1 Untersuchung von 250 konsekutiven unselektierten Berichten über bezahlte Sexkontakte in einem südwestdeutschen Freierforum Thomas Schmitt Dezember 2024 Kontakt: prostschutz2@t-online.de 2 Problemstellung Frau Huschke Mau (Netzwerk Ella) und Herr Gerhard Schönborn (Verein Neustart e.V. – Christliche Lebenshilfe Berlin) äußerten sich im Rahmen der Sachverständigen-Anhörung des Familienausschusses des Bundestages vom 23.9.2024 zum Thema „Sexkaufverbot“ auch eingehend zum Freierverhalten und zu Freierforen. Sie stellten gewalttätiges, rücksichtsloses, frauenverachtendes und rassistisches Verhalten von Freiern, wie es ihnen aus Gesprächen mit Prostituierten sowie aus Freierforen bekannt wurde, nicht als (ggf. sogar nach jetzigem Recht bereits strafbares) Fehlverhalten einzelner Freier, sondern als Standard dar, d.h. als repräsentativ und typisch für alle diejenigen Männer, die sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nehmen. SM-Praktiken, von Freiern an Prostituierten ausgeübt, seien mittlerweile Standard – auch außerhalb der BDSM-Szene. Würgen sei aktuell ein großes Thema, ebenso schmerzhafter Analsex. Die Freier schauen härteste Gewaltpornos, und die Prostituierten seien dann „die Kanarienvögel“, an denen die Freier dann das Gesehene in der Praxis einüben würden. Außerdem sei Rassismus in Freierforen extrem verbreitet und würde durch entsprechende rassistische Abkürzungen von der Forenleitung noch gefördert. Freier und Zuhälter seien „partners in crime“. Eine daraufhin initiierte Untersuchung der Freier-Berichte in einem westdeutschen Freierforum weitab der Berliner Szene (Rheinforum; schwerpunktmäßig Ruhrgebiet und nördliches Rheinland-Pfalz), beruhend auf 263 im Rahmen der Darstellungsweise im Forum konsekutiven, unselektierten Freierberichten über tatsächlich stattgefundene bezahlte heterosexuelle Sexkontakte mit cis-Frauen aus der Zeit vom 26.8. bis 26.9.2024 konnte die Aussagen von Frau Mau und Herrn Schönborn jedoch nicht bestätigen. 13,8 % der 263 Berichte betrafen ausschließlich erotische Massagen aller Art, 3,8 % erotische Massagen in Kombination mit mindestens einer Oralsexpraktik, 78,3 % konventionellen Hetero-Sex. 3,0 % schilderten BDSM-Kontakte, in allen diesen Fällen war jedoch der Freier Sklave/Sub und die (aus der Sichtweise von Außenstehenden) erniedrigenden oder schmerzhaften Praktiken wurden von der Prostituierten an ihm ausgeführt. Von einer Prostituierten als Sub, die entsprechende Praktiken „erlitt“, war in keinem Bericht die Rede. Lediglich in zwei Berichten (0,8 %) wurde von konsentiertem Spanking der Prostituierten berichtet (außerhalb der BDSM-Szene). Kein Bericht (von n = 296 Berichten) enthielt rassistische Äußerungen im Sinne der Rassismus-Definition von Wikipedia. Es traf auch nicht zu, dass die Prostituierten in den Freierforen grundsätzlich „verrissen“ oder „niedergemacht“ werden: 67 ,9 % der Berichte waren zumindest in der Gesamtschau positiv (42,3 % eindeutig oder ganz überwiegend positiv, weitere 14,2 % überschwänglich oder begeistert positiv), 18,5 % der Berichte waren in der Gesamtschau von einer eher negativen Tendenz (darin enthalten: 13,0 % eindeutig oder ganz überwiegend negativ). Sehr negative Berichte, z.T. mit warnendem Charakter, gab es vor allem in Fällen von Fakes (Adresse stimmt nicht, Bilder anderer Frauen als eigene ausgegeben usw.), nicht stattgefundenen Terminen nach Anreise des Freiers (z.B. Prostituierte öffnete die Tür nicht oder meldete sich nicht mehr) oder Betrugsfällen (nach Vorkasse oder Anzahlung fand kein 3 Date statt). Sofern es dann zu gar keinem sexuellen Kontakt kam, gingen diese Berichte aber nicht in die statistische Auswertung ein, weil sich letztere auf die Untersuchung der Rheinforums-Berichte über „ tatsächlich stattgefundene bezahlte Sexkontakte “ beschränkte, die im Nordischen Modell als Straftat verfolgt würden. Ein verabredetes, aber letztlich nicht stattgefundenes Sexdate oder eine Vorauszahlung/Anzahlung für ein dann nicht stattgefundenes Sexdate wären keine vollzogene Straftat nach dem Sexkaufverbot, es sei denn, der Gesetzgeber schreibt i ns Strafgesetzbuch „Der Versuch ist strafbar“. Des Weiteren wurden, entgegen den Äußerungen von Herrn Schönborn, auch keine Fotos gefunden, die Freier von den Prostituierten in die Berichte gestellt hatten. Allenfalls wurde auf Internetseiten außerhalb des Forums verlinkt, auf denen sich die Prostituierten selbst mit Bildern präsentierten, also auf den eigenen (Werbe-)Content der Prostituierten. Die Untersuchung der unselektierten Freierberichte im Rheinforum aus einem Zeitraum von einem vollen Monat konnte somit die Berichte von Frau Mau und Herrn Schönborn nicht einmal ansatzweise bestätigen. Die Diskrepanz zwischen der Forumsrealität und den Aussagen zum Freierverhalten in der Anhörung des Familienausschusses ist eklatant. Anzumerken ist, dass in der Untersuchung des Rheinforums nur die Berichte der Freier selbst Berücksichtigung fanden, da nur diese als authentisch zu bewerten sind und das Freierverhalten in der Interaktion mit der konkreten Prostituierten sowie die Einstellung des konkreten Freiers zu der konkreten Prostituierten widerspiegeln - Kommentare von Dritten, Unbeteiligten, womöglich Forentrollen zu einem von einem anderen Freier berichteten Sexdate blieben bei der Untersuchung unberücksichtigt. Im Fokus der Untersuchung standen die Berichte der Freier selbst, nicht die Reaktionen Dritter, die an dem Sexdate unbeteiligt waren. Die Untersuchung der Freierberichte des Rheinforums T. SCHMITT (2024): „Untersuchung von 263 unselektierten Berichten über bezahlte Sexkontakte in einem westdeutschen Freierforum“ ist hier veröffentlicht: https://pdfhost.io/v/TxJgxNd2r_Untersuchung_von_263_unselektierten_Berichten_ber_bez ahlte_Sexkontakte_in_einem_westdeutschen_Freierforum Da das Rheinforum die am dichtesten besiedelte Region Deutschlands (Ruhrgebiet) umfasst, kann ihm eine gewisse Repräsentativität für Deutschland, jedenfalls Westdeutschland fern der Berliner Szene mit ihrer Kurfürstenstraße, unterstellt werden. Weil die Erkenntnisse aus der Analyse aller unselektierten Forenberichte über einen vollen Monat hinweg nun aber in massivem Widerspruch zu den Aussagen von Frau Mau und Herrn Schönborn standen, erwies es sich als notwendig zu untersuchen, ob das Rheinforum einen „rühmlichen Ausnahmefall“ in der Freierforen-Szene darstellt oder ob sich diese Ergebnisse in einem anderen großen Freierforum weitab der Berliner Szene replizieren lassen. Hierzu wurde ein zweites großes Freierforum ausgesucht, das sich in der räumlichen Zuständigkeit mit dem Rheinforum nicht oder allenfalls marginal überschneiden sollte. Dabei stellte sich das BW7-Forum als räumlich geeignet heraus, das im Wesentlichen Baden-Württemberg und 4 angrenzende Gebiete (Teile von Hessen, südliches Rheinland-Pfalz, angrenzende Gebiete Bayerns) umfasst. Die Untersuchung erfolgte diesmal ausschließlich prospektiv. Die Methode aus der Untersuchung der Freierberichte des Rheinforums wurde grundsätzlich übernommen, aber an die Erfordernisse und Besonderheiten des BW7-Forums angepasst sowie um einige Aspekte erweitert. Methode Die Grundzüge der Methodik wurden in der Studie zum Rheinforum eingehend beschrieben (Link s.o.), so dass hier auf diese verwiesen wird. An dieser Stelle wird nur auf die Abweichungen in der Methodik eingegangen. Vorgegeben war erneut eine Anzahl von 250 konsekutiven Berichten, aus denen die jeweils praktizierten Sexpraktiken hervorgingen. Zusätzlich wurden Berichte erfasst, die für die Auswertung der Sexpraktiken nicht detailliert genug waren, aber eine Einordnung auf der 6- stufigen Positiv-Negativ-Skala der Bewertung der Prostituierten zuließen, die in der Studie zum Rheinforum detailliert beschrieben wurde. Anders als das Rheinforum unterscheidet das BW7-Forum nicht zwischen Frage- und Berichts-Kategorien für Threads. Auch Fragen zu konkreten Prostituierten oder Prostitutionsorten werden als „ Berichts-Threads “ klassifiziert. Insoweit waren im BW7- Forum alle Berichts-Threads auf neue Beiträge, die in den Untersuchungszeitraum fallen, zu öffnen und zu prüfen. Beiträge von Berichtscharakter, die vor dem Stichtag des Beginns des Untersuchungszeitraumes (7.10.2024) gepostet wurden, blieben dabei unberücksichtigt. Über den Button „ neue B eiträge“ lassen sich chronologisch von neu nach alt alle Threads öffnen, in die neue Beiträge eingefügt wurden, oder die neu angelegt wurden. Dies ermöglicht eine prospektive Untersuchung, bei der sichergestellt ist, dass kein Berichts- Beitrag entgeht, der einer Berichte-Kategorie zugeordnet ist, auch wenn der Thread mit einer Frage beginnt (und daher im Rheinforum als Frage-Thread klassifiziert worden wäre). Berichte aus dem Ausland (z.B. angrenzende Gebiete der Schweiz und Österreichs) blieben analog der Untersuchung des Rheinforums unberücksichtigt. Berichte aus Massage- und BDSM-Threads wurden inkludiert, Swinger-Clubs und Transsexuelle exkludiert. Die Inklusions- und Exklusionskriterien, die Datenerfassung in Excel und die Auswertungsmethodik entsprechen jener aus der Untersuchung des Rheinforums (s. dort), auch um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherzustellen. Um die Reproduzierbarkeit des Datensatzes zu ermöglichen, wurden – abweichend vom Rheinforum – der Name des Threads und die Uhrzeit des Postings ebenfalls in der Excel- Tabelle erfasst. Dies war erforderlich, weil bei der späteren Suche nach bestimmten Beiträgen der einzelnen Mitglieder im BW7-Forum nicht (wie im Rheinforum) die konkreten Beiträge (nur) dieses Mitglieds angezeigt werden, sondern nur jeweils die Threads als Ganzes, in denen das Mitglied irgendein Posting verfasst hat. Diese Threads muss man dann (ggf. seitenlang) öffnen, um den konkreten gesuchten, über Tag und Uhrzeit eindeutig definierten Beitrag des betreffenden Mitglieds zu finden. Dies ist zwar grundsätzlich möglich, aber extrem zeitaufwendig, wenn man die Studienergebnisse (Datensatz) nachvollziehen und überprüfen möchte oder auch nur einen speziellen Beitrag sucht. Über die Suchfunktion 5 mit Eingabe des Titels des konkreten Threads lässt sich der betreffende Beitrag (mit den Informationen: Titel des Threads; Nickname des Postenden; Datum; Uhrzeit) viel schneller auffinden. Darum wurden alle vier Informationen (Name des Threads, Nickname, Datum, Uhrzeit) erfasst, damit die untersuchten Beiträge nachträglich ohne großen Aufwand wiedergefunden werden können. Abweichend von der Untersuchung des Rheinforums wurde in den Berichten konkret auf „Würgepraktiken“ – auch bei der Beschreibung konventioneller Sexpraktiken, also außerhalb der BDSM-Szene – geachtet, da diese von Frau Huschke Mau in der Anhörung des Familienausschusses besonders hervorgehoben worden waren. Dabei sind zwei Formen des Würgens zu unterscheiden, auf die beide auch Frau Mau hingewiesen hat: Würgen und Erbrechen durch tiefes Einführen des Penis in den Hals der Prostituierten, und Würgen des Halses im Sinne der Atemdepression/-kontrolle. Außerdem wurden, soweit angegeben, die bezahlten Grundpreise exklusive separat erwähnter und separat bepreister Extras erfasst (ggf. Preise für in Anspruch genommene Extras separat aufgenommen). Die – abgesehen von den vorstehend genannten Abweichungen – übereinstimmende Methodik mit der Untersuchung des Rheinforums ermöglicht einen direkten Vergleich der beiden Untersuchungen. Jene Absätze des Diskussions-Teils aus der Rheinforum-Untersuchung, für die sich durch die neue Untersuchung keine Änderungen ergeben, wurden übernommen. Daraus resultieren größere textliche Überschneidungen zwischen beiden Abhandlungen im Kapitel „Diskussion“ Die Datenerhebung begann mit dem 7.10.2024 (Tagesbeginn) und endete in der Nacht vom 12.11.2024 auf den 13.11.2024 mit dem 250. Bericht, der den Inklusionskriterien für die Untersuchung der Sexpraktiken entsprach. Wenn ein Bedarf zur Überprüfung und Reproduktion der Ergebnisse besteht, kann die xls- Liste als PDF über die Email-Kontakt-Adresse vom Autor angefordert werden. Es ist darauf hinzuweisen, dass sich die in den Threads angegebenen Uhrzeiten durch die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit um eine Stunde verschieben. Die in der xls-Liste angegebenen Uhrzeiten können daher um exakt eine Stunde von der in der xls-Liste erfassten Uhrzeit abweichen. Im Untersuchungszeitraum erfolgte die Umstellung von Sommer- auf Winterzeit. Ergebnisse Mit der im Methodenteil beschriebenen Erfassungsmethode wurden zwischen dem 7.10.2024 und der Nacht zwischen dem 12. und 13.11.2024 exakt 250 Berichte erfasst, die Aussagen zu den praktizierten Sextechniken zulassen. 362 Berichte erlauben eine Aussage, 6 ob der Berichterstatter die Prostituierte personenbezogen (Aussehen, Verhalten, sexuelle Leistungen) positiv oder negativ beschreibt (6-Stufen-Skala); davon waren 112 Berichte nicht detailliert genug, um sie in Hinblick auf die Sexpraktiken auswerten zu können (in der xls- Liste orange hinterlegt). Alle 362 Berichte erlaubten auch eine Bewertung nach dem Kriterium „rassistisch“ (im Sinne der Wikipedia-Definition). 8 weitere Berichte konnten in keine Auswertung aufgenommen werden, weil sie weder in Hinblick auf die Sexpraktiken noch die Bewertung der Prostituierten aussagekräftig waren oder Verdacht auf Werbe-/Fake-Berichte bestand. Einmal handelt es sich um einen offensichtlich doppelten Bericht über denselben Sexkontakt unter verschiedenen Nicknames (dieser Bericht wurde nur einmal erfasst). Diese 9 Berichte wurden in der Excel-Liste, die insgesamt 371 laufend nummerierte Einträge umfasst, grau hinterlegt. Sextechniken (n = 250) Erfasst wurden die gemäß den Berichten tatsächlich stattgefundenen Sexpraktiken, nicht dagegen Praktiken, die ggf. im Vorfeld verabredet oder auch bezahlt worden waren, zu denen es dann aber aus verschiedensten Gründen doch nicht kam. 30 Kontakte (12,0 %) beschränkten sich auf irgendeine Form der erotischen Massage (mit oder ohne Handentspannung, Body-to-Body usw.). Bei 8 weiteren Massage-Kontakten (3,2%) kam noch mindestens eine Oralsex-Praktik hinzu (6 x nur Blowjob, 1 x Blowjob und Cunnilingus, 1 x Cunnilingus und Zungenküsse). 2 Kontakte (0,8 %) beschränkten sich auf einen „Handjob“, 1 Kontakt (0,4 %) auf „Chillen, sich unterhalten“, 1 Kontakt auf eine Penismassage mit einem Gerät, was zwar zur Ejakulation beim Kunden führte, allerdings nicht dem Wunsch des Kunden entsprach, der gern Oralsex gehabt hätte. 2 Kontakte (0,8 %) betrafen BDSM mit dem Freier als Sub/Sklave, so dass die Prostituierte als Domina/Herrin agierte; einmal näher beschrieben (u.a. Facesitting, „Natursekt“ auf den Freier, Analverkehr beim Freier, Vibrator anal, Augenbinde, Gagball). Es ist hier zu betonen, dass diese Praktiken am Freier und nicht an der Prostituierten ausgeführt wurden. In einem weiteren Bericht (0,4 %) wünschte der Kunde, dass die Prostituierte auf seinen Penis uriniert, was auch gelang. Stuhlgang auf seinen Penis hätte er auch gern gehabt, dies konnte aber von der Prostituierten trotz entsprechenden Bemühens nicht umgesetzt werden, wofür der Freier aber Verständnis aufbrachte („Wofür ich Verständnis hatte, sie ist darin kein Profi, die es auf dem Gebiet gibt und keine Maschine. Für mich war es ein Versuch wert. Daraufhin gab es nur NS. Dafür viel. Was für mich dann auch vollkommen in Ordnung war.“) In einem Clubbericht ist von „Ohrfeigen“ und „Hände um den Hals“ die Rede (neben „Standard - Sex“ mit GV, Blowjob, Cunnilingus, Zungenküssen): „Ging auch zwischen durch sehr wild und hart zu. Ohrfeigen und Hände um den Hals. Ich habe immer zwischen drin gesagt, wenn es zu hart ist soll sie es sagen. Sie hat deutlich zu verstehen gegeben das[s] ihr die Gangart gefällt.“ 7 Bemerkenswert ist auch der weitere Verlauf: „Nach 25 Minuten war noch kurz kuscheln angesagt. Wollte dann schon aufstehen, da Zeit rum war, aber sie hat noch fast 15 Minuten drauf gepackt. Habe sie noch intensiv gestreichelt und eine Gesichtsmassage verpasst. .... Habe 150 Euro für 30 min bezahlt. Am Ende war es doch 45 min. Sie hat mir extra gesagt es bleibt bei den 150.“ (aus: „Sharks – Auge in Auge mit den Haien“, 7.10.2024, 13:10 Uhr Winterzeit bzw. 14:10 Uhr Sommerzeit). Abgesehen von diesem Hinweis auf „Hände um den Hals“ gab es keine Berichte über Würge- oder Atemkontroll-Praktiken an Prostituierten, wie auch nicht über Würgen oder Erbrechen infolge von Oralsex berichtet wurde. „Hände um den Hals“ bedeutet für sich alleingenommen noch nicht zwingend Würgen oder Atemdepression und kann auch dem Halt und der Abstützung des Mannes beim Sex dienen. Im oben beschriebenen Fall war die Prostituierte mit dem Ablauf des Kontaktes offensichtlich sehr zufrieden (u.a. auch Hinweis auf intensiven Zungenkuss zum Abschied; um 50 % verlängerte Zeit ohne Aufpreis). Es gab keinen BDSM-Kontakt, bei dem die Prostituierte als Sub/Sklavin behandelt wurde. Es gab keinen Bericht darüber, dass eine Prostituierte selbst mit Urin ( „ Natursekt “ ), Kot ( „ Kaviar “ ) bedeckt wurde oder Praktiken an ihr ausgeführt wurden (mit Ausnahme der oben bereits beschriebenen Situationen), die den BDSM-Bereich tangieren könnten. 204 Kontakte (81,6 %) stellten sich als konventionelle heterosexuelle Sexkontakte dar, gekennzeichnet durch Oralverkehr (Blowjob, ggf. Cunnilingus/69) und/oder vaginalen und/oder analen Geschlechtsverkehr (Freier aktiv). 18 dieser 204 Kontakte (7,2 % bezogen auf n = 250) beschränkten sich auf Oralsex (8 x nur Blowjob, 2 x Blowjob und Handjob, 1 x Blowjob und Rimming bei ihr, 3 x Blowjob und Cunnilingus, 1 x Blowjob und Zungenküsse, 2 x Blowjob, Zungenküsse und Cunnilingus und 1 x Blowjob und „Tittenfick“) . 1 weiterer Kontakt (0,4 %) beschränkte sich auf Cunnilingus. Bei 187 Kontakten (74,8 %) kam es zu vaginalem und/oder analem Geschlechtsverkehr (vgl. Abbildung 1). Vaginaler Geschlechtsverkehr erfolgte dabei bei 186 Kontakten (74,4 %). Zungenküsse wurden für 69 der 250 Kontakte berichtet (27,6 %), Cunnilingus für 90 Kontakte (36 %). Zungenanal am Freier wurde 1 oder 2 mal berichtet (in einem der Fälle blieb unklar, ob an ihm oder an ihr praktiziert), 3 oder 4 mal berichtete der Freier, dass er selbst Zungenanal an der Prostituierten vollzogen hat. Bezogen auf alle 250 bezahlten Sexdates ergeben sich 193 x Blowjob (77,2 %), 59 x Massage (23,6 %), 186 x vaginaler Geschlechtsverkehr (74,4 %), 2 oder 3 x Analverkehr (bei einem Kontakt ist die Formulierung nicht ganz eindeutig) (0,8 oder 1,2 %) (Abbildung 2). Spanking wurde nicht berichtet (wenn man von dem oben erwähnten Bericht über Ohrfeigen absieht). Bemerkenswert ist auch ein Bericht, in dem eine Prostituierte dem Freier ein offenbar kondomfreies Extra anbot, was dieser aber ablehnte und ihr ausdrücklich davon abriet, dieses anzubieten („allerdings hat sie nach der ersten Runde ein Extra für 50 € angeboten. 8 Ich habe dankend abgelehnt und ihr über den Translator mitgeteilt, dass sie das besser nicht anbieten sollt e“) (Anna K. ... im Remstal, 17.10., 17:43 Uhr). Sonstige: 1 x Chillen/unterhalten; 1 x Penismassage mit Gerät, 2 x nur Handjob Analverkehr: 0,8 oder 1,2 %; Zungenanal am Kunden: 0,4 oder 0,8 %; Würgen/Strangulieren: 1 x „Hände am Hals“ beschrieben, aber ohne expliziten Hinweis auf Würgen/Atmungskontrolle 12 3,2 7,6 0,8 0 1,6 74,8 0 10 20 30 40 50 60 70 80 erot. Massage, evtl. Handentsp., kein Oralsex erot. Massage + Oralsex nur Oralsex BDSM, Freier als Sub BDSM, Prostituierte als Sub/Sklavin Sonstige GV und/oder AV; mit oder ohne Oralsex Abb. 1: Klassifizierung der bezahlten Sexkontakte in % (n = 250) 77,2 74,4 27,6 36 1,2 0,8 0 0 23,6 0,4 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Abb. 2: prozentuale Häufigkeit ausgewählter Sexpraktiken in den 250 Berichten 9 Fotos Keiner der Freier stellte erkennbar selbst bzw. heimlich angefertigte Fotos von den Frauen ins Forum (vgl. Herr Schönborn in der Anhörung des Familienausschusses bei 1:46)*. Es gab einige Berichte mit Fotos der Frauen, diese waren aber – soweit beurteilbar und auch von ihrem Charakter her – von Präsentationen der Frauen auf Internetseiten in die Berichte eingepflegt, oft mit den üblichen Verfremdungen/Retuschen. Die urheberrechtliche Seite dieser direkten Einpflege von Bildern, die auf anderen Internetseiten öffentlich oder einem begrenzten Teilnehmerkreis (z.B. zahlenden Mitgliedern einer Paysex-Seite, auf der sich Prostituierte werblich mit Fotos präsentieren) zugänglich sind, kann an dieser Stelle nicht beurteilt werden. (Das Rheinforum löst dieses Problem durch Verlinkung auf die betreffende Internetseite, wo die Fotos präsentiert werden). *(Zitat Herr Schönborn, S. 33 des Wortprotokolls (zu Freierf oren): „ bis ins kleinste Detail werden sie beschrieben, fotografiert und ins Netz gestellt“). Preise Für 206 der 371 erfassten Kontakte (=362 + 9, Erläuterung s.o.) wurden Preise angegeben (ohne Gesamtpreise für Dreier, die unberücksichtigt blieben). Sofern Preise für ggf. in Anspruch genommene Extras separat ausgewiesen wurden, wurde nur der Grundpreis in die Auswertung aufgenommen; waren Extras im Gesamtpreis inkludiert, wurde dieser zugrunde gelegt. Der Durchschnittspreis (ohne separat mit Preis ausgewiesene Extras) lag bei 122,28 Euro (n = 206). Bei 16 Kontakten – oft Straßenstrich oder Laufhaus – wurde keine konkrete vereinbarte Zeit angegeben. Der Durchschnittspreis betrug hier 49,38 Euro. Bei 12 Kontakten wurde eine vereinbarte Zeit von 15 oder 20 Minuten angegeben oder von einem „Quickie“ gesprochen. Hier ergab sich eine Preisspanne zwischen 30 und 100 Euro bei einem Durchschnittpreis von 49,58 Euro. Bei 88 Kontakten war eine Zeit von 30 Minuten vereinbart worden; hier ergab sich ein Durchschnittspreis von 94,09 Euro (ggf. zzgl. Extras) bei einer Spanne von 40 bis 160 Euro. Die 40 Euro bezogen sich auf eine Massage; 2 x wurden 50 Euro und 3 x 60 Euro bezahlt. Am häufigsten wurden 100 Euro aufgerufen (51 x). Für 6 Kontakte wurden 45 Minuten vereinbart; Durchschnittspreis 115 Euro, Spanne 100 bis 150 Euro. Für 75 Kontakte wurde eine volle Stunde vereinbart; Durchschnittpreis 147,94 Euro (ggf. zzgl. Extras) bei einer Spanne von 80 (1 x) bis 250 Euro. Die 80 Euro bezogen sich auf eine Massage. 6 x waren 100 Euro vereinbart, darunter zwei weitere Massagen. Häufigster Preis war 150 Euro (40 x; ggf. zzgl. Extras). In einem Fall war ein für 1 Stunde angesetztes und bezahltes Date nach 15 Minuten beendet (150 Euro); es ging aus den o.g. methodischen 10 Gründen aber trotzdem hier in die Kalkulation der 60-Minuten-Kontakte ein, ebenso wie mehrere Fälle mit ähnlichem Ablauf und weit vorzeitigem Ende. 8 Kontakte lagen im Bereich 90 bis 120 Minuten bei einem Durchschnittspreis von 411,25 Euro, einmal wurden 450 Euro für 2,5 Stunden aufgerufen. Insgesamt gesehen wurden Preise unter 50 Euro 9 mal bezahlt (4,4 %) (6 x 30 Euro, 1 x 35 Euro, 2 x 40 Euro). 30 Euro wurden bezahlt für: 15 min im Laufhaus, 20 min im Laufhaus, Blowjob/GV im Laufhaus, 20 min ohne Extras im Laufhaus, 2 x Laufhaus ohne weitere Angaben; 35 Euro wurden bezahlt für 20 min im Laufhaus; 40 Euro wurden bezahlt für einen Blowjob auf dem Straßenstrich (1 x) sowie 1 x für eine Massage über 30 min. Ein Preis von 50 Euro wurde 16 x bezahlt. Insgesamt 25 x (12,1 %) ergab sich somit ein Preis zwischen 30 und 50 Euro, in allen übrigen Fällen (87,9 %) ein Preis von mindestens 60 Euro. 12 x wurden 60 bis 75 Euro bezahlt. Bei 169 Kontakten (82,0 %) wurden mindestens 80 Euro bezahlt, ggf. zzgl. Extras. Anzumerken ist, dass die Preise nach der vereinbarten Zeit klassifiziert wurden. In den Fällen, in denen die Kontakte – aus welchen Gründen auch immer – kürzer dauerten (häufiger) oder die vereinbarte Zeit ohne Aufpreis überzogen wurde (seltener), wurde dennoch die vereinbarte Zeit zugrunde gelegt (siehe Beispiel oben). 49,38 49,58 94,09 115 147,94 415,56 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 ohne Zeitangabe (n = 16) 15 oder 20 min oder Quickie (n = 13) 30 min (n = 88) 45 min (n = 6) 60 min (n = 74) 90 bis 150 min (n = 9) Abb. 3: Bezahlte Durchschnittspreise (ohne separat preislich ausgewiesene Extras) in Euro (n = 206) 11 Bewertung der Prostituierten durch den Berichterstatter (6-Stufen-Skala) (n = 362) 362 Berichte konnten auf einer Positiv-Negativ-Skala hinsichtlich der einschätzenden Bewertung der Prostituierten durch den Freier ausgewertet werden, wobei nur personenbezogene Kriterien herangezogen wurden (Persönlichkeit, Aussehen/körperliche Merkmale, Verhalten, Dienstleistungsqualität). Räumliche Aspekte und übrige äußere Umstände blieben außer Betracht (s. Methodenteil der Rheinforum-Studie), ebenso Aspekte der sprachlichen Verständigung. Wer als Freier eine Prostituierte mit Migrationshintergrund aufsucht, sollte sich über fehlende oder eingeschränkte Sprachkenntnisse nicht beschweren; im Übrigen stehen heute bequeme simultane Übersetzungshilfen zur Verfügung. Ergebnisse (n = 362): 10,2 % (n = 37) – Bewertung eindeutig und durchgehend negativ (bis sehr negativ) 4,7 % (n = 17) – negative Tendenz, aber mit positiven oder neutralen Elementen. Gesamttendenz aber negativ 9,4 % (n = 34) – positive und negative Aspekte halten sich ungefähr die Waage; keine klare Tendenzierung in die eine oder andere Richtung möglich 11,0 % (n = 40) – positive Tendenz; es gibt positive und neutrale oder negative Komponenten, die positiven überwiegen aber in der Gesamtschau 49,2 % (n = 178) – eindeutig und weitgehend oder ganz überwiegend positiver Bericht 15,5 % (n = 56) – begeisterter, enthusiastischer, überschwänglich positiver Bericht Mehr als drei Viertel aller personenbezogenen Einschätzungen/Bewertungen (75,7 %) zeigen somit eine mindestens positive Tendenz bis hin zu „ begeistert “ oder „ überschwänglich positiv “ , im Vergleich zu 14,9 % der Berichte mit einer negativen Tendenz oder eindeutig negativen Bewertung bis hin zum Abraten oder Warnung vor einem Besuch bei dieser Prostituierten (vgl. Abbildung 4). 64,7 11 9,4 4,7 10,2 0 10 20 30 40 50 60 70 positiv/sehr positiv pos. Tendenz O (pos./neg.) negative Tendenz negativ/sehr negativ Abb. 4.: personenbezogene Einschätzung/Bewertung der konkreten Prostituierten in den Berichten in % (n = 362) 12 Rassismus (n = 362) Keiner der 362 Berichte enthielt rassistische Aussagen im Sinne der Wikipedia-Definition von „Rassismus“. Ad-hoc-Umfrage im BW7-Forum Motiviert durch die komplexe Diskussion in dem On-Topic-Thread „Sind wir nicht alle im Paysex im Paysex unterwegs, ... um zu Fühlen und zu Spüren? ... sprich: körperliche und emotionale Reize wahrzunehmen?“ wurde von einem Forumsteilnehmer am 27.10.2024 eine Umfrage eröffnet mit der Fragestellung „Bei einer Begegn ung mit einer SDL* – ist mir das wichtig oder völlig egal?“ (*SDL = Sexdienstleisterin) Es gab 8 Antwortmöglichkeiten zu vier verschiedenen Items , jeweils in der Polarität „mir ist wichtig“ versus „ mir ist völlig egal“. Die Items wurden aus Beiträgen aus dem o.g. Thread heraus entwickelt (konkret aus dem Beitrag vom 26.10.2024, 16:22 Uhr). Bis zum 6.12.2024 haben 36 Forums-Teilnehmer an der Umfrage teilgenommen. Nur einem Teilnehmer (2,8 %) war es grundsätzlich egal, wie sich die Prostituierte fühlt und wie diese das Date wahrnimmt. Die erste Aussage „mir ist wichtig, dass sich die SDL bei der Begegnung mit mir gut fühlt“ wurde von 86,1 % der Teilnehmer bestätigt. Nur 11,1 % der Teilnehmer konnten sich nicht auf die beiden Pole „mir ist wichtig“ versus „mir ist völlig egal“ festlegen, was naheliegt, dass sie irgendwo zwischen den Polen stehen. Dass die beiden letzten Items etwas weniger positive Zustimmung gefunden haben, mag daran liegen, dass die Aussagen, die zu bewerten waren, teilweise redundant sind bzw. mit den ersten Aussagen überschnitten, so dass manche Teilnehmer den Fragebogen vermutlich nicht bis zu Ende durchgearbeitet haben und es bei der Antwort auf die ersten ein oder zwei Aussagen belassen haben. 13 (Screenshot, 6.12.2024) Die geringen Teilnehmerzahlen an Umfragen im BW7-Forum ergeben sich daraus, dass Umfragen als solche ebenso wie neue Postings (z.B. Kommentare) in Umfrage-Threads nicht unter „neue Beiträge“ angezeigt werden. Wer also – was naheliegend ist – bei der Suche nach aktuellen Entwicklungen und Beiträgen im Forum den Reiter „neue Beiträge“ anklickt, wird auf laufende Umfragen gar nicht erst stoßen. Dies ist im Rheinforum anders gelöst, wodurch neue Umfragen besser auffallen und interessante Umfragen innerhalb kurzer Zeit dreistellige Teilnehmerzahlen erreichen können. Diskussion In 250 unselektierten, konsekutiven Freierberichten aus dem BW7-Forum, die sich in Hinblick auf die Praktiken und Handlungsweisen der Freier untersuchen ließen, wurde mit einer Ausnahme (Hände am Hals, Ohrfeigen) von keiner Gewaltanwendung durch Freier an Prostituierten berichtet. Und in diesem einen Fall schien diese Vorgehensweise der Prostituierten durchaus recht zu sein, wie aus dem Forumsbericht hervorgeht: „Ging auch zwischen[]durch sehr wild und hart zu. Ohrfeigen und Hände um den Hals. Ich habe immer zwischen drin gesagt, wenn es zu hart ist soll sie es sagen. Sie hat deutlich zu verstehen gegeben das[s] ihr die Gangart gefällt.“ Sie gewährte dem Freier sogar 50 % Zeitverlängerung ohne Zuzahlung und verabschiedete sich mit einem intensiven Zungenkuss. Ansonsten gab es keinen Bericht über Würge- oder Atemkontrolltechniken an der Prostituierten oder Würgen/Erbrechen infolge von Oralsex, so wie auch keine BDSM- Techniken gegenüber Prostituierten zum Einsatz kamen. BDSM-Sessions gab es nur mit der Prostituierten als Domina und dem Freier als Sklaven/Sub (0,8 %). In keinem Fall wurden Prostituierte seitens des Freiers mit Urin oder Kot konfrontiert; in einem Fall urinierte die Prostituierte wunschgemäß auf den Penis des Kunden („Natursekt“) 14 Die Vorwürfe, die Frau Mau und Herr Schönborn in ihren Schluss-Statements der Anhörung des Familienausschusses vom 23.9.2024 gegenüber der Freierschaft erhoben, können daher auch für die Freierberichte im BW7-Forum nicht bestätigt werden, so wie sie schon in einer früheren Untersuchung des Rheinforums keine Bestätigung fanden (SCHMITT, T 2024a, Link s.o.). 12,0 % der Berichte im BW7-Forum beschränkten sich auf erotische Massagen im weitesten Sinne, ggf. mit Handjob, bei weiteren 3,2 % kam es zu einer Kombination aus Massage und mindestens einer Oralsex-Praktik. In 0,8 % der Kontakte beschränkte man sich auf einen Handjob, in 0,4 % auf gemeinsam chillen/unterhalten. 7,2 % aller Kontakte beschränkten sich auf Oralsex (einseitig oder beidseitig – darunter 1 x nur Cunnilingus, ansonsten mit Blowjob). 74,8 % der Kontakte umfassten vaginale und/oder anale Penetration: 74,4 % vaginaler Geschlechtsverkehr, 0,8 oder 1,2 % (eine Formulierung nicht ganz eindeutig) Analverkehr des Freiers bei der Prostituierten. Zungenküsse wurden bei 27,6 % der Kontakte berichtet, Cunnilingus bei 36,0 %, Zungenanal durch die Prostituierte am Kunden bei 0,8 %. Blowjob bei 77,2 % aller Kontakte. Da das BW7-Forum im Unterschied zum Rheinforum keine Berichts-Matrix zur Verfügung stellt und manche Berichte daher weniger ausführlich ausfallen, mag es sein, dass in einigen Fällen gängige Praktiken wie Blowjob, Cunnilingus, Zungenküsse oder Massagen stattfanden, aber nicht explizit berichtet wurden. Berichte über „Küsse“ wurden – wie bei der Auswertung des Rheinforums – nicht mit Zungenküssen gleichgesetzt (Ausnahme: GF6 = Girlfriend-Sex, vgl. Methodenteil der Rheinforums-Untersuchung). Das Risiko einer damit verbundenen Untererfassung besteht ebenfalls in der Rheinforums-Untersuchung, ist aber im BW7-Forum etwas größer, erstens wegen des Fehlens einer Berichte-Matrix, zweitens aufgrund struktureller Unterschiede, dass aus im Methodenteil genannten Gründen auch Kurzberichte als Reaktion auf Fragen von Forumsteilnehmern in die Auswertung mit eingingen, also die im Vergleich zum Rheinforum fehlende Differenzierung in Berichts- und Fragen-Threads, was zu einer Verzerrung in Richtung auf kürzere, weniger ausführliche Berichte führt. Eine Untererfassung von besonderen Sexpraktiken wie z.B. Analverkehr, Zungenanal, BDSM- Praktiken, „Natursekt/Kaviar“ usw. ist dagegen nicht plausibel, denn es sind in den Foren gerade solche Besonderheiten, die als außergewöhnlich und daher berichtenswert angesehen werden, unter anderem auch im Zusammenhang mit den damit üblicherweise verbundenen Aufpreisen. Dennoch fallen keine bedeutsamen Unterschiede zur vorausgehenden Erhebung im Rheinforum (n = 263 Berichte) auf (vgl. Abbildung 5). Massagen/erotische Massagen aller Art, mit oder ohne Handjob, aber ohne Oralsex, machten im Rheinforum 13,3 % aller berichteten Kontakte aus, im BW7-Forum 12,0 %. Dabei fanden überhaupt keine penetrativen sexuellen Handlungen am Körper der Anbieterin statt. Da auch derartige Massagen nach dem ProstSchG und der zugehörigen Rechtsprechung als Sexarbeit definiert werden, werden bei Einführung eines Sexkaufverbots auch jene Freier zu Straftätern, die sich lediglich erotisch massieren lassen oder eine Tantra- Massage in Anspruch nehmen und die Dienstleisterin in keinster Weise oral, vaginal oder anal penetrieren. 15 BDSM-Kontakte mit dem Kunden als Sklaven/Sub wurden im Rheinforum für 3,0 % aller Kontakte berichtet, im BW7-Forum für 0,8 %. In keinem Fall fungierte eine Prostituierte als Sklavin/Sub im BDSM-Bereich. Konventionelle heterosexuelle Sexkontakte mit Oralsex und/oder vaginaler und/oder analer Penetration wurden im Rheinforum bei 78,3 % und im BW7-Forum bei 81,6 % aller bezahlten Kontakte berichtet. Bei 70,0 % aller Kontakte im Rheinforum und 74,8 % aller Kontakte im BW7-Forum kam es zu vaginaler und/oder analer Penetration. Anale Praktiken wurden im BW7-Forum seltener beschrieben (Analverkehr des Freiers an der Prostituierten: 0,8 oder 1,2 % im Vergleich zu 4,2 % im Rheinforum; Zungenanal der Prostituierten am Kunden: 0,8 % statt 3,4 %). Zuvor vereinbartes Spanking wurde im Rheinforum für zwei Kontakte beschrieben (0,8 %); im BW7-Forum gab es dagegen nur einen Bericht mit Ohrfeigen, mit denen die Prostituierte offenbar einverstanden war, der „eine harte Gangart“ gefiel (Zitat s.o.). Die Unterschiede bei den berichteten Sexpraktiken sind zwischen beiden Foren- Untersuchungen minimal. Man mag darüber spekulieren, dass ein vermutet höheres allgemeines Grundpreis-Niveau in Südwestdeutschland manche Freier davon abhalten könnte, kostenträchtige Zusatzleistungen wie z.B. Analverkehr noch zusätzlich zu buchen. Aus verschiedenen Threads im BW7-Forum ist abzuleiten, dass das Preis-Niveau seit der 77,2 74,4 27,6 36 1,2 0,8 0 0 23,6 0,4 0 76,4 67,7 25,9 33,8 4,2 3,4 0 0 30,4 0,8 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Abb. 5: prozentuale Häufigkeit ausgewählter Sexpraktiken - BW7 - Forum (n= 250, blau) im Vergleich mit Rheinforum (n = 263, orange) 16 Corona-Pandemie in der Region stark angestiegen ist, was zu einer gewissen Zurückhaltung bei manchen oder vielen Freiern geführt hat. Der Verzicht auf besonders kostspielige Extras wie z.B. anale Praktiken stellt dann eine naheliegende Reaktion auf das veränderte Preisgefüge dar, ohne ganz auf die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen verzichten zu müssen. Das Preisbewusstsein der Kundschaft kommt in einer Umfrage „Auswirkung Preiserhöhung in FKK- Clubs auf Eure Besuche“ zum Ausdruck (Umfrage - Thread: „Preiserhöhung auf 100430 in FKK- Clubs: Wie geht ihr damit um?“ , gestartet am 14.10.2023, inzwischen geschlossen; 87 Teilnehmer). Die Umfrage beschränkte sich auf FKK-Clubs; 13 Teilnehmer (15 %) gaben an, nie in FKK-Clubs zu gehen. Auf die verbliebenen 74 Teilnehmer umgerechnet gaben 39 Teilnehmer (53 %) an, seit der Preiserhöhung „seltener“ in FKK -Clubs in Baden-Württemberg zu gehen, 21 (28 %) gehen „nicht mehr“ in FKK -Clubs in Baden-Württemberg. 35 Teilnehmer (47 %) machen in FKK- Clubs „weniger Zimmer als früher“, 5 (7 %) „genauso viel Zimmer wie früher“ und niemand (0 %) „mehr Zimmer wie früher“. Die Preiserhöhung hat also erhebliche Teile der Freierschaft durchaus „getroffen“ und es ist naheliegend – wenn auch spekulativ – , dass sich das gestiegene Preisniveau auch auf die Prävalenz von Sexpraktiken auswirkt, die typischerweise mit nicht unerheblichen Aufpreisen verbunden sind. Wie im Rheinforum beschreibt somit auch im BW7-Forum die ganz überwiegende Mehrheit der Kunden konventionellen Heterosex und/oder erotische Massagen ohne Hinweis auf einen Faible für gewalttätige, schmerzhafte oder entwürdigende Praktiken gegenüber der Prostituierten. Es ist davon auszugehen, dass härtere bzw. die Prostituierte belastende Praktiken nicht in Freierforen aus Scham oder sonstigen Gründen verschwiegen werden, wenn nun schon sowieso ein Bericht verfasst wird. Ganz im Gegenteil: die Berichteschreiber sind anonym, und gerade mit Berichten über solche Praktiken könnte man sich profilieren, Aufmerksamkeit erregen, als „besonders erfolgreich“ darstellen (dass man es schafft, solche Praktiken bei einer Prostituierten durchzusetzen, oder dass man es sich finanziell leisten kann, weil solche Praktiken typischerweise mit hohen Aufpreisen verbunden sind). Da derartige Praktiken, anders als der Verzicht auf Kondome bei penetrativen Praktiken, nicht gesetzlich explizit verboten sind und auch zum Repertoire des teuren und exklusiven BDSM-Segments gehören, gibt es keinen Grund, warum solche Praktiken in einem Bericht für das Forum verschwiegen werden sollten, wenn man sonst detailliert über den Ablauf des Dates berichtet? Es ist also nicht von einem Reporting Bias zulasten derartiger „harter“ Praktiken auszugehen. Wenn es also einen Reporting Bias in Bezug auf die von Frau Mau und Herrn Schönborn als verabscheuungswürdig und gewalttätig beschriebenen Praktiken gibt, dann wäre dieses Bias eher ein Overreporting denn ein Underreporting. Daher muss die Schlussfolgerung gezogen werden, dass bei den insgesamt 513 unselektierten bezahlten Sexdates (Rheinforum und BW7-Forum aggregiert) – abgesehen von zwei Fällen vorher konsentierten Spankings und einem Fall von Ohrfeigen und „Händen am Hals“ – in keinem weiteren Fall diese kritisierten Praktiken an der dienstleistenden Frau vollzogen wurden. 17 Im Vergleich dazu Gerhard Schönborn, 23.9.2024, Wortprotokoll S. 25: „Jeder Freier wird eine Frau finden, die so vulnerabel ist, dass er mit ihr alles machen kann. Ob das jetzt auf der Straße ist oder irgendwo in einem Bordell. Er wird so lange suchen, bis er eine findet, die es so notwendig hat. Das Harmloseste ist ohne Kondom, die sich schlagen lässt, die sich fesseln lässt mit Ketten, mit Handschellen ans Bett. Das weiß ich alles von den Frauen, wie sie es mir erzählt haben“. Huschke Mau (S. 32): „Wir reden hier über von Jahr zu Jahr schlimmere Praktiken. Sie kennen alle das Thema der Gewaltpornografie. ... Ich sage Ihnen, wir in der Prostitution sind die ersten Frauen, mit denen Männer, die so krasse Gewaltpornografie konsumieren, diese ausleben und damit einüben und in ihr Sexualverhaltensrepertoire aufnehmen. Wir sind sozusagen die Kanarienvögel. Wir reden hier über Sachen wie den Penis in den Hals schieben, bis die Frau würgt oder erbricht. Wir reden über schmerzhaften Analsex. Wir reden über Würgen. Würgen ist ein riesengroßes Thema momentan. Wir reden darüber, dass SM-Praktiken, auch ungewollte Gewaltpraktiken, mittlerweile einfach Standard sind. Ich rate Ihnen allen, sich eine Stunde Zeit zu nehmen und sich in Freier-Foren umzuschauen. ...“ Gerhard Schönborn (S. 33 des Wortprotokolls): „Und genau das, was Huschke Mau gesagt hat, die Gewaltfantasien oder das, was sie aus Pornos mitnehmen, das wird dann in der Realität ausprobiert. Das haben wir selbst auch bei uns an der Straße. Früher wäre Vieles überhaupt nicht denkbar gewesen. Aber jetzt, irgendwelche Sexpraktiken mit Fäkalien und anderes, das ist alles üblich geworden. In den Freier-Foren wird sich wirklich ganz erbärmlich und herablassend, rassistisch, sexistisch, total frauenfeindlich ausgelassen über die Frauen ... Manche Freier-Foren geben sogar den Rassismus v or. ... Der Rassismus in diesen Foren ... Und es sind keine kleine Foren.“ Keiner der 293 Beiträge von Berichtscharakter im Rheinforum und keiner der 362 Beiträge im BW7-Forum en