Konflikt und Konfliktregelung Okto ber 202 4 Univ. - Prof. Mag. Dr. Sascha Ferz FB Rechtssoziologie, Rechtspolitik und ADR Tel.: +43 (0)316 380 - 3293 E - Mail: sascha.ferz@uni - graz.at 2 1 Einführung Lit. Gessner , Volkmar. Recht und Konflikt. Eine soziologische Untersuchung privatrechtlicher Konflikte in Mexiko. Mohr Siebeck, 1976. Hiebaum , Christian. Rechtssoziologie. Skript zur Lehrveranstaltung, 202 4 Luhmann, Niklas. Rechtssoziologie 4 . aktualisierte Auflage . Rowohlt, 2008. Meisinger, Alexander. System der Konfliktbereinigung: alternative, komplementäre und angemessene Streitbeilegung. Manzsche Ver lags - und Universitätsbuchhandlung, 2021. Raiser, Thomas. Grundlagen der Rechtssoziologie . Mohr Siebeck, 2012. Willkommen in einer – zu Beginn des Studiums wohl noch – unbekannten Denkwelt , jener des Konflikts samt dessen Bearbeitung und Regelung! Eine (rechts - )soziologische Herangehensweise an die rechtliche Norm, die Sanktionen, die Geltung und die Effektivität des Rechts sowie die Legitimation sozialer Herrschaft darf den Blick auf die sozialen Konflikte und deren Dynamik nicht verweig ern. Vielmehr braucht es eine n Zugang, der von der Beobachtung ausgeht, dass Konflikte von Anbeginn an in jeder Gesellschaft alltäglich aufgetreten und unvermeidbar sind. Konflikte, so kann man bei Raiser 1 lesen, sind nichts anderes als übliche Erscheinungsformen der Intera ktion zwischen Individuen und/oder sozialen Gruppen. „Jeder Mensch strebt danach, seine eigenen Lebenschancen zu verbessern und gerät in Widerspruch zu anderen Menschen, gegen die er sich durchzusetzen versucht. “ Während die Soziologie die Ursachen für Konflikte aufzudecken, ihren Verlauf und ihre Wirkungen zu beschreiben versuch t , bezieht die rechtssoziologische Konflikttheorie das Recht auf die Behandlung sozialer Konflikte. Eine solche Theorie sieht somit die Funktion des Rechts darin, unnötige Konflikte (= präventiv) vermeidbar zu machen und auf bereits eingetretene Konflikte (= kurativ) zu reagieren, sie im besten Fall zu lösen, einzugrenzen oder sonst zu beherrschen. Nehmen wir diese theoretischen Überlegungen mit und schauen ein erstes Mal in eines der drei großen Prozessrechte , und zwar in diesem Fall in den Zivilprozess und damit in die Zivilprozessordnung. Diese geht auf Franz Klein zurück, der sich bei der Ausgestaltung des Gesetzes von der Idee des „sozialen Zivilprozesses“ leiten ließ. Der Zivilprozess soll also nicht bloß der Durchsetzung von Ansprüchen iSv Individualinteressen dienen , sondern zugleich dem friedliche n , geordnete n Zusammenleben in einer Gesellschaft („soziale Konfliktlösung“) Das betrifft die Gesetzgebung durch die entsprechende Ausgestaltung der Normen ebenso wie die Rechtsprechung im Zuge d er Auslegung und Anwendung auf den realen Einzelfall Das Ziel der „präventiven“ oder „akuten“ 1 Raiser , Grundlagen der Rechtssoziologie 6 (2012) 292 f. 3 Konfliktbereinigung sei daher , laut Meisinger – wenn auch nicht immer vordergründig – faktisch untrennbar mit der „ Juristerei “ verknüpft. Weiters schreibt er, „ a lle sonstigen sozialpolitischen Anliegen, wie bspw der Schutz von „Schwächeren“ (zB im Verbraucherrecht oder Erwachsenenschutz), dienen letztlich (auch) der Vermeidung von (sozialen und/oder zwischenmenschlichen) Konflikten. Auch wenn nicht ein jeder Konfl ikt ein Rechtsstreit ist (zB ein gekränkter Gastgeber , dessen Einladung zum Abendessen ausgeschlagen wird), und nicht jedem Rechtsstreit ein persönlicher Konflikt zugrunde liegen muss (zB eine Schadenersatzforderung nach einem Verkehrsunfall zuvor einander gänzlich unbekannter Personen), ist dies doch häufig der Fall (zB im Nachbarschaftsrecht oder zwischen langjährigen Geschäftspartnern ). Das „juristische Denken“ zerlegt den Gesamtkonflikt in rechtliche Teilprobleme und behandelt (zunächst) jedes Problem g esondert. Der soziale Konflikt wird dabei regelmäßig gänzlich ausgeklammert, selbst wenn der Rechtsstreit vielleicht nur ein Symptom – und nicht die Ursache – davon ist. 2 Typologisch lässt sich z urückgehend auf Arbeiten von Luhmann 3 und vor allem Gessner 4 der Konflikt in personen - , rollen - und normbezogene Konflikte unterteilen. Grob formuliert bedeutet das, dass Konflikt e als personenbezogen bezeichnet werden können , wenn sie in engen, in zahlreichen Begegnungen und gemeinsamen Erleb nissen fundierten Beziehung en aufkommen , in de nen beide Beteiligten emotional miteinander verbunden sind und komplexe wechselseitige Verhaltenserwartungen aufgebaut haben (Ehe, Familie, Nachbarschaft, Arbeits team ). Auf der anderen Seite de r Skala können die normbezogenen Konflikte abgebildet werden. Diese treten bei vorrangig anonymen, einmaligen, jedenfalls auf wenige Interaktionen begrenzte Beziehungen auf (Verkehrsunfall, Einkauf im Großgeschäft ). Es besteht keine Konfliktfläche über die rechtliche Norm hinweg (Schadenersatz, Kaufpreisleistung, Gewährleistung). Zwischen einem personen - und normbezogenen Konflikt firmiert der Rollenkonflikt. Hier gehen die Beziehungen in ihrer Komplexität über die der reinen Normkonflikte hinaus, weil sie das von dem Rollenträger erwartete Verhalten treffen und erzwingen sollen. Die Verhaltenserwartungen stellen sich anders als bei personenbezogenen Konflikten als ein abgegrenztes Bündel dar, die zumeist mit beruflichen Rollen und Positionen verknüpft sind (Arbeitnehmer_in versus 2 Meisinger , System Der Konfliktbereinigung: Alternative, Komplementäre u nd Angemessene Streitbeilegung (2021) 1 f. 3 Luhmann , Rechtssoziologie 4 (2008) 85. 4 Gessner , Recht und Konflikt. Eine soziologische Untersuchung priva trechtlicher Konflikte in Mexiko (1976) 171. 4 Arbeitgeber_in, Vereinsfunktionen, Ärztin/Arzt versus Patient_in). 5 Wie wir später in Kapitel 4 noch sehen werden, verwendet Gessner die Bestimmung der Konflikttypen zur Zuordnung der jeweiligen „Behandlungsmethode“. In der rechtsw issenschaftlichen Ausbildung ist d er Fokus auf den rechtlichen Konflikt zu richten, freilich, es gilt aber dabei, die soziale Ebene nicht gänzlich auszusparen, um letztlich verstehen zu können, wie die Herausforderungen der juristischen Arbeit bewältigt werden können. Schlussendlich ist mit Hiebaum 6 weiters festzuhalten , dass das Recht nicht jeglichem sozialen Konflikt vorbeugen bzw. solche Konflikte unterbinden kann. Und selbst wenn das möglich wäre, sollte dies , so Hiebaum weiter, keine Ambit ion sein, zumal es erhebliche Kosten verursachen würde: in Form von Freiheitsbeschränkungen und Wohlfahrtseinbußen. Allerdings ist es durchaus eine Aufgabe des Rechts, für bereits entstandene Konflikte Verfahren der Bereinigung oder Einhegung bereitzustell en. Diese Funktion „wird nicht nur durch die Rechtsprechung erfüllt, sondern auch durch Wahlen, Abstimmungen, Verwaltungsentscheidungen, Rechtsberatung und durch den Abschluss von Vergleichen“. 7 Außerdem sieht der Gesetzgeber in immer mehr Rechtsbereichen Verfahren der einvernehmlichen Konfliktbereinigung vor (zB Mediation), in denen die Parteien sich über ihre „eigentlichen“ Interessen klarer werden sollen und verhandeln, ohne ständig auf (tatsächlichen oder eingebildeten) Re chtsansprüchen zu insistieren. Mehrheitlich sind solche Verfahren den herkömmlichen Verfahren autoritativen Entscheidens nur vorgelagert , ohne diese Möglichkeit zu verdrängen. Dass die Option einer autoritativen behördlichen oder Gerichtsentscheidung weite rhin besteht, hat durchaus Einfluss auf solche Verhandlungen. 8 5 Raiser , Grundlagen 300 f. 6 Hiebaum , Rechtssoziologie (202 4 ) 19. 7 Raiser , Grundlagen 188. 8 Hiebaum , Rechtssoziologie 19 f. 5 2 Konflikt Lit. Berlew, David E. Conflict, an under - utilized resource 1977. Ferz, Sascha. Konfliktbearbeitung und Verfahrenswahl – Es kommt auf die Passform an!? In: Ziegerhofer, Anita; Sascha Ferz; und Martin Polaschek. Zukunft Europa? , 2017. Glasl, Friedrich. Konfliktdiagnose . In: Trenczek, Thomas, et al., eds. Mediation und Konfliktmanagement . Nomos Verlag, 2017. Glasl, Friedrich. Konfliktmanagement - Ein Handb uch für Führung, Berat ung und Mediation . 1 2 . aktualisierte und erweiter te Auflage. Bern: Haupt Verlag, 2020 Glasl, Friedrich. Mediation . In: Trenczek, Thomas, et al., eds. Mediation und Konfliktmanagement Nomos Verlag, 2017. Günther Gugel, 10 Regeln für konstruktive Konfliktverläufe https://www.dadalos - d.org/frieden/grundkurs_4/10_regeln.htm#seitenanfang [Stand 10/2022]. Hiebaum, Christian. Was ist ein sozialer Konflikt? In: Lakitsch, Maximilian, und Werner Suppanz. Grazer Forschungsbeiträge zu Frieden und Konflikt. Graz: Graz University Library Publishing. 2022. Höher, Peter, und Friederike Höher. Konfliktmanagement Konflikte kompetent erkennen und lösen. 2. aktualisierte Auflage 2000. Kalss, Susanne, und Stephan Probst. Familienunternehmen. Gesellschafts - und zivilrechtliche Fragen Manzsche Verlags - und Univer sitätsbuchhandlung. Wien. 2013. Röhl, Klaus F. Rechtssoziologie: ein Lehrbuch . Heymann, 1987. Schwarz, Gerhard. Konfliktarten . In: Konfliktmanagement . Gabler Verlag, Wiesbaden. 2014. 97 - 279. Konflikte sind allgegenwärtig. Sie sind jedoch nicht zwangsläufi g zerstörerisch und nicht grundsätzlich negativ zu bewerten. Konflikte sind eine für den sozialen Wandel notwendige Begleiterscheinung des Zusammenlebens in allen Gesellschaften und unvermeidbar. Sozialer Wandel geht oft mit gewaltsamen Konflikten einher. Eine systematische Vermeidung von Konflikten wäre also kontraproduktiv, weil sie gesellschaftliche Veränderungsprozesse blockieren würde. Eine Gesellschaft ohne Konflikte wäre somit wohl eine tote Gesellschaft. Die Konfliktforschung zielt daher nicht auf d ie Abschaffung der Konflikte ab, sondern will vielmehr Mittel und Wege finden, wie sie möglichst gewaltfrei und konstruktiv ausgetragen werden können. Das primäre Ziel von Konfliktmanagement ist eine systematische Auseinandersetzung mit Konflikten zur Redu ktion von Konfliktkosten. In der Wissenschaft gibt es eine Vielzahl von Definitionen. Konflikte haben prinzipiell viele Facetten. Ähnlich verhält es sich mit den Konfliktursachen und der Konfliktanalyse. Eine Konfliktursache kann alles und jedes sein. 9 2.1 Konfliktdefinitionen Eine allgemeingültige Konfliktdefinition gibt es nicht. Vielmehr lassen sich aus den verschiedenen fachlichen Zugängen die unterschiedlichsten Entwürfe finden. So lässt sich 9 Schwarz, Konfliktmanagement 9 (2014) 39 ff. 6 mit David Berlew knappest festhalten, dass ein Konflikt gegeben ist, „wenn untereinander Uneinigkeit herrscht“. 10 Nach Ansicht des Rechtssoziologen Klaus Röhl stellt ein Konflikt eine Situation dar, „in der die Beteiligten unvereinbare Ziele anstreben und mindestens einer der Mitbewerber das Ziel auf d em Wege über die Eliminierung, Behinderung oder Bedrohung eines anderen Handlungsteilnehmers verfolgt.“ 11 Abweichend davon definiert Friedrich Glasl den sozialen Konflikt. Er stellt eine Interaktion zwischen Aktoren dar, „wobei wenigstens ein Aktor Unvereinbarkeiten im Denken/Vorstellen/Wahrnehmen und/oder Fühlen und/oder Wollen mit dem anderen Aktor in der Art erlebt, dass im Realisieren eine Beeinträchtigung durch einen a nderen Aktor erfolge.“ 12 Durch die Fokussierung auf den engeren subjektiven Konfliktbegriff, in dem Röhl vor allem destruktive Prozesse erfasst, wird die Aufmerksamkeit auf die gerichtlichen Verfahren als institutionalisierte Formen der Konfliktregelung un d damit auf einen zentralen Gegenstand der Rechtssoziologie gelenkt. 13 Aber bleiben wir in Graz und fragen nach bei Kollegen Christian Hiebaum . Dieser ergänzt nämlich die vorhin genannten Definitionen durch ein für die rechtswissenschaftliche Betrachtungsweise wesentliches Element und zwar jenes der Norm. S omit ist seiner Ansicht nach ein sozialer Konflikt „ein Ereignis oder eine Ereignissequenz, an der mindestens zwei Akteur _i nnen beteiligt sind, die aufeinander bezogen handeln (a) und dabei unvereinbare Ziele verfolgen (b), es sei denn (c), es existiert mindestens eine von den beteiligten Akteur _i nnen als verbindlich und auf ihre Handlungen anwendbar e akzeptierte Norm (c1), die Handlungen sind durch sämtliche di eser Normen gedeckt (c2) und die Ermöglichung der Verfolgung unvereinbarer Handlungsziele zählt zu deren manifesten Funktionen ( c 3 )“. 14 2.2 Der Sinn von Konflikten nach Schwarz Gerhard Schwarz nimmt die Schwierigkeit, eine allgemeingültige Konfliktdefinition fassen zu können , zum Anlass, nach dem Sinn des Phänomens, also nach dem Sinn des Konflikts 10 Berlew, Conflict – A n under - utilized resource (1977) 19. 11 Röhl , Rechtssoziologie. Ein Lehrbuch (1987) 454. 12 Glasl , Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater 1 2 (20 20 ) 17. 13 Ferz , Konfliktbearbeitung und Verfahrenswahl – Es kommt auf die Pa ssform an!?, in Ziegerhofer/Ferz/Polaschek (Hrsg), Zukunft Europa?, FS Pichler (2017) 85 (86). 14 Hiebaum , Was ist ein sozialer Konflikt?, in Lakitsch/Suppanz (Hrsg), Grazer Forschungsbeiträge zu Frieden und Konflikt ( 202 2) 135 (146) https://library - publishing.uni - graz.at/index.php/lp/catalog/view/31/113/365 [Stand 10/2022] 7 zu fragen. Das erfordert aber auch, dass sich die Betrachter _i nnen von der gewohnten Reaktion, Ko nflikte sind störend und daher zu vermeiden, abwenden und – wie es Schwarz nennt – Widersprüche anerkennen. Gemeint ist damit, dass jeweils einander widersprechende Dimensionen als sinnvoll, den Sinn von Konflikten erklärend, anerkannt werden muss. 15 Nachfolgend einige Beispiele: Konflikte bearbeiten Unterschiede: Der Sinn von Konflikten besteht darin, vorhandene Unterschiede zu verdeutlichen und fruchtbar zu machen. Wie unterscheide ich mich von anderen? Wer ist wofür zuständig? Wer ist stärker oder besser? Das sind Fragen, die ein Konflikt in den Raum stellen kann. Konflikte stellen die Einheitlichkeit der Gruppe her: Der Sinn von Konflikten ist aber auch das Herstellen einer Gruppeneinheit. Konflikte dienen dazu, Unterschiede zu überwinden und die E inheit einer Gruppe herzustellen. Konflikt als Widerspruch: Wie die beiden bisher beschriebenen Sinnaspekte verdeutlichen, haben Konflikte sowohl einen selektiven Sinn, indem sie Unterschiede deutlich machen, als auch den Sinn , Einheit und Einigkeit herzus tellen. Der Sinn von Konflikten liegt in der Komplexität: Durch einen Streit kommt meist erst die Vielfalt und Verschiedenheit von Ansichten und Sachverhalten hervor. Ein weiterer Sinn von Konflikten liegt daher darin, Bedürfnisse und Gegebenheiten zu diff erenzieren und dadurch Individualität herauszuarbeiten. Konflikte garantieren Gemeinsamkeit: Die Sonderinteressen müssen sich irgendwann dem Allgemeininteresse unterordnen, weil die Vielfalt stört. Das allgemeine Ziel der Gemeinschaft steht vor den individ uellen Bedürfnissen und Wünschen. Konflikte garantieren Veränderung: Schwarz zufolge liegt der Sinn der Konflikte auch im Anlass zu Veränderungsprozessen. Die Weiterentwicklung von Gruppen und Organisationen und vor allem das Finden von Identität gehen immer mit Konflikten einher. Konflikte erhalten das Bestehende: Ein weiterer Sinn von Konflikten liegt im Erhalten des Bestehenden. Immer wieder zeigt sich, dass gege n Neudenker _i nnen und Normabweicher _i nnen Aggressivität entwickelt wird. Ko nflikte garantieren daher ebenfalls die Stabilität von Organisationen. 15 Schwarz, Konfliktmanagement 9 , 15 f. 8 2.3 Konfliktarten Ebenso herausfordernd wie das Finden einer einheitlichen Konfliktdefinition erweist sich die Suche nach einer einheitlichen Typologie von Konflikten. 16 Glasl schafft mit seiner Dreiteilung des Begriffs in Konflikte nach den Konfliktparteien, nach dem Streitgegenstand und nach der Erscheinungsform im Wesentlichen eine übersichtliche Darstellung. Abbildung 1 : Konfliktarten nach Glasl Konfliktarten nach den Konfliktparteien Im Fokus stehen hier v or allem psychologische Aspekte. Es geht darum, wie sich Individuen entscheiden, wenn sie mehrere Handlungsoptionen zur Auswahl haben. Innere Konflikte (intrapersonell) Bei den inneren Konflikten handelt es sich um solche, die sich innerhalb des Individuums abspielen, die wir also mit uns selbst ausfechten. Meist sind es Entscheidungen, die wir fällen müssen. Es lassen sich folgende Varianten unterscheiden: 16 Siehe dazu Glasl , Konfliktmanagement 1 2 5 5 ff. 9 - Annäherungs - Annäherungs - Konflikte: Es stehen zwei Möglichkeiten zur Auswahl, wobei beide Möglichkeiten ein positives Ergebnis bringen. Die Entscheidung für eine Möglichkeit schließt die andere aus, zB wenn man sich beim Kauf eines Autos zwischen zwei Model len entscheiden muss. - Vermeidungs - Vermeidungs - Konflikte: Die Person muss sich zwischen zwei negativen Konsequenzen entscheiden, wobei sie zumindest ein Übel in Kauf nimmt. Beispielsweise wenn man sich entscheiden muss, ob man freitags oder samstags zu Haus e bleibt, da man lernen muss. - Vermeidungs - Annäherungs - Konflikte: Ein ungelöster innerer Konflikt ist dadurch gekennzeichnet, dass man zwei Dinge gleichzeitig will oder braucht, die sich aber widersprechen. Die Entscheidung für eine Möglichkeit zieht sowohl positive als auch negative Konsequenzen mit sich. Wenn man sich zum Beispiel zwischen einem Praktikumsplatz im In - oder Ausland entscheiden muss, bringt jede Entscheidung sowohl positive als auch negative Folgen mit sich. Soziale Konflikte (interpersonel l) Alle zwischenmenschlichen Konflikte, in die zwei Personen oder kleine Gruppen verwickelt sind, werden als soziale Konflikte bezeichnet. Es spielen Gefühle, das Rollenverhalten und die Grundeinstellung gegenüber anderen Menschen mit. Dabei kann zwischen Bedürfnis - und Wertkonflikten unterschieden werden. Beim Bedürfniskonflikt fühlt man sich direkt vom Verhalten eines anderen gestört oder in der Erfüllung der eigenen Bedürfnisse behindert. Zum Beispiel will eine Arbeitnehmerin nach Arbeitsschluss schnell nach Hause fahren, doch der Chef möchte noch eine dringende Arbeit erledigt haben. Dagegen haben Wertkonflikte keine direkten Auswirkungen auf die Persönlichkeit, jedoch möchte man, dass eine andere Person ihr Verhalten ändert, das man für falsch hält. Beispielsweise wenn Eltern nicht wollen, dass sich ihre Kinder piercen oder tätowieren lassen. Weitere Konfliktarten, die auf die interpersonelle Ebene gehören, sind: - Verteilungskonflikte: Der Konflikt entsteht als Ergebnis eines Streits um ein knapp es Gut. - Lösungskonflikte: In einer Gruppe gibt es unterschiedliche Vorstellungen über die Lösung einer Aufgabe. 10 - Zielkonflikte: In einem Team herrscht Uneinigkeit über die Ziele und das erwartete Handlungsergebnis. - Beziehungskonflikte: Die Beteiligten erleb en in der Zusammenarbeit störende zwischenmenschliche Spannungen. Konflikte nach Streitgegenständen Der Streitgegenstand ist für Glasl einer der Hauptaspekte zur Konflikteinteilung. Mögliche Streitgegenstände sind etwa unterschiedliche Interessen, Bedürfnisse, Werte oder Überzeugungen 17 Konflikte nach der Erscheinungsform Latente und manifeste Konflikte Von einem latenten Konflikt ist auszugehen, wenn der Konflikt zwar schon vorhanden ist und wahrgenommen werden kann, jedoch noch nicht offen ausgetragen wurde. Beim manifesten Konflikt hingegen handelt es sich um einen offenen Konflikt, welcher sich schon in einem Konfliktverhalten äußer t. Heiße und kalte Konflikte In einem heißen Konflikt sind die Parteien gefühlsmäßig stark engagiert, sind von ihrem Standpunkt überzeugt und versuchen, die Gegenpartei umzustimmen. In einem kalten Konflikt haben die Parteien resigniert, verkehren so wenig wie möglich miteinander und die direkten Begegnungen finden nicht mehr statt. In welcher Erscheinungsform Konflikte letztendlich auftreten – in der Praxis wohl stets gemischt – muss abhängig von der Konfliktarena (mikro - , meso - , makrosozialer Raum), vom Konfliktinhalt (Sach - , Beziehungs - , Wert - , Interessen - , Strukturkonflikt) und von den beteiligten Akteur _i nnen (inter - und intrapersoneller Konflikt, Intergruppenkonflikt) im Wege einer Einzelfallanalyse festgestellt werden. Diese Analysesequenz ist a ber von entscheidendem Wert, macht es doch verfahrenstechnisch einen gravierenden Unterschied, ob etwa ein Interessenkonflikt oder ein Wertkonflikt vorliegt. Während ersterer – zu denken ist etwa an wirtschaftliche Auseinandersetzungen – oftmals als Verhan dlungsspiel mit Ausgleichsmöglichkeiten beschrieben werden kann, fehlt bei Wertkonflikten zumeist die Kompromissfähigkeit. Derartige Streitigkeiten haben daher 17 Glasl , Konfliktmanagement 1 2 56 11 prinzipiell den Charakter von Nullsummenspielen. Die Dichotomie von Recht und Unrecht – so Röhl – kenne nur Gewinner und Verlierer. 18 2.4 Konfliktstile – Thomas - Modell Kenneth W. Thomas hat 1976 ein zweidimensionales Zuordnungsmodell für Konflikt ( lösungs ) stile vorgestellt, welches die Ergebnisse einer Konflikt erledigung in einer zweidimensionalen Matrix enthält. Die Achsen der Matrix stellen dabei die Orientierung der Lösung an den eigenen Interessen und die Orientierung der Lösung an den Interessen des Konfliktpartners /der Konfliktpartnerin dar. Abbildung 2 : Thom as Modell der unterschiedlichen Konfliktlösungsstile. Die verschiedenen Konflikt erledigung sstile ergeben sich aus der Kombination dieser beiden Dimensionen. Zieht man die Nachhaltigkeit einer Konflikt bearbeitung in Betracht, stellt nur der Konsens eine echte Konfliktlösung dar und bietet für das gesamte System den höchsten Nutzen. 18 Röhl , Rechtssoziologie 463. 12 Die fünf Konfliktlösungsstile: - Vermeidung: 'Beide Seiten verlieren.' (allseitig) - Durchsetzen: 'Ich bekomme alles, die and ere Seite nichts.' - Nachgeben: 'Die andere Seite bekommt alles, ich gehe leer aus.' - Kompromiss: 'Beide Seiten gewinnen und verlieren etwas.' - Konsens : 'Beide Seiten gewinnen.' 2.5 Eskalationsstufen nach Glasl Nur wenn Konfliktsignale richtig gedeutet und dadurch eine adäquate Konfliktanalyse erstellt werden kann, ist ein konstruktiver Umgang mit Konflikten möglich. Typische Konfliktsignale sind zB: - Rückzug einer Person: Personen vermeiden den Kontakt und auc h den Blickkontakt; - Herabsetzung einer Person: negative Äußerungen über die andere Person werden getätigt; - Überhören von Äußerungen einer Person: Entscheidungen oder Anweisungen der anderen Person werden ignoriert; - Indirekte Kommunikation: g eredet wird über die andere Person, nicht mit ihr; - Schweigen: die Personen vermeiden jede Art der Kommunikation; - Gestik und Mimik: die nonverbale Kommunikation wird verstärkt. 19 Doch Konflikte entzünden sich nicht plötzlich , sie gestalten sich als Mixtur verschiedenster Merkmale, Charakteristika und Verhaltensweisen, die zunehmend an Stärke gewinnen. Bemerkenswert ist dabei die Tatsache, dass eine Konfliktverschärfung nicht fließend oder stufenlos verläuft, sondern diese Merkmale einzelnen, eindeutig voneinander abgrenzbaren Eskalationsphasen zugeordnet werden können. Das Erkennen der Phase, in der sich die Konfliktparteien befinden, ist wichtig, um eine geeignete Konfliktstrategie zu entwickeln. 19 Höher/Höher , Konfliktmanagement 57. 13 Das Phasenmodell de r Eskalation von Glasl 20 besteht aus neun Phasen bzw Stufen auf drei Ebenen und eignet sich als Grundlage für die Ermittlung der Eskalationsphase Abbildung 3 : Neun Eskalationsstufen nach Glasl Sichtbar wird in diesem Modell , dass ein Konflikt bis zu neun Stufen durchl aufen und sich von einer Phase der gemeinsamen Bearbeitbarkeit hin zu einem für alle Seiten existenzbedrohenden Agieren entwickel n kann Wesentlich ist im gegebenen Zusammenhang nun nicht die Darlegung di eses theoretischen Modells, sondern es geht zum einen um die Sichtbarmachung der grundsätzlich einordbaren Konfliktsituation im Rahmen der Ermittlung des Sachverhalts und der Ursachen für den Konflikt. 21 Zum anderen lässt sich infolge einer ausführlichen K onfliktdiagnose an das Analyseergebnis die situationsad äquate Strategie der Konfliktbehandlung anknüpfen, die erfahrungsgemäß für die zugeordnete Eskalationsstufe die vermeintlich größten Erfolgschancen aufweist. 22 Das Modell hilft nicht bloß den Streit z u verorten, sondern bietet zudem die Möglichkeit, passende Strategien aufzubauen, die erfahrungsgemäß für die zugeordnete 20 Zum Phasenmodell der Eskalation siehe Glasl , Konfliktmanagement 1 2 2 43 ff. 21 Kalss/Probst , Familienunternehmen. Gesellschafts - und zivilrechtliche Fragen (2013) Rz 10/68. 22 Glasl , Konfliktdiagnose, in Trenczek et al (Hrsg), Mediation und Konfliktmanagement 2 (2017) Rz 1. 14 Eskalationsstufe das größte Erfolgspotential bergen und in der Phase der Konfliktbehandlung eingesetzt werden können. 23 Es tut sich also ein Set an Konfliktbearbeitungsmethoden auf, das von moderierter Verhandlung über Mediation und Schlichtung bis hin zu ( schieds - ) gerichtlichen Verfahren reicht. 24 Phase 1: Spannung & Verhärtung Auf dieser Eskalationsstufe führen die Meinungsverschiedenheiten der Streitparteien zu verhärteten Standpunkten, die aufeinanderprallen. Kleinere Zwischenfälle, wie das Ignorieren von Wortmeldungen oder die Nichtweitergabe von Informationen, werden zunächst als alltäglich eingestuft, können aber tiefere Ursachen haben. Es kommt zu verbalen Ausrutschern, die noch korrigiert werden können. Zwischen den Beteiligten entstehen bislang nicht erlebte Spannungen und Verkrampfungen. Phase 2: Debatte & Polemik Auf der zweiten Eskalationsstufe polarisieren Denken, Fühlen und Wollen und die Akteure geraten in ein Schwarz - Weiß - Muster. Der Vortrag scheinbar rationaler Argumente gleicht einem Schauspiel, die Zuschauer _i nnen erleben Unterschiede zwischen den offiziell en Aussagen und den vermittelten Untertönen. Die Konfliktparteien streiten und der zuvor offene Umgang wird zu einem Kampf um Überlegenheit. 23 Glasl in Trenczek et al (Hrsg), Mediation 2 Rz 37. 24 Kalss/Probst , Familienunternehmen Rz 10/67. Abbildung 4 : Berghof Foundation , Culture of Conflict. Abbildung 5 : Berghof Foundation , Culture of Conflict. 15 Phase 3: Taten statt Worte In jener Stufe der Eskalation erscheint den Konfliktparteien jedes weitere Wort als verlorene Liebesmühe. Gespräche werden abgebrochen. Die Konfliktparteien beginnen, einander vor vollendete Tatsachen zu stellen. Indem Fakten geschaffen werden, beschleunigen sich die Ereignisse. Unter verschiedenen Fraktionen entsteht Meinungsdruck und ein starkes „Wir - Gefühl“. Die Bereitschaft zur gegenseitigen Einfühlung ist zu diesem Zeitpunkt vollständig verloren gegangen. Phase 4: Image s & Koalitionen Die Wahrnehmung der Gegenpartei reduziert sich in dieser Eskalationsstufe auf ein Klischee. Die Konfliktparteien versteifen sich auf Feindbilder und sehen sich gegenseitig in der Rolle des „Bösen“. Vor den eigenen Unterstützer _i nnen werben die Streitpartei en um Anhängerschaft. Hinter den Kulissen wird gestichelt, denunziert und provoziert. Phase 5: Gesichtsverlust Auf der fünften Eskalationsstufe stellen die Konfliktparteien die Gegenseite in der Öffentlichkeit bloß und unterstellen einander moralische Schwäche. Die gegenseitigen Anschuldigungen münden in einen Kampf um Werte, Prinzipien und Ideologien. Gesichtsverl ust führt zum beiderseitigen Verlust von Glaubwürdigkeit. Das gegenseitige Vertrauen sinkt auf null. Abbildung 6 : Berghof Foundation , Culture of Conflict. Abbildung 7 : Berghof Foundation , Culture of Conflict. Abbildung 8 : Berghof Foundation , Culture of Conflict. 16 Phase 6: Drohstrategien Auf Drohungen folgen Gegendrohungen, mit dem Ziel, Kontrolle über die Situation zu erlangen. Machtdemonstrationen wie etwa erpresserische Forderungen führen zu Handlungszwängen, um nicht schwach zu erscheinen und Glaubwürdigkeit zu bewahren. Mit jedem zusätzlichen Ultimatum st eigt der Stress auf beiden Seiten. Phase 7: Begrenzte Vernichtung Der Konflikt gerät zu einer Schlacht, aus der die P arteien als Verlierer _i nnen hervorgehen müssen. Auf jede Aktion der Gegenseite folgen Gegenangriffe. Jeder Trick, der der Gegenpartei schadet, wird angewendet. Als Gewinn wird verbucht, was der eigenen Seite weniger schadet als dem/der Gegner _i n. Phase 8: Zersplitterung Die Handlungen der Konfliktparteien werden von dem Wunsch bestimmt, die andere Seite zur Kapitulation zu zwingen. Der/die Gegner _i n soll durch Angriffe beschädigt werden und seine/ih re Handlungsfähigkeit verlieren. Zudem wird der/die Gegner _i n von seinen/ihren Unterstützer _i nnen getrennt. Vernichtungsaktionen sollen ihn/sie symbolisch zerstören. Abbildung 9 : Berghof Foundation , Culture of Conflict. Abbildung 11 : Berghof Foundation , Culture of Conflict. Abbildung 10 : Berghof Foundation , Culture of Conflict. 17 Phase 9: Gemeinsam in den Abgrund Es gibt längst keinen Weg mehr zurück, das Szenario gleicht dem „totalen Krieg“. Die Vernichtung der Gegenpartei wird jetzt auch um den Preis des eigenen Untergangs angestrebt. Ein typisches Merkmal dieser Konfliktphase sind Anwaltskosten, die das gesamte eigene Vermögen übersteigen. Die Konfliktparteien riskieren ihre finanzielle, berufliche oder gesellschaftliche Selbstvernichtung und weitreichende Schädigungen ihre r Umgebung und Nachkommen. Die Unterscheidung zwischen win - win, win - lose und lose - lose stellen die „Wendepunkte in der Eskalation“ dar. Mit dem Überschreiten dieser „Regressionsschwellen“ begibt man sich auf das nächst höhere bzw tiefere Gewaltniveau. Dadurch ändern sich die Wahrnehmung, die Intention und die Verhaltensweisen der Konfliktparteien. Demzufolge kommen auch n eue „Kampfmittel“ zum Einsatz. Je weiter „nach unten“ sich der Konflikt auf den Stufen entwickelt, desto aggressiver erfolgt die Austragung des Konflikts. Win - Win Strategie : Die ersten drei Phasen des Konfliktverlaufs sind durch die sich wandelnde Bezieh ung zwischen den Konfliktparteien von einem kooperierenden hin zu einem konkurrierenden Gesprächsverhalten gekennzeichnet. Es wird allerdings noch auf sachlicher Ebene diskutiert und die Konfliktparteien besitzen die Hoffnung, zu einer gemeinsamen Gespräch sbasis und einer gütlichen Einigung zu kommen. Abbildung 12 : Berghof Foundation , Culture of Conflict. Abbildung 13 : Verlust der gemeinsamen Lösungsfähigkeit anhand der Eskalationsstufen nach Glasl 18 W in - Lose Strategie : Die ersten drei Eskalationsphasen waren geprägt von den gemischten Einstellungen (kooperativ, kompetitiv) der Parteien. Ab der vierten Stufe steht die eigene Existenzsicherung und das sich N icht - von - dem/der Kontrahenten/Kontrahentin - überwältigen - L assen im Vordergrund. 25 Jede(r) will seinem Standpunkt zum Durchbruch verhelfen. Die Stufen vier bis sechs sind durch Konkurrenzdenken und Fokussierung auf den eigenen Sieg gekennzeichnet. Lose - Lose - Strategie : In den letzten drei Eskalationsphasen ist eine Lösung d es Konflikts ohne Intervention von dritter Seite sehr unwahrscheinlich. Da sich die gegnerischen Parteien auf ihren Standpunkten verfestigt haben, kommt es zu Verlusten auf beiden Seiten. Die möglichen Szenarien in den letzten drei Phasen sind: Rückzug, Ko mpromisslösung durch Intervention von außen oder schließlich als ultima ratio der gemeinsame Weg in den Abgrund – ein Ausweg, bei dem es nur mehr Verlierer _i nnen gibt. 26 2.6 Grundmuster der „ Konfliktlösung “ Schwarz zufolge lassen sich sämtliche Konflikt erledigungs varianten auf das folgende sechsstufige M odell reduzieren . Gemeint sind Lösungen, wonach die Gegner _i nnen einen Modus gefunden haben, in dem der Gegensatz soweit verschwunden ist, dass die Handlungsfähigkeit von zumindest einem nicht weiter beeinträchtigt wird. 25 Glasl , Konfliktmanagement 1 2 269 26 Höher/Höher , Konfliktmanagement 64 f. Abbildung 14 : Grundmuster der Konfliktlösung. Schwarz , Konfliktmanagement 9 , 264. 19 Das stufenmäßige Grund muster weißt eine hierarchische Struktur auf, dennoch ist nicht gesichert, dass immer die nächsthöhere Ebene erreicht wird, da jede Konfliktverschärfung einen Rückfall auf eine niedrigere Ebene bewirkt. Festzuhalten ist, dass zwischen den Konfliktparteien eine g ütliche Einigung nur dann möglich sein wird, wenn sich die Akteur _i nnen auf derselben „Interventionse bene “ befinden, d h eine konsensuale Lösung kann nur dann zustande kommen, sofern beide Streitteile auch einen Konsens anstreben. Steht einer der Akteur _i nnen allerdings noch auf der Ebene des Kompromisses, ist auch lediglich eine Kompromisslösung machbar. 27 Was steht nun hi nter den einzelnen Stufen, welches Sozialverhalten, welcher Lernprozess kann damit umschrieben werden? Auch dazu gibt Schwarz , von dem auch die Grafiken stammen, ausführlich Antwort: 28 Flucht Laut Untersuchungen ist die Flucht als quasi vorprogrammiertes, urinstinktives Verhaltensmuster die zumeist präferierte Option in einer Konfrontation. Es ist zwar richtig, dass manche Konfliktsituationen sicherlich mit dieser „T aktik“ gelöst werden können, zumeist stellt die Flucht - Variante allerdings nur einen Aufschub dar und ist als dauerhafte Lösung gänzlich ungeeignet. Gehen Akteur _i nnen einer Konfrontation aus dem Weg, gibt es zwar keine Verlierer _i nnen und es wird eine gewisse (meist gesunde) Distanz zwischen den Streitteilen hergestellt, allerdings hat das Flüchten den großen Nachteil, dass kein Lernprozess initiiert werden kann. Vernichtung Stellt die Flucht keine tunliche Option mehr dar, entbrennt ein Kampf zwischen den Kontrahent _i nnen. Im Zuge dieses Kampfes versuchen beide Opponent _i nnen den/die jeweils andere(n) zu zerstören. Der Vorteil der Vernichtungs - Variante liegt unbestreitbar darin, dass dadurch der Feind/die Feindin dauerhaft eliminiert wird. Der Nachteil dieser Variante ist allerdings, dass mit dem Untergang des 27 Schwarz , Konfliktmanagement 9 , 317 f 28 Schwarz , Konfliktmanagement 9 , 265 ff. Abbildung 15 : Schwarz , Konfliktmanagement (2014). Abbildung 16 : Schwarz , Konfliktmanagement (201 4). 20 Opponenten/der Opponentin zugleich sämtliche anderen Lösungsebenen e liminiert werden. Unterordnung Zur Option der Unterordnung ist auszuführen, dass im Rahmen dieses Verhaltensmusters jene Konfliktpartei die Oberhand behält, welche die zentralere Position einnimmt (König gegenüber Untertanen). Diese Lösu ngsvariante ist allerdings nur möglich, wenn sich zwei widersprüchliche Standpunkte gegenüberstehen, wobei sich lediglich einer als aufrechtbar zu erhaltend bzw brauchbar erweist und der/ die Kontrahent _i n diesen gegnerischen Standpunkt – wenn auch unfreiwillig – akzeptiert. Der Vorteil dieser Variante liegt – va historisch gesehen – in der Arbeitsteilung. Feinde wurden nicht vernichtet, sondern ordneten sich unter, sohin konnte man voneina nder lernen und aus der Sicht der sich unterordnenden Person gab es immer noch die Hoffnung auf Umkehrbarkeit der Situation. Delegation an Dritte Im Zuge der Delegation wird eine dritte neutrale Person dem Konflikt beigezogen, welche die Vermittlerrolle zwischen den Parteien wahrnehmen und so möglicherweise eine gütliche Einigung herbeiführen kann. Der/die Dritte stellt sicher, dass die Kommunikatio n zwischen den Kontrahent _i nnen aufrecht bleibt. Die Delegation ist allerdings nur unter zwei Voraussetzungen anwendbar. Erstens muss es in der jeweiligen Streitsituation eine falsche und eine richtige Lösungsvariante geben. Zweitens muss der/die Dritte al s höhere Instanz die richtige Lösung finden. Kompromiss Der Kompromiss stellt eine Teileinigung in einem ausgewählten Bereich dar. Der Vorteil dieser Option ist zugleich auch deren Nachteil . Denn eine Schlichtung auf Abbildung 17 : Schwarz , Konfliktmanagement (2014). Abbildung 18 : Schwarz , Konfliktmanagement (2014). Abbildung 19 : Schwarz , Konfliktmanagement (2014).