Lokale Interessen und große Strategie EXTERNA Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven Herausgegeben von André Krischer, Barbara Stollberg-Rilinger, Hillard von Thiessen und Christian Windler Band 7 Nadir Weber Lokale Interessen und große Strategie Das Fürstentum Neuchâtel und die politischen Beziehungen der Könige von Preußen (1707–1806) 2015 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN Publiziert mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar. Umschlagabbildung: Siegel des Conseil d’État von Neuchâtel, 1792. Staatsarchiv des Kantons Bern, A V 581. © Fotografie: Nadir Weber © 2015 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Dieses Material steht unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International. Um eine Kopie dieser Lizenz zu sehen, besuchen Sie http://creativecommons.org/licenses/by- nc-nd/4.0/. Korrektorat: Anja Borkam, Jena Gesamtherstellung: WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst, Köln ISBN (Print) 978-3-412-22451-6 ISBN (PDF) 978-3-412-50256-0 https://doi.org/10.7788/9783412502560 Dem Andenken meiner Mutter Inhalt 1. Einleitung ............................................................................................................ 13 1.1 Ein Staatensystem ohne Staaten? Situierung im Forschungskontext ........................................................... 17 1.2 Politische Beziehungen – Versuch einer integrativen Perspektive ... 34 1.3 Ein Grenzfall als Paradigma – Gegenstand und Dramaturgie der Studie ...................................................................................................... 49 2. Szenarium: Akteure im Spiel der Interessen .............................................. 63 2.1 Neue Verknüpfungen ................................................................................. 65 2.1.1 Die preußische Sukzession in Neuchâtel ................................... 65 2.1.1.1 Ein abgelegener Einfall: Die Neuenburger Sukzessionswirren und das oranische Projekt in Berlin ................................................................................ 65 2.1.1.2 Ein gelungener Streich: Die »Wahl« Friedrichs I. zum Prince souverain de Neuchâtel et Valangin ........ 72 2.1.2 Die Bildung eines Szenariums ...................................................... 77 2.1.2.1 Herrschaftssicherung nach außen: Verschiebungen, Verhandlungen und Verträge .......................................... 78 2.1.2.2 Herrschaftssicherung nach innen: Vom großen Regierungsplan zum pragmatischen Arrangement ... 85 2.1.2.3 Verhandlung eines Szenariums: Der Neuenburger Fall am Friedenskongress in Utrecht ............................. 96 2.2 Ein Fürstentum im europäischen Kräftefeld ....................................... 102 2.2.1 Neuchâtel als Teil der preußischen Monarchie ......................... 103 2.2.1.1 Nähe in der Ferne: Repräsentationen der Zugehörigkeit zum preußischen Herrschaftsverband 103 2.2.1.2 Begrenzte Herrschaft, begrenzte Kosten: Preußisches Staatsmanagement über die Distanz ............................. 112 2.2.1.3 Wozu der Aufwand? Vom Nutzen Neuchâtels für den preußischen König .............................................. 122 2.2.2 Neuchâtel zwischen Frankreich und der Eidgenossenschaft 127 2.2.2.1 Ein störender Nachbar, einstweilen geduldet: Die preußische Distanzherrschaft aus französischer Perspektive .................................................. 127 2.2.2.2 Schützende Barriere oder Gefahr für das Gleichgewicht? Eidgenössische Blicke auf das Fürstentum ........................................................................... 136 2.3 Lokale Interessen ........................................................................................ 143 2.3.1 Familienpolitik und Außenbeziehungen .................................... 143 2.3.1.1 Statuskonkurrenz in königlichen Diensten: Die »preußischen« Chambrier und Andrié ................. 143 2.3.1.2 Fremde Dienste und Widerstandsgeist: Die »französischen« Pury und Perregaux ..................... 154 2.3.2 Korporative Interessen und Staatsinteressen ............................. 167 2.3.2.1 Zwischen Einbindung und Eigensinn: Privilegierte Korporationen als (außen)politische Akteure ............. 167 2.3.2.2 Zwischen Vertretung und Vermittlung: Der Conseil d’État als fürstlicher Rat und lokale Regierung .......... 177 3. Interaktionen: Verhandeln und Aushandeln .............................................. 187 3.1 Beziehungen über Distanz ....................................................................... 189 3.1.1 Medien politischer Beziehungen .................................................. 189 3.1.1.1 Menschmedien: Gesandte und Gouverneure als Repräsentanten und Übersetzer ............................... 189 3.1.1.2 Politische Ferngespräche: Korrespondenzen und die Transzendierung von Raum und Zeit .................... 202 3.1.1.3 Exkurs: Das negierte Beziehungsmedium: Denkschriften und die Rhetorik des neutralen Standpunkts ......................................................................... 219 3.1.1.4 Sprechende Dinge: Geschenke, Bilder und Orden als Schmiermittel und Beziehungszeichen .................. 225 3.1.2 Semantiken politischer Beziehungen .......................................... 242 3.1.2.1 Horizontale Beziehungen: Freundschaft, gutes Einvernehmen und gute Nachbarschaft ............ 243 3.1.2.2 Vertikale Beziehungen: Die Sprache der Herrschaft im Zeichen der Komplementarität ................................ 256 3.1.2.3 Ein schillerndes Konzept: Protektion zwischen Herrschaft, Außenbeziehungen und Patronage ......... 265 3.2 Lokales verhandeln ..................................................................................... 282 3.2.1 Außenbeziehungen vor Ort ........................................................... 284 3.2.1.1 Ausgelagerte Verhandlungen: Verpachtung, Protektion und situative Intervention ........................... 284 Inhalt 8 3.2.1.2 Delegierte Diplomatie: Neuenburger Deputierte als Akteure der Außenbeziehungen vor Ort ............... 295 3.2.1.3 Kleiderwechsel an der Grenze: Von lokalen Deputierten zu königlichen Kommissaren .................. 304 3.2.2 Auf der diplomatischen Hinterbühne ......................................... 314 3.2.2.1 Schriftliche Briefings: Denkschriften und trianguläre Kommunikation ............................................ 315 3.2.2.2 Mündliche Briefings: Neuenburger Staatsräte als Berater am Verhandlungsort ..................................... 323 3.2.3 Zwischen Vorderbühne und Kabinett ......................................... 331 3.2.3.1 Der Königsweg: Preußische Diplomaten aus Neuchâtel als Agenten ihrer Patrie ......................... 331 3.2.3.2 Lokales ohne lokale Akteure: Geheime Abtretungsverhandlungen und schädliche Gerüchte 339 3.2.4 Die Funktionalität des Informellen ............................................. 348 3.2.4.1 »Privatleute« im Außendienst: Nützliche Korrespondenzen und reisende Magistraten ............... 350 3.2.4.2 Außenverflechtung als Bindeglied: Die Perregaux als »Kanal« zwischen Neuchâtel, Solothurn und Bern 362 3.2.4.3 Exkurs: Außenverflechtung als Störfaktor: Die »Abenteurer« Bergeon und Merveilleux .............. 370 3.3 Das Spiel der Ebenen ................................................................................ 382 3.3.1 Lokale Initiativen ............................................................................. 384 3.3.1.1 Schweizer werden: Wege zum Ziel aller Ziele ........... 384 3.3.1.2 Hoffnungen und Hindernisse: Verhandlungen um den Einschluss in die erneuerte Allianz ................ 393 3.3.2 Das Kalkül der Höfe ........................................................................ 403 3.3.2.1 Von der Sicherheitsstrategie zum »Primat der Innenpolitik«: Funktionalitätsüberlegungen am preußischen Hof ................................................................. 403 3.3.2.2 Tradierte Interessen: Außenpolitische Pfadabhängigkeiten am französischen Hof ................. 416 4. Konfrontationen: Politische Beziehungen in der Krise ........................... 427 4.1 Außenbeziehungen im Zeichen des Krieges ....................................... 429 4.1.1 Die Politik des öffentlichen Schweigens .................................... 429 4.1.1.1 Beziehungen am Ende: Das Zeremoniell des Gesandtenrückzugs und der Nichtkorrespondenz ..... 429 Inhalt 9 4.1.1.2 Veränderte Kalküle: Das Fürstentum Neuchâtel in geheimen Eroberungs- und Friedensplänen ............... 437 4.1.2 Lokaler Frieden im Krieg der Souveräne ................................... 446 4.1.2.1 Ne uter? Die Neuenburger Neutralität zwischen Sicherheitspolitik, Privilegiendenken und Völkerrechtsdiskurs ............................................................ 446 4.1.2.2 »Gute Nachbarschaft« in Zeiten des Krieges: Neuchâtel und die französischen Amtsträger ............. 456 4.2 Außenbeziehungen und Herrschaftskonflikte .................................... 466 4.2.1 Ständischer Eigensinn und außenpolitisches Kalkül .............. 466 4.2.1.1 Grenzen der Ordnungsmacht: Der Zwist der Bürgerschaften und die Mission Strünckede .............. 466 4.2.1.2 Unruhen im Windschatten des Siebenjährigen Krieges: Söldnerkonflikt und Pfarrerstreit ................... 480 4.2.1.3 Grenzen des Eigensinns: Die strapazierte Geduld des Königs und die Troubles de Neuchâtel ..................... 489 4.2.2 Äußere Hilfe und politische Alternativen .................................. 501 4.2.2.1 Umworbener Richter: Die Republik Bern und die Neuenburger Herrschaftskonflikte ................................ 501 4.2.2.2 Protektor mit Hintergedanken: Der französische König als Verteidiger ständischer Rechte ..................... 510 4.2.2.3 Systemwechsel mit äußerer Hilfe? Die Mission des Baron de Tott und die republikanische Alternative ... 522 4.2.2.4 Zwischenspiel: »Das glücklichste Volk der Erde« ...... 533 4.3 Politische Beziehungen im Umbruch .................................................... 539 4.3.1 Auf dem Weg zu den internationalen Beziehungen ............... 541 4.3.1.1 Am Ziel aller Ziele? Die Mission Marval und Beziehungen zu den eidgenössischen Orten ............... 541 4.3.1.2 Neue Akteure, alte Probleme? Beziehungen zum revolutionären Frankreich ................................................ 552 4.3.1.3 Neue Bindungen, neue Semantiken: Bürgerdiplomaten und Nationen in Interaktion ........ 558 4.3.2 Die Unmöglichkeit eines Grenzfalls ........................................... 565 4.3.2.1 Das Ende des amphibischen Zustands: Disambiguierung von Zugehörigkeiten und Verhandlungswegen ........................................................... 565 4.3.2.2 Innen und Außen: Reformen im Herrschaftszentrum und der Überdruss am Lokalen ....................................... 575 Inhalt 10 4.3.2.3 Epochenschwelle 1806: Die Abtretung Neuchâtels und das Ende der alten preußischen Monarchie ........ 582 5. Schluss .................................................................................................................. 589 5.1 Außenbeziehungen und Herrschaftspraxis .......................................... 589 5.2 Zusammengesetzte Diplomatie .............................................................. 595 Danksagung ................................................................................................................ 601 Quellen- und Literaturverzeichnis ....................................................................... 603 Abkürzungen ....................................................................................................... 603 Ungedruckte Quellen ........................................................................................ 604 Gedruckte Quellen ............................................................................................ 609 Fachliteratur ......................................................................................................... 611 Register ......................................................................................................................... 649 Personen ................................................................................................................ 649 Orte ........................................................................................................................ 653 Inhalt 11 1. Einleitung Alle Zeichen standen auf Krieg, als Friedrich Wilhelm II . am 10. April 1792 seine Unterschrift unter die Instruktion für Louis de Marval setzte. Marval sollte sich als könig lich- preußischer Gesandter bei den Dreizehn Orten der Eidgenossen- schaft akkreditieren lassen, die dortigen Magistraten über das gegen das revolu- tionäre Frankreich gerichtete Bündnis mit Kaiser Franz II . aufklären und die Mög lichkeiten einer Allianz sondieren. 1 Die Wahl Marvals für die Mission lag insofern nahe, als dieser über gute Beziehungen zu wichtigen eidgenössischen Magistraten verfügte. Zudem hatte er sich als Staatsrat des an die Orte angrenzen- den Fürstentums Neuchâtel bereits im Dienst des preußischen Souveräns bewährt. Noch bevor die Briefe aus Berlin am 24. April in Neuchâtel eintrafen, hatte die französische Nationalversammlung den Monarchen den Krieg erklärt – rasches Handeln war also geboten. Wie befohlen begab sich Marval zunächst nach Bern und sprach dort bei den beiden Schultheißen und dem Geheimen Rat vor. Im Anschluss an diese Sondierungen berichtete er an den Hof, dass ein Allianzbeitritt kaum zu erreichen sein dürfte. Bern und die übrigen eidgenössischen Orte wollten an der anstehenden Tagsatzung in Frauenfeld vielmehr ihre Neutralität erklären. 2 Der Gesandte sah mit den gescheiterten Allianzsondierungen seine Mission aber noch keineswegs als beendet an. Im Manual des Geheimen Rates von Bern findet sich unter dem Datum des 7. Mai vielmehr folgender Eintrag: »Herr von Marval Königlich Preüßischer Abgesandter und StaatsRath der Fürstenthümer Neüenburg und Vallengin, hat Me[inen]G[nädigen]H[erren] in einer wohlgestellten Rede den Auftrag, den er von seinem Monarchen erhalten, eröfnet, und demselben das Anliegen des Staatsraths von Neüenburg beÿgefügt, so wie beÿdes in den nachstehenden Nottes enthalten ist, die derselbe auf das Bureau gelegt hat, und die hier einzuschreiben anbefohlen worden.« 3 1 AEN , Fonds Marval, Vol. 65, S. 1 – 4, König Friedrich Wilhelm II . (gegengezeichnet Finckenstein/Schulenburg) an Marval, Berlin, 10. 4. 1792 (Abschrift, mit Beglaubigungs- briefen). Die Akten des preußischen Hofes zur Mission finden sich in GS t APK , 1. HA , Rep. 11, Nr. 10341. 2 AEN , Fonds Marval, Vol. 65, S. 26 – 27, Marval an den König, Bern, 8. 5. 1792 (Eingang in Berlin am 20. 5. 1792). 3 St ABE , B I 11, S. 118. Diese zweite Erklärung Marvals bestand in der Bitte, dass die Republik Bern von Frankreich eine Anerkennung der Neutralität des Fürstentums Neuchâtel erwirke, »welches Ereignis auch immer Europa erschüttern möge« 4 . Marval agierte damit parallel zu seiner diplomatischen Mission im Auftrag des Königs als Deputierter der lokalen Regierung des Fürstentums, das sich wegen seiner Grenzlage zu Frankreich und seiner Zugehörigkeit zum preußischen Herrschaftsverband in einer gefähr- lichen Lage befand. Da sich die beiden Anliegen inhaltlich widersprachen – hier das Werben um einen Kriegseintritt der eidgenössischen Orte, dort die Bitte um einen Einschluss in deren Neutralität –, verzichtete der Neuenburger noch vor dem Ein- treffen der Antwort aus Berlin auf die geheimen Allianzverhandlungen und setzte in Frauenfeld alles auf die Neutralitätskarte. Offenbar nahm er dabei bewusst in Kauf, dass dieses Handeln als Ausführung königlicher Instruktionen wahrgenom- men wurde: Vor der versammelten Tagsatzung habe Marval, so berichten die Ber- ner Deputierten an ihre Regierung, »von Seiten S[eine]r königl[iche]n Majestaet von Preüßen« das »dringende Ansuchen« formuliert, das Fürstentum Neuchâtel in den Neutralitätsbezirk mit einzubeziehen. 5 Tatsächlich gaben die Vertreter der Dreizehn Orte dem Ersuchen einmütig statt. Zurück in Neuchâtel, wurde Marval von den erleichterten Landsleuten zu seiner erfolgreichen Mission beglückwünscht. Wie aber reagierte der preußische König auf das Vorgehen seines Gesand- ten? Erst eine Woche nach dem Entscheid der Tagsatzung traf bei Marval ein Reskript des Berliner Hofes ein, das Bezug auf dessen Verhandlungen um den Neutralitätseinschluss nahm. 6 Die Tatsache, dass er vor dem Geheimen Rat von Bern auch als Vertreter des Staatsrates agiert hatte, trug ihm darin zwar Tadel ein: Er sei allein im Namen des Königs und in der Eigenschaft als dessen Minister befugt, mit den Orten zu verhandeln, und solle sich künftig daran halten. 7 Zu weiteren Sanktionen kam es aber auch nach dem Eintreffen von Marvals Berichten von der Tagsatzung in Berlin nicht. Vielmehr erhielt der Neuenburger kurze Zeit darauf den Roten Adlerorden zugesprochen und blieb noch bis zum Friedensschluss 4 »Le gouvernement de Neuchâtel désireroit, que Leurs Excellences nous obtinsent de la France une déclaration de nôtre neutralité inviolable quelqu’évènement qui pût agiter l’Europe.« Ebd., S. 119 (Abschrift). 5 St ABE , B I 63, Nr. 92, S. 379 – 381, Frisching und Wattenwyl an den Geheimen Rat, Frauenfeld, 25. 05. 1792, zit. S. 379. 6 AEN , Fonds Marval, Vol. 65, fol. 90 – 93, der König [»par ordre exprès du Roy«] ( Finckenstein/Schulenburg/Alvensleben) an Marval, Berlin, 17. 5. 1792. 7 Ebd., S. 111–113, der König [sign.] (Finckenstein/Schulenburg) an Marval, Berlin, 21. 05.1792 (chiffriert). Das Originalreskript ist abgebildet in Weber , La principauté de Neuchâtel, 108f. Einleitung 14 von Basel 1795 Envoyé extraordinaire et Ministre plénipotentiaire des Königs von Preußen in der Schweiz. Schließlich wurde er für die geleisteten Dienste zu des- sen Kammerherrn ernannt. 8 Eine unterschlagene Instruktion, ein subordinierter Rat, der sich mit eigenen Anweisungen in eine diplomatische Mission des Königs einmischt, ein Gesandter, der nach eigenem Gutdünken mit den Regierungen anderer Staaten verhandelt, und ein Souverän, der ihn dafür mit Orden und Ehrentiteln auszeichnet – die Episode aus dem Jahr 1792 will sich nicht richtig in das Bild fügen, das bisher von der Diplomatie des 18. Jahrhunderts im Allgemeinen und von den preußischen Außenbeziehungen im Besonderen gezeichnet wurde. »Außenpolitik«, so kann man etwa in einem einschlägigen Handbuch nachlesen, sei in diesem Zeitraum »in erster Linie Sache des Monarchen, Ausfluss seines Ehrgeizes, seiner Präferenzen, seines Weltbildes, vielleicht sogar seiner Launen« gewesen. »Ständeparlamenta- rische Gremien oder die ›öffentliche Meinung‹ vermochten auf die Gestaltung der Außenpolitik im allgemeinen keinen entscheidenden Einfluß zu nehmen« 9 Diplomaten waren dementsprechend »nicht mehr als ein verlängerter Arm des Souveräns« 10 . Die außenpolitische Praxis des Ancien Régime erscheint damit als Ausdruck dessen, was Genera tionen von Historikern mit dem Begriff des »Abso- lutismus« in Verbindung gebracht haben: monarchische Autokratie, gepaart mit einem bürokratisch-dienstfertigen Staatsapparat. 11 Die brandenburgisch-preußische Monarchie des späteren 17. und vor allem des 18. Jahrhunderts erscheint als geradezu idealtypischer Fall für diesen Befund. Zwar wurde hier in Bezug auf die inneren Verhältnisse bereits seit den 1960er 8 Zur Verleihung des Roten Adlerordens vgl. AEN , Fonds Marval, Vol. 65, S. 147, der König (Schulenberg/Alvensleben) an Marval, Berlin, 12. 6. 1792. Zur weiteren Karriere knapp Damien Bregnard , Art. »Marval, Louis de«, in e- HLS [letzter Zugriff: 20. 6. 2013]; mehr zur Mission unten, Punkt 4.3.1.1. 9 Duchhardt , Balance of Power und Pentarchie, 40. 10 Ebd., 29. 11 Vgl. Henshall , The Myth of Absolutism, 1 f., der außerdem die Elemente »despotisch« und »nicht Englisch« als Kennzeichen des von ihm scharf kritisierten Erklärungsmo- dells bezeichnet. Interessanterweise nimmt Henshall aber die Außenpolitik von seiner Kritik aus (ebd., 158 f.). In ähnlicher Weise handelt es sich auch beim soeben zitierten Heinz Duchhardt um einen der profiliertesten Kritiker des »innenpolitischen« Abso- lutismusparadigmas im deutschen Sprachraum; vgl. Duchhardt , Barock und Aufklärung, XIII , 169 – 176. Zur Debatte um das Konzept siehe u. a. auch Asch / Duchhardt (Hrsg.), Der Absolutismus – ein Mythos?; Cosandey / Descimon , L’absolutisme; Schilling (Hrsg.), Absolutismus. Einleitung 15 Jahren nach dem »Nichtabsolutistischen im Absolutismus« gefragt. Auch in neue- ren Darstellungen ist aber weitgehend unbestritten geblieben, dass die Stände bereits unter dem Großen Kurfürsten von eigenständigen Außenkontakten abge- schnitten worden seien. Danach habe sich sich die außenpolitische Entschei- dungsgewalt zunächst in die sich herausbildenden Zentralbehörden in Berlin – Geheimer Rat, später Kabinettsministerium – und von dort dann weiter in das Arkanum des königlichen Kabinetts in Potsdam verlagert. 12 Als Höhepunkt dieser Entwicklung erscheint die lange Regierungszeit König Friedrichs II . (1740 – 1786), der als »sein eigener Außenminister« gewaltet und die Kabinettspolitik so weit getrieben habe, dass selbst die Kabinettsminister zu rein ausführenden Organen ohne eigene Handlungsspielräume geworden seien – ein System, das so auf die Fähigkeiten des »großen« Autokraten zugeschnitten war, dass es sich unter seinen schwächeren Nachfolgern notwendigerweise als dysfunktional erweisen musste. 13 Am dezidierten »Primat der Außenpolitik« in der preußischen Monarchie habe dies jedoch nichts geändert. Die seit dem 17. Jahrhundert charakteristische Tren- nung einer gesellschaftlich-politischen Sphäre, in der die lokalen Eliten relativ frei schalten und walten konnten, und der Sphäre der high politics , in die hinein es keinerlei Möglichkeiten der Interessenartikulation gegeben habe, habe sich durch die Revolu tionszeit hinweg erhalten. 14 Im selbstreferenziellen, von Konkurrenz geprägten Agieren des kleinen Machtzirkels um den entscheidungsschwachen Friedrich Wilhelm III . herum spiegle sich schließlich die Krise des alten preu- ßischen Staates vor seinem Zusammenbruch 1806/07. 15 In der vorliegenden Studie wird dieses Bild einer »absoluten« außenpoli- tischen Sphäre im Ancien Régime einer kritischen Überprüfung unterzogen. 12 In ihrer 1992 publizierten Studie »Absolutismus und Außenpolitik in Preußen« führt Ulrike Müller-Weil die – nur unvollständig gebliebenen – inneren Zentralisierungsten- denzen in der brandenburgisch- preußischen Monarchie gar primär auf den Anspruch der Hohenzollern-Monarchen auf volle außenpolitische Souveränität zurück. Zu den Institutionalisierungsprozessen im Bereich der Außenbeziehungen weiterhin grundle- gend (und interpretatorisch trotz DDR -Kontext wesentlich nüchterner) ist die Dar- stellung von Kohnke , Das preußische Kabinettsministerium. 13 Scott , Prussia’s Royal Foreign Minister, hier insbes. 500, 525 f. 14 Simms , The Impact of Napoleon, hier insbes. 269 f. 15 Vgl. Simms , The Impact, 526: »The administration of foreign policy was to provide a paradigm for the crisis of the old Prussian state.« In eine ähnliche Richtung geht die detaillierte Analyse von Kittstein , Politik, der jedoch der Darstellung von Simms in einigen Punkten widerspricht, so etwa in Bezug auf die Konkurrenz zwischen Kabi- nettsministern und Kabinettssekretären. Einleitung 16 Gerade in der preußischen Monarchie des 18. Jahrhunderts hatten Untertanen, wie wir sehen werden, durchaus Möglichkeiten, ihren Interessen im Rahmen der Außenbeziehungen Gehör zu verschaffen und selbst als Akteure daran zu partizipieren. Einwohner von Grenzterritorien wie dem Fürstentum Neuchâtel konnten die königliche Diplomatie sogar für ihre Zwecke instrumentalisieren. Durch das Aufzeigen der Interdependenzen zwischen Außen- und Herrschafts- beziehungen soll ein Rahmen geschaffen werden, der einen Fall wie die eben geschilderte Mission von Louis de Marval nicht einfach als eine die Regel feh- lender Einflussnahme bestätigende Ausnahme begreift, 16 sondern analytisch in ein sinnvolles Gesamtbild zu integrieren vermag: das Bild einer »zusammen- gesetzten Diplomatie«, die sowohl als Mittel königlicher Großmachtpolitik wie zur Durchsetzung lokaler Interessen dienen konnte. Bevor näher auf die Begriffichkeit und die Anlage der Untersuchung eingegangen wird, soll das ihr zugrunde liegende Erkenntnisinteresse zunächst im Kontext neuerer For- schungsansätze zu Außenbeziehungen und Herrschaftspraxis in der Frühen Neuzeit verortet werden. 1.1 Ein Staatensystem ohne Staaten? Situierung im Forschungskontext Forschungen zu Diplomatie und Außenbeziehungen sind in den letzten Jahren aus der »theoriefernen Schmollecke« herausgerückt, in die sie die – durchaus berech- tigte – Kritik der Sozialgeschichte an einer auf die »Politik der großen Männer« fokussierten Historiographie für einige Zeit verbannt hatte. 17 Dabei stehen sich, bei aller Differenzierung des Forschungsfeldes und deshalb in notwendig grober Vereinfachung, zwei unterschiedliche Perspektiven gegenüber. Auf der einen Seite steht eine eher makroperspektivische Herangehensweise, die nach der Gestalt und Entwicklung des (früh)neuzeitlichen »Staatensystems« fragt und den Gegenstand der Forschung in Anlehnung an eine Teildisziplin der Politikwissenschaft als 16 So Duchhardt , Balance of Power, 40, als Zusatz zur oben zitierten Aussage. 17 Vgl. von Thiessen / Windler , Einleitung: Außenbeziehungen, hier zit. 1. Zu den neueren Entwicklungen im Forschungsfeld siehe auch Kugeler / Sepp / Wolf , Einführung, 19 – 33, und Externbrink , Internationale Politik; Köhler , Neue Forschungen. Der folgende Überblick ist nur sehr grob gehalten. Auf weitere Spezialstudien wird im Verlauf der Studie jeweils bei passender Gelegenheit eingegangen. Ein Staatensystem ohne Staaten? Situierung im Forschungskontext 17 »Internationale Beziehungen« konzeptualisiert. 18 Ahistorische Erklärungsmuster wie das neorealistische Paradigma – die Staatenwelt funktioniere seit der Antike oder zumindest seit dem Westfälischen Frieden nach dem gleichen Prinzip res- sourcenbasierter staatlicher Interessenpolitik – konnten dabei zugunsten differen- zierterer Beschreibungen abgelöst werden, die zeitspezifische »Leitkräfte« außen- politischen Handelns unterscheiden und der sich wandelnden Organisation des Gesandtschaftswesens und der zentralen Steuerungsinstanzen Rechnung tragen. 19 Bestimmend bleibt dabei aber die Vorstellung einer allmählichen Herausbildung und Verfestigung eines Systems souveräner Staaten ab dem 16. Jahrhundert, das sich unabhängig vom Machtverlust oder -gewinn einzelner Mitglieder bis ins 19. und 20. Jahrhundert hinein fortgesetzt habe. Die brandenburgisch-preußische Monarchie gehört in dieser Perspektive zu den großen Aufsteigern des 18. Jahr- hunderts. Aus einer deutschen Mittelmacht sei binnen weniger Jahrzehnte ein Mitglied der »europäischen Pentarchie« von Großmächten geworden, die die Regeln des Systems weitgehend ohne Rücksichtnahme auf mindermächtige und schon gar nicht auf nichtsouveräne Akteure hätten bestimmen können. 20 Als Erklä- rungsfaktoren für den rasanten Aufstieg gelten primär die Straffung der inneren Herrschaft und die Ressourcenextraktion, die den Aufbau und den Unterhalt eines überproportional großen Militärapparats ermöglichten, die flexible Bündnispo- litik, die Zugewinne im Schatten mächtigerer Partner mit sich brachte, und die 18 So für die deutschsprachige Forschung insbes. das erwähnte Handbuch der Geschichte der Interna tionalen Beziehungen (1997 – 2012; darin für unseren Untersuchungszeitraum die Bände von Malettke , Hegemonie; Duchhardt , Balance of Power; Erbe , Revolu tionäre Erschütterung). Für die angelsächsische Forschung stehen etwa die Überblicksdarstel- lungen von Jeremy Black (The Rise of European Powers; European International Rela- tions) und Paul W Schroeder , The Transformation. In der französischen Forschungsland- schaft existiert ebenfalls eine »Nouvelle histoire des relations internationales«, wobei im Gegensatz zum deutschen Pendant die Bände von Gantet , Guerre, und Dubois , De la paix, nicht »Staaten« als Akteure in den Vordergrund rücken, sondern eher Ereignisse und Strukturen. Externbrink , Internationale Politik, 20, unterscheidet den Begriff des Staatensystems (der »souveräne oder nach Souveränität strebende Staaten« als Akteure auffasst) vom »Internationalen System«, das auch nichtstaatliche Akteure mit einbeziehe (die Kategorie des »Nationalen« wird dabei nicht näher reflektiert). 19 Zu den »Leitkräften« siehe den weiterhin grundlegenden Aufsatz von Schilling , For- mung und Gestalt; zur Dekonstruktion des politologischen Konzepts des »Westfälischen Staatensystems« vgl. Duchhardt , Westphalian System. 20 Vgl. Duchhardt , Balance of Power, 154 – 165, der dabei aber auf die vergleichsweise wenig ausgereifte Organisation der Außenpolitik hinweist. Einleitung 18 außergewöhnliche Mischung von Risikobereitschaft, militärischem Talent und strate gischem Geschick bei König Friedrich II .21 Auf der anderen Seite der Forschungslandschaft hat in den letzten Jahren eine praxeologische oder »akteurszentrierte« Perspektive Konturen gewonnen, die die Situationswahrnehmungen, das darauf gestützte Handeln und die Verflechtun- gen von personalen Akteuren der Außenbeziehungen ins Zentrum der Analyse rückt und sich im Kontext einer weiter gefassten Sozial- und Kulturgeschichte des Politischen verorten lässt. 22 Frühneuzeitliche Diplomaten erscheinen in dieser Perspektive nicht mehr nur als Agenten der Interessen von Staaten oder Fürsten, sondern als Angehörige der Hof- und Adelsgesellschaft, die nebst dem Dienst- herrn auch ihren eigenen Familienverband repräsentierten und ihr eigenes soziales Kapital wiederum in die Verhandlungen einfließen ließen. 23 Informelle Akteure und Kanäle wie etwa Mätressen des Königs und parallele »Privat«-Korresponden- zen von Gesandten sind damit ebenso neu in den Blick geraten wie das Handeln 21 Zum geradezu topischen »Aufstieg Preußens« und den Auswirkungen auf das Staaten- system vgl. neben den genannten Handbüchern etwa die ältere Darstellung von Broicher , Aufstieg, die mit den »absolutistischen« Reformen Friedrich Wilhelms I. einsetzt, und zuletzt Dwyer (Hrsg.), The Rise of Prussia, wo ebenfalls innere Faktoren besonders gewichtet werden. Vielfach fallen Darstellungen zum Aufstieg der preußischen Mon- archie auch mit Biographien Friedrichs II . zusammen; vgl. insbes. die trotz zahlreicher Neuerscheinungen 2011/12 weiterhin maßgebliche Biographie von Kunisch , Friedrich der Große, sowie die Beiträge in Sösemann / Vogt - Spira (Hrsg.), Friedrich der Große und Europa, 2 Bde., die mit zahlreichen Mythen der älteren borussischen Geschichtsfor- schung aufräumen (hier insbes. die Beiträge im Kapitel »Krieg und Frieden« von Bd. 2). 22 Vgl. dazu insbes. die einführenden Überlegungen und die Beiträge in von Thiessen / Windler (Hrsg.), Akteure der Außenbeziehungen, sowie nun auch Windler , Symbolische Kommunikation und diplomatische Praxis, und (speziell zum 18. Jh.) von Thiessen , Diplo- maten und Diplomatie. Zur »Kulturgeschichte des Politischen« siehe Stollberg - Rilinger (Hrsg.), Was heißt Kulturgeschichte des Politischen? Einen wichtigen Impuls für eine eher struktur- oder sozialgeschichtliche Betrachtung von Diplomatie setzte Bély , Espions et Ambassadeurs; paradigmatisch für einen kulturgeschichtlichen Zugang zur Diplo- matiegeschichte ist die Studie von Windler , La diplomatie. 23 Vgl. von Thiessen , Diplomatie und Patronage, Kap. 3; Köhler , Strategie und Symbolik, Kap. 3. Eher dem Staatenweltparadigma verpflichtet, aber insbes. für die Frage nach den Interaktionen zwischen Gesandten an einem Gesandtschaftsort dennoch aufschlussreich ist auch die Studie von Legutke , Diplomatie als soziale Institution (vgl. zur Studie und ihrem Ansatz allerdings auch die Kritik in Köhler , Neue Forschungen, 264 – 267). Zur Praxis des Verhandelns grundlegend sind die Studien von Waquet , François de Callières; ders ., Verhandeln in der Frühen Neuzeit; allgemein dazu auch die Beiträge in Andretta et al . (Hrsg.), Paroles des négociateurs. Ein Staatensystem ohne Staaten? Situierung im Forschungskontext 19 kleinerer außenpolitischer Akteure, deren Ziele sich weniger mit den Kategorien territorialer Machtpolitik erfassen lassen als in der Rang- und Zeichenlogik des Zeremoniells. 24 Gerade am Fall der preußischen Königskrönung 1701 lässt sich aufzeigen, dass der neue Blickwinkel nicht nur zu einer komplementären Erwei- terung des Bildes der frühneuzeitlichen Staatenwelt beiträgt, sondern auch eine andere Interpretation der europäischen Ordnung erfordert. Diese gestaltete sich näm lich aus der Sicht der Zeitgenossen weniger als abstraktes System von sou- veränen Staaten denn als exklusive »Fürstengesellschaft«, zu der vollen Zugang nur erlangte, wer von den anderen Mitgliedern mit königlichen Ehren »traktiert« wurde. 25 Dass dies Kurfürst Friedrich III . respektive König Friedrich I. durch eine gezielte Statuspolitik und geschickte Verhandlungen gelang, stellte erst die Grundlage dafür dar, dass die preußische Diplomatie etwa bei den Friedensver- handlungen in Utrecht als vollwertiger Verhandlungspartner auftreten und sich einen Teil des zu verteilenden Kuchens abschneiden konnte. Wenn demgegen- über Friedrich II . das diplomatische Zeremoniell teils bewusst missachtete, liegt dies weniger in dessen Funk tionslosigkeit begründet als in der Tatsache, dass er sich auf der europäischen Bühne doch noch nicht auf Augenhöhe mit den vier Hauptmächten bewegen konnte. 26 Durch die Betonung des Zusammenhangs zwischen ständischen Ordnungsvorstellungen und außenpolitischer Praxis ten- dieren Studien, die sich der zweiten Perspektive zuordnen lassen, schließlich dazu, den Umbruchcharakter der Jahrzehnte um 1800 deutlicher hervorzuheben, die der »Diplomatie vom type ancien « ein Ende setzten. 27 24 Zu den parallelen Kanälen, die insbesondere auch weibliche Einflussnahme ermöglichten, siehe Dade , Madame de Pompadour; Bastian , Verhandeln in Briefen; Bastian / Dade / Windler / Thiessen (Hrsg.), Das Geschlecht der Diplomatie; zum »politischen Zeichen- gebrauch« im außenpolitischen Handeln der Reichsstädte siehe Krischer , Reichsstädte. 25 Paradigmatisch dazu Stollberg - Rilinger , Honores regii; zur Bedeutung des diplomatischen Zeremoniells vgl. auch dies ., Die Wissenschaft der feinen Unterschiede; Krischer , Sou- veränität als sozialer Status; speziell zu den Titulaturen, in denen sich feinere Abstu- fungen zwischen den Souveränen finden: Dauser , Kein König ohne Titel; zum Begriff der Fürstengesellschaft: Bély , La société des princes. 26 Der nachgeordnete Platz im Zeremoniell deckte sich dabei durchaus auch mit der macht- politischen Analyse Friedrichs II . selbst, wenn er im politischen Testament von 1768 von den vier europäischen Hauptmächten sprach und seine Monarchie lediglich als Ver- bündeten Russlands nannte. Siehe zur zeremoniellen und höfischen Selbstdarstellung Friedrichs II . die brillante Studie von Biskup , Friedrichs Größe, hier 53 f. 27 Vgl. von Thiessen , Diplomatie vom type ancien , 499 – 503, der von einer diplomatischen Sattelzeit spricht; zum mentalen Wandel in der Revolutionszeit siehe auch Windler , La Einleitung 20