Universitätsverlag Göttingen Kultur als Eigentum Instrumente, Querschnitte und Fallstudien Stefan Groth, Regina F. Bendix und Achim Spiller (Hrsg.) Göttinger Studien zu Cultural Property, Band 9 Stefan Groth, Regina F. Bendix, Achim Spiller (Hrsg.) Kultur als Eigentum: Instrumente, Querschnitte und Fallstudien Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz. erschienen als Band 9 in der Reihe „Göttinger Studien zu Cultural Property“ im Universitätsverlag Göttingen 2015 Stefan Groth, Regina F. Bendix, Achim Spiller (Hrsg.) Kultur als Eigentum: Instrumente, Querschnitte und Fallstudien Göttinger Studien zu Cultural Property, Band 9 Universitätsverlag Göttingen 2015 Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über <http://dnb.dnb.de> abrufbar. Gedruckt mit Hilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) Autorenkontakt Stefan Groth E-Mail: sgroth@gwdg.de Dieses Buch ist auch als freie Onlineversion über die Homepage des Verlags sowie über den Göttinger Universitätskatalog (GUK) bei der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (http://www.sub.uni-goettingen.de) erreichbar. Es gelten die Lizenzbestimmungen der Onlineversion. Satz und Layout: Stefan Groth Umschlaggestaltung: Stefan Groth, Jutta Pabst Titelabbildung: „Occupa - Me“ – Stencil-Graffiti in der historischen Altstadt von Évora, Portugal, die seit 1986 als Weltkulturerbe der UNESCO gelistet ist (Stefan Groth, Februar 2012). © 2015 Universitätsverlag Göttingen http://univerlag.uni-goettingen.de ISBN: 978-3-86395-204-4 ISSN: 2190-8672 „Göttinger Studien zu Cultural Property“ / “ Göttingen Studies in Cultural Property ” Reihenherausgeber Regina Bendix Kilian Bizer Brigitta Hauser-Schäublin Gerald Spindler Peter-Tobias Stoll Editorial Board Andreas Busch, Göttingen Rosemary Coombe, Toronto Ejan Mackaay, Montreal Dorothy Noyes, Columbus Achim Spiller, Göttingen Bernhard Tschofen, Tübingen Homepage http://gscp.cultural-property.org Inhaltsverzeichnis Autoren i Cultural Property: Interdisziplinäre Forschung zu einem dynamischen Feld .............................................. 1 Regina F. Bendix und Stefan Groth Teil 1: Instrumente und Arenen Das zwischenstaatliche Komitee der WIPO zu geistigem Eigentum an traditionellem Wissen, traditionellen kulturellen Ausdrucksformen und genetischen Ressourcen .............................................................................................17 Stefan Groth, Peter-Tobias Stoll und Miriam Harjati Sanmukri Geographische Herkunftsangaben: Schutzinstrument der Europäischen Union für regionale Spezialitäten .....................................................................................31 Katia L. Sidali, Sarah May, Achim Spiller und Bernhard Tschofen Welterbe................................................................................................................................51 Brigitta Hauser-Schäublin und Regina F. Bendix Das UNESCO Übereinkommen von 2003 zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes .................................................................61 Aditya Eggert und Sven Mißling Der Schutz beweglicher materieller Kulturgüter auf internationaler und nationaler Ebene ........................................................................83 Anne Splettstö ß er und Alper Tasdelen Teil 2: Querschnitte Von Schutz bis Verwertung: Zielsetzungen und Begründungsmuster von Rechtsinstrumenten im Bereich kulturellen Eigentums ........................................99 Stefan Groth und Sarah May Kultur als Medium indigener Selbstbestimmung ........................................................ 119 Serena Müller und Miriam Harjati Sanmukri Heritage Regimes und die Chimäre der Governance ................................................. 139 Aditya Eggert und Arnika Peselmann „Cultural Property“ im Rückblick. Der Eigentumsbegriff in unseren Forschungen: Gemeinsamkeiten und Unterschiede ............................... 163 Brigitta Hauser-Schäublin und Matthias Lankau Eigentum, Kultur(erbe) und Wert ................................................................................. 177 Regina F. Bendix Teil 3: Fallstudien Ein Kameruner Kulturerbe? 130 Jahre geteilte Agency: Das Netzwerk Tange/Schiffschnabel ........................................................................... 199 Anne Splettstö ß er Das völkerrechtliche Regime der Kulturgüterrückführung ....................................... 225 Alper Tasdelen Cultural Property und das Völkerrecht: Prinzipien des Kulturvölkerrechts ........... 245 Peter-Tobias Stoll und Sven Mißling From “Originals” to Replicas: Diverse Significance of Khmer Statues .................. 269 Keiko Miura An Account of Indigeneity: Court Festival and the Aristocratic-Self ...................... 295 Fadjar I. Thufail Klänge und Töne als Cultural Property? Medienarchive, klingendes Kulturgut und die Bedeutung der Technik für die kulturelle Aneignung der Klangwelt ................................................. 315 Johannes Müske und Thomas Hengartner Aushandlung und Inwertsetzung der Kulturlandschaften Erzgebirge und Mapungubwe ........................................................................................ 341 Caren Bergs und Arnika Peselmann Der Schutz von Kulturgütern: Zur Rolle von Identität und Beiträgen zum Common Pool ..................................... 371 Matthias Lankau, Marianna Bicskei und Kilian Bizer Wie kommt der Berg in den Käse? Zur Propertisierung räumlicher Kultur durch geographische Herkunftsangaben ..................................... 389 Achim Spiller, Bernhard Tschofen, Sarah May und Katia Laura Sidali Clustering Justice: Über normative Dimensionen kulturellen Eigentums .............. 413 Stefan Groth und Lars Döpking i Autoren Regina F. Bendix ist seit 2001 Professorin für Kulturanthropologie/Europäische Ethno- logie an der Georg-August-Universität Göttingen. Sie studierte Volkskunde, Folkloris- tik, Germanistik und Sozialanthropologie in Zürich, Berkeley und Bloomington. Aus ihren wissenshistorischen Arbeiten sowie ethnographischen Arbeiten im Bereich von Tourismus und Kultur erwuchs auch das Interesse zur Verhandlung von Kulturerbe und Kultureigentum innerhalb der größeren Matrix von Wirtschaft und Politik. Von 2008–2014 war sie Sprecherin der DFG-Forschergruppe 772 „Die Konstituierung von Cultural Property“. Caren Bergs studierte Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie und Finnisch- Ugrische Philologie an den Universitäten Göttingen und Jyväskylä. Nach ihrem Magis- terabschluss arbeitete sie von 2011 bis 2014 als Koordinatorin der interdisziplinären Forschergruppe zu Cultural Property. Ihr Promotionsprojekt beschäftigt sich mit der Inwertsetzung von materiellen und immateriellen Ressourcen an der UNESCO-Welt- erbestätte Mapungubwe in Südafrika. Marianna Bicskei war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik und Mittelstandsforschung an der Georg-August-Universität Göttingen. Sie war Mit- glied in der interdisziplinären DFG-Forschergruppe zu Cultural Property bis sie 2014 an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät promovierte. In dem Teilprojekt „Recht und Ökonomik von Cultural Property: Eine institutionenökonomische Analyse der Regelbildung“ fokussierte sie sich auf die ökonomischen Aspekte der Schutzwürdigkeit kultureller Güter und geographische Indikationen. Methodisch lag ihr Schwerpunkt auf der experimentellen Erforschung von Identität. Kilian Bizer ist seit 2004 Professor für Wirtschaftspolitik und Mittelstandsforschung und Direktor des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Georg-August-Universität Göttingen. Kulturelle Eigentumsrechte sind nicht nur polit- ökonomische Verhandlungsergebnisse auf nationaler und internationaler Ebene, son- dern können sowohl Anreiz als auch Hemmnis für wirtschaftliche Entwicklung ins- besondere von kleinen und mittleren Unternehmen sein. Aus diesem Grund ist es von hohem ökonomischen Interesse, die Aushandlungsprozesse der kulturellen Verfü- gungsrechte und die von ihnen ausgehenden Wirkungen zu untersuchen. ii Lars Döpking studierte Politikwissenschaft, Soziologie und Geschlechterforschung an der Universität Göttingen. Von 2012 bis 2014 war er als studentische, später als exami- nierte Hilfskraft im Teilprojekt “The Ethics of/in Negotiating and Regulating Cultural Property” der DFG-Forschergruppe 772 beschäftigt. Neben politik- und sozialtheore- tischen Fragestellungen liegen seine Interessenschwerpunkte im Bereich der Politischen Ökonomie und Marktsoziologie. Aktuell schreibt er an einer Abschlussarbeit zu Wolf- gang Streecks „Gekaufte Zeit: Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus“. Aditya Eggert war im Zeitraum von 2009 bis 2014 als wissenschaftliche Mitarbeiterin zunächst am Institut für Ethnologie, dann am Institut für Kulturanthropologie/Euro- päische Ethnologie der Georg-August-Universität in Göttingen tätig. Im Rahmen der DFG-Forschergruppe zu Cultural Property untersucht sie als Doktorandin das Kon- zept des immateriellen Kulturerbes und die Politik der Kulturerbe Implementierung in Kambodscha. Stefan Groth ist Postdoc-Fellow am Käte Hamburger Kolleg/Centre for Global Cooper- ation Research der Universität Duisburg-Essen. Er studierte Soziologie, Kulturanthro- pologie/Europäische Ethnologie und Wirtschafts- und Sozialpsychologie in Göttingen und Udine. Als Mitglied der Göttinger Forschergruppe 772 promovierte er aus Pers- pektive der linguistischen Anthropologie über multilaterale Verhandlungen. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören normative Dimensionen von Alltagskultur, die Verbindung von Kultur- und Sozialtheorie, kulturwissenschaftliche Innovations- forschung und kompetitive Dimensionen des Breitensports. Brigitta Hauser-Schäublin war von 1971–1989 Kuratorin am Museum für Völkerkunde Basel. Seit 1992 ist sie Professorin für Ethnologie an der Universität Göttingen. Ihre thematischen Schwerpunkte umfassen die Ethnologie der politischen Raumorganisa- tion, Gender, materielle Kultur, kulturelles Erbe und Indigenität. Hauser-Schäublin promovierte 1975 und habilitierte 1985 in Basel. Als Gastprofessorin lehrte und forschte sie unter anderem an der Columbia University, New York (1993), der New School for Social Research, New York (1994), dem Hood Museum des Dartmouth College in Hanover, New Hampshire (1996), und der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris (2006). Im Rahmen von zahlreichen Projekten forschte sie in Papua-Neuguinea (1972-1985), in Indonesien (vor allem Bali und Sumatra) und seit 2008 auch in Kambodscha. Thomas Hengartner ist Ordinarius für Volkskunde, Direktor des Studienprogramms Po- puläre Kulturen und Co-Direktor des Instituts für Sozialanthropologie und Empirische Kulturwissenschaft der Universität Zürich. Er studierte, promovierte und habilitierte sich an der Universität Bern im Fach Volkskunde und Dialektologie der deutschen Schweiz, wo er auch als Assistent tätig war. Von 1996 bis 2010 war er Professor und langjähriger Leiter des Instituts für Volkskunde/Kulturanthropologie der Universität Hamburg, wo er auch bis zum Wechsel nach Zürich das mit den Mitteln des Leibniz- Preises der Deutschen Forschungsgemeinschaft inaugurierte Forschungskolleg Kultur- wissenschaftliche Technikforschung ansiedelte. Weitere Schwerpunkte in Forschung und Lehre stellen die urban anthropology, media anthropology, anthropology of the sense, Sucht- und Genussfragen sowie die Kooperation zwischen künstlerischer und wissenschaftlicher Forschung. iii Matthias Lankau studierte internationale Betriebswirtschaftslehre in Nürnberg und Sydney sowie internationale Volkswirtschaftslehre in Göttingen. Von 2008 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Promovend in der DFG-Forschergruppe zu Cultural Property an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Georg-August- Universität Göttingen, an der er 2013 promovierte. In seiner Arbeit fokussierte er sich auf internationale Verhandlungen um traditionelles Wissen, die model laws zum Schutz kultureller Güter sowie methodisch auf experimentelle Wirtschaftsforschung und Identitätseffekte. Sarah May ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Ludwig-Uhland-Institut für Empiri- sche Kulturwissenschaft der Universität Tübingen. Sie studierte Allgemeine Rhetorik, Empirische Kulturwissenschaft, Italianistik und Medienwissenschaft in Tübingen, Pisa und Perugia. Seit 2011 erforscht sie als Mitglied der DFG-Forschergruppe zu Cultural Property Praktiken, Implikationen und Effekte der Auszeichnung von regionalen Spe- zialitäten im EU-Schutzsystem geographischer Herkunftsangaben. Sven Mißling war von 2007 bis 2014 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Völkerrecht und Europarecht der Georg-August-Universität Göttingen. Er arbeitete hier u.a. mit Schwerpunkten im Kulturvölkerrecht und internationalen Umweltrecht. Er arbeitet jetzt als Jurist beim Projektträger Jülich (PtJ) und ist dort als Rechtsberater in internationalen Rechtsangelegenheiten, Europarecht und Verwaltungsrecht im Bereich Meeresforschung, Polarforschung und Geoforschung für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) tätig. Keiko Miura is a social anthropologist with a PhD from SOAS, University of London. She teaches anthropology of South-East Asia and heritage issues mainly at the School of Letters, Arts, and Sciences, Waseda University, Tokyo. At the time of this research, she was also a research fellow of the Göttingen Research Group on Cultural Property. Her research focuses on the relationship between cultural heritage and local communities; heritage discourses, practices and management issues in South-East Asia. Serena Müller studierte Ethnologie, Politik und Wirtschaftspolitik an der Universität Münster. Seit 2011 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ethnologie der Universität Göttingen und promoviert im Rahmen der DFG-Forschergruppe zu Cultural Property zu „Aushandlungen von Identität und Kultur im Kontext der Indigenenbewegung in Indonesien“ und analysiert darin vergleichend Prozesse der Artikulation von masyarakat adat- Identitäten im Rahmen von AMAN, der Allianz der Indigenen des Archipels, der größten Organisation indigener Gruppen in Indonesien. Johannes Müske studierte Volkskunde/Kulturanthropologie, Rechtswissenschaften, Be- triebswirtschaftslehre und Museumsmanagement an den Universitäten Hamburg und Sevilla (2000–2007). Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitäten Ham- burg, Zürich und Basel (2008-2012). Gegenwärtig ist er Postdoc und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Zürich. Er ist Mitglied im DFG-Netzwerk Wettbewerb und Konkurrenz. Seine Schwerpunkte in Forschung und Lehre sind kulturwissen- schaftliche Technikforschung, Arbeitskulturenforschung, Fach- und Wissenschafts- geschichte sowie Heritage Studies. iv Arnika Peselmann war von 2008-2011 wissenschaftliche Koordinatorin und von 2011- 2014 wissenschaftliche Mitarbeiterin der DFG Forschergruppe zu Cultural Property. In diesem Rahmen hat sie ihr Dissertationsprojekt Aushandlung einer Kulturlandschaft: Praxen des Erbens im deutsch-tschechischen Erzgebirge am Institut für Kulturanthropologie/Euro- päische Ethnologie der Universität Göttingen verfolgt. Seit 2014 ist sie als wissen- schaftliche Koordinatorin im BMBF-Kompetenznetzwerkes „Dynamiken von Religion in Südostasien“ (DORISEA) an der Universität Göttingen beschäftigt. Miriam Harjati Sanmukri studierte Asien- und Südostasienwissenschaften an der Universität Bonn. Von 2012 bis 2014 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ethnologie der Georg-August-Universität Göttingen tätig und Mitglied der DFG-Forschergruppe zu Cultural Property. Innerhalb des Teilprojektes „Kulturelles Erbe zwischen Souveränität indigener Gruppen, Staat und internationalen Organisa- tionen am Beispiel Indonesiens“ arbeitete sie zur Rolle internationaler Entwicklungs- zusammenarbeit in der Indigenen-Bewegung in Indonesien. Katia Laura Sidali ist seit 2015 Wissenschaftliches Mitglied und Dozentin der neu ge- gründeten IKIAM Regional Amazonian University, Ecuador. Von 2011 bis 2014 war sie Post-Doktorandin und Mitglied in der interdisziplinären DFG-Forschergruppe zu Cultural Property. In dem Teilprojekt „Geographische Indikationen: Kulinarisches Erbe als Cultural Property“ fokussierte sie sich auf die kulturellen und ökonomischen Aspekten von besonderen Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln mit Herkunfts- bezeichnung. Sie ist Herausgeberin zweier Bücher über Agrar und Tourismusmarketing und eines Special Issue über geographische Indikationen (Band 3, 2014; Economia Agro-Alimentare) und ist Autorin von über 40 Publikationen in referierten Journals (unten anderem Scopus und ISI). Achim Spiller ist seit 2000 Professor für Agrar- und Lebensmittelmarketing an der Georg-August-Universität Göttingen. Er ist Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik beim Bundesminis- terium für Ernährung und Landwirtschaft. Geschützte Lebensmittelspezialitäten spielen auf dem deutschen Lebensmittelmarkt eine vergleichsweise geringe Rolle. Vor diesem Hintergrund ist eine international vergleichende Analyse von Entstehungsbed- ingungen und Optionen der Ausdifferenzierung der geschützten Herkunftsbezeich- nungen von hohem Wert für die langfristige Entwicklung der Agrarwirtschaft. Anne Splettstößer studierte Ethnologie und Südostasienwissenschaften an den Uni- versitäten Heidelberg und Berlin. Seit 2011 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ethnologie der Universität Göttingen und promoviert im Rahmen der DFG-Forschergruppe 772 zu umstrittenen Sammlungen in ethnologischen Museen der Bundesrepublik Deutschland und folgt dabei zwei zurückgeforderten Dingen aus Kamerun. Seit 2014 ist sie als Mutter einer Tochter in Elternzeit. Peter-Tobias Stoll ist Professor für öffentliches Recht und Völkerrecht an der Georg- August-Universität Göttingen und Direktor am Institut für Völkerrecht und Europa- recht der dortigen Juristischen Fakultät. Zu seinen Forschungsgebieten gehört neben dem internationalen Wirtschafts- und Umweltrecht auch das Kulturvölkerrecht. v Alper Tasdelen ist Rechtsreferendar am Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg und Doktorand bei Prof. Dr. Peter.-Tobias Stoll, Institut für Völkerrecht und Euro- parecht der Georg-August-Universiät Göttingen. Er war von Februar 2012 bis Mai 2014 Mitglied der DFG-Forschergruppe zu Cultural Property. Beruhend auf seinen rechtswissenschaftlichen Studien in Göttingen, Ankara, Singapur und New York sowie seinem Studium der Turkologie und Zentralasienkunde an der Universität Göttingen, befasst er sich in seiner Promotion mit den völkerrechtlichen Grundlagen der Rückfüh- rung von Kulturgütern. Fadjar Ibnu Thufail is an anthropologist and researcher at the Indonesian Institute of Sciences in Jakarta, Indonesia. His interest includes historical anthropology, legal anthropology, violence, and human rights politics. Currently he has been starting a new project focusing on the anthropology and history of science and technology in Indo- nesia and Japan. Bernhard Tschofen ist Professor für Populäre Kulturen an der Universität Zürich. Nach Studium der Empirischen Kulturwissenschaft/Volkskunde und Kunstgeschichte in Innsbruck und Tübingen war er zunächst im Museums- und Ausstellungswesen tätig, dann am Institut für Europäische Ethnologie der Universität Wien. Von 2004 bis 2013 hatte er eine Professur für Empirische Kulturwissenschaft an der Universität Tübingen inne. Zu seinen Schwerpunkten in Forschung und Lehre gehören die Berührungs- flächen von Alltags- und Wissenskulturen (in Tourismus, Kulturerbe und Museum) so- wie raumkulturelle Fragen in Geschichte und Gegenwart. Cultural Property: Interdisziplinäre Forschung zu einem dynamischen Feld Regina F. Bendix und Stefan Groth 1 Zur Genese der Forscherguppe Cultural Property Die interdisziplinäre DFG-Forschergruppe 772 zur Konstituierung von Cultural Property geht auf das Jahr 2004 zurück. Damals nahmen Riek Smeets und Wend Wendland an einem europäischen Fachkongress der Kulturanthropologie und verwandter Fächer in Marseille teil. Smeets war Sekretär der Sektion Immaterielles Kulturerbe der UNESCO und warb für die hierzu 2003 verabschiedete Konventi- on zum immateriellen Kulturerbe. Wendland partizipierte als Direktor der Sektion Traditionelles Wissen der WIPO und bat um aktiven, wissenschaftlichen Input zu den seit 2001 laufenden Verhandlungen im Intergovernmental Committee (IGC) on Intellectual Property and Traditional Knowledge, Traditional Cultural Expres- sions and Genetic Resources (GRTKF). Auch die 2004er Tagung des International Council of Museums (ICOM) zur “Emergence of International Law Surrounding Cultural Heritage” sorgte für Aufmerksamkeit unter ethnografisch tätigen Wissen- schaftlerInnen. Für KulturanthropologInnen und EthnologInnen (ehemals Volks- kunde und Völkerkunde) waren kultur- und denkmalschützende Initiativen natür- lich nicht fremd und auch die seit 1972 bestehende Weltkulturerbe-Konvention war ein Begriff. Gleichzeitig waren für beide dieser Kulturwissenschaften, die ge- nerell qualitativ hermeneutisch arbeiten, und die die nicht unproblematische Rolle ihrer Fächer in National- und Kolonialgeschichte seit den 1960er Jahren kritisch reflektieren, die normativen Dimensionen internationaler Rechtsprechung rund um Kultur ungewohnt. Auch die Begegnung mit den Verhandlungen im Rahmen Regina F. Bendix und Stefan Groth 2 der WIPO, immaterielle Kultur in Form von traditionellem Wissen und traditio- nellen Ausdrucksformen als Cultural Property zu fassen, sorgte für Verblüffung. Fachlich wurde und wird „Kultur“ nicht statisch definiert, sondern in der Dyna- mik von Alltagspraxen untersucht, die zudem nicht global gültigen, sondern jeweils räumlich und zeitlich verankerten Systemen der Wertigkeit unterliegen. Aus den Tagungspräsentationen von Smeets und Wendland wie auch insge- samt einer Zunahme von Diskussionen seit der Jahrtausendwende über die Politik des Kulturerbes wurde ersichtlich, warum eine kulturwissenschaftliche Teilnahme im Rahmen dieser internationalen Entscheidungsprozesse wichtig ist. In der Tat hatten, um nur zwei zu nennen, mit Claude Lévi-Strauss quasi seit Bestehen der UNESCO oder Arjun Appadurai als Berater für die immaterielle Kulturerbe-Kon- vention höchst namhafte Forscher Unternehmungen zur ideellen Inwertsetzung von Kultur begleitet. Die ausgehandelten Kulturerbe-Konventionen und deren Ratifizierung auf staatlicher Ebene sind dagegen stark dominiert von juristischen Weichenstellungen und der sie begleitenden, bürokratischen Implementierung. Auch ein erster, oberflächlicher Einblick in die Tätigkeit des WIPO IGC machte deutlich, dass die kritische Zurückhaltung oder Kommentierung von Kulturwis- senschaftlerInnen für die Akteure auf diesen zwei internationalen Bühnen – und weitere gesellten sich im Lauf der Forschung dazu – wenig Konsequenzen hat: die „Vereigentümlichung“ von Kultur hat vor langer Zeit begonnen. Im Zeitalter sich verknappender Rohstoffe wird Kultur als scheinbar erneu- erbare Ressource für Wirtschaftszweige von Tourismus über Landwirtschaft bis Pharmazeutik stets relevanter. Kulturwissenschaften sehen sich meist als Begleiter und Deuter, aber nicht normierende Gestalter der Gesellschaft, weswegen die Be- gegnung mit internationalen Instrumenten zur Handhabung von Schutz und In- wertsetzung von Kultur vorerst befremdend bis irritierend sein kann. Alte und vermeintlich abgehandelte Fachfragen erscheinen zum Beispiel im Rahmen von UNESCO-Konventionen in wissenschaftlich veralteter Konzeption als Fakt und Richtlinie. So ist etwa das Konzept der Authentizität in der Implementierung der 1972er Weltkulturerbe-Konvention wesentlich und wird als Beurteilungskriterium genutzt, obwohl die Künstlichkeit der Dichotomie von authentisch bzw. echt und unecht seit Jahrzehnten kulturwissenschaftlich gründlich durchleuchtet worden ist, die Problematik der Machtinteressen, die hinter dem Begriff stehen, erkannt und dessen wirtschaftlich-werbende Nutzung etwa in Tourismus und anderen, mit „Kultur“ im weitesten Sinne handelnden Wirtschaftszweigen belegt sind. Etwas anders sieht es beim WIPO IGC aus, wo für Traditionen ein Grup- peneigentum diskutiert und nach Möglichkeiten gesucht wird, die seit Jahrhunder- ten auf Individuen (beziehungsweise für Individuen stehende Körperschaften) zu- geschnittenen geistigen Eigentumsrechte (etwa Copyright, Patentrecht) auf Eth- nien, indigene Gruppen oder Gemeinschaften anzuwenden. Hier stehen sich, ver- einfacht gesagt, Vertreter der Industrienationen, die an bestehenden Eigentums- normen festhalten möchten, und unterschiedlich argumentierende Gruppen des globalen Südens gegenüber und verhandeln potentielle Modalitäten des kollektiven