Slavistische Beiträge ∙ Band 50 (eBook - Digi20-Retro) Verlag Otto Sagner München ∙ Berlin ∙ Washington D .C. Digitalisiert im Rahmen der Kooperation mit dem DFG- Projekt „Digi20“ der Bayerischen Staatsbibliothek, München. OCR-Bearbeitung und Erstellung des eBooks durch den Verlag Otto Sagner: http://verlag.kubon-sagner.de © bei Verlag Otto Sagner. Eine Verwertung oder Weitergabe der Texte und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung, ist ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Verlages unzulässig. «Verlag Otto Sagner» ist ein Imprint der Kubon & Sagner GmbH. Barbara Lettmann-Sadony Karolina Karlovna Pavlova Eine Dichterin russisch-deutscher Wechselseitigkeit Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access S l a v i s t i c h e B e i t r ä g e Unter Mitwirkung von M. Braun, Göttingen • t P. Diels, München ־J. Holthusen, München ־E. Koschmieder, München ־W. Lettenbauer, Freiburg/B r. ־J. Matl, Graz F. W. Neumann, Mainz ־K.־H. Pollok, Regensburg * L. Sadnik-Aitzetmüller, Graz * J. Schütz, Erlangen HERAUSGEGEBEN VON + A. SCHMAUS, MÜNCHEN Technische Redaktion: P. Rehder, München Band 50 Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access 46990 BARBARA LETTMANN-SADONY KAROLINA KARLOVNA PAVLOVA EINE DICHTERIN RUSSISCH-DEUTSCHER WECHSELSEITIGKEIT VERLAG OTTO SAGNER • MÜNCHEN 1971 A 51 1 ל״ /, и / ר Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access ISBN 3 8769 O 060 3 C opyright by V erlag Otto Sagner, München 1971 Abteilung der Fa. Kubon & Sagner, München D ruck: Alexander Großmann 8 München 19, Y senburgstr. 7/1 Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access INHALTSVERZEICHNIS E in le itu n g 7 E rs te r T e il B iographie B iog rap hisch er A b riß 15 1. K apitel M oi vospom inanija 21 2. K a p ite l P a rtn e r 1. Adam M ickie w icz 27 2. N ik o ła j F ilip p o v ič Pavlov 33 3. B o ris Isaakovič Ú tin 45 3. K a p ite l Salon 49 4. K apitel Zeitgenossen 1. Frühe Jahre (bis zu r H e ira t m it N .F . Pavlov) 53 2. M ittle re Jahre (bis zur Ü bersiedlung nach Deutschland) 62 3. Späte Jahre (während der D resdener Z e it) 75 Z w e ite r T e il W e rk 85 1. K a p ite l Eigene Dichtungen 87 1. Gedichte über den D ich te r 95 2. Gedichte zu anderen Themen 115 3. E rzählungen in V ersen und in Prosa 135 4. F rem dsprachige Gedichte 141 2. K a p ite l Übersetzungen 143 1. L y r ik 149 2. D ra m a tik 160 Zusam m enfassung 163 L ite ra tu rv e rz e ic h n is 165 Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access г Mi יJ i J l V X \>b с ч Л wr » ■ I « ־ , • I ♦י ׳ ГЛ • וי, ѣ*‘ і ־ ’ , «' ' • *;יי ••* 4Ł ••;< י׳ J • • •י ׳ ‘ יי. ־,. & 4 * I י Л ־ * * <• V' * י ï ־ , v ; ־;״׳., •m ״ V • ѣ ' •tķ* 1 , > ; ־ : .״ • II* A j ВДГ Ir- ' ׳ ' .׳, ־ Г М ־Ѵ;-М’ :: чцм ־ , і . 4 ж I n i ״ * * Г זי |l t ■ 1' ï II 4 Sí ׳!! I. h V3 A*1 » r ^ i I . > V I» I ■ f 4 AM О 4 1 ■ י л • ״ ״ *•» יי י ־ 1 ן ♦*4 — I Гпкі л*Ч1 ג: , »4 •r f - * ь - * і No M"״ J Ji a _״ I 11 ' ir •J *. ‘ *י Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access - 7 - î O û 46990 E inleitung D ie U rte ile über Leben und W e rk K a ro lin a K arlovna P a v lo v a s reichen von uneingeschränkter Bewunderung b is zu entschiedener A b le h - nung. An Versuchen, sie in eine Reihe m it den hervorragenden G estalten des ru ssischen G eisteslebens in der e rste n H ä lfte des 19. Jahrhunderts zu ste lle n , hat es so w enig gefehlt w ie an Versuchen, sie a ls belanglose Randerscheinung abzutun. In den L ite ra tu rg e s c h ic h te n hat sich die B e- w ertung auf 'M itte lm a ß ' eingependelt; K a ro lin a Pavlova w ird - wenn ü b e r- haupt - nur 'd e r V o lls tä n d ig k e it h a lb e r' erw ähnt. Ob und inw ie w e it diese so gegensätzlichen B eurteilungen ric h tig oder fa ls c h sind, w ird sich e rs t nach e in e r eingehenden A nalyse des v o r - liegenden M a te ria ls sagen lassen. Zu d ie se r Untersuchung sollen einige Überlegungen über m ögliche Ursachen der kontroversen Meinungen h in - führen. D araus w erden sich die Fragen an K a ro lin a Pavlovas W e rk e rg e - ben. D ieses W e rk is t, gemessen an der langen Schaffenszeit von m ehr als fü n fz ig Jahren, ve rg le ich sw e ise bescheiden. Zu den A rb e ite n der d r e i- ßiger und frühen v ie rz ig e r Jahre liegen nur Äußerungen von Freunden und Bekannten v o r. D er lite ra ris c h e Geschmack dieses K re is e s hatte sich an den Bemühungen Puškins und seiner P lejāde um die Vollendung des r u s s i- sehen V erses ausgebildet; der geistige Standort w ar der Irra tio n a lis m u s , in dem sich nationale Besinnung und rom antische U n iv e rs a litä t, Selbstbe- wußtsein und Bewußtsein der Grenzen überwindenden G em einsam keiten w id e rsp ru ch slo s ve re in ig e n ließ en. Bezeichnend fü r ein M itte ilu n g s b e - d ü rfn is aus gewonnener S e lb stsich e rh e it sind solche sym bolischen T ite l w ie "D as N o rd lic h t" - die e rs te P u b lika tio n der Pavlova (1833) - oder "N o rd lic h te r1 1 - eine A nthologie polnischer Dichtungen (1834)*. D ie A r - N o rd lic h te r. Eine Sammlung po lnisch er D ichtungen, in 's Deutsche übertragen von Ludw ig N abielak und J . B . W e rn e r. Bd. 1, S tu tt- g a rt 1834. 1 Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access beiten K a ro lin a Pavlovas fügten sich fo rm a l und in h a ltlic h in diese Konzep- tion; der B e ifa ll ih re r Freunde w ar ih r gewiß. D ie maßgebliche zeitgenössische L ite r a tu r k r itik jedoch - re p rä se n - tie r t durch Polevoj und Bel in s k ij - hatte ih r Augenm erk auf Zeitgem äßeres g e rich te t. D ie L y r ik hatte ih re n Höhepunkt m it Puäkin ü b e rsch ritte n und bot - tro tz ih re r F ü lle - n ich ts Neues m ehr. Hinzu kam , daß die Pavlova nich t eben zu den produktivsten K ünstlern gehörte. So fe h lte ganz einfach der Anstoß zu ständiger Auseinandersetzung; einm al g e fä llte U rte ile d ro h - ten sich zu V o ru rte ile n zu ve rfe stig e n . D ie einzige Sammlung ih re r Gedichte, die zu ih re n Lebzeiten in Rußland e rsch ie n , brachten Freunde 1863 in ih re m A ufträge heraus. Sie selbst lebte schon se it Jahren in Deutschland. Zu einer Z e it, in der sich die tonangebenden D ich te r, L ite ra te n und K r itik e r der Um w elt zugewendet h a tte n ,tra t K a ro lin a Pavlova m it einer Auswahl von Gedichten h e rv o r, die fa s t ausnahm slos persönliches E rleben zum Gegenstand hatten. D iese Be- fangenheit in der S elb strefle xion mußte von dem T e il dieser G eneration, der W egbereiter so z ia le r Umwälzungen sein w o llte , a ls Anachronism us empfunden werden. V o r 1863 hatte die Pavlova fünf geschlossene V eröffentlichungen vorge le gt; nur "D vojnaja ž iz n '" (1848) und "R azgovor v K re m le " (1854) e r- schienen in Rußland. In Deutschland w ar 1833 "D as N o rd lic h t. Proben der neueren russischen L itte ra tu r" herausgekommen. In F ra n kre ich folgten 1839 "L e s préludes" und eine vollständige Übertragung von S chülers "Jung- fra u von O rleans" in s Französische. Sowohl das "N o rd lic h t" als auch "L e s préludes" enthielten in der M ehrzahl Übersetzungen, daneben aber auch einige O rig inalg ed ichte in deutscher und fra n zö sisch e r Sprache. Man w ird in der V ie ls e itig k e it und der dadurch bedingten V ie lfa lt k ritis c h e r Ansatzpunkte eine w esentliche Ursache fü r die unterschiedliche Bewertung suchen müssen. K a ro lin a Pavlova beherrschte außer R ussisch, F ranzösisch und Deutsch auch P oln isch , E nglisch, Ita lie n isc h und Dänisch. Wenn die geistige D urchdringung eines so umfassenden K u ltu rb e re ich s n ich t g e lin g t, dann d ro h t V ie ls e itig k e it in O b e rflä ch lich ke it um zuschlagen, D ichtung u n ve rb in d lich zu bleiben und L ite ra tu r-V e rm ittlu n g auf Über tr a - Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access gung des G efälligen re d u z ie rt zu werden. M it ih re n Bemühungen, auch in anderen L ite ra tu re n Fuß zu fassen, verschob die Pavlova ih re n Standort in der russischen L ite ra tu r an die P e rip h e rie . Sie w o llte aber auch m it den zentralen A nliegen, die aus der k u ltu re lle n und sozialen Situation e r - wuchsen, m it der R e a litä t ־ auch als V orlage fü r eine überhöhte d ic h te r!- sehe W irk lic h k e it ־w enig zu tun haben. D ie le tzte n d re iß ig Lebensjahre verbra chte K a ro lin a Pavlova in Deutschland. Auch h ie r fand sie kaum Anschluß an das lite ra ris c h e L e - ben. W ohl erschienen zahlreiche A rbe iten in Z e its c h rifte n sowie v ie r t 9 Bändchen T o ls to j- Über Setzungen , aber le tz tlic h b lie b sie aus den schon genannten Gründen is o lie rt. Ih re Ü bersiedlung von D resden in das e n tle - gene D o rf H osterw itz scheint s in n fä llig e r A usdruck der R esignation und Absage an eine gleichgültige U m w elt, aber wohl auch Zeichen der b itro - v e rs io n und nachrom antischen Sehnsucht nach W e ltfe rn e zu sein. 3 Am 14. Dezem ber 1893 starb K a ro lin a Pavlova; von ih re m Tod 4 w urde in Deutschland und Rußland kaum N otiz genommen Sie hatte i h r e Z e it um m ehrere lite ra ris c h e Generationen, um ein halbes Jahrhundert ü b e rle b t. Nach ih re m Tode erschienen bislang d re i Ausgaben ih re r W erke: In der Hinwendung zum Ich und dem Streben nach Vollendung d e r reinen Es handelt sich um Übersetzungen der beiden h is to ris c h e n D ram en "S m e rt' Ioanna Groznogo" und "C a r' Fedor Ioannovič", des dram a - tischen G edichts "Don Zuan" sowie einer Gedichtauswahl A leksej T o ls to js . Nach ru s s is c h e r Zeitrechnung sta rb sie am 2. D ezem ber. W ird in dieser A rb e it nur e in Datum angegeben, so is t es ste ts n e u e n S tils . In Deutschland erschienen keine Nachrufe; dagegen brachten fü n f ru s - sische Z e its c h rifte n eine W ürdigung: Russkie vedom osti, M. 1893, N r. 339; M oskovskie vedom osti, M . 1893, N r. 335 (5 ./1 7 .1 2 .); Novoe v re m ja , SPb. 1893, N r. 6386; Is to rič e s k ij ve stn ik, SPb. 1894 (fe v ra l'); R usskij a rc h iv , 1894, B u c h i, S. 119-123. N .N . G olicyn hatte in seinem 1888 erschienenen " B ib lio g ra fič e s k ij s lo v a r' ru s s k ic h p is a te l'n ic " a ls Todesjahr "1 8 8 ? " angegeben (S. 189) ! S .I. Ponomarev schreibt 1891 ( !) im "S bo rnik otde le nija russkogo jazyka i slo ve sn o sti": "E s is t m e rkw ü rd ig und tra u rig , daß niemand sich das Todesjahr K. K. Pavlovas gem erkt h a t.. . " (Ѵ Ш , S. 8). Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access Kunst fanden die S ym bolisten bei der Pavlova ein ihnen verw andtes S elbst- V erständnis. 1903 e rin n e rte V a le rij B r ju s o v in einem A ufsatz in den 5 "E źem esjaćnye s o ć in e n ija " an die fa s t vergessene D ic h te rin . D iese k u r- ze M onographie s te llte e r dem 1915 von ihm herausgegebenen "Sobranie s o ć in e n ij" voran. Sein p o s itiv e s U rte il w urde unter anderen von A ndrej B e ly j g e te ilt, der sich besonders m it den fo rm a le n M erkm alen ih re r Gedichte beschäftigte Im Zuge der A ufa rb e itu n g der ru ssisch e n L ite ra tu r brachte die B ib lio te k a poéta 1939 und 1964 je ein "P olnoe sobranie s tic h o tv o re n ij" heraus. M it diesen einleitenden Bem erkungen s o ll angedeutet w erden, daß sich K a ro lin a P avlova einem generellen W e rtu rte il entzieht. Es is t zu e r - w a rte n , daß sie a ls Ü b e rse tze rin und L ite ra tu rv e rm ittle rin einen anderen P latz e in n im m t a ls d u rch ih r eigenes d ich te risch e s Schaffen, daß ih r eigenes W e rk w ied e ru m , absolut genommen, anders eingeordnet w ird a ls in R elation zur 'ze itg e m ä ß e n ', engagierten D ichtung oder im V e rg le ic h zu PuSkin und seinen E rben. Es e m p fie h lt s ic h , bei den Übersetzungen die Frage nach den A u s w a h lk rite rie n gesondert von der Frage nach der Q u a litä t zu behandeln. Entsprechend is t b e i den eigenen Dichtungen die Staffwahl v o r a lle m im H in - b lic k auf die Z e it und deren g e istig e und lite ra ris c h e Strömungen von der B e- u rte ilu n g der V e rs ifik a tio n und des S tils zu trennen. Ohne d e r W erkanalyse v o rg re ife n zu w o lle n , kann schon je tz t gesagt w erden, daß sich h ie r D is k re - panzen auftun. W esen tlich is t fe rn e r die F ra g e , ob und in w ie w e it der Pavlova die kü n s tle ris c h e O b je ktivie ru n g und Überhöhung des eigenen E rlebens gelang. V . B rju s o v , K a ro lin a Pavlova; in : Eźem esjaćnye scxüinenija, o .O . 1903, N r. 11-1 2, S. 273-290. A . B e ly j, S im vo lizm . M . 1910; bes. S. 358-360, 628. D ie s ta tis tisc h e n V e rg le ich e B e lyj s helfen bei der Bew ertung der D ic h - tungen der Pavlova n ich t v ie l w e ite r, denn eine Ü bereinstim m ung e in - m al m it diesem , einm al m it jenem , einm al m it D e rž a v in , einm al m it T ju tč e v , dann w ieder m it PuSkin - je nach dem F o rm k rite riu m , das gerade untersucht w ird ־ besagt ja noch n ich ts über den tatsächlichen Rang der D ic h te rin . Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access Zum Schluß noch einige Bem erkungen zum M a te ria l, auf das sich diese A rb e it stü tz t. B iographische M itte ilu n g e n lie g e n nur fü r einzelne Lebensabschnitte der D ic h te rin v o r und sind in ih re m Aussagew ert u n te r- schie dlich. So sind fü r die e rsten Lebensjahre b is 1820, fü r die Z e it von 1826 b is 1829 und w ieder von 1837 b is 1864 za h lre ich e N achrichten und so- gar Selbstzeugnisse vorhanden. Dagegen is t über die Jahre 1820 b is 1825, von 1829 b is 1836 und etwa von der M itte der sechziger Jahre an b is zu ih - re m Tode fa s t n ich ts bekannt. Über den V e rb le ib des N achlasses, der h ie r- über eventuell hätte A ufschluß geben können und der nach dem Zeugnis von A . F. K o n i aus 1 1 zw ei großen Truhen m it B rie fe n und irgendw elchen ande- 7 re n H andschriften" bestanden haben s o ll, konnte b is heute n ich ts fe stg e - s te llt w erden. E in e rs e its so lle n sich 137 G edichte, B rie fe und Telegram m e A . K. T o ls to js an die Pavlova und 15 B rie fe der D ic h te rin an ihn in der Hand- schriftenabteüung des "In s titu t ru ssko j lite r a tu ry (Puäkinskogo doma) A ka- о d e m ii nauk SSSR" befinden , a n d e re rse its kla g t G a jd e n k o v , das P avlo- g v a -A rc h iv sei b is heute "n ic h t entdeckt und v ie lle ic h t fü r im m e r v e rlo re n " D ie F rage, ob es sich bei den von K oni genannten S ch riftstü cke n eventuell doch um einen T e il des Nachlasses handelt, konnte ich tro tz a lle r N ach for- schungen nicht k lä re n . F ra g w ü rd ig is t außerdem die Behauptung des deut- sehen H an dsch rifte nsam m lers W a lth e r K i t t l e r , e r besitze den Nachlaß der P avlova, der aber zum T e il noch in D resden, zum T e il schon auf einem Schloß in W estdeutschland zusam m en m it etwa z w e i- b is dreihunderttausend anderen Stücken - n ich t k a ta lo g is ie rt! - in K iste n la g e re . N a tü rlic h is t die M ö g lic h k e it, daß der Nachlaß in der D resdener Gegend geblieben is t, nicht von der Hand zu w eisen. D er Enkel der D ic h te rin , der in Rußland lebte und dem das ganze Erbe zugefallen sein s o ll* ^ , hat, außer e in e r kleinen A rb e it, A . F . K o n i, K a ro lin a Pavlova; in : E vropa, o .O . 1918, N r. 4 -5 , S. 24; da d ie se r A ufsatz nich t g re ifb a r w a r, h ie r z itie r t nach K . K. Pavlova 1964, S. 546. A . K . T o lá o j, Sobranie so č in e n ij, Bd. 4 - 1964, S. 524. M ehrfache A nfragen beim "In s titu t ru ssko j lite r a tu ry AN SSSR" blieben le id e r ohne A n tw o rt. K . Pavlova 1964, S. 546. P. B artenev, K. K. Pavlova; in : R u sskij a rc h iv . M . 1894, H. 1, S. 122. 9 10 Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access nichts daraus v e rö ffe n tlic h t* * . A ber die wenigen Stücke, die der Sam m ler m ir zugänglich gemacht hat (ein Rezept, d re i Einladungsschreiben und e in i- ge fa s t u n le se rlich e W idm ungsgedichte), sind belanglos und a ls Beweise s e i- ner Behauptung nich t überzeugend. O ffe n sich tlich sind le d ig lich einige lose B lä tte r aus einem A lbum der jungen K a ro lin a Jaenisch m it W idmungen, die 12 Max V a s m e r a ls echt erkannt hat, in den B esitz des Sam m lers gelangt. D ie Lücken in der B iographie lassen sich nur te ilw e is e durch V e rm u - tungen schließen. A ber es kam m ir in d ie se r A rb e it auch w eniger darauf an, eine B iographie im Sinne e in e r C hronik zu schreiben und die ganze F ü lle d ie ־ ses Lebens vo r Augen zu fü h re n , sondern m ir schien es n ü tzlich e r zu sein, in diesem Lebensbild c h a ra k te ris tis c h e L in ie n nachzuzeichnen, um den U m - r iß der P e rs ö n lich ke it und des Wesens d e u tlich zu machen. Und das is t auf Grund der vorhandenen Zeugnisse m öglich. Um aber auch die V erflechtung der von m ir is o lie rte n Stränge aufzuzeigen, habe ich den biographischen K a- p ite ln einen chronologischen Ü b e rb lick vo ra n g e ste llt. Es gibt keine annähernd vollstä nd ige W erkausgabe der D ic h te rin . Das Bändchen von 1863 enthält 90 O rig in a lg e d ich te , 6 Übersetzungen und eine d ra - m atische Szene. D ie se r Bestand wurde von V . B rjusov e rh e b lich e rw e ite rt: hinzu kamen 10 eigene Gedichte (nun 100), 19 Übertragungen (nun 25), die b e i- den Poeme 1 1 Kadr i l ' 1 1 und "F a n ta s m a g o rii1 1 , der Roman "D vojnaja ż iz n '" , eine E rzählung "Z a ćajnym sto lo m " sowie "M o i vospom inanija" und "V ospom ina- n ija ob Ivanove" und zw ei B rie fe . D iese Ausgabe gibt tro tz v ie le r D ru c k - und D atie run gsfehle r im m e r noch den besten Ü be rblick über das gesamte Schaffen K a ro lin a Pavlovas. D ie beiden "P olnoe sobranie s tic h o tv o re n ij1 1 verzichte n - schon vom T ite l her - sowohl auf die Erinnerungen und die E rzählung a ls auch auf die B rie fe . D er ü b rig e Bestand der Sammlung von 1915 is t 1939 um 36 O ri- ginalgedichte (auf 136) und um 2 Übersetzungen (auf 27) e rw e ite rt worden. - 1964 kamen w e ite re 8 eigene und 10 übertragene Gedichte hinzu. Es handelt sich um "F a n ta s m a g o rii", v e rö ffe n tlic h t in : Russkoe obozrenie, 1894, N r. 12, S. 964-970. Max V asm er, R ussische und polnische Gedichte im Nachlaß von K a ro lin a P avlova, a .a .O ., S. 35. Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access Wenn die Herausgeber es schon fü r notwendig erachten, das Fehlen b e stim m te r Dram enübersetzungen anzum erken, dann müßte die Aufzählung 13 aber auch v o lls tä n d ig sein Daß die frü h e n V eröffentlichungen "D as N o rd - lic h t" und "L e s préludes" nur m it e in e r u n m o tivie rte n kleinen Auswahl v e r- tre te n sind und die Übertragungen von T o ls to j-G edichten sowie fa s t a lle in Deutschland erschienenen A rb e ite n n ich t einm al a ls fehlend v e rm e rk t sind, läß t sich m it dem Anspruch eines "P olnoe sobranie s tic h o tv o re n ij" n ic h t v e r- einbaren. D ie von m ir zusam m engestellte B ib lio g ra p h ie der W erke kann a ls na- / 14 hezu lückenloses V erze ichn is der v e rö ffe n tlic h te n A rb e ite n angesehen w e r- den. Abgesehen von B rie fe n , w ürde wohl auch der ve rsch o lle n e Nachlaß nicht m ehr v ie l W esentliches erbringen. So w ird der E indruck e rw e ckt, daß A . K. T o ls to js "D on Zuan" und S c h ille rs "Jungfrau von O rleans" die einzigen Dram enübersetzungen der Pavlova seien. Sie hat aber außerdem , w ie b e re its angem erkt, die beiden Zarendram en von T o ls to j, "W allen stein s Tod" von S c h ille r sowie unter dem T ite l "G a rrik vo F ra n c ii" eine Kom ödie Adam G ott- lie b O ehlenschlägers (1779-1850) ü b e rse tzt. (D er O rig in a ltite l die ser Komödie um den englischen Shakespeare-Schauspieler und L u s ts p ie l- d ich te r D avid G a rric k (1716-1779) w ar weder in der m ir zugänglichen W erkausgabe (21 B d e ., d t . , B re sla u 1839) fe s ts te llb a r noch in der ״n iu s tre re t dansk L itte ra tu rh is to rie " von C a rl S. P etersen und V ii- heim A ndersen, København 1 9 2 4 ff. ). D ie den Herausgebern der W erkausgaben o ffe n s ic h tlic h unbekannten Gedichte habe ich in "D ie W e lt der Slaven", J g .X V , H. 1 (1970), S. 77-86 v e rö ffe n tlic h t. Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access я I V ♦ * * V i X . 7 » 1 I I « щ ^ ч % л nf& » » Ж . Л к р # »!?*••Л V . l ' * ד • No т , י * • I ВТ И Й ; Н г Ѵ ו ו ! מ י . Ì M ! 1 V n < щ ж & ш ! ־ ß ^ i S i * H ł > ? г а г » ■ТлкШ; wfct*i$ÿL Э Т Н і Ѵ І g% т е ì No , ז , , ; < . ' * p^Svî Ш No À A á ״ I V : г у lien • t 1 ״r * • 4 < י : ж tu ■f ״ > ; > ! и ״ ׳ й . . ־ ! ו Á ÍW : - %»־ 1 ' ״ ^ . * 1 ״■ Г 1 ? ׳ ж ? ^ ж ׳ . . 4 * і і ׳׳5* я > і аш л ■ f . * ™ ־ ׳ • ѵ , и ־ י . ״ U 4 • ״ ״ - і Ы \г ? ( R - ,fcàb $ Ļ n T * 4 1 . ^ ־ itø ! < 'tfilL i ;p и л ׳ á * £ $ ) Ì . I :í: I Л b ' j £41 'У ^ г а /? '■';Ж&■■, ri■ ־ fiiÍé vD o iJ’ i ït; r » ) *£ ». 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J « No , י ד ! ; fíb I !» 1 іій Ш W л » 1♦j . ■ '״ V , 7 Ч ־ !״i « Hí l d־ im: w ' ГЛ ! > И * & J I 1 I LVÖJ Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access - 15 00046990 ERSTER T E IL B iographie B iog rap hisch er A b riß D er Lebenslauf K a ro lin a Pavlovas, der sich aus dem vorliegenden M a te ria l e rg ib t, lie s t sich streckenw eise w ie ein zw e itkla ssig e r Roman. Jahre bedrückender E intönigkeit wechseln m it Zeiten e in e r geradezu auf- d rin g lic h e n E rle b n is fü lle . Im V erla ufe dieser A rb e it w ird sich im m e r w ie - der die F rage s te lle n , in welchem Maße es der D ic h te rin gelang, sich dem Z u g riff der E reig nisse zu entziehen, a n d e re rse its die Spannung fü r ih r Schaf- fen fru c h tb a r zu machen. 15 K a ro lin a Pavlova w urde am 1 0 ./2 2 . J u li 1807 in J a ro s la v l' a ls ä l- teste T ochter des A rz te s K a rl Jaenisch geboren (den Namen der M u tte r konn- te ich nicht fe s ts te lle n ). Im folgenden Jah r b e rie f ihn die M oskauer M e d iz i- n is c h -C h iru rg is c h e Akadem ie auf den L e h rstu h l fü r P hysik und Chemie. 1809 w urde die einzige Schwester K a ro lin a Pavlovas geboren. D urch die E reig nisse des Jahres 1812 änderte sich die Lage der F a m ilie von Grund auf. Am 27. 8 ./ 8 . 9. flohen die E lte rn m it beiden K in d e rn v o r den anrücken- A ls G eburtsjahr w ird etwa b is zur Jahrhundertwende fa s t durchweg 1810 angegeben, so z. B. in den Nachschlagewerken B orS a ja enciklop ēd ija , Bd. 14 ־ SPb. 1896, S. 597, Ē nciklopedičeskij s lo v a r', Bd. 23 ־ SPb. 1897, S.560 re/561 l i , R usskij b io g ra fič e s k ij s lo v a r', Bd. 13 - SPb. 1902, S. 82f. D ie se r F ehler w ie d e rh o lt sich sogar noch im Großen B rockhaus, Bd. 14 - L e ip z ig 1933, S. 265 re und im Lexikon der F ra u , Bd. 2 ־Z ü ric h 1954, Sp. 862. K. K . Pavlova selbst gibt an, Napoleons Rußlandfeldzug 1812 a ls Fünf- jä h rig e e rle b t zu haben (M oi vospom inanija, S. 222). V . B rju so v v e rm u te t, daß sie a ls 'sp ä te s Mädchen' selbst ih r A lte r re to u c h ie rt habe: 1 1 Es is t m öglich, daß der F e h le r von d re i Jahren von K a ro lin a selbst h e rrü h rt, die zu e in e r gewissen Z e it ih re s L e - bens, a ls a lte s Mädchen, ih r A lte r v e rrin g e rn w o llte 1 1 (Eżem esjaćnye soäinenija, S. 273, Anm . 1). Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access den fra nzö sische n Truppen nach J a ro s la v l'. Ih r M oskauer Haus fie l dem großen B rand zum O p fe r, das Gut im Sm olensker Gouvernem ent w urde z e rs tö rt. Um ih re n bescheidenen W ohlstand gebracht, mußten die Jaenischs sich über zw ei Jahrzehnte m it sehr beschränkten w irts c h a ftlic h e n V e rh ä lt- nissen abfinden und w aren im m e r w ieder auf die H ilfe von Freunden ange- w iesen. Nach der Rückkehr aus J a ro s la v l' im F rü h ja h r 1813 ve rb ra ch te die F a m ilie ja h re la n g die Sommermonate auf den G ütern von Bekannten; fü r die W in te r w urde in Moskau ein Haus gem ietet. A ls jedoch 1816 die jün ge re T o ch te r s ta rb , wurde den E lte rn der A ufenthalt in diesem Hause u n e rträ g lic h . F ü r einige Z e it fanden sie Aufnahme be i e in e r alte n F re u n - din der F a m ilie , N a ta l'ja Andreevna K arpova. A ls diese zu Anfang des Jah re s 1820 s ta rb , nahm F ü rs t P. P. O doevskij die Jaenischs auf. Seit 1825 oder 1826 v e rk e h rte K a ro lin a Jaenisch, die in d ie se r Z e it ih re e rste n Gedichte sch rie b , im Salon d e r F ü rs tin Z inaida A leksan- drovna V olkonskaja. D o rt begegnete sie A . S. PuSkin, B a ra ty n s k ij, Sevyrev, 16 Jazykov, V ja z e m s k ij, C yprian D aszkiew icz und Adam M ic k ie w ic z Eine tie fe Zuneigung verband schon bald Adam M ickie w icz und K a ro lin a Jaenisch. 17 D ie V erlobung, die - in w elcher F o rm auch im m e r - v e rm u tlic h im N o- vem ber 1826 stattfand, lö s te heftige K o n flik te aus. Hätten die E lte rn aus Lie b e zu r T o chte r einer H e ira t m it dem m itte llo s e n Polen noch zugestim m t, so drohte der Erbonkel ־ ein B rud er K a rl Jaenischs, von dem das Schicksal der F a m ilie abhing ־ einfach m it Enterbung. Lange schwankte das junge Mädchen zw ischen Liebe und P flich tg e fü h l und gab sc h lie ß lich dem D ruck der Verw andten nach. Zu die ser Entscheidung mag beigetragen haben, daß die Leidenschaft Adam M ickie w iczs bald nachließ. Im A p ril 1829 trennte sich das Paar endgültig. Zeugnisse sind W idm ungsgedichte im A lbum des jungen Mädchens; sie w urden - m it Ausnahme der von Jazykov - von M ax Vasm er in der " Z e its c h rift fü r slavische P h ilo lo g ie " v e rö ffe n tlic h t (1959 - Х Х Ѵ П , S. 35-49). V g l. h ie rz u S. 27f. Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access H ie r brechen die biographischen M itte ilung en w ieder ab, b is zum Jahr 1836. V e rm u tlic h lebte K a ro lin a Jaenisch, die die Enttäuschung ih re r ersten großen L ie b e nur schwer überwinden konnte, in d ie se r Z e it sehr zu- rückgezogen, zum al sich auch der K re is um die F ü rs tin Volkonskaja nach deren Ü bersiedlung nach R alién aufgelöst hatte. Sie scheint die Jahre zu eingehender Beschäftigung m it in - und ausländischer L ite ra tu r genutzt zu haben; sie üb ersetzte v ie l und schrieb auch wenigstens ein Dutzend eigener Gedichte. 1833 erschien "D as N o rd lic h t” ; 1835 fo lg te n Auszüge aus e in e r 18 Ü bertragung von S c h ille rs '1 Jungfrau von O rleans" Im Jahre 1836 änderte sich durch den Tod des O nkels die W irtsch a ft- lie h e Lage der F a m ilie Jaenisch v ö llig . D ie N ichte erbte außer e in e r ansehn- liehen Geldsumme ein Haus in Moskau und ein Gut m it tausend Seelen im 19 Gouvernement R jazan' ; aus dem unvermögenden 'späten Mädchen' w ar p lö tz lic h eine gute P a rtie geworden. Noch in demselben Jahr w ar die H e ira t m it dem S c h rifts te lle r N iko ła j F ilip p o v ič Pavlov beschlossene Sache; die Hochzeit fandAnfang 1837 s ta tt. Das Ehepaar bezog das geerbte Haus. Ende 20 1837 oder Anfang 1838 wurde das einzige K ind, Ip p o lit N iko la e vič, geboren In d e r e rsten Schaffensperiode (etwa 1829 b is 1839) tra t das o rig in a le d ich te risch e Schaffen K a ro lin a Pavlovas h in te r einer regen Ü bersetzungstä- tig k e it zu rü ck. U nter anderen wurden PuSkin, Z u ko vskij, Jazykov und B a ra - ty n s k ij, M ic k ie w ic z , Scott, S c h ille r, Goethe und Heine, P e tra rc a und Dante 21 übertragen U nter dem E influß ih re s Mannes wandte sich K a ro lin a P avlo- va dann aber m ehr und m ehr eigener D ichtung zu. Ih re neuesten A rb e ite n 1T1G Revue germ anique. - T ro is iè m e s é rie . Tome quatrièm e. 12 num éro. P a ris 1835, S. 319-326. ✓ V g l. dazu 1 .1. Panaev, L ite ra tu rn y e vospom inanija, S. 177 und N .A . M el'gunov, P is'm a Gercenu; in : L ite ra tu rn o e nasledstvo, 1955 ־ Bd. 62, S. 354ff. 1844 w ird e r a ls siebenjährig bezeichnet (Ć iC erin, V ospom inanija, Bd. 1, S. 3). bi säm tlichen Nachschlagewerken fe h lt das G e bu rts- ja h r. V g l. h ie rz u die Ü bersicht auf S. 146-148. 18 19 20 21 Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access tru g sie zunächst den Besuchern ih re r Donnerstagabende v o r. In diesem Salon ve rke h rte n hervorragende V e rtre te r verschiedener g e is tig e r R ich tu n - gen. Gegen Endeder v ie rz ig e r Jahre hatte sich diese In s titu tio n jedoch durch die zunehmende V erhärtung der Standpunkte überle bt. Nach einigen harm onischen Jahren machten sich in der Ehe der P av- la v s wachsende Spannungen bem erkbar. N ik o ła j F ilip p o v ič v e rs p ie lte das Geld seiner F rau und betrog sie m it ih re r C ousine, die a ls 'a rm e V erw andte' von der F a m ilie aufgenommen w orden w a r. D er K o n flik t b lie b dem großen B e- kanntenkreis nicht verborgen. K a ro lin a rä chte sich dadurch, daß sie ih re n Mann bei je d e r Gelegenheit zu dem ütigen suchte; durch ih r ü b e rste ig e rte s G eltungsbedürfnis ve rsch e rzte sie sich die Sympathien gem einsam er Be- kannter. 1852 beschwerte sich K a rl Jaenisch, wohl im A u ftra g seiner T och- te r , beim M oskauer G eneral-G ouverneur über seinen Schwiegersohn, w e il d ie se r das ihm an vertraute Verm ögen K a ro lin a Pavlovas verschleudere. Das w ar dem Gouverneur ein w illko m m e n e r Anlaß, N iko ła j Pavlov wegen seiner p o litisch e n E instellung nach P erm " zu verbannen (1853), aber er w urde noch im selben Jahr begnadigt. Seine F ra u entzog sich den A n fe in - dungen der M oskauer G esellschaft durch ausgedehnte R eisen, auf die sie ih re E lte rn und den Sohn m itnahm . D ie w ichtig sten Stationen der nächsten v ie r Jahre w aren P etersburg, wo im Ju n i 1853 K a rl Jaenisch an der Cho- le ra sta rb , D orpat (1853/54) und w ieder P etersburg. D o rt b lie b K a ro lin a Pavlova knapp zw ei Jah re , b is Anfang 1856. A ufenthalte in Ita lie n und Kon- stantinopel fo lg te n . Aus den Jahren 1857 und 1858 liegen Zeugnisse aus der Schweiz sowie aus W e im a r, B e rlin und D resden v o r, wo sie sich im Novem - ber 1858 fü r einige Jahre niederließ ; der Zeitpunkt ih re r Ü bersiedlung nach 22 C ič e rin b e ric h te t: 1 1 Donnerstags tr a f sich bei ihnen die ganze zah l- re ic h e lite ra ris c h e G esellschaft der H auptstadt" (V ospom inanija, Bd. 1, S. 5). Dagegen nennt L . G rossm an schon im T ite l seines Buches den D ien- stag a ls Empfangstag: "V to rn ik u K a ro lin y P avlovoj. - Sceny iz ž iz n i m oskovskich lite ra tu rn y c h salonov 40-ch godov". (Odessa 1915, 2. A u fl. M oskva 1922) D ieses Buch w ar m ir tro tz a lle r Bemühungen n ich t zugänglich. - V e rm u tlic h is t die M itte ilu n g des Zeitgenossen C ič e rin zutreffend. 22 Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access H o ste rw itz is t n ic h t bekannt. Moskau besuchte sie nur noch zw e im a l: im Sommer 1858, um V erm ögensfragen zu re g e ln , und 1866 auf Einladung des "O bščestvo lju b ite le j R o ssijsko j slovesnosti p r i Im peratorskom M os- 23 kovskom U n iv e rs ite te " , dessen E h re n m itg lie d sie se it F e b ru a r 1859 w a r, zu einer Lesung aus ih re r W allenstein-Ü bersetzung. D ie e rs te Z e it nach der Ü bersiedlung w ar sehr schwer fü r sie: die M utter w ar bald nach dem V ater gestorben, der Sohn, um den sie e r- b itte rt gekäm pft hatte , b lie b b e i ih re m Manne; das Verm ögen, durch die S pielleidenschaft N ik o ła j P avlovs ohnehin s ta rk geschm olzen, w ar durch die Reisen v o lls tä n d ig aufgezehrt. So mußte sie von den geringen E inkünf- ten aus ih re r A rb e it leben. W ie in ih re r e rste n Schaffensperiode w idm ete sich die D ic h te rin auch in der le tz te n fa s t ausschließ lich der L ite ra tu rv e r- m ittlu n g . Sie üb ersetzte S c h ille r in s R ussische, A . K. T o ls to j und Chom- jakov ins Deutsche. - E rs t 1864 besserte sich die w irts c h a ftlic h e Lage. D urch die V e rm ittlu n g A leksej T o ls to js w urde ih r von der G ro ß fü rstin Elena Pavlovna eine Pension b e w illig t. Am 2 9 .3 ./ 1 0 .4.1864 sta rb in Moskau N ikoła j FilippoviC Pavlov, In den sie b zig e r Jahren werden die M itte ilung en über K a ro lin a Pavlova im m e r s p ä rlic h e r. Den einzigen Freund, A leksej T o ls to j, v e rlo r sie im September 1875. - 1882 sta rb ih r Sohn Ip p o lit, an dem sie sehr ge- 24 hangen hatte , obgleich sie sich wegen sein er le ich tsin n ig e n H e ira t m it In der B eilage zum Jubiläum sheft des "O b šče stvo .. . S. 37 is t die Pavlova m it Datum vom 11.2.1859 eingetragen. W ie sehr sie sich ihm verbunden gefühlt hatte, zeig t z .B . ein offen- s ic h tlic h an ihn gerichtete s Gedicht in deutscher Sprache, das etwa M itte der sieb zige r Jahre entstand (K. Pavlova 1964, S. 490): О rede nich t vom Scheiden und Entsagen, Von dem Gebot der unbarm herz'gen P flic h t! Den feuchten B lic k seh' ich dich nieder schlagen Ich glaube nur was deine T räne s p ric h t. О rede n ic h t! Du b le ib e st m ein, was auch die Lippen schwören, Du h ö rs t dein H erz sie e in e r Lüge zeihn; Du fü h ls t es tie f, daß w ir uns angehören, Du w eißt es w ohl, es kann n ich t anders sein, Du b le ib e st m e in ! 23 24 Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access Ihm überw orfen hatte . D a m it w aren die le tz te n Verbindungen zur Gegen- w a rt abgerissen, sie spann sic h ein in die E rinnerungen an ih re Jugendlie- be; ih re le tz te A rb e it w ar eine M ic k ie w ic z -Ü bertragung: "D ie d re i Söhne des L ith a u e rs Budr is . Von Adam M ic k ie w ic z . U ebersetzt von K a ro lin a v . Paw l o ff im 81. Jahre ih re s Lebens" 1891 begann die D ic h te rin , ih re W erke zu sam m eln, um sie neu h e r- auszugeben. Da sie jedoch schon bald krä n k e lte , w urde der Plan nich t m ehr ausgeführt. K a ro lin a K arlo vna Pavlova sta rb am 2 ./1 4 . 12. 1893 in H o s te r- w itz bei Dresden. V ie le E inzelheiten dieses Lebens kann man a ls typ isch ansehen fü r die Epoche und die dam alige G esellschaft. Es is t die Häufung solch c h a ra k - te ris tls c h e r Episoden ln e in e m Leben, die diese B iographie ungewöhnlich m acht, ih r einen beinahe m elodram atischen Grundzug v e rle ih t. Das M o tiv der Lie b e zwischen dem arm en, begabten Mädchen und dem genialen D ic h - te r fe h lt ebensowenig w ie das der G eldheirat nach e in e r unerw arteten E rb - schaft; der Ehemann ve rsch le u d e rt n ich t nur das Verm ögen seiner F ra u , e r b e trü g t sie auch noch; die klassische B ild u n g sre ise nach Ita lie n is t so u n v e r- me id i ich w ie im A lte r die Zurückgezogenheit in strenge E insam keit. U n ve r- kennbar is t, daß der durch äußere Umstände bedingte rom anhafte Zug von ih r selbst überzeichnet w urde. 25 V g l. hie rzu C ič e rin , V ospom inanija, Bd. 1, S. 121: D o rt w ird be- ric h te t, daß Ip p o lit le ic h ts in n ig , ohne Lie b e und ohne Berechnung geheiratet habe. D ie Ehe sei ge sche itert. Daten sind unbekannt. in : F e u ille to n der Deutschen R om an-Zeitung, B e rlin 1890, Sp. 57. Barbara Lettmann-Sadony - 9783954793495 Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 06:13:20AM via free access