Phonetik I Gerrit Kentner 31. Oktober 2012 1 / 31 Was bisher geschah I Einf ̈ uhrendes I Was ist/ was macht die Sprachwissenschaft I Zeichentheoretische Grundlagen I In den kommenden Stunden: Phonetik und Phonologie 1 / 31 Phonetik und der Phonologie in der Linguistik ← analysierbar in ← Laute/ Morpheme W ̈ orter Phrasen/ Texte Phoneme (einfach+komplex) S ̈ atze → kombinierbar zu → I Die Kombinationsm ̈ oglichkeiten der sprachlichen Einheiten sind in der Grammatik geregelt. 2 / 31 Phonetik und der Phonologie in der Linguistik ← analysierbar in ← Laut– Morphem– Wort– Satz– Text– semantik semantik semantik semantik semantik l l l l l Laute/ Morpheme W ̈ orter Phrasen/ Texte Phoneme (einfach+komplex) S ̈ atze → kombinierbar zu → I Moment mal: Lautsemantik??? I Welche Bedeutung hat ein [u], der Laut [p], der Laut [n]??? 3 / 31 Phonetik und der Phonologie in der Linguistik ← analysierbar in ← Morphem– Wort– Satz– Text– semantik semantik semantik semantik l l l l Laute/ Morpheme W ̈ orter Phrasen/ Texte Phoneme (einfach+komplex) S ̈ atze → kombinierbar zu → I Laute sind i.d.R. bedeutungslose Einheiten I Zeichen ohne Bedeutung?? I es handelt sich bei einem Laut nicht um ein Zeichen Ausdrucksseite 4 Inhaltsseite 8 4 / 31 Phonetik und der Phonologie in der Linguistik I Laute sind i.d.R. bedeutungslose Einheiten I Laute sind h ̈ aufig bedeutungsunterscheidende Einheiten Minimalpaare a. Wand – Wald [n]–[l] b. Dorf – Torf [d]–[t] c. Tasse – Tasche [s]– [S] I Die Phonologie untersucht die Rolle der Laute im Sprachsystem im Hinblick auf ihre bedeutungsunterscheidende Funktion I Die Phonetik untersucht die messbaren physiologischen und physikalischen Eigenschaften der Laute 5 / 31 Womit besch ̈ aftigt sich die Phonetik? Die Phonetik untersucht Sprachlaute in ihren messbaren physiologischen und physikalischen Eigenschaften I nur Laute, die mit den menschlichen Sprechorganen produziert werden (kein Fingerschnipsen, Klatschen o. ̈ a.) I Laute, die der sprachlichen Kommunikation dienen (kein Husten, Niesen o. ̈ a.) 6 / 31 Teilbereiche der Phonetik I Artikulatorische Phonetik I Akustische Phonetik I Auditive Phonetik 7 / 31 Teilbereiche der Phonetik I Artikulatorische Phonetik I beschreibt die Bildungsweise der Laute mit den Sprechorganen (besonders relevant f ̈ ur die phonologische Klassifikation von Lauten) I Akustische Phonetik I untersucht die physikalischen Eigenschaften des Sprachschalls I Auditive Phonetik I untersucht die Wahrnehmung der Laute durch den Wahrnehmungsapparat (Ohr, Nerven, Gehirn) 8 / 31 Subprozesse bei der Lautbildung I Initiation I Phonation (Stimmgebung) I Artikulation 9 / 31 Prozesse der Lautbildung 10 / 31 Prozesse der Lautbildung I Initiation Erzeugung eines Luftstroms, i.d.R. bei der Ausatmung I Phonation (Stimmgebung) wesentliches Organ: Larynx (Kehlkopf) I Artikulation Ansatzrohr oder Vokaltrakt: Luftwege oberhalb des Larynx (Mundraum, Nasenraum) 11 / 31 Glottis Die Glottis (Stimmritze) ist u.a. f ̈ ur die Stimmbildung zust ̈ andig 12 / 31 Phonation Die Stimme wird ̈ uber den sog. Bernoulli-Effekt erzeugt: Die Stimmlippen sind adduziert (d.h. sie liegen eng beieinander), wodurch der Luftdruck in der Luftr ̈ ohre (Trachea) und damit die Fliessgeschwindigkeit der Luft an der Glottis ansteigt. Durch die erh ̈ ohte Fliessgeschwindigkeit f ̈ allt der Luftdruck innerhalb der Glottis wieder ab, ein Unterdruck/ Sog entsteht und f ̈ uhrt die Stimmlippen zusammen - der Kreislauf beginnt von neuem. Je nach Spannung schwingen die Stimmlippen schnell oder langsam und erzeugen entsprechend hohe oder tiefe T ̈ one. 13 / 31 Artikulationsorgane 14 / 31 Lautklassifikation Konsonanten vs. Vokale I Bei Konsonanten gibt es eine Konstriktion (Verengung oder Verschluss) im Ansatzrohr, die f ̈ ur einen Luftdruckunterschied zwischen Mundraum und Umgebung sorgt. Der Luftdruckausgleich kann unterschiedlich erfolgen: relativ pl ̈ otzlich bei Plosiven und Schlaglauten oder ̈ uber eher kontinuierlichen Luftstrom bei Frikativen und Approximanten. Konsonanten k ̈ onnen weiter nach Stimmhaftigkeit, Artikulationsort und Nasalit ̈ at klassifiziert werden. I Vokale 15 / 31 Artikulationsorgane I Konsonanten I Bei Vokalen gibt es keinen Luftdruckunterschied zwischen Ansatzrohr und Umgebung - der Luftstrom fliesst ungehindert. Der Resonanzraum wird durch die Position der Artikulatoren bestimmt. Je nach Position werden unterschiedliche Vokalqualit ̈ aten erzeugt. F ̈ ur die Vokalqualit ̈ at sind im Wesentlichen die Zungenposition und die Lippenrundung entscheidend. 16 / 31 Lautklassifikation - Konsonanten Laute werden nach ihrer Bildungsweise klassifiziert I nach Artikulationsart (Art der Konstriktion: Plosiv, Nasal, Reibelaute (Frikative), Vibranten (Trill), Schlaglaut (tap oder flap), Approximant) I nach Artikulator I aktive Artikulatoren I passive Artikulatoren 17 / 31 Lautklassifikation Artikulatoren I aktive Artikulatoren, bewegliche Organe: Unterlippe (labium - labial), Zunge (lingua - lingual), Zungenspitze (apex - apikal), Zungenkranz (korona - koronal), Zungenblatt (lamina - laminal), Zungenr ̈ ucken (dorsum - dorsal), Zungenseite (latus - lateral), Stimmritze (glottis - glottal) I passive Artikulatoren, unbewegliche Organe, gegen die die aktiven Artikulatoren bewegt werden: Oberlippe (labium - labial), Z ̈ ahne (dentes - dental), Alveolen (alveolar), harter Gaumen (palatum - palatal), weicher Gaumen (velum - velar), Uvula (uvular), Pharynx (pharyngal) 18 / 31 Artikulationsorgane 19 / 31 Phonetische Symbole Zur Repr ̈ asentation der Laute wurde das internationale phonetische Alphabet (IPA) entwickelt I www.langsci.ucl.ac.uk/ipa/fullchart.html 20 / 31 Warum ein eigenes Alphabet? Buchstaben repr ̈ asentieren die Laute nur mangelhaft I Buchstaben(-folgen) sind nicht eindeutig bestimmten Lauten zuzuordnen Manie vs. Folie I Laute sind nicht eindeutig bestimmten Buchstaben(-folgen) zuzuordnen Rad vs. Rat I Normproblem: Realisationsvarianten sind in der Schrift nicht repr ̈ asentiert (Bsp.: 1. Laut in China, Chemie ...) 21 / 31 Konsonanten 22 / 31 Konsonanten Konsonanten im Deutschen (klassifiziert nach aktiven und passiven Artikulatoren) I Labiale : bilabial: [p, b, m] - Puppe, Bube, Mumie labiodental: [f, v] - Phase, Vase I Koronale dentale: - (engl.: [ T,D ]) - bath, the alveolare: [t, d, s, z, n, l, (r)] - T ̈ ute, Dandy, Ass, Sahne, Nase, Lallen, Ritter postalveolare: [ S, Z ] - Schuh, Etage I Dorsale palatale: [ ç , j] - China, ja velare: [k, g, x] - Kai, Gau, Ach uvulare: [ X, K ] - Buch, Ritter I ausserdem: [h, P GlottalerP losiv ] - Hallo, Au 23 / 31 Konsonanten Artikulationsarten: I Obstruenten: Plosive und Frikative (Reibelaute): Der Luftstrom wird durch Verschluss- oder Engebildung behindert - Beteiligung von Plosions- oder Frikativger ̈ auschen (Luftverwirbelung) I Sonoranten: Nasale, Approximanten, Laterale - keine Ger ̈ auschbeteiligung, physikalisch sind diese Laute als Klang zu betrachten (sie sind spontan stimmhaft und man kann ihnen eine Tonh ̈ ohe zuordnen) 24 / 31 Konsonanten Konsonanten im Deutschen (klassifiziert nach Artikulationsart und akt. Artikulator) I Plosive : labial : [p, b] - Puppe, Bube ; koronal : [t, d] - T ̈ ute, Dandy ; dorsal : [k,g] - Kai, Gau ; glottal : [ P ] - Beamter I Frikative labial : [f, v] - Fall, Wall ; koronal : [s, z] - City, Suppe ; dorsal : [ x, X, K ] - Ach, Kuchen, R ̈ ube ; glottal : [h] - Haus I Vibranten (Trills) labial : [B] - (nur paralinguistisch genutzt); koronal : [r] - Karre ; dorsal : [R] - Karre I Nasale labial : [m] - Mama ; koronal : [n] - Nonne ; dorsal : [ N ] - Enge I Approximanten labial : [w] - engl. why ; koronal : [ ô ] - engl. write ; dorsal : [j] - ja I Lateral labial : –; koronal : [l] - lallen ; dorsal : – 25 / 31 Konsonanten Wie werden Nasale artikuliert? Das Velum entscheidet! Bei gesenktem Velum str ̈ omt Luft durch die Nase. Wenn das Velum gegen die Rachenhinterwand gehoben ist, wird der Luftweg durch die Nase versperrt 26 / 31 Konsonanten I Welche bilabialen Plosive hat das Deutsche? I Welche Nasale kommen im Deutschen vor? Nennen Sie Beispielw ̈ orter! I Was ist der stimmlose labiodentale Frikativ? I Wie ̈ urden Sie den ersten Laut in ‘Schuh’ artikulatorisch beschreiben? I Welche Stellung hat das Velum beim Konsonanten in dem Wort ”neu”? I Nennen Sie ein paar W ̈ orter, in denen der Laut [ K ] vorkommt! I Wie verhalten sich die Stimmlippen im ersten Konsonanten des Wortes ‘m ̈ ude’ ? I Nennen Sie den Teil der Zunge der bei der Artikulation des Lautes [x] beteiligt ist! 27 / 31 Vokale Wieviele Vokale hat das Deutsche? I 8?: a, ̈ a, e, i, o, ̈ o, u, ̈ u I 17: a, a:, e, @, E, E:, 5, i:, I, o:, O, ø:, œ, u:, U, y:, Y I a - alle , a: - mahnen , e: - reden , @ - Sprache , E - nett , E: - M ̈ ahne , 5 - ̈ uber , i: - Liebe , I - billig , o: - loben , O - offen , ø: - st ̈ obern , œ - l ̈ offeln , u: - cool , U - lullen , y: - ̈ uben , Y - kn ̈ upfen I plus Diphthonge: aI “, aU “, OY “ 28 / 31 Vokale I gespannte vs. ungespannte Vokale ( Bahn - Bann; Mut - Mutter; H ̈ ute - H ̈ utte; Ofen - offen ) I vordere vs. hintere Vokale ( Kiel - cool ) (horizontale Zungenlage) I hohe (geschlossene) vs. tiefe (offene)Vokale ( Kling - Klang ) (vertikale Zungenlage) I gerundete vs. ungerundete Vokale ( Kiel - k ̈ uhl; ) 29 / 31 Vokale 30 / 31 noch ein paar Aufgaben ̈ Ubersetzen Sie die folgenden W ̈ orter: a. axt@l b. gKy:n c. gYl@ d. madrIt e. vant f. b@le:k g. f5Pu:5zax5 h. Pal5laI “ i. mu:zika:lIS 31 / 31