen Paragraphen zu formulieren. Und diese rechtliche Entkoppelung von Sexkaufverbot und den übrigen gesetzlichen Regelungen des Nordischen Drei-Säulen-Modells ergibt sich sogar bereits zwingend aus der Zuständigkeit der Ministerien: das Sexkaufverbot und die begleitenden polizeistaatlichen Maßnahmen sind Sache des Justizministeriums, die übrigen Maßnahmen fallen aber in den Zuständigkeitsbereich des Familienministeriums. Gerade deshalb ist es möglich, dass das Sexkaufverbot im Schnellverfahren bis zum 1.7.2025 entweder bereits beschlossen ist, oder zumindest im Gesetzgebungsverfahren so weit getrieben ist, dass der Evaluationsbericht am 1.7.2025 zu spät kommt und keine Berücksichtigung im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens mehr finden wird. Und selbst wenn das Gesetzgebungsverfahren selbst noch nicht so weit sein sollte: die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD werden bis zum 1.7.2025 abgeschlossen sein. Schließlich sind inzwischen mehr als 4 Monate seit der Wahl vergangen. Auch wenn die SPD mehrheitlich (noch) gegen ein totales, pauschales, undifferenziertes Sexkaufverbot ist, gibt es in ihr durchaus nennenswerte Strömungen für ein Sexkaufverbot. Und auch wenn Frau Breymaier nicht mehr dem nächsten Bundestag angehören wird, hat sie doch angekündigt, ihre Partei weiterhin fachlich zu beraten. Da der Evaluationsbericht zum Zeitpunkt der Koalitionsverhandlungen mit Gewissheit noch nicht vorliegen wird, hat die CDU/CSU eine sehr gute Chance, das Sexkaufverbot im Koalitionsvertrag zu verankern (in ihrem Wahlprogramm verschleiert sie es geschickt, indem sie auf die „drei Säulen“ hinweist – und nur wenige Eingeweihte wissen, dass eine dieser drei Säulen eben das totale, pauschale, undifferenzierte Sexkaufverbot mit polizeistaatlichem Charakter darstellt). Und wenn das Sexkaufverbot zwischen den beiden Regierungsparteien erst einmal durch den Koalitionsvertrag verbindlich verankert ist, spielt es auch keine Rolle mehr, was der Evaluationsbericht am 1.7.2025 ergibt. Das kann dann zur Seite geschoben werden, denn man hat sich ja im Koalitionsvertrag schon festgelegt. Und es gibt noch eine weitere wichtige Feinheit: die Evaluation selbst wird ja gemäß § 38 ProstSchG nicht vom KFN vorgenommen, sondern vom Familienministerium selbst. Das KFN liefert nur den Evaluationsbericht. Das Familienministerium hat damit die Möglichkeit und das Recht, das ProstSchG eigenständig zu evaluieren und braucht den Evaluationsbericht dabei 10 nicht mal substanziell zu berücksichtigen – man kann ihn auch „zur Kenntnis nehmen“ und zur Seite legen: wenn der Inhalt nicht „ passt “ , kann er ignoriert werden. Die Evaluation selbst übernimmt sowieso die Bundesfamilienministerin als Endverantwortliche. Wäre das noch Frau Paus, wäre das ja kein Problem. Wie aber wird eine CDU/CSU-Familienministerin (ich gehe mal davon aus, das Ministerium übernimmt wieder eine Frau) das ProstSchG evaluieren, und wie wird sie mit einem Evaluationsbericht umgehen, der ihr nicht passt? Dessen Ergebnisse nicht mit der Einführung eines totalen Sexkaufverbots vereinbar wären? Die einzige Möglichkeit, diese unheilvolle und am Ende in einen Polizeistaat führende Entwicklung noch abzuwenden wäre, wenn das KFN e.V. seinen Evaluationsbericht früher fertigstellt und früher vorlegt. Im Endeffekt müsste der Bericht dann schon zum Zeitpunkt der Koalitionsverhandlungen vorliegen und zu einem Zeitpunkt, zu dem Frau Paus noch Familienministerin und damit Endverantwortliche für die Evaluation ist. Ich habe diese Sorgen dem KFN kommuniziert. Mit einem solchen Vorziehen der Vorlage des Berichts ist aber – aus guten Gründen – seitens des KFN nicht zu rechnen: das KFN ist an seine Verträge gebunden, und vor allem: das KFN hat einen wissenschaftlichen, keinen politischen Auftrag. Grundlage für die Arbeit des KFN ist § 38 ProstSchG; nicht die Tagespolitik und nicht Wahltermine. Im Übrigen verfolgt das KFN den Standard guter wissenschaftlicher Praxis, und da kann man nicht plötzlich kurz vor Ende des Evaluationsprozesses einfach vier Monate verkürzen, ohne dass die wissenschaftliche Qualität leidet. Stellen Sie sich vor, Sie müssten eine Diplomarbeit schreiben, haben dafür laut Prüfungsordnung exakt ein Jahr Zeit, verbindlich vorgegeben, und nach 7 Monaten kommt jemand und sagt, Sie haben nur noch einen Monat, Sie müssen das doch nach 8 Monaten abgeben? Welchen Einfluss hätte das auf die wissenschaftliche und redaktionelle Qualität Ihrer Arbeit? Genau in dieser Situation steckt das KFN, und insofern wurde mir deutlich gemacht, dass es eine aus politischen Gründen motivierte frühere Abgabe des Evaluationsberichtes an das Familienministerium NICHT geben wird. Die Verantwortung der FDP Hätte die Ampelkoalition bis zum September 2025 gehalten, wäre es äußerst, ja sogar extrem unwahrscheinlich, dass sich nach der Wahl ein totales, pauschales, undifferenziertes Sexkaufverbot und damit auch die Etablierung eines Polizeistaates noch hätten durchsetzen lassen – selbst dann, wenn man, analog zu der Wahl im Februar, davon ausgeht, dass (a) die CDU/CSU die stärkste Fraktion stellt, (b) mit der SPD koaliert, und (c) Friedrich Merz Bundeskanzler wird. Der Bruch der Ampelkoalition und die damit ausgelösten Neuwahlen im Februar 2025 verschaffen nun der CDU/CSU den entscheidenden zeitlichen Vorsprung gegenüber der (nicht vorgezogenen) Vorlage des Evaluationsberichts zum 1.7.2025, um ein totales, pauschales, undifferenziertes Sexkaufverbot und die damit verbundenen polizeistaatlichen Maßnahmen auf den Weg bringen zu können. Es öffnet sich für die CDU/CSU – wie ein großes Geschenk – ein Zeitfenster, dass es so in der Zukunft nie mehr geben wird. Es ist eine einmalige Chance für die CDU/CSU! 11 Sei es, dass das Gesetzgebungsverfahren, sofern es das Strafgesetzbuch betrifft, zum 1.7.2025 schon so weit fortgeschritten ist, dass es nicht mehr aufgehalten werden kann, sei es, dass das Sexkaufverbot in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD verbindlich festgelegt wird und schon aus diesem Grund der Evaluationsbericht im weiteren Prozedere keine Berücksichtigung mehr findet. Im Endeffekt war es somit die FDP, die mit dem Platzen der Ampelkoalition und dem danach faktisch alternativlosen Vorziehen der Neuwahlen der CDU/CSU den Weg ins Sexkaufverbot und die Polizeistaatlichkeit ebnete. Nach den aktuellen Wahlumfragen wird die FDP im nächsten Bundestag voraussichtlich nicht mal vertreten sein. Sie trägt dann quasi „in Abwesenheit“ die Verantwortung für das, was dann beschlossen wird: das totale Sexkaufverbot und die damit verbundene Polizeistaatlichkeit. Die FDP könnte diesen „Schaden“ nur dadurch reparieren, dass sie bei der Wahl im Februar 2025 stärker als die SPD wird und es zu der von der FDP ja auch favorisierten Koalition zwischen der FDP und CDU/CSU kommen würde. In einer solchen Koalition wäre ein totales, pauschales, undifferenziertes Sexkaufverbot, eingebettet in ein polizeistaatliches Konzept, selbstverständlich nicht verhandelbar. Das weiß sicher auch die CDU/CSU. Und bekanntlich wäre die FDP auch der bevorzugte Koalitionspartner der CDU/CSU – wenn die FDP denn dafür zur Verfügung stünde – , allein schon aufgrund der weitgehenden Überschneidungen in der Wirtschafts-, Wachstums- und Migrationspolitik. Eine solche Chance würde sich die CDU/CSU doch nicht dadurch verbauen, dass sie eine solche Koalition daran scheitern lässt, dass sie auf einem totalen Sexkaufverbot mit polizeistaatlicher Umsetzung beharrt. Aber wir wissen alle, dass dieser Fall bis zum Februar mit Gewissheit nicht eintreten wird und die FDP nicht als Koalitionspartner für die CDU/CSU zur Verfügung stehen wird. Die FDP kämpft verzweifelt um die 5 %-Hürde. Verfehlt sie diese, erhält die CDU/CSU-Fraktion zusätzliche Sitze im Bundestag, und die Wahrscheinlichkeit für ein Sexkaufverbot wird mit jedem zusätzlichen Sitz der CDU/CSU nur noch höher. Die Hoffnung der FDP, dass ihr mutiger Schritt, die Ampelkoalition platzen zu lassen zugunsten einer krisen- und wachstumsorientierten Politik in erhoffter Koalition mit der CDU/CSU, von den Wählern honoriert wird, hat sich nicht bestätigt. Die FDP lag vor diesem Schritt unter der 5%-Hürde, und liegt es immer noch. Man hat den Eindruck, dieser Schritt habe der FDP keinen einzigen neuen Wähler gebracht. Und eine Koalition mit der CDU/CSU ist zu einer Illusion geworden. Es ist eine große Tragik, dass ausgerechnet die FDP (!) nun eine Entwicklung ausgelöst hat, in deren weiteren schicksalhaften Verlauf nun Deutschland in ein polizeistaatliches Konzept rutscht und sich damit diametral zu den Grundsätzen genau dieser Partei definiert. Das „neue“ Deutschland ist dann genau das Gegenteil von einem Deutschland, wie es sich die FDP vorstellt – jedenfalls was sexuelle Selbstbestimmung, den Polizei- und Überwachungsapparat betreffen. Die FDP hat denn genau das Gegenteil von dem erreicht, was ihren Prinzipien und ihrer Parteiphilosophie entspricht. Bleibt zu hoffen, dass die FDP wenigstens die 5%-Hürde überschreitet, damit sie weiterhin im Bundestag vertreten ist und sich in Debatten zum Sexkaufverbot beteiligen und ihr Fachwissen 12 und ihre Experten wie z.B. Gräfin Dr. von Galen in Ausschüssen einbringen kann, auch wenn der FDP als Nicht-Regierungs-Partei nur noch ein marginaler Einfluss und keine relevante Entscheidungswirksamkeit mehr zukommt. Thomas Schmitt, Januar 2025