JAHRBUCH DES KUNSTHISTORISCHEN MUSEUMS WIEN BAND 15/16 JAHRBUCH DES KUNSTHISTORISCHEN MUSEUMS WIEN, BAND 15/16, 2013/2014 ENTSPRICHT BAND 107/108 DER GESAMTEN REIHE: VORMALS JAHRBUCH DER KUNSTHISTORISCHEN SAMMLUNGEN DES ALLERHÖCHSTEN KAISERHAUSES (AB 1883) UND JAHRBUCH DER KUNSTHISTORISCHEN SAMMLUNGEN IN WIEN (1926—1998) JAHRBUCH DES KUNSTHISTORISCHEN MUSEUMS WIEN BAND 15/16 2013/2014 BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR Veröffentlicht mit Unterstützung des Austrian Science Fund (FWF, PUB 248-G21) HERAUSGEBER KUNSTHISTORISCHES MUSEUM WIEN GENERALDIREKTORIN DR. SABINE HAAG REDAKTION: GABRIELE HELKE LEKTORAT: ANNETTE SCHÄFER Böhlau Verlag Wien Köln Weimar © 2015 KHM-Museumsverband ISBN 978-3-205-79622-0 ISSN 1605-2773 Alle Rechte, insbesondere das Übersetzen in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Museums ist es nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten und zu verbreiten Satz: Bettina Waringer, Wien Reproduktionen: Pixelstorm, Wien Druck und Bindung: Holzhausen, Wolkersdorf Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU Quellen und Regesten zur Schatzkammer, Gemäldegalerie und zu den drei Kabinetten aus dem Archivbestand des k. k. Oberstkämmereramtes 1777 bis 1787 mit einem Nachtrag zu den Jahren 1748 bis 1776 Bearbeitet von Elisabeth Hassmann Im Gedenken an Heinrich Zimmermann (1855−1928) und Alphons Lhotsky (1903−1968) Inhalt Vorwort und Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Einleitung Die k. k. Sammlungen unter Maria Theresia und Joseph II. mit einem Ausblick auf die Zeit um 1800 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Standortzusammenlegungen nach dem Tod Kaiser Karls VI. und Kaiser Franz Stephans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Allgemeine Öffnung der k. k. Sammlungen in Wien und ihre Generalinventur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Neueinrichtung des Naturalien- und des antiken Münzkabinetts und deren Kataloge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Mehrmalige Neueinrichtung der Bildergalerie und ihr nicht vollendeter Katalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Die nicht realisierte Familiengalerie im Belvedere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Ein Sonderfall: Die Schatzkammer(n) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Das wechselhafte Schicksal des Physikalischen Kabinetts . . . . . . . . . . . . . . . 28 Besoldung des Sammlungspersonals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Quantitative und qualitative Veränderungen der Sammlungsbestände . . . . . . . . 30 Sammlungsabgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Austausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Sammlungszugänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Neugründung kaiserlicher Privatsammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Erweiterung des Münz- und Medaillenkabinetts zum Münz- und Antikenkabinett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Stagnation bei der Katalogisierung und Zugangseinschränkungen bei den Sammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Erhaltung, Sicherung und Restaurierung der Sammlungsbestände . . . . . . . . . . 40 Bildquellen zu den k. k. Sammlungen in Wien im 18. Jahrhundert . . . . . . . . . . 44 Edition Administration der k. k. Sammlungen in Wien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Quellenbestände und deren bisherige Auswertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Berarbeitungsrichtlinien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Quellen und Regesten Nachtrag zu den Jahren 1748 bis 1776 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Zu den Jahren 1777 bis 1787 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Verzeichnisse Auflistung der Kopfregesten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 Abkürzungen und Zeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 Standorte der ungedruckten Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 Gedruckte Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 Personen-, Orts- und Sachregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Abbildungsnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 11 1 Diese und die weiteren von Zimerman/Zim- mermann bearbeiteten und im Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Aller- höchsten Kaiserhauses erschienenen Quel- len- und Regesteneditionen sind im Internet über die digitale Bibliothek der Universität Heidelberg unter http://jbksak.uni-hd.de abrufbar. 2 Dazu die Übersicht von Marlies Raffler (2007). Die genauen Angaben zu diesem Werk und zu der im Folgenden gekürzt zitierten Literatur sind dem Literaturver- zeichnis zu entnehmen. 3 Insbesondere möchte ich den Mitarbeiterin - nen und Mitarbeitern des Haus-, Hof- und Staatsarchivs für ihren arbeitsintensiven Einsatz bei der Bereitstellung der Archiva- lien danken. Voraussetzung dabei war die fachliche Betreuung und Unterstützung von Irmgard Pangerl, der Referentin für die Hof- archive. Für den gegenseitigen Informationsaustausch und die vielfachen Anregungen und Hin- weise danke ich Alfred Bernhard-Walcher (KHM, Antikensammlung), Stephan Bu- chon (Paris und Wien), Beatrix Darmstädter (KHM, Sammlung alter Musikinstrumen- te), Mario Döberl (KHM, Wagenburg und Monturdepot), Nora Fischer (KHM, Pro- jektmitarbeiterin), Gerlinde Gruber (KHM, Gemäldegalerie), Lieselotte Hanzl-Wach- ter (Bundesmobilienverwaltung), Herbert Haupt (KHM, Archiv), Gabriele Helke (KHM, Jahrbuchredaktion), Mirko Herzog (Technisches Museum Wien, Archiv), Alice Hoppe-Harnoncourt (KHM, Projektmit- arbeiterin), Petra Kalousek (ÖAW/IKM, Projektmitarbeiterin), Franz Kirchweger (KHM, Kunst- und Schatzkammer), Richard Kurdiovsky (ÖAW/IKM), Anna Mader-Krat- ky (ÖAW/IKM), Manuela Mayer (Wien), Friedrich Polleroß (Universität Wien, In- stitut für Kunstgeschichte), Paulus Rainer (KHM, Kunst- und Schatzkammer), Christa Riedl-Dorn (NHM, Archiv), Franz Sachsleh- ner (Universität Wien, Fakultät für Physik), Gudrun Swoboda (KHM, Gemäldegalerie), Wolfgang Szaivert (Universität Wien, Institut für Numismatik und Geldgeschichte), Rainer Valenta (ÖNB, Projektmitarbeiter), Klaus Vondrovec (KHM, Münzkabinett), Heinz Winter (KHM, Münzkabinett), Bernhard Woytek (ÖAW, Institut für Kulturgeschich- te der Antike), Renate Zedinger (Wien) und Karin Zeleny (KHM, Publikationswesen). Die Transkriptionen der französischen, itali- enischen und lateinischen Schriftstücke ha- ben dankenswerterweise Stephan Buchon, Mario Döberl und Karin Zeleny erstellt bzw. kontrolliert. Die kritische Durchsicht des Manuskriptes nahm Gabriele Helke vor, das Schlusslektorat besorgte Annette Schäfer. Vorwort und Danksagung Im Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Bd. 24, erschien 1903 der erste, von Heinrich Zimmermann herausgegebene Teil der „Inven tare, Akten und Regesten aus der Registratur Seiner k. und k. apostolischen Majestät Oberstkämmereramtes“ . Er betrifft die Jahre 1744 bis 1776 und beinhaltet 135 Nummern (Nr. 19284 bis 19419) 1 . Hier folgt nun die von Zimmermann in Aussicht gestellte und schon lang fällige Fortsetzung, die die Jahre 1777 bis einschließlich 1787 umfasst. Au- ßerdem werden mehrere Dokumente zu dem von Zimmermann bearbeiteten Zeitraum nachgetragen und fallweise Hinweise auf Dokumente der Zeit nach 1787 gegeben. Die Begrenzung der Quellenedition mit dem Jahr 1787 ergab sich in erster Linie aufgrund der Menge des Quellenmaterials und weniger wegen eines bestimmten damaligen Ereignis- ses. Doch bot sich dieses Jahr insofern an, als Kaiser Joseph II. im April 1787 von allen Dienststellen genaue Tätigkeitsberichte einforderte, die bis 1765, dem Antrittsjahr seiner Mitregentschaft, zurückzureichen hatten. Die im Juli 1787 an den Kaiser abgegebenen Berichte zu den k. k. Sammlungen runden somit den gewählten Bearbeitungszeitraum anschaulich ab. Mit der hier vorgenommenen Fortsetzung der Quellenedition wird zum einen dem aktuellen Forschungsschwerpunkt zur „Historischen Museologie“ 2 und zur europäischen Sammlungs- und Museumsgeschichte im 18. Jahrhundert entsprochen, für den eine möglichst umfassende Aufarbeitung der Primärquellen die unverzichtbare Grundlage darstellt. Zum anderen wird ein Beitrag zur Erforschung der Geschichte des Wiener Hofes geleistet, insbesondere seiner Kunst- und Kulturbestrebungen. Das ist ein Vorhaben, das dem Jahrbuch des Kunsthistorischen Museums von Beginn an zugrunde liegt, wie bereits im ersten Band von 1883 dargelegt wurde. Der nunmehrige Band ist ausnahmsweise zur Gänze der Quellen- und Regestenedition gewidmet. Dadurch ergibt sich der Vorteil, die Quellen geschlossen in einem größeren Umfang präsentieren und miteinander in Bezug setzen zu können. Das Zustandekommen der Quellenausgabe in der vorliegenden Form ist der Initiative von Franz Pichorner, dem Direktor des Archivs und stellvertretenden Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums, und der entgegenkommenden Unterstützung des Ös- terreichischen Staatsarchivs sowie der Mitwirkung von Fachkolleginnen und -kollegen zu verdanken 3 . Die vom Böhlau Verlag vorgenommene Drucklegung konnte dank der Finanzierung seitens des „Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung“ (FWF) realisiert werden. Der abschließende Dank gilt Sabine Haag, der Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums, für ihre nachdrückliche Unterstützung der Erforschung der Geschichte des Kunsthistorischen Museums und seiner Bestände. Dr. Elisabeth Hassmann Wien, August 2014 EINLEITUNG 15 4 Die mit Dok. bezeichneten Nummern ver- weisen auf die durchnummerierten Quellen und Regesten im Editionsteil, wo jeweils auch die Signaturangaben zu den Archiva- lien angeführt sind. Die Signaturen zu den Archivalien aus der Zeit nach 1787, die nur in der Einleitung zitiert werden, finden sich in den dortigen Fußnoten. 5 Auch im Internet unter www.oapen.org/ download?type=document&docid=465870 abrufbar. 6 Stellvertretend für eine Fülle an Publikatio- nen sei auf den von Bénédicte Savoy 2006 herausgegebenen Sammelband „Tempel der Kunst. Die Geburt des öffentlichen Muse ums in Deutschland 1701−1815“ und ihren dortigen Einleitungsbeitrag hingewiesen. 7 Nach Ansicht des Direktors der Bildergalerie Heinrich Füger war der öffentliche Einlass kein Recht, sondern eine Vergünstigung des Kaisers (Lhotsky 1941−1945, II/2, 488 nach OKäA-Akt Nr. 686 ex 1813). Elisabeth Hassmann Die k. k. Sammlungen unter Maria Theresia und Joseph II. mit einem Ausblick auf die Zeit um 1800 Die bislang umfassendste Darstellung der Geschichte der k. k. Sammlungen stammt von Alphons Lhotsky (1941−1945, II/1, II/2). Sammlungsbezogene Übersichten sind in den Katalogen zur Schatz- und Kunstkammer, Gemäldegalerie und zum Münzkabinett enthalten. Für das Naturalienkabinett kann auf Fitzinger (I/1856) sowie Riedl-Dorn (1998, 2000), für das Physikalische Kabinett auf Schönburg-Hartenstein (1987) verwiesen werden. Einen ungewöhnlich anschaulichen Einblick gewähren die bereits erwähnten Berichte der Sammlungsdirektoren von 1787, die den Zeitraum von 1765 bis 1787 um- fassen (siehe Dok. 488, 489, 491, 494, 495, 496) 4 . Die Exkurse zur Baugeschichte des Augustinerganges (nach Dok. 3; siehe auch Dok. 5), zu den Öffnungszeiten der Samm- lungen (nach Dok. 20) und zu deren Räumlichkeiten (nach Dok. 25) sowie die Tabellen zum Personal (Dok. 493) geben diesbezügliche Überblicke. Ein Teil des neu erfassten Schriftmaterials floss bereits in die Beiträge „Kunst nach Ordnung, Auswahl und System. Transformationen der kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien im späten 18. Jahrhundert“ von Fischer (2013), „Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien (1765−1787)“ von Hassmann (2013) 5 und das Buch „Numophylacium Imperatoris. Das Wiener Münzkabinett im 18. Jahrhundert“ von Hassmann – Winter (2015, in Druck) ein. Ohne weiteren sammlungsspezifischen und themenbezogenen Einzeluntersuchun- gen vorgreifen zu wollen, lassen sich aus dem hier größtenteils erstmals publizierten Quellenmaterial Entwicklungen und Phänomene erkennen, die die habsburgischen bzw. habsburgisch-lothringischen Sammlungen gemeinsam betreffen. Sie werden im Folgenden – eingebettet in einen Zeitrahmen von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts − zusammengefasst dargestellt. An erster Stelle ist dabei die auch andernorts zur Zeit der Aufklärung vorgenommene Umwandlung fürstlicher Privatsammlungen in öffentlich zugängliche Einrichtungen zu nennen 6 . Diese weit über das bisherige Ausmaß gehende Öffnung für das allgemeine Publikum mit festgesetzten Besuchszeiten begann in Österreich unter Maria Theresia und ging in den kaiserlichen Sammlungen schrittweise zwischen 1765/66 und 1777 vor sich. Die Bestände sollten in der Folge auch durch käuflich erwerbbare Kataloge erschlossen werden. Doch zeigte sich, dass diese erst nach Vornahme einer Sammlungssystematisierung erstellt werden konnten. So kam es bei den meisten Sammlungen in den 1770er und beginnenden 1780er Jahren zu Neuordnungen und Neuaufstellungen. Der allgemeine Zutritt zu den kaiserlichen Sammlungen war ab nun kostenlos bzw. „trinkgeldfrei“ (Dok. 227), doch hatte das Publikum keinen Anspruch darauf 7 Abb. 1: Tafel mit antiken Silbermünzen und mit Einblick in das 1747/50 eingerichtete karo- linisch-habsburgische Münzkabinett in der k. k. Schatzkammer (heutiger Raum II der Geistlichen Schatzkammer); Stich bezeichnet und datiert „Salomon Kleiner delineavit et aeri incidit 1754“ (aus „Numismata Cimelii Caesarei Regii Austriaci Vindobonensis quorum rariora iconismis cetera catalogis exhibita iussu Mariae Theresiae Impera tricis et Reginae Augustae. Vindobonae, typis et sumptibus Ioannis Thomae Trattner ... MDCCLV“ , Teil I, Tafel XIII; KHM, Bibliothek, Sign. 1550). In der Laibung des Durchgangs sind das Selbstbildnis Parmigianinos im Konvexspiegel und das Brettspiel von Hans Kels d. Ä. von 1537 zu erkennen. Die Büsten Maria Theresias und Franz Stephans sind bezeichnet und datiert mit „M[atthäus] Donner Fecit 1750“ (KHM, Kunstkammer, Inv.-Nr. 6142, 6143). 16 8 Anlässlich der Neueinrichtung beider Schatz- kammern wurden Inventare erstellt. In je- nem zur Geistlichen Schatzkammer von 1758 (fol. 3) heißt es betreffend die Verle- gung: „... in der burg abgeänderten und in dem untern gewölb nebst der weltlichen schatzcammer neu aufgerichten ... geistli che schatzcammer ...“ (Zimerman 1895, Nr. 12623). 9 Siehe dazu den Abschnitt „Administration der k. k. Sammlungen in Wien“ im Editions- teil. 10 Khevenhüller-Metsch – Schlitter 1910, 5. Zu Jean de Baillou siehe Bergmann (I/1856, 84 f.), zum Ankauf der Sammlung siehe Anm. zu Dok. 192. 11 Khevenhüller-Metsch – Schlitter 1914, 26. 12 Die mit 1726 datierte Bauinschrift des Prunk- saaltraktes in der Attikazone des vorsprin- genden Mittelteils nennt das Vollendungs- jahr der Erbauung und die Öffnung der Bibliothek zum allgemeinen Gebrauch („CA- ROLVS ... BIBLIOTHECAM ... AMPLIS EXSTRVCTIS AEDIBUS PVBLICO COM- MODO PATERE IVSSIT MDCCXXVI“; Lhotsky 1939, 26, 50). Allerdings liegt kein Hinweis vor, dass das von Jean de Baillou neben dem Prunksaaltrakt bei der Stiege eingerichtete Naturalienkabinett öffentlich zugänglich war. Standortzusammenlegungen nach dem Tod Kaiser Karls VI. und Kaiser Franz Stephans Als Maria Theresia nach dem Tod ihres Vaters Karl VI. 1740 die Regierung übernahm, bestanden am Wiener Hof drei Kunstsammlungen, die im weitläufigen Bereich der Wiener Hofburg lagen. Zunächst die Bildergalerie, die in der k. k. Kunstkammer im obersten Geschoß der Stallburg untergebracht war, wo auch numismatische Objekte verwahrt wurden, und die zwischen 1718 und 1728 neu gestaltet worden war. Das damalige Aussehen der Bildergalerie ist genau durch das mit Gouachen bebilderte, dreibändige, 1720−1733 geschaffene Inventar von Storffer dokumentiert (Swoboda 2010). Weiters bestanden die Geistliche und die Weltliche Schatzkammer im Schweizerhof; zweitere verwahrte neben den Insignien und Pretiosen auch zahlreiche Gemälde, Antiken und Naturalien. Als dritte Sammlung gab es das von Kaiser Karl VI. im Billardzimmer seines Wohnappartements in der Hofburg (ab 1714) neu eingerichtete Münz- und Medaillen- kabinett, das im Unterschied zu den anderen Sammlungen eher den Charakter einer Studiensammlung gehabt haben dürfte, zumal es zugleich als Kupferstichkabinett diente (Hassmann – Winter 2015). Mit Ausnahme der Bildergalerie und des Kupferstichkabinetts ließ Maria Theresia die übrigen drei Sammlungen zusammenlegen. Zunächst wurde zwischen 1747 und 1750 die Weltliche Schatzkammer neu eingerichtet. Im Zuge dieser Neueinrichtung wurde auch das Münz- und Medaillenkabinett ihres Vaters in die Schatz- kammer verlegt und erhielt dort einen gesonderten Raum (Abb. 1). Im Jahr 1758 kam es schließlich auf Anordnung der Kaiserin zur Verlegung der Geistliche Schatzkammer direkt neben die Weltliche Schatzkammer, sodass beide Schatzkammern gemeinsam mit dem Münzkabinett nun eine räumliche Einheit bildeten (Abb. 11, 12) 8 . Die Leitung der Bildergalerie oblag dem Galerieinspektor, jene der beiden Schatzkammern dem Schatzmeister. Die Stelle des Münz- und Medailleninspektors war seit 1730 unbesetzt. Die Oberleitung über die Galerie, die beiden Schatzkammern und das Münzkabinett hatte der kaiserliche Oberstkämmerer inne 9 Franz Stephan, der Gemahl Maria Theresias, ab 1745 römisch-deutscher Kaiser, richtete sich zu seiner privaten Nutzung drei Kabinette ein: ein Münz-, ein Naturalien- und ein Physikalisches Kabinett. Das Münzkabinett, dem der Kaiser auch Bestände des habsburgischen Münzkabinetts Karls VI. einverleibte (Hassmann – Winter 2015), befand sich im sogenannten Kontrollorgang im Mezzaningeschoß des Leopoldinischen Traktes der Hofburg unterhalb der Wohngemächer des Kaiserpaares (Dok. 495; Abb. 11, 12). Es war für Fremde schwierig, ja beinahe unmöglich, Zutritt zu diesem Kabinett zu erhalten (Dok. 5). Der Grundstock des Naturalienkabinetts war die vom Kaiser angekaufte Natura- liensammlung des Jean de Baillou. Sie wurde 1750 oder 1751 „in denen neuen Zimmern nächst der großen Stiegen, die zur kaiserlichen Bibliothec führet“ , untergebracht, wie der damalige Oberstkämmerer Johann Joseph Khevenhüller-Metsch Anfang 1752 in seinem Tagebuch vermerkte 10 . Nach Erbauung des (nicht mehr bestehenden) Augustinerganges, der den Schweizerhof mit dem Augustinerkloster verband (Abb. 13), sollte die Natura- liensammlung dorthin verlegt werden, wie ebenfalls Khevenhüller-Metsch im Juni 1756 notierte 11 . Dazu kam es aber nicht, denn sie war noch beim Tod des Kaisers im „Lesezim mer“ der schon seit Karl VI. öffentlichen Hofbibliothek untergebracht (Dok. 496) 12 . Zum Standort des seit 1747 belegbaren Physikalischen Kabinetts liegen keine quellenmäßigen Hinweise vor (Anm. zu Dok. 491). Das Personal dieser drei Kabinette, als deren Direktor der Kaiser selbst galt (Dok. 4), wurde aus dessen Privatkasse bezahlt, hingegen ging die Besoldung der Angestellten der k. k. Sammlungen zu Lasten des Hofärars. Nach dem Tod Kaiser Franz Stephans († 18. August 1765) wurden die drei franziszei- schen Kabinette in den ehemaligen Augustinergang hinter der Hofbibliothek verlegt, der dazu eigens erweitert wurde (Dok. 3). Bei dieser Gelegenheit wurde auch das habsburgi- sche Münzkabinett aus der Weltlichen Schatzkammer in den Augustinergang übertragen. 17 13 Diese frühest belegbare fixe Öffnungszeit einer k. k. Sammlung ist durch Fuhrmann (1770, 588−590; zitiert im Exkurs zu Dok. 20) überliefert. Vergleiche die dortige Be- schreibung des „erwünschten“ Publikums mit jener, die Baillou 1773 von den Personen gab, die tatsächlich das Kabinett besuchten (Dok. 20). Es handle sich um Diener, Juden und um arbeitslose Handwerker; weiters um (Freuden-)Mädchen, die von der Bastei aus die Besucher des Kabinetts sehen und kommen, um dort Anschluss zu finden. Man müsse diese Leute auch ständig im Auge behalten. Es wurde in der Folge, da es den antiken Münzbestand verwahrte, als „antikes Münz- kabinett“ bezeichnet. Das vormalige franziszeische Münzkabinett hingegen erhielt den Namen „modernes Münzkabinett“, da Kaiser Franz Stephan fast ausschließlich moderne Münzen gesammelt hatte (Hassmann – Winter 2015). Mit der Verlegung der Kabinette war – mit Ausnahme des Physikalischen Kabinetts − keine nennenswerte Neuordnung der Sammlungsbestände verbunden. Diese wurde erst in den 1770er Jahren in Angriff genommen. Die nunmehrigen Räumlichkeiten der vier Kabinette lagen in der Beletage auf gleichem Niveau wie der Prunksaal der Hofbibliothek und bildeten eine Raumflucht von acht Sälen samt einem Vorraum (Abb. 13, 14). Die mit 1765 datierte Inschrifttafel des wahrscheinlich in den Vorraum führenden Marmorportals gibt an, dass die Kabinette der Erinnerung an den verstorbenen Kaiser sowie dem allgemeinen Nutzen gewidmet seien (Abb. 4; Exkurs zu Dok. 25). Die räumlich vereinten vier „Augustinergangkabinette“ befanden sich nun in der Randzone des Hofburgkomplexes, außerhalb des Kern- und Wohnbereichs, in unmittelbarer Nähe zur Hofbibliothek. Nicht von ungefähr schlug der nunmehrige Obersthofmeister Johann Joseph Khevenhüller-Metsch 1774 vor, dass das Personal der Kabinette gleich jenem der Hofbibliothek unter das Obersthofmeisteramt kommen solle, da es mit den „zur inneren Kammer gehörigen“ Hofangestellten „gar keinen Zusammenhang“ habe (Dok. 31). Allgemeine Öffnung der k. k. Sammlungen in Wien und ihre Generalinventur Mit der Verlegung der Kabinette in den Augustinergang war deren Öffnung intendiert und – wie der im August 1766 belegbare Besucherzustrom zeigt – auch realisiert worden. Der damalige Direktor des Münzkabinetts Valentin Duval gab an, der Besucheranstieg sei der Wunsch der Majestäten (Maria Theresias und Josephs II.) gewesen (Dok. 5). Das Personal der drei ehemals franziszeischen Kabinette, das nach dem Tod Franz Stephans größtenteils von der Hofstaatsverwaltung übernommen wurde, war nun doppelt gefordert: Zum einen mussten die Inventare teils aktualisiert, teils neu angelegt und zum anderen auch die Besucher betreut werden (Dok 4, 5). Die Situation spitzte sich insbesondere im Naturalienkabinett zu, nachdem im Jahr 1769 gleichsam probeweise eine fixe allge- meine Öffnungszeit, und zwar jeden Montag am Vormittag, eingeführt worden war 13 Der Direktor des Naturalienkabinetts Ludwig v. Baillou äußerte 1773, er könne das Inventar nicht zustande bringen, wenn der Montag länger Öffnungstag bliebe. Er bat, diese allgemeine Öffnung wieder einzustellen, zumal an diesem Tag ohnehin nur Leute kämen, die aus dem Besuch keinen wirklichen Nutzen ziehen können (Dok. 18−21). Das Inventar, das Baillou 1773 zu erstellen hatte, war Teil einer von Maria Theresia 1772/73 angeordneten Generalinventur der Bestände der k. k. Sammlungen (Dok. 16, 17, 23; Hassmann 2013, Dok. 8). Die Inventur ging zunächst von der Erfassung aller im kaiserlichen Besitz stehenden Gemälde aus, mit dem Ziel, die besten für die k. k. Bildergalerie in der Stallburg auszuwählen (Hassmann 2013, Dok. 4, 6). Diese Bilder- inventarisation und ihre Ausweitung zu einer Generalinventur lässt erkennen, dass das Konzept der Zentralverwaltung nun auch auf den kaiserlichen Kunstbesitz übertragen wurde. Die Kaiserin maß dieser Inventarisation höchste Bedeutung zu. So ließ sie sich den Fortschritt des Naturalienkabinettinventars alle 14 Tage persönlich zur Kontrolle vorlegen (Dok. 19, 22). Ende Dezember 1774 war diese Generalinventur im Wesent- lichen abgeschlossen (Dok. 32). Im Oberstkämmereramt lag nun je eine Ausfertigung der verschiedenen Sammlungsinventare auf. Die Kaiserin wollte übrigens ursprünglich, dass diese summarischen Inventare in der Hofbibliothek aufbewahrt werden. Auch das ursprünglich wohl nur für allerhöchsten und höchsten Gebrauch gedachte Storffer-In- ventar zur Bildergalerie von 1720−1733 lag damals in der Hofbibliothek zur Einsicht auf (Anm. zu Dok. 16). 18 14 France 1755; Monnoies en argent 1756, 1769, 1770; Monnoies en or 1759, 1769. 15 Zum Ordnungssystem Eckhels, das von ihm nicht explizit dargelegt wurde und das die bisherige alphabetische Reihung ersetzte, siehe Kenner 1871, 11−21 und Heidecker 1969, 163−165. In der Zwischenzeit, belegbar ab 1773, hatten neben dem Naturalienkabinett auch das Münzkabinett und das Physikalische Kabinett fixe Öffnungszeiten, die Schatzkammer war nur gegen Voranmeldung zu besichtigen (Exkurs zu Dok. 20). Kenntnis von diesen Öffnungszeiten gaben die nun vermehrt herausgegebenen Wien-Führer, zu deren ersten die beiden Almanache von 1773 und 1774 zählen. Sie boten – vielfach erstmals – eine Beschreibung der jeweiligen Sammlungen und ergänzten ab nun die bisherigen Topo- graphien und Reisebeschreibungen. Eine Kombination von Reisebericht und Führer ist der „Versuch einer Beschreibung“ der beiden Schatzkammern, der schon 1771 erschienen war (Murr 1771; Exkurs zu Dok. 25). Neueinrichtung des Naturalien- und des antiken Münzkabinetts und deren Kataloge Als weitere Form der Öffnung und Nutzbarmachung der Sammlungen für das Publikum kann die Erstellung von beschreibenden Sammlungskatalogen gelten, wozu Maria The- resia mehrfach Anordnungen erteilte. Im Gegensatz zu den schon früher gedruckten Katalogen, wie jenen des Münzkabinetts 14 , sollten sie nun allgemein käuflich sein und im Handel vertrieben werden. Doch schon beim ersten Katalogprojekt dieser Art, jenem zum Naturalienkabinett, mit dem Kabinettsdirektor Ludwig v. Baillou gegen Jahreswechsel 1774/75 begonnen hatte (Dok. 30, 33), wurden die damit verbundenen Probleme deutlich. Es zeigte sich, dass wesentliche Bestände in der Sammlung fehlten, was bei Veröffentlichung des Kataloges evident werden und das Ansehen der Sammlung mindern würde. Zum anderen ergaben eigens eingeholte Gutachten, dass der bis dahin erstellte Teil des Kataloges ungenügend und Baillou dieser für ihn neuen Aufgabe nicht gewachsen sei. So kam der Vorschlag, den Katalog durch eine sammlungsfremde Person verfassen zu lassen. Zunächst wurde Joseph Nikolaus Jacquin vorgeschlagen (Dok. 39), schließlich ging der Auftrag aber 1776 an den Mineralogen Ignaz v. Born (Dok. 55, 57, 135). Auch beim modernen Münzkabinett sollte nicht dessen damaliger Direktor Johann Verot die Neubearbeitung des Münzkataloges erstellen, sondern externe Fachleute. Das bisherige Katalogwerk zu den modernen Münzen (Monnoies 1756, 1759, 1769, 1770), dessen nicht ausgewiesene Bearbeiter Valentin Duval und Johann Verot waren, hatte mehrfach Kritik im In- und Ausland gefunden (Dok. 90). Der Auftrag zur Neubearbeitung ging im Jänner 1778 zunächst an Johann Benedikt Heyrenbach (Dok. 90) und nach des- sen Tod an Adauctus Voigt (Dok. 124), der allerdings im Sommer 1781 die Arbeit nach deren Begutachtung unvollendet abbrechen musste (Dok. 209, 214). Die Neubearbeitung des Kataloges zu den modernen Münzen kam nie zustande. Der in der Literatur bereits mehrfach behandelte Fall ist jener der Bildergalerie: Auch hier erhielt nicht deren Direk- tor Joseph Rosa, sondern der aus Basel berufene Kupferstecher Christian v. Mechel die Einladung zur Erstellung des Kataloges, wovon noch die Rede sein wird. Diesen Katalogen, soweit sie realisiert wurden, ging jeweils eine Neuordnung der Sammlung voran, das heißt eine Systematisierung des Sammlungsbestandes, die an- schließend im Katalog ihren Niederschlag fand. Dies war auch beim antiken Münz- kabinett der Fall: Hier wurden 1776 neue Kästen angeschafft und in der Folge „die Einrichtung des ganzen Kabinetes nach einer neuen systematischen Ordnung vorge nommen“ , wie Direktor Joseph Eckhel berichtete (Dok. 494). Der zweibändige Katalog erschien 1779. Was Eckhel hier mit bescheidenen Worten angibt, war nichts anderes als das von ihm begründete geographisch-chronologische Ordnungssystem, mit dem er die antike Numismatik als Wissenschaftsdisziplin begründete 15 . Im lateinischen Titel von Eckhels Katalog wird das Münzkabinett als „Museum“ bezeichnet. Auch beim Naturalienkabinett ist dies in den lateinischen Titeln der beiden folgenden Kataloge der Fall. In den deutsch- und französischsprachigen Schriftstücken wie auch in den 19 16 Hingegen findet sich der Begriff „Muse- um“ im Wienerischen Diarium (vom 29. November 1758, Nr. 95) in einem kurzen Nachruf auf den am 23. November 1758 verstorbenen Direktor des Naturalienkabi- netts Kaiser Franz Stephans. Es heißt dort, Jean de Baillou habe das „so rar als kostba re Kaiserliche Musaeum ... seit 48 Jahren“ zusammengetragen. Sein Tod werde „von allen Gelehrten, welche nur besagtes bey der allhiesig Kaiserl. Königl. Bibliothec sich befindliche Musaeum jemals gesehen, ein hellig bedauret.“ Zum damals in vielfältiger Bedeutung gebrauchten Begriff „Museum“ siehe Savoy 2006, 12 f. und Baur 2009. damaligen Hofschematismen wird jedoch für die k. k. Sammlungen die Bezeichnung „Museum“ nicht verwendet 16 Ignaz v. Born verfasste zum Naturalienkabinett zunächst den 1778 im Quartformat erschienenen Katalog zu den Konchylien (Dok. 71−75), der 1780 auch als Prunkausgabe im Folioformat herauskam (Dok. 109, 112). Born begann deshalb mit den Konchylien, da deren Gattungen schon damals in der Sammlung ausreichend vertreten waren. Der Katalog zu den Mineralien (Dok. 138, 144), Borns eigentlichem Fachgebiet, erschien jedoch nicht. Ob es tatsächlich nur an der Einstellung der Geldmittel für den Kabinetts- maler Bernhard Albrecht Moll lag, wie Sander (1784, 497; Dok. 109) meinte, oder an der Auslastung Borns durch seine zahlreichen anderweitigen Projekte (dazu Hofer 1955), muss offen bleiben. Born konnte aber die Neuaufstellung der Sammlung, um deren Komplettierung er hinsichtlich der Mineralien 1780 angesucht hatte (Dok. 136), wohl primär aufgrund des 1780 erfolgten Ankaufs der Sammlung Damm (Dok. 163, 164, 496) Mitte 1781 abschließen (Dok. 197). Die Kosten für die Anschaffung von Kästen und sonstigen Einrichtungsob- jekten betrugen rund 4.400 f. (Dok. 180, 208, 212). Den ersten Raum des Naturalienka- binetts mit den Schalentieren, Korallen und Versteinerungen dürfte Born unverändert in der von Ludwig v. Baillou (im Zuge der Übersiedelung von 1765/66) vorgenommenen Aufstellung belassen haben. Er dürfte weitgehend noch so ausgesehen haben, wie er am sogenannten Kaiserbild (Abb. 2) dargestellt ist (Anm. zu Dok. 212). Im zweiten Raum mit den Mineralien wurde die Kastenanzahl von 14 auf 24 erhöht. Die Kästen wurden vom Reparaturtischler der Bildergalerie Dominik Hett gebaut (Dok. 212). Aus Anlass der Beendigung der Neueinrichtung des zweiten Saales verfasste Borns Adjunkt Karl Haidinger ein kleines Verzeichnis (1782) mit der Beschreibung der Systeme, nach denen das Naturalienkabinett von Born neu geordnet wurde. Laut Haidinger habe gerade der allgemeine Zugang des Publikums eine durchgängig systematische, lehrhafte Aufstellung verhindert. Um nämlich die Schaustücke in den Glaskästen denjenigen, „welche diese Sammlung täglich besuchen“ , gefällig zu präsentieren, mussten „der Simmetrie wegen nicht selten die Arten aus der Reihe, in welcher sie aufeinander folgen sollten, getrennet werden“ . In den Schubladen „hingegen liegen die sämmtlichen Gattungen, Arten, und Abarten jeder Klasse nach der strengsten systematischen Ordnung“ (Haidinger 1782, Vorrede). Demzufolge blieb gerade dieser lehrhafte Teil der Sammlung den Augen des allgemeinen Publikums verborgen, während die Schaustücke – vergleichbar der damals üblichen „Pendanthängung“ von Gemälden – dem ästhetischen Symmetrieprinzip fol- gend angeordnet wurden. Nach Aufhebung des Physikalischen Kabinetts im Jahr 1790 konnte das Naturali- enkabinett um einen zusätzlichen (dritten) Schauraum vergrößert werden und dessen Einrichtung entsprechend dem Konzept von Ignaz v. Born († 24. Juli 1791) von Kabi- nettsadjunkt Andreas Stütz nach Borns Tod abgeschlossen werden (Anm. zu Dok. 197, Exkurs zu Dok. 25). Nach beendeter Arbeit erschien ein von Stütz (1793) verfasstes Verzeichnis mit den Grundrissen der drei Schauräume im Anhang. Demnach befan- den sich im Naturalienkabinett nun insgesamt 58 Kästen. Stütz fasste zusammen: Die k. k. Naturaliensammlung „besteht wie ehemals nur aus Krebsen, rindenartigen und schaligen Schlammthieren, Pflanzenthieren, Versteinerungen, Steinen, und Mineralien. Das Mineralreich macht noch immer den grössten Theil derselben aus. Nach der neuen Anordnung sind im ersten Sahle die thierischen Körper und die Versteinerungen, im zweyten die Erden und Steine allein, im dritten die Salze, verbrennlichen Materialien und Metalle angebracht.“ (Stütz 1793, XIII f.). Der allgemeine Besuchstag war Dienstag „von halb Zehn bis Mittag“ . Speziellen Besuchern mit Voranmeldung wurde „auch ein viertes, zum Naturalienkabinete gehöriges Zimmer mit den aus wirklichen Steinen be stehenden Florentiner Bildern und Tischen, worinn auch der bekannte, aus Edelsteinen bestehende prächtige Blumenstrauss aufbewahret wird“ , gezeigt (Stütz 1793, XVI). Vor der Vergrößerung des Naturalienkabinetts wurden diese Werke im dritten Raum des-