Die Mitschuldigen E i n Lustspiel. Von Goethe. Acht« A « i 3 a 6 1. Leipzig, bey Georg Joachim Göschen, 1787. Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM Die Mitschuldige». E i n Lllstspiel. A Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM Personen. Der Wirth. Sophie/ feilte Tochter, Söller / ihr Manila Alecst. Ein Keller. Der Schauplatz ist im Wirthshaust Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM Erster Aufzug. D i e Wirths-Stubx, Erster Auftritt. Söller im Domino an einem $if<6<6oi, Bouteille Wein bor sich. Sophie gegen über, eine irejß« Feder auf einen Hui nähend. Der hjkth kommt herein. 3m Grunde steht ein Tisch mit Feder, ©inte und Papier, daneben eia Großvaterstuhl» Wirth. 0M)on wieder auf den Ball ! Zm Ernst, Herr Schwiegersohn, Ich hab'Sein Rasen satt, und dacht', Er blieb' davon. A a Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM 4 Die Mitschuldigen. Mein Mädchen hab' ich Ihm wahrhaftig nicht gegeben, Um so in Tag hinein von meinem Geld zu leben. Ich bin ein alter Mann, ich sehnte mich nach Ruh, Ein Helfer fthlte mir, nahm ich Ihn nicht dazu? Ein schöner Helfer wohl , mein Bißchen durch zubringen! Söll er summt ein Liedchen in den 35art» Wirth. Z«, fing' Er, sing'Er nur, ich will Ihm auch rin» singen ! Er ist ein Tangenicht», der voller Thorheit steckt. Spielt, saust nnb Tabak raucht, «nd tolle Streiche heckt. Die ganze Nacht geschwärmt, den halben Tag im Berte ; Kein Herzog ist im Reich, der besser-Leben hätte. Da sitzt da» Abenteu'r mit westen Ermeln da. Der König Hasenfuß! Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM Ein Lustspiel. a Söller irinkk. Ihr Wvhlergchn, Papa! Wirth. Ein saubres Wohlergehn ! das Fieber möcht' ich kriegen. Sophie. Mein Vater, seyn Sie gut! Söller trinkt. Mein Fickchen, Dein Vergnügen ! S c p h i e. Vergnügen ! Könnt' ich Euch nur einmal einig sehn! Wirth. Wenn er nicht anders wird, so kann das nie geschehn. Ich bin wahrhaftig längst dc'Sew'gen Zankcns müde, Doch wie er's täglich treibt, da halt' der Henker Friede ! Er ist ein schlechter Mensch, so kalt, so utv dankbar ; Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM 6 Die Mitschulditzen. Cr sieht nicht was er ist, er denkt nicht was er war, Nicht an die Dürftigkeit, aus der ich ihn gc< rissen. An seine Schulden nicht, die ich doch zahlen müssen. Man sieht, es bessert auch nicht Elend, Reu' noch Zeit ; Einmal ein Lumpenhund, bleibt man's in Ewigkeit. Sophie. Er ändert sich gewiß. Wirth. Muß er's so lang' verschieben? Sophie. Das ist nun Zngendart. Söller trittst. Ja, Fiekchen, was wir lieben ! Wirth. Zum einen Ohr hinein, zum andern flugs heraus ! Er hört mich nicht einmal. Was bin ich denn im Haus? Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM Ein Lustspiel. ? Ich hab' nun zwanzig Jahr mit Ehren mich gehalten. Meint Er- was ich erwarb, damit woll' Er mm schalten, Und woll' eS nach und nach vertheilen ? Nein, mein Freund, Das laß' Er Sich vergehn! So bvs ist's nicht gemeint! Mein Stuf hat lang gewährt, und soll noch länger währe», Es kennt die ganze Welt den Wirth zum schwarzen Bären. Es ist kein dummer Bär, er conservirt sei» Fell; Jetzt wird mein Haus gemahlt, und dann heiß' ich's Hotel. Da regnct's Cavaliers, da kommt das Geld mit Hansen ; Doch da gilt'S fleißig seyn, miö nicht sich dumm zu saufen! Nach Mitternacht zu Den', und Morgens auf bey Zeit, So heißt'S da! Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM s Die MNschaldi-en. Söller. 95K dahin ist es noch ziemlich weit. Ging'S nur so seinen Gang, und wär' nicht täglich schlimmer, Wer kommt denn viel zu uns? Da droben stehn die Zimmer. Wirth. Werreist denn jetzt auch viel? Das ist nun so einmal, Und hat nicht Herr Alcest zwey Stuben und den Saal? Söller. Ja, ja, das ist schon was, das ist ein guter Kunde; Allein Minuten sind erst sechzig eine Stunde, Und dann weiß Herr Alcest warum er hier ist. Wirth. Wie ? Söller. Ach apropos, Papa ! Man sagt mir heute früh, Zn Deutschland gäb's ein Corps von braven jungen Leuten, Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM Ein Lustspiel. 9 Die für America Succurs und Geld bereiten. Man sagt, es wären viel, und hätten Much genug, Und wie das Frühjahr käm', so geh' der ganze Zug. Wirth. Za, ja, beym Glase Wein hört' ich wohl man chen prahlen, Er ließe Haut und Haar für meine Provin zialen: Da lebt' die Freyheit hoch, war jeder brav und kühn, Und wenn der Morgen kam, ging eben keiner hin. Söller. Ach es gibt Kerls genug, bey denen'S immer sprudelt ; Und wenn jb einen denn die Liebe weidlich hudelt, Da miißt's romanenhaft und wohl erhaben stehn, So mit dem Keys voran , in alle Welt zu gehn. Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM »o Die Mitschuldigen. Wirth. Wenn einen nur die Lust von unsern Kunden triebe. Der auch hübsch artig wär' und dann uns manch u:a! schriebe, Da- wär' doch noch ein Spaß ! Söller. Es ist verteufelt weit. Wirth. Eh nun, was liegt daran? Der Brief laust eine Zeit. Zch will doch gleich hinauf in kleinen Vorsaal gehen. Wie weit» ist, ungefähr auf meiner Karte sehen. Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM Ein Lustspiel. ii Zweyter Austritt. Sophie. Söller. Söller. Ha, es ist nichte so schlimm, die Zeitung macht e doch gut. Sophie. Ja, gib ihm immer nach! Söller. Ich hab' kein schnelles Blut, Das ist sein Glück! Denn sonst mich so zu kujo- niren ! Sophie. Ich bitt' Dich! Söller. Nein , man muß da die Geduld verlieren ! Ich weiß das alles wohl, daß ich vor einem Jahr Ei« lock'rer Passagier und voller Schulden war — Sophie. Mein Guter, sey nicht bös. Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM 12 Die Mitschuldigen Söller. Er schildert mich so graulich. Und doch fand mich Sophie nicht ganz und gar abscheulich. Sophie. Dein ew'ger Vorwurf läßt mich keine Stunde froh. Söller. Ich werfe Dir nichts vor, ich meine ja nur so. Ach eine schöne Frau ersetzet und unendlich. Es sey nun wie ihm will ! Siehst Du, man ist erkenntlich. Sophie, wie schön List Du, und ich bin nicht von Stein, Ich kenne gar zu wohl das Glück Dein Mann zu seyn; Ich liebe Dich — Sophie. Und doch kannst Du mich immer plagen? Söller. 0 geh^ was liegt denn dran? Das darf ich ja wohl sagen: Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM Ein Lustspiel. »Z Daß Dich Alcest geliebt, daß cv für Äich ge» bxannt, Daß Du ihn auch geliebt, baß Du ihn lang' gekannt. Sophie. Ach! Söller. Nein, ich wüßte nicht, was ich da böses sähe! Tin Däumchen , das man pflanzt , das schießt zu seiner Hobe, Und wenn eS Früchte bringt, et; ! da genießet fle Wer da ist; über'üZahr gibl'6 wieder. Za, Sophie, Ach kenne Dich zu gut, um was daraus zu machen, Ach find'« nur lächerlich. Sophie. Ach finde nichts zu lachen. Daß mich Aleest geliebt, daß er für mich ge» brannt. Daß ich ihn auch geliebt, daß ich ihn lang' ge» kannt, Was ifi'S nun weiter? Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM 14 Die Mitschuldigen^ Söller. Nichts ! Das will ich auch nicht sagen, Daß es wa« weiter ist. Denn ln den ersten Tagen, Wenn Dir das Mädchen keimt, da liebt sie eine zum Spaß, Es krabbelt ihr um's Herz, und sie versteht nicht was. Man küßt beym Pfänderspiel, und wird allmä- lig größer. Der Kuß wird ernstlicher und schmeckt nun im« mer besser. Und da begreift sie nicht, warum die Mutter schmält. Woll Tugend wenn sie liebt, ist's Unschuld wenn sie fehlt. Und kommt Erfahrenheit zu ihren aUdern Gaben, So sey ihr Mann vergnügt ein kluges Weib zu haben! Sophie. Du kennst mich nicht genug. Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM I? Ein «uftspitf. Söller.. O laß bad immer fern, Dem Mädchen ist ein Kuß , was uns ein Glas mit Wein- Tins, und dann wieder eins, und noch eins, bis wir sinken. Wenn man nicht taumeln will, so muß man gar nicht trinke»! Genug Du bist nun mein ! — Ist es nicht viert» halb Jahr, Daß Herr Alcest Dein Freund und hier in> Haufe war? Wie lange war er weg? Sophie. Drey Jahre, denk' ich. Söller. Drüber. Nun ist er wieder da, schon vierzehn Tage — Sophie. Zu was dient der Diseurs? Lieber, Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM 16 Dis Mitschuldigen. Söller. Eh nun , daß man was spricht, Denn zwischen Mann und Frau redt sich so gar viel nicht. Warum ist er wohl hier? Sophie. Eh nun, sich zu vergnügen. Söller. Ich glaube wohl. Du niaqst tütn sehr am Her zen liegen. Wenn er Dich liebt«, hel gäbst Du ihm wohl Gehör? Sophie. Die Liebe kann wohl viel, allein die Pflicht noch mehr. Du glaubst? — Söller. Ich glaube nichts , und kann das wohl begreifen, Ein Mann ist immer mehr, als Herrchen die nur pfeifen. Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM Ein Lustspiel. I? Der allersüßte Ton, den auch der Schäfer hat, Ee ist doch nur ein Ton, und Ton, den wird man satt. Sophie. Za Ton ! Nun gut, ihr Ton ! doch ist der Deine besser ? Die Unzufriedenheit in Dir wird täglich größer. Nicht einen Augenblick bist Du mit Necken still. Man sey erst liebenöwerth , wenn man geliebt seyn will. Warst Du denn wohl der Mann ein Mädchen zu beglücken? Erwarbst Du Dir ein Recht mir ewig vorzu rücken, Was doch im Grund' nichts ist? Es wankt da« ganze Hau«, Du thust nicht einen Streich, und gibst am mei sten aus. Du lebst in Tag hinein ; fehlt Dir'«, so machst Du Schulden, Und wenn die §rau was braucht, so hat sie kei nen Gulden. D Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM 18 Die Mitschuldigen Unb Du fragst nicht darnach, wo fie ihn kriegen kann ; Willst Du ein braves Weib , so sey ein rechter Mann ! Verschaff' ihr was sie braucht, hilf ihr die Zeit vertreiben, Und um da« übrige kannst Du dann ruhig bleiben. Söller. Eh , sprich den Barer an ! Sophie. Dem käm' ich eben reche. Wir brauchen so genug, und alles geht so schlecht. Erst gestern mußt' ich ihn nothwendig etwas bitten. Ha, rief er, Du kein Geld, und Söller fährt im Schlitten? Er gab mir nichts und lärmt' mir noch die Oh ren voll. Nun sage mir einmal, woher ich'S nehmen soll? Denn Du bist nicht der Mann für eine Frau zu sorgen. Unauthenticated Download Date | 7/4/19 6:02 AM